Human Abyss, Maneater & Orphalis ließen Oberhausen beben

von Matt · 9. November 2025

Human Abyss Frontperson Lynn gibt alles, während die unscharf gezeigte Person dahinter wild anfeuert.

Das Ruhrgebiet ist ein Privileg und ein Problem zugleich: Kaum eine Region in Deutschland oder vielleicht sogar Europa bietet eine derart hohe Dichte an Metal-Konzerten, Festivals und Underground-Shows. Doch die Fülle hat ihre Schattenseiten – mangelhafte Terminabsprachen führen immer wieder zu gegenseitiger Kannibalisierung. So auch an diesem Abend in Oberhausen, wo Human Abyss und Maneater im Emscherdamm spielten, während nur wenige Kilometer entfernt das Tombstone Festival in Bochum und eine ähnlich gelagerte Show im Helvete um dasselbe Publikum buhlten. Das Ergebnis: ein Konzert vor kaum mehr als einem Dutzend Fans – bitter für Bands, die mit Herzblut und Haltung unterwegs sind.

Dabei hätte dieser Abend mehr verdient gehabt. Denn hier ging es nicht nur um brutale Riffs, sondern auch um Haltung: Regenbogenfahnen schmückten den Raum, ein Stand von Kein Bock auf Nazis unterstrich die klare Botschaft gegen Diskriminierung und für Sichtbarkeit – ein wichtiges Zeichen in einer Szene, die noch immer stark männlich und patriarchal geprägt ist. Mit einem neuen Bandshirt in Pride-Farben setzen auch Headliner Human Abyss auch visuell ein deutliches Zeichen für Vielfalt und Selbstbestimmung – ein Statement, das perfekt zur inhaltlichen Wucht ihrer Songs passt.

Brutal Tech Death, Black Metal und Death-/Black-Metal im Paket

Den Auftakt machten die Dortmunder Orphalis, die seit rund 15 Jahren im Brutal Tech Death unterwegs sind. Ihr Set war ein präziser Schlag aus Blastbeats und komplexen Riffkonstruktionen – brutal, aber nie beliebig, technisch anspruchsvoll, aber ohne die Seele im Gefrickel zu verlieren.

Maneater aus Halle (Saale) folgten mit dem Material ihrer neuen EP Licht und lieferten atmosphärisch aufgeladenen Black Metal, der mit düsteren Samples und Sprechzitaten arbeitet. In Kapuzen und langen Roben gehüllt, wirkte die Performance bedrohlich-intensiv und zugleich glaubwürdig – keine Maskerade, sondern konsequente künstlerische Entscheidung.

Als Headliner entfachten Human Abyss schließlich ein emotionales Inferno. Frontperson Lynn, die offen über ihre intersexuelle Identität spricht, machte den Auftritt zu einem kathartischen Akt: Zwischen Wut, Schmerz und Selbstbehauptung thematisieren Human Abyss die Gewalt, die intersexuelle Menschen durch Zwangsoperationen und gesellschaftliche Missachtung erfahren. Die Songs sind kompromisslos, die Performance grenzenlos intensiv. Kein Raum für Ruhe, kein Platz für Hoffnung – und doch ein eindringliches Plädoyer für Sichtbarkeit und Stärke. Ein drittes Album ist bereits in Arbeit, erste Infos sollen bald folgen.

Dass nur eine Handvoll Menschen Zeugen dieser mitreißenden Show wurden, ist symptomatisch für eine Szene, die sich manchmal selbst im Weg steht. Umso wichtiger, diese Tour zu unterstützen – sie verdient volle Räume.