Hinter den Kulissen des ZappenDuster Open Air: Interview mit Veranstalter Simon Wiedenhöft
Ausgerechnet am Wochende des Wacken Open Air (WOA) fand in Münster das ZappenDuster Open Air (ZDOA) statt. Das kann kein Zufall sein! Deshalb hat Metal-Heads.de den Chef von Black Silence Productions zum Interview gebeten. Simon Wiedenhöft steht ausführlich Rede und Antwort.
Seine Agentur wurde unter dem Namen „Schwarzlicht Konzerte“ im Jahr 2017 mit der Organisation des ersten Wintermelodei in Münster gegründet. „Wir veranstalten Clubkonzerte und kleine Festivals aus Leidenschaft und sind in der Planung von Touren, Festivals und Booking involviert“, erklärt Wiedenhöft auf der Webseite des Unternehmens. „Der stilistische Schwerpunkt liegt dabei auf Black Metal in all seinen Facetten und seinen Verbindungen. Wir lassen uns hier nicht einschränken, denn Grenzen sollte es in Kunst und Musik nicht geben.“
Terminkollision mit Wacken: Unglücklicher Zufall oder geplantes Manöver?
MH: Das ZappenDuster Open Air fand genau am Wacken-Wochenende statt. Ist das nicht verrückt, hier quasi eine „Gegenveranstaltung“ zu machen? Das könnte ja auch nach hinten losgehen.
Simon Wiedenhöft: Hallo Matt, vorab danke für die Einladung zum Interview und das Interesse an Black Silence Productions.
Eine durchaus berechtigte Frage und auf den ersten Blick scheint es vielleicht verrückt zu sein, ein „Metal-Open Air“ am Wackensamstag zu veranstalten. Doch denkt man etwas mehr darüber nach und kennt die Scene etwas, dann erscheint es sogar sehr sinnvoll. Denn wie viele mir sicher zustimmen, ist die Metal-Scene nicht als ganze, einheitliche Scene zu betrachten. Vielmehr ist sie stark durch ihre vielseitigen Genres geprägt. Um ehrlich zu sein, kenne ich in meinem Umfeld kaum Leute aus der Black Metal- und angrenzenden Scene, und vor allem im Underground – ich mag dieses Wort eigentlich nicht –, die das Wacken Open Air besuchen. Ganz im Gegenteil! Das Wacken Open Air gilt in meinem bescheidenen Umfeld eher als kommerzielles Festival, dass auch mit der überwiegenden Ausrichtung seines Line-Ups an viele Musikliebhaber härterer bzw. schwärzerer Klänge vorbeizielt.
Simon Wiederhöft: „Veranstalter scheuen das Wacken-Wochenende“
SW: Dennoch scheuen sich die Veranstalter von Rock- und Metalshows, an diesem von der Jahreszeit her hervorragendem Wochenende zu veranstalten. Zusammengefasst bedeutet dies, dass es für die vielen Fans, die kein Bock auf den großen Zirkus im Norden haben, kaum alternative Möglichkeiten gibt, Konzerte ihrer Kragenweite am ersten Augustwochenende zu besuchen. Dieser Umstand war mir bewusst und dazu gesellte sich der angenehme Umstand, dass sogar durch das Wacken Open Air, und dem Sommer generell, viele Bands auf Festivaltour sind. Das erhöht die Verfügbarkeit internationaler Akts noch einmal deutlich und macht zudem die Gagen bezahlbarer. Man muss dazu wissen, dass es natürlich deutlich teurer ist, eine Band einfliegen zu lassen, anstatt Teil ihrer Tour zu werden.
Daher würde ich nicht sagen, es ist eine Gegenveranstaltung. Dies kann es aufgrund der Größe des WOA allein schon nicht sein. Es ist vielmehr eine Lücke, die wir damit versuchen zu schließen.
MH: Der Erfolg gab Dir Recht: Das ZappenDuster Open Air war ausverkauft. Habt Ihr Feedback bekommen? Wie war die Resonanz der Gäste?
SW: Ja, es war so gut wie ausverkauft. Ich glaube, etwa 30 Karten hatten wir noch übrig. Das ist ein sagenhafter Start für dieses kleine Open Air. Und das macht natürlich Mut, es in 2023 zu wiederholen, was wir auch tun werden. Ich kann an dieser Stelle verraten, dass wir bereits sagenhafte Bands verpflichten konnten. Die ersten Ankündigungen werden wir noch dieses Jahr bekanntgeben und mit dem Start des Vorverkaufs beginnen. Ihr solltet das ZDOA also unbedingt auf dem Schirm haben, sollte euch die 2022er Ausgabe bereits überzeugt haben. Kleine Schleichwerbung am Rande. Hahaha! (lacht)
ZappenDuster Open Air: Festivalgäste bedankten sich persönlich
SW: Das Feedback der Besucher und Bands war durchweg positiv und sogar dankbar. Nach dem Festival kamen Besucher zu mir, die mir die Hand schüttelten und sich bei mir persönlich bedankten. Das ist ein tolles Gefühl und gibt mir Mut weiter zu machen, und zeigt mir, wofür ich das überhaupt mache. Auch die Resonanzen der Bands, denen ich stets versuche, eine möglichst gute Zeit zu verschaffen, damit sie sich zu 100% auf die Show konzentrieren können und sich darüber hinaus gut versorgt fühlen, war durchweg gut.
Wenn Bands wie die diesjährigen UADA (Foto) und Panzerfaust im Rahmen ihrer Tour von einem Gig zum nächsten jagen, mit stocksteifen Zollbeamten, geizigen oder unorganisierten Veranstaltern zu tun haben und ständig unter Zeitdruck stehen, dann ist es sehr wichtig, dass sie zwischendurch auch Ruhe finden und sich entspannen können. Dies versuche ich, stets möglichst gut umzusetzen und dies zahlt die Band dann auch meist mit guten Performances zurück.
ZappenDuster Open Air: „Es gibt immer Dinge, die wir noch verbessern wollen“
SW: Dennoch gibt es auch Dinge, die wir noch verbessern wollen. So war bei dieser Erstauflage des Festivals beispielsweise nicht genug Abwechslung geboten, was das die Auswahl an Essbuden anbelangt. Dies wollen wir in 2023 unbedingt ändern. Wir wollen ein Programmheft aufsetzen, Festivalmerch anbieten und evtl. die Bühne anders ausrichten und für mehr Schatten davor sorgen etc. Auch diese Punkte sind teils durch Feedbacks der Besucher an uns herangetragen worden, was ich durchaus begrüße. Es signalisiert Zusammenhalt und den Willen zur Wiederholung des Festivals.
MH: Das ZappenDuster Open Air fand jetzt zum ersten Mal statt. Aber Euer Winterfestival, die „Wintermelodei“, ist ja bereits etabliert. Was erwartet die Gäste bei diesem Indoor-Festival?
SW: Ja richtig, das Wintermelodei würde ich derweil auch als etabliertes Festival bezeichnen. Es war nun zweimal in Folge ausverkauft und ich bin guter Dinge, dass dies auch dieses Jahr der Fall sein wird.
ZappenDuster Open Air und Wintermelodei: Black-Metal-Festivals vom Feinsten
SW: Das Wintermelodei ist quasi das winterliche Pendant zum ZDOA. Dennoch würde ich sagen, es ist etwas experimenteller oder durchwachsener angelegt, während das ZDOA schon mehr musikalisch betrachtet „nach vorne geht“. So haben wir beispielsweise dieses Jahr Bands wie Iskandr oder E-L-R, die doch eher folkiger, atmosphärischer und langatmigere Shows abliefern werden. Es ist sozusagen noch mehr eine Veranstaltung für die Sinne als es das ZappenDuster Open Air ist.
Auch hier möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass wir in naher Zukunft das Line-Up komplettieren werden. Die Early Bird Tickets sind seit kurzem ausverkauft, aber es gibt natürlich noch ausreichend „Regular-Tickets“ über unsere Homepage zu erwerben.
MH: Über die beiden Festivals hinaus veranstaltet Ihr auch ganz klassisch Konzerte und Touren. Welche Bands stehen da so im Fokus?
SW: Das kommt immer darauf an. Hier und da erhalte ich Anfragen über die Agenturen, mit denen ich eng zusammenarbeite. Wenn da ein starkes Tour-Package oder eine starke Band dabei ist und ich zudem eine Venue verfügbar habe, dann schlage ich gern zu. Es sollte halt zu der musikalischen Ausrichtung von Black Silence passen. Heißt im Grunde Black Metal und diverse angrenzende Genre. Das kann allerdings auch Doom, Sludge, Death oder sogar Psychedelic Rock sein.
Black Silence Productions: „Wohnzimmer“ Sputnikhalle in Münster
SW: Es kommt ganz darauf an und muss individuell betrachtet werden. Und es muss mir persönlich gefallen. Eine ganz wichtige und generelle Voraussetzung, denn nur so kann ich mit Herz dabei sein. Das geht nicht anders, allein weil für mich die Musik einen sehr hohen Stellenwert in meinem Leben hat. Da muss ich natürlich zu 1000% hinter dem stehen, was ich den Leuten anbiete. Im April wird es eine weitere Edition des „Black Silence“ geben. Diesmal allerdings auch in meinem „Wohnzimmer,“ der Sputnikhalle in Münster, und nicht wie die Erstausgabe in Oberhausen. Es wird – Stand jetzt – einen höchstexklusiven Act aus Übersee zu sehen und hören geben, zu dem ich nicht nein sagen konnte. Im Gegenteil, da habe ich Jahre drauf gewartet. Ihr werdet sehen und die Kenner werden aus dem Häuschen sein. Das wird sowas von geil!
MH: Du bist selbst auch Musiker und bist gerade mit Äera erfolgreich unterwegs. Veranstalter und eigene Band lässt sich sicherlich gut kombinieren. Wo liegen die Vorteile und was „beißt“ sich möglicherweise?
SW: Jep, das ist richtig. Mit Äera ging es von Anfang an ganz gut ab. Dieses Jahr war dann corona-bedingt tatsächlich erst unser erstes Livejahr. Und wir haben mit dem Darktroll, dem Wolfszeit, dem Fimbul Festival und einigen tollen Clubshows einen guten Start gehabt. Doch jetzt steht das Schreiben des neuen Albums an und wir werden uns zurückziehen für die nächsten Monate.
Veranstalter und Musiker zugleich: Zweischneidiges Schwert und große Belastung
SW: Tatsächlich ist es ein zweischneidiges Schwert. Zum einen profitiert man natürlich durch den Kontakt, den ich durch die Veranstaltungen zu anderen Künstlern, Labels und Agenturen habe. Und auch die Tatsache, dass wir bereits auf zwei meiner Veranstaltungen haben spielen können, unterstreicht die Synergien, die diese Konstellation mit sich bringt.
Zum anderen ist mir bewusst, dass Shows spielen und veranstalten auch durchaus kritisch von außen betrachtet werden kann. Daher versuche ich dies eigentlich auch zu vermeiden bzw. nur dann zu verknüpfen, wenn es aus Bandsicht auch tatsächlich Sinn macht. Wohlwissend, dass man dieses Thema nicht überreizen sollte.
Dann kommt noch der nicht unerhebliche Faktor dazu, dass es für mich persönlich eine große Belastung ist, Veranstalter und Musiker auf einer Veranstaltung zu sein. Für alles und jeden ein Ohr haben zu müssen, die Abläufe im Blick zu haben und dann noch konzentriert seine Show zu spielen, ist eine echte Herausforderung. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb ich diese Konstallation versuche, minimal zu halten. Aber wie vieles im Leben war diese Erkenntnis auch ein Lernprozess.
Simon Wiedenhöft hört privat auch Musik aus den 1960ern und 1970ern
MH: Deine Musik und Deine Veranstaltungen sind vor allem auf Black Metal ausgerichtet. Was hörst Du, wenn mal nicht Black Metal läuft?
SW: Eine schöne Frage abseits der Events. Danke dafür. Ich höre neben Black Metal in all seinen Facetten gerne Musik aus den 1960ern und 1970ern. Musik von Wishbone Ash, King Crimson, Camel, Led Zeppelin, Pink Floyd, Beatles, Moody Blues, Townes Van Zandt oder The Doors lassen mein Musikerherz höher schlagen. Es ist unfassbar, was diese Künstler musikalisch geschaffen haben. Und wie sie vielen heutigen „großen“ Acts immer noch meilenweit voraus sind. Zudem nimmt es bei mir kein Ende, denn es gibt dort noch so viel zu entdecken. Ich habe das Gefühl, ich kratze dort immer noch nur an der Oberfläche. Dennoch versperre ich mich natürlich nicht vor moderneren bzw. aktuelleren Ausrichtungen. Ich bin stets offen für neue Einflüsse und Künstler. Generell würde ich sagen, habe ich ein sehr offenes Ohr für Folk, Progressive oder Post Rock sowie psychedelische Musik.
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Bildquellen
- Äera Simon Wiedenhöft Black Silence Productions Querformat 720px: Black Silence Productions
- ZappenDuster Open Air 2022 Uada Band: (c) 2022 Matt / metal-heads.de
- ZappenDuster Open Air 2022 Saor: (c) 2022 Matt / metal-heads.de
- ZappenDuster Open Air 2022 Bühne: (c) 2022 Matt / metal-heads.de
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