King Diamond in der Turbinenhalle Oberhausen

ANGEL WITCH: Old but gold – und erstaunlich textsicher
Gute 25 Minuten hatten ANGEL WITCH, um den Abend zu eröffnen und das Publikum auf Betriebstemperatur zu bringen – und siehe da: Mission erfüllt. Die Wahl der Supportband erwies sich als Volltreffer, denn kaum setzte der erste Ton von „Atlantis“ ein, war es drinnen, trotz des hervorragenden Wetters auch schon gut gefüllt.
Frontmann Kevin Heybourne begrüßte die vorderen Reihen mit einem breiten Grinsen – und nicht nur, weil die Sonne schien. Schon bei den ersten Zeilen wurde ihm aus dem Publikum fleißig mitgesungen. Die Texte saßen – offenbar auch nach 45 Jahren, die das Debütalbum „Angel Witch“ inzwischen auf dem Buckel hat. Apropos: Der Altersdurchschnitt im Saal dürfte das Album locker überholt haben.

Die Turbinenhalle in Oberhausen war geschätzt mit 1800 Mann nicht ganz voll. Das tat der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Fünf der zehn Songs des legendären Debüts fanden den Weg auf die Setlist – eine kluge Entscheidung. Von der Mitsing-Hymne „Angel Witch“ bis zum komplexeren „Sorceress“ gab es eine kleine, aber feine Geschichtsstunde in Sachen New Wave of British Heavy Metal.
ANGEL WITCH zeigten sich in bester Spiellaune. Und das ist durchaus erwähnenswert – schließlich ist man in diesem Alter eher beim Frühschoppen als beim Stage-Rock. Kevin Heybourne versuchte sich tapfer an den Original-Tonlagen, stieg bei Bedarf aber charmant in die gemütlichere Oktave um. Die Bühne war klassisch-schlicht gehalten: Marshall-Türme, ein Backdrop und ein Schlagzeug, welches weit vorne links am Bühnenrand aufgebaut war.
Zum Schluss sorgte natürlich „Angel Witch“ nochmal für Gänsehaut und Gekreisch. Der Refrain „You’re an angel witch!“ ist halt ein Ohrwurm.
Setlist ANGEL WITCH:
Atlantis
White Witch
Sorceress
Angel of Death
Angel Witch
PARADISE LOST: Zwischen Lichtnotstand und Langeweile
Die Setlist glänzte mit alten Gothic-Perlen wie „Pity the Sadness“, „Embers Fire“ oder „The Last Time“. Das Publikum hingegen blieb da mehr zurückhaltend. Während Greg Mackintosh mit neuer Flying-V und wallendem Haar über die Bühne wirbelte und auch Aaron Aedy ordentlich Bewegung reinbrachte, blieb’s vor der Bühne recht ruhig.
Dazu passte die Lichtshow: Wie immer pink-violettes Halbdunkel, das jeden Stromzähler gefreut hätte. Jedes Mal das Gleiche. Wer wissen wollte, ob Nick Holmes überhaupt da war, musste schon ganz genau hinschauen.
Wieder mit dabei: Drummer Jeff Singer, der im Juni zurückkehrte – und zumindest auf der Bühne einen soliden Eindruck machte. Nur das Finale spaltete die Menge: „Say Just Words“ ist halt der Evergreen für Leute, die PARADISE LOST am liebsten aus der Indie-Disco kennen. Für andere eher ein Fehltritt – zu eingängig, zu glatt, zu wenig Doom. Ehrlich gesagt, ist das der einzige Song des Abends, den ich gerne gehört habe. So sind die Geschmäcker halt unterschiedlich. Mich persönlich hat der Auftritt von Paradise Lost ziemlich gelangweilt.
Setlist PARADISE LOST:
Enchantment
The Enemy
No Hope in Sight
Pity the Sadness
Faith Divides Us – Death Unites Us
The Last Time
Ghosts
Embers Fire
Say Just Words
KING DIAMOND: Wenn das Theater den Metal trifft
Während der Umbaupause verdeckte ein großer KING DIAMOND-Banner die Bühne. Viel Zeit blieb nicht, denn die Umbaupause war kurz – erstaunlich, wenn man bedenkt, was danach alles kam: ein dreistöckiges Bühnenbild, Treppen, Backdrops, flackernde Lichter, Puppen, Särge, Messer, Rollstuhl. Alles da. Und wahrscheinlich noch mehr. Eine Horrokulisse wie sie im Buche steht. St. Lucifers Hospital 1920. Da bekomme ich schon ein wenig Gänsehaut. Was für eine erstklassige Bühne. Ich hoffe das nimmt mir hier niemand übel, das ist für mich gleichauf mit Ghost oder Kiss. Natürlich nicht ganz so groß.
Mit dieser nostalgisch-opulenten Horror-Kulisse zog KING DIAMOND das Publikum vom ersten Moment an in seinen Bann. Bevor noch die ersten Töne erklingen, steht der King mit Abigail vor einem Sarg und tötet sie mit einem Dolch. Was für ein cooler Beginn.
Zwei neue Songs – „Spider Lilly“ und „Masquerade of Madness“ – gaben einen Vorgeschmack auf das bereits angekündigte neue Album. Dazu neue Masken, neue Charaktere, neue Shirts – und jede Menge Lust auf mehr aus dem finsteren Saint Lucifer’s Hospital.

Die Band ist hochmotiviert und hat sichtlich Spaß. Der Meister stellt bereits im dritten Song seine Band vor. So früh hatte ich das auch noch nicht erlebt. Andy La Rocque mit seiner Signature ESP Gitarre und Mike Wead an der anderen Gitarre, Pontus Egberg am Bass, Matt Thompson am Schlagzeug. Und natürlich Kim Bendix Petersen aka King Diamond, 69 Jahre jung, charismatisch wie eh und je und die Stimme immer noch aller erste Klasse. Immer dabei, da Mikro am Knochenkreuz. Das geht gar nicht lässiger.
Zwischendurch tauchte auf der Bühne eine mysteriöse Schauspielerin auf, mal im weißen Kleid, mal als finstere Gestalt – alles sorgsam choreografiert. Es war ein perfekt orchestriertes Spektakel. Die Lightshow? Grandios! Der Sound? Leider nur in Bühnennähe gut. Weiter hinten in der Turbinenhalle war es nicht mehr ganz so berauschend. Das war aber den Fans zumeist egal. Es wurde nach Herzenslust gefeiert. Was für eine tolle Mischung aus Theaterstück und Heavy Metal. Ich bin schwer beeindruckt. Als Zugabe kommt natürlich noch Abigail. Ich kann glücklich nach Hause fahren.
Setlist KING DIAMOND:
Funeral
Arrival
A Mansion in Darkness
Halloween
Voodoo
„Them“
Spider Lilly
Two Little Girls
Sleepless Nights
Out From The Asylum
Welcome Home
The Invisible Guests
The Candle
Masquerade of Madness
Eye of the Witch
Burn
—
Abigail
Insanity (Outro)
Fotos King Diamond
Fotos Angel Witch
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Bildquellen
- Angel Witch 13.06.25 Oberhausen: (c) Chipsy-Karsten Frölich/www.metal-heads.de
- King Diamond 13.06.25 Oberhausen: (c) Chipsy-Karsten Frölich/www.metal-heads.de
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