ROCKET MEN im Interview
ROCKET MEN nennen ihr Genre „Drum and Space“. Die Bandmitglieder sind in den Jazz-, Rock- und Pop-Szenen von Hamburg, Berlin und Leipzig zuhause. Und am 7. Juni 2024 erscheint ihr neues Album „The Orbiter Sessions“.
Das habe ich zum Anlass genommen, mich mit Philipp Püschel (Trompete) und Felix Dehmel (Schlagzeug) über das Album und den Entstehungsprozess, Storytelling, Weltraum, Veränderungen beim Publikum und über kommende Events zu unterhalten.
Hallo Philipp und Felix. Prima, dass ihr euch die Zeit nehmt, um etwas zu ROCKET MEN und dem neuen Album zu erzählen.
Ihr seid beide in Hamburg? Und die anderen Bandmitglieder sind in Berlin und Leipzig?
Ja, aber inzwischen wohnen drei von uns in Hamburg.
Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt, wenn ihr in verschiedenen Städten lebt? Wie habt ihr euch gefunden?
Tinder.
Nee, das war schon anders. Valentin (Keyboard) und ich machen seit 15 Jahren zusammen Musik. Wir haben schon zusammen in der Musikschule in einer Band gespielt. Dann habe ich eine Band für mein Abschlusskonzert zusammengestellt. Und daraus hat sich ROCKET MEN geformt. Es hat noch einige Wechsel gegeben, aber die Besetzung, in der wir jetzt spielen, gibt es schon fast 8 Jahre.
Wie ROCKET MEN zu ihrem Bandnamen kamen
Felix, du warst nicht von Beginn an dabei, oder?
Doch, doch, ich war schon am Anfang mit dabei.
Unter dem Namen ROCKET MEN waren Felix, Valentin und ich und Lasse, der Saxophonist quasi die Kernbesetzung. Paul, der die Elektronik und die Synthesizer macht, kam später dazu.
Und es gibt noch einen zweiten Ast: Angefangen hat der mit Konzerten, die wir zusammen mit einem Bassisten in der Pony-Bar in Hamburg gespielt haben. Mit dabei war damals noch Noah Rott [Piano].
Aber bei der ersten JazzLab Ausgabe oder der Sommersause haben wir schon mit dem Keyboard-Set-Up gespielt, oder?
Ja genau, da hatten wir noch keinen richtigen Bandnamen. Wir haben das Publikum gebeten, Begriffe auf kleine Zettel zu schreiben, die sie mit uns und unserer Musik assoziieren. Interessant war, dass viele etwas mit Weltraum assoziiert hatten. Das Space-Thema war schon von Anfang an in der Musik präsent. Nur noch nicht als Titel. Dann haben wir die Zettel ausgewertet und gedacht: okay, wenn der Weltraumbegriff so präsent ist, dann muss es in die Richtung gehen. Und dann kamen wir auf den Begriff ROCKET MEN.
Erst der Sound dann ‚der Weltraum‘
Wie hat es sich entwickelt, dass ihr das Weltraumthema in den Vordergrund gestellt habt und das in gewisser Weise auch lebt? Ihr habt entsprechende Songtitel, die Musik klingt danach. Das hatte ja nicht nur mit dem Publikum zu tun.
Die Musik, die wir schreiben und spielen, hat immer etwas von Weite und Ferne so dass es nach Weltraum klingt. Ich kann gar nicht beschreiben, welche Faktoren es sind, die das ausmachen, aber da wir viel Synthesizer und Keyboard in der Band haben, hat man viele Delays, viel Spielzeug, viel Space.
Aber es war nicht so, dass wir von Anfang an gesagt haben: wir wollen was mit Weltall machen. Sondern es war eher so: wir haben Musik geschrieben, die klang cool und irgendwie nach Weltraum.
Ja, und für mich hat die Musik auch ohne die Titel nach ‚Weltraum‘ geklungen. So was Schwebendes, Abgehobenes. Weil sie viel Spielerei hat und dennoch eine Strenge und Klarheit, die Ruhe ausstrahlt, wie ich sie mir im Weltall vorstelle.
Wie Philipp schon angedeutet hat: das Set-Up der Band diktiert ein wenig den Sound. Die Band hatte sich gefunden und daraus entwickelten sich das Konzept und die Musik auf eine ganz organische Art und Weise. Später wurde das Ganze greifbarer, konnte benannt werden. Und ‚Weltraum‘ ist ein Thema, das viel Interpretationsfreiraum lässt. Und viel Spielraum für einen selbst. Was man im Einzelnen macht oder beleuchtet ist offen.
Der gemeinsame Nenner
Ist das immer Gemeinschaftsarbeit oder gibt es jemanden, der den Sound ‚überwacht‘? Also jemanden der sagt: das klingt jetzt noch nach ROCKET MEN und dass nicht mehr.
Nee, eigentlich gibt es das nicht, ne Philipp?
Nee. ( beide lachen)
Total schön ist, dass wir fünf eine ähnliche Vorstellung davon haben, wie die Musik klingen soll. Natürlich nicht zu 100% gleich. Und das ist ja auch wünschenswert, dass da jeder seinen Input geben kann. Ich finde, es hat sich auf eine sehr organische Art entwickelt, dass wir alle auf einen gemeinsamen Nenner gekommen sind. Es gab nie eine Person, die sagt: das machen wir jetzt so und so. Sicher ist es am Ende des Tages auch wichtig, dass jemand eine Entscheidung fällt. Aber du hattest ja nach dem Sound gefragt. Trotz der Unterschiede sind unsere Vorstellungen sehr ähnlich und lassen sich gut unter einen Hut bringen. Und das macht diese Band auch aus, dass man hört, dass das alle authentisch finden.
Ja und der Bandsound hat sich in den letzten acht Jahren immer wieder gewandelt. Ich finde das auch super wichtig, dass man als Band flexibel bleibt. Denn die eigenen musikalischen Interessen verändern sich im Laufe der Jahre. Und durch die Besetzungswechsel steht man immer wieder vor neuen Herausforderungen.
Der ROCKET MEN – Sound ist formbar
Wenn das Storytelling wichtig ist: welche Bedeutung hat der Ort, an dem ihr spielt?
Wir versuchen, das Set auch immer daran anzupassen, wo wir spielen. Wir haben ein Konzert in der Elbphilharmonie gespielt. Da kann man andere Sachen machen als auf einem Festival um 22 Uhr. Das ist auch etwas, das uns reizt: es gibt den ROCKET MEN-Sound und der kann sich formen. Wir können ein tanzbares Set spielen oder eher etwas Atmosphärisches.
Zwischen diesen beiden Welten wollen wir uns auch bewegen, weil wir aus unterschiedlichen musikalischen Kreisen kommen. Lasse und ich haben eher den Jazz-Fokus, Felix hat zudem noch einen Rock-Background. Paul kommt aus der elektronischen Musik und Valentin schwimmt so dazwischen. Und all das findet sich in der Musik wieder. Da hat jeder auch mal Bock auf einen anderen Fokus.
Und so etwas zu verschmelzen ist in einem demokratischen Konstrukt eine Herausforderung, aber macht es natürlich auch aus.
Ich habe euch bisher leider noch nicht live erlebt. Das letzte Mal, als ich mich auf den Weg gemacht habe, habe ich ewig auf der A1 im Stau gestanden. Aber bei den Videos und den Alben hat man schon den Eindruck, dass da etwas authentisch Gewachsenes ist.
Auch bei eurem neuen Album hört man diesen ROCKET MEN Sound. Es sind Elemente dabei, die ich eigentlich nur von euch kenne. Das ist vor allem die Besetzung mit den Keyboards und Synthesizern, durch die ihr spezielle Möglichkeiten habt.
Was mir gut gefällt, dass sie dennoch nicht ein Übermaß haben im Sound, elektronische Spielereien keinen Selbstzweck haben oder im Vordergrund stehen. Und die Ausgewogenheit zwischen Trompete, Saxophon und dem Schlagzeugspiel. So ausgewogen und miteinander verwoben habe ich das bisher selten gehört.
Zumindest im deutschen Bereich gibt es das nicht so viel. Das ist eher ein UK oder amerikanisches Ding. In Deutschland ist dieser Fusion-Sound oder wo immer man das verorten möchte, noch nicht so präsent.
Elektronische Elemente, Groove, Beat und sich den Arsch abspielen
Orientiert sich ein junges Publikum eher in diese Richtung? Also wenn die elektronischen Anteile höher sind. Habt ihr dazu eine Idee, Erfahrungen?
Also im Publikum ist schon jedes Alter vertreten.
Meine Erfahrung ist, dass sich ein jüngeres Publikum eher zu Musik hingezogen fühlt, zu der man irgendwie tanzen oder sich bewegen oder die man zumindest fühlen kann. Und die nicht zu verkopft ist.. Aber ich glaube, bei uns spielt das authentische Element eine große Rolle und das Beat-Element. Man kann die Musik fühlen, als Groove, als Beat und man kann sich dazu bewegen. Das ist zumindest die Review, die ich immer wieder bekomme, dass das die Faszination dahinter ausmacht.
Das ist, finde ich, noch einmal eine interessante Aussage, ein anderer Blickwinkel. Das „Fühlen“ der Musik bietet einen anderen Zugang zur Musik. Bei Jazz denken viele Leute, dass das wahnsinnig kompliziert ist, dass es Musik ist, die man ‚verstehen‘, über die man etwas wissen muss, um Spaß daran zu haben. Die Verbindung von Jazzelementen und Tanzbarkeit ist bei euch immer da. Und dieses gleichberechtigte Zusammenspiel von elektronischen Elementen, Rhythmus und Melodie. Aus diesem Zusammenspiel kann man sich etwas Intellektuelles rausholen oder sich einfach drauf einlassen und dem Groove oder Beat nachgehen, was den Körper anspricht. Oder auf das Lockere, Schwebende.
In der Kommunikation nach außen verwenden wird den Jazzbegriff gar nicht. Die Improvisation hat bei uns nicht mehr eine so große Rolle gespielt. Aber Fusion: Drum and bass, Elektronik, Rock sind Elemente, die sich in der Musik finden lassen.
Und wie Felix vorhin schon sagt: gerade junge Leute achten darauf, ob etwas authentisch ist oder nicht. Und dabei ist es fast egal – also im übertragenen Sinne – , was da an Musik gespielt wird, wenn da Leute auf der Bühne stehen, bei denen man merkt, dass sie für das brennen, was sie machen, und sich gerade den Arsch abspielen. Dann finden die meisten Leute das geil.
Wir haben auch auf klassischen Kulturveranstaltungen gespielt, auf denen viel älteres Publikum war. Die ein klassisches Jazzkonzert erwartet haben und dann sagten, dass sie so etwas noch nie gehört hatten. Und dass es zwischendurch wie Pink Floyd oder Rock klang. Dass sie sich wie ein einem Berliner Club der 80er gefühlt haben.
Mit der Musik zu den Leuten gehen
Das heißt, ihr holt die Leute an ganz unterschiedlichen Punkten ab.
Jeder hat irgendwie einen Anknüpfungspunkt. Die einen im Jazz, die anderen finden so einen rockigen Drumsound cool, die anderen, dass das überall Knöpfe blinken und so. (Felix lacht)
Aber gemeinsam bringt man die Leute auf eine Reise.
Die Frage nach dem jüngeren Publikum hat auch damit zu tun, dass ich mir das JazzLab angeschaut habe. Das Label und die Veranstaltungen. Da scheint Bewegung drin zu sein, es ist Nachwuchs da sowohl bei den Musikern als auch bei Publikum. Denn in vielen Bereichen -auch im Metal – wird die Frage gestellt, wie man junge Leute begeistern und hinterm Ofen hervor bzw. vom Handy weglocken kann.
Ich denke, dass es im Jazz wie in der Klassik eine hohe Erwartung gibt, dass man dies an die junge Generation weitergibt. Dass die alle auf jeden Fall Jazz und Klassik und auch Metal hören sollen. Und es besteht die Ansicht, dass die Leute zu einem kommen. Das ist Quatsch. Gerade z.B. in einer Stadt wie Hamburg, die total übersättigt ist. Man muss als Band, als Musiker, als Veranstalter zu den Leuten hingehen. Das haben wir mit JazzLab versucht, da hin zu gehen, wo die Leute sind und nicht zu warten, bis sie zu einem kommen. Die jungen Leute sind halt an anderen Orten als im klassischen Konzertsaal. Man kann das scheiße finden, aber das wird den Fakt nicht ändern.
Dahin zu gehen, wo die Leute sind, also ein niedrigschwelliges Angebot zu machen, scheint mit den Veranstaltungen von JazzLab ja gelungen zu sein.
Ja, man merkt, das ein breites Interesse da ist.
Storytelling, Konzepte und Drehbücher
Ihr habt vorhin schon gesagt, dass Storytelling eine wichtige Rolle spielt. Und wie läuft das so grundsätzlich: habt ihr erst die Geschichte und schreibt die Musik dazu oder ist es eher umgekehrt?
Es war diesmal so, dass wir vor ungefähr einem Jahr ein paar Tage intensiv geprobt haben und dann ganz oldschool an der Tafel Themen aufgeschrieben und Brainstorming betrieben hatten. Und daraus hat sich dann die Musik entwickelt. Und wir haben uns die Zeit genommen, einfach zu spielen, zu jammen und daraus sind sehr coole Ideen entstanden. Oder es gab so eine Grundidee, dann spielt man ein bisschen und versucht sie so weiterzuentwickeln. Und es ist hinterher ein Mix aus beidem. Ja und diesmal hatten wir tatsächlich so eine Art Mindmap.
Ja, fast wie ein Drehbuch. Wir haben immer den Traum gehabt, eine eigene Videoshow zu haben. Also man spielt eine Show und dahinter läuft eine dafür entwickelte Videoshow ab. Und das machen wir im Winter das erste Mal. Wir haben erst die Musik entwickelt, dann die Story und jetzt wird das Videomaterial dafür hergestellt.
Das wird ja richtig interessant und spannend! Damit bekommt das Ganze noch eine weitere Dimension durch die Videos.
Ja, das wird eine musikalische Reise durchs Weltall, die durch das Video unterstützt wird. Wir spielen Ende November zwei Abende im Hamburger Planetarium. Die haben eine Fulldome 360° Projektionsfläche. Und da werden wir ganz schön durchs Weltall geschossen.
Von uns war keiner im Weltraum – aber „The Illustrated Man“
Wow, das klingt toll. Auf dem letzten Album waren Soundgeschichten dabei, die ihr irgendwo auf Reisen aufgenommen hattet. Habt ihr so etwas für das neue Album auch gemacht?
Nee, da sind diesmal keine Handyaufnahmen drauf.
War ja von uns noch keiner im Weltraum. Und wir sind ja komplett im Weltraum auf der Platte.
Bei „New Mission“ ist eine Texteinspielung. Ich habe nicht rausgekriegt, was es ist.
Das ist von „Illustrated Man“. Von dem haben wir schon ein paar Mal Sachen geklaut. Das ist ein ziemlich cooles Buch mit Kurzgeschichten über einen Astronauten, der seinen Kindern von seinen Expeditionen ins Weltall erzählt. Das sind ziemlich coole Geschichten. Unser Keyboarder hat sich davon inspirieren lassen und den Track danach konzipiert und geschrieben.
Zufälligerweise hatte ich kurz bevor ich euer Album bekommen habe, noch einmal „The Planets“ von Gustav Holst gehört. Kennt ihr das? Ist das Musik, die euch inspiriert? Oder spielt Klassik für euch als Hintergrund keine große Rolle?
Klassik ist nicht Einflussquelle Nummer eins. Bei „The Planets“ finde ich den Ansatz, eine Geschichte zu haben, mit der man den Leuten ja auch superviel an die Hand gibt, inspirierend.Bei uns gibt es die Challenger-Katastrophe oder einen Himmelskörper oder eine Party auf dem Mars. Man gibt den Leuten mit: das ist das, was wir gefühlt und gedacht haben. Das haben wir musikalisch umgesetzt. Das finde ich eigentlich voll schön.
Man hört ja häufig Musik und dann willst du wissen: warum hat er den Songtext so geschrieben, warum heißt das Stück so? Und das ist gerade im Jazzbereich echt häufig so, dass man Sachen hört und das Stück heißt dann „Milchkanne Nr. 2“ und man denkt sich: ja ok, irgendwas wird sich diese Person dabei gedacht haben. Aber erzähl es mir doch. Erzähl mir mehr dazu, dann höre ich die Musik anders.Das finde ich bei Gustav Holst halt cool. Denn jeder Himmelskörper oder Planet, den er vertont hat, hat ja eine Eigenschaft: ist kalt oder ultraheiß. Und dann hört man die Musik anders.
Den Vibe einfangen
Wenn Leute zu euch kommen und danach fragen, was habt ihr euch dabei gedacht, warum habt ihr den Titel gewählt, was verbindet ihr damit. Ist es überhaupt möglich, das zu beantworten? Ihr habt ja mit mehreren Leuten zusammen den Song geschrieben und zusammengetragen, was euch gedanklich und emotional dazu eingefallen ist. Kann man das erklären?
Auf dem vorletzten Album gab es einen Song „Rio“, den du vorhin wegen der Samples angesprochen hast. Der wurde von Valentin geschrieben mit einer ganz klaren Idee im Kopf. Weil er da war, herumgereist ist. Es war seine musikalische Verarbeitung.So gibt es immer Songs, die mit einer klaren Idee, einem Bild geschrieben sind. Und es gibt Songs, die komplett als Kollektivarbeit entstanden sind, wo es dann keine situationsspezifische Geschichte ist sondern es mehr darum ging, einen gewissen Vibe oder eine Stimmung einzufangen, oder eine Atmosphäre zu kreieren. Wenn es darum ging, dass wir etwas Melancholisches oder Böses oder Fröhliches brauchten, um die Story des Konzertes oder des Albums zu vervollständigen.
Ich denke, es ist sehr ergiebig, innerhalb gewisser Rahmenbedingungen kreativ zu sein.
Ja, ich denke auch, dass es gut ist, einen Rahmen zu haben, der ausgestaltet werden kann. Da fällt es leichter, sich zu fokussieren und Entscheidungen zu treffen.
Generell ist ja alles offen. Und das ist vielleicht das Jazz-Element dieser Band. Wir haben diese Storyline, die wir vertonen wollten. Oder dass wir noch z.B. ein düsteres Element für die Geschichte brauchen. Es hat also immer einen Grund, warum die Musik so klingt oder warum genau die Musik entstanden ist.
Und ihr habt den Vorteil, dass ihr Leute habt, die ihre Ideen aus verschiedenen Bereichen haben.Damit ist die Musik ja auch interpretationsoffen und der Hörer kann für sich entscheiden, wie er die Musik erlebt und einordnet.
Absolut. Das ist ja auch ein Stück weit Sinn der Sache.
Sänger? Texte?
Habt ihr irgendwann darüber nachgedacht, mit einem Sänger oder einer Sängerin zu arbeiten?
Nicht wirklich.
Nee.
Das ist in gewisser Weise auch ein zweischneidiges Schwert. Und ich glaube, dass das, was wir machen, mit Gesang nicht funktionieren würde. Weil, wie du auch schon richtig gesagt hast, wir das, worum es geht, nicht auf einem Silbertablett präsentieren. Ich glaube, dass Lyrics, die dann im klassischen Sinne darüber gesungen werden und die Geschichte erzählen, ein bisschen dieses Momentum rausnehmen würden. Und ich glaube, dass der Bandsound, so wie er sich jetzt entwickelt hat, dann auch nicht mehr funktionieren würde, da man Platz für die Vocals machen müsste.
Mir kam die Frage auch deswegen, weil ich an LONG DISTANCE CALLING dachte, die ja auch mit Gesang experimentiert haben. Nun, die Bläser bringen bei euch ja auch so etwas wie vokale Elemente ein.
Ja, die Bläser übernehmen ein Stück weit das Storytelling, aber insgesamt wird es von der ganzen Band übernommen.
Natürlich wird es für die Zuhörer einfacher, wenn mit dem Gesang etwas erzählt wird. Anderseits finde ich, dass wir eine sehr lyrische Art der Instrumentalmusik gefunden haben, die auch ohne Worte vokal klingt.
Und so kann man die Musik anders auf sich wirken lassen.
Ja, und es wird deutlich, dass wir fünf Jungs sind, die zusammen Musik machen. Künstlerisch betrachtet oder musikalisch betrachtet eigentlich total ergiebig und sogar ein Stück weit einfacher, zumindest für mich.
Und fürs Publikum bei den Konzerten wird das sehr deutlich. Ich meine, wir haben unsere Anzüge, wir schlüpfen da rein und schlüpfen gleichzeitig auch in eine gewisse Rolle und sind da als Astronauten auf der Bühne und wir sind einfach eine Crew, wie Felix ja gesagt hat. Und es ist uns wichtig, das auch nach außen zu kommunizieren.
Die Band als Crew und ein neues Video
Das wird für mich beim Hören dadurch deutlich, dass sich die Geschichten mal aus dem Rhythmus, mal aus der Melodie heraus entwickeln und kein Instrument im Vordergrund steht. Und dass es um ein Konzept geht, ist mir dadurch besonders deutlich geworden, dass ich keinen ‚Lieblingssong‘ habe, sondern mal der eine mal der andere eine besondere Wirkung hat. Je nachdem, aus welcher Stimmung heraus ich das Album höre.
Also alles Lieblingssongs? Dann erstmal vielen Dank für die Blumen, das ist ein großes Kompliment, freut mich, dass es gefällt.
Ich finde das auch total schön, dass man unsere Alben als Gesamtkonzept sehen kann, und wenn Menschen mir mitteilen, dass sie das Ding von A bis Z gehört haben. Wir wollen es u.a. mit dem Storytelling ermöglichen, dass es als Konzeptalbum gesehen wird. Jeder Song hat seinen speziellen Platz auf dem Album.
Ihr habt den Song „Hubble“ vom kommenden Album als Video veröffentlicht. Weshalb gerade diesen Song?
Weil er cool ist. Es war so, dass wir die Studiosession für die Aufnahme zum Album gefilmt haben. Und dann mussten wir uns irgendwie für einen entscheiden.
Musik und Visuals in der Elbphilharmonie und Party auf dem Fusion-Festival
Das Album erscheint am 7. Juni 2024. Dann werdet ihr auch wieder Konzerte spielen. Ihr habt schon an den unterschiedlichsten Orten wie z.B. in der Elbphilharmonie gespielt. Welches Konzert war für euch ein besonderes Ereignis?
Das Konzert in der Elbphilharmonie war natürlich extrem schön. Es war mit Visuals unterlegt. Das war atemberaubend. Der volle Saal, und die Stimmung, als man da auf der Bühne saß und die Leute auch wirklich zugehört haben und dass sie sich so auf das Gesamte, also auf die Musik und die visuellen Aspekte, eingelassen haben, war schon großartig.
Wir haben auch zweimal auf dem Fusion Festival gespielt. Das waren auch ganz fantastische Konzerte. Da ging es eher um eine Party und gute Zeit und Stimmung und so weiter, aber das waren auch echt extrem schöne Momente, extrem schöne Konzerte. Wir dürfen einfach wahnsinnig schöne Konzerte an tollen Orten spielen. Und das ist im Wesentlichen auch auf Philipps Arbeit zurückzuführen.
Ihr habt ja schon von den Videoelementen erzählt, die demnächst dazukommen. Z.B. bei dem Konzert im Planetarium. Wer produziert die Videos?Das macht ein Hamburger Kollektiv, das u.a. auch fürs ZDF, für Terra X arbeitet. Sie verwenden auch original NASA-Material. Sie erstellen das gerade für die 360 Grad Projektion. Und das ist wird auf jeden Fall ziemlich aufregend. Weil allein diese 360 Grad Bilder total überwältigend sind. Die Zuschauer sitzen da quasi mitten im Weltraum und wir können live dazu spielen. Ja, das ist wahnsinnig und technisch unfassbar anspruchsvoll, was sie da machen.
Und für euch kommt ein neues Element hinzu.
Ja, das ist für uns natürlich ein cooles neues Spielzeug. Ich denke, dass es auch ein anderes Musizieren ist. Wo wir uns und den Sound neu finden müssen. Das wird eine sehr intensive Erfahrung, weil die Musik ja auch schon so viele Informationen bietet.
Oh so much space! ROCKET MEN im Planetarium
Und wann findet dieses besondere Ereignis statt?
Am 29. und 30. November. Und es wird ein besonderes Ereignis. Den Plan, in einem Planetarium zu spielen, hatten wir schon seit Jahren. Und jetzt können wir das endlich umsetzen.
Ich finde die Idee großartig. Das ist aber auch ein riesiger Kostenfaktor, oder?
Ja, also wir hoffen, dass wir das Ding vollkriegen.
Ihr hört es Leute: Auf nach Hamburg am 29. oder 30. November. So ein Konzert wird es so bald nicht wieder geben, wenn überhaupt!
Also ich glaube tatsächlich, dass es, zumindest, soweit ich informiert bin, sowas in der Form einfach noch nicht gab. Zumindest mit dieser Art der Musik und dann tatsächlich auch mit dieser Musik, Das ist zumindest in meinem Kosmos komplettes Neuland. Und ich glaube, das wird sehr schön.
Das Outfit: die Raumanzüge
Zum Abschluss noch eine Frage: wer hat eigentlich die Anzüge ausgedacht, die ihr auf der Bühne tragt?
Das war ein Teil der Bachelorarbeit eines Freundes, der in Hannover Modedesign studiert hat.
Also das ist schon großartig, wie sich bei euch Musik und Visuelles zu einem Gesamtkonzept zusammenfügen. Und ein Grund mehr, sich nicht nur eure Musik anzuhören, sondern euch live mitzuerleben und natürlich möglichst auch das Event im Hamburger Planetarium.
Ich bedanke mich für das Interview und wünsche euch für das kommende Album (Review demnächst hier auf metal-heads.de) und im November ein ausverkauftes Planetarium!
Ja, vielen Dank! Und allen viel Spaß beim Hören des neuen Albums!
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Bildquellen
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