Anneke van Giersbergen – ein grenswerkiger Auftritt

Würde man den Doc und mich fragen, welche Augenfarbe Chamäleons haben, wäre unser beider Antwort unisono: smaragdgrün. Das würden wir ableiten von dem uns bekannten Metal-Chamäleon Anneke van Giersbergen, die derzeit wieder in den Niederlanden auf Tour ist.
Die vielen Gesichter der AvG
Denn in der Wandelbarkeit was die Themen ihrer jeweiligen Tour angeht steht die sympathische Sängerin den putzigen Zeitlupen-Reptilien in nichts nach. Vor knapp einem Jahr war Anneke noch mit ihrem „Heavy Strings“-Projekt in den Niederlanden und Deutschland live zu sehen. Im Herbst 2024 folgte die Ankündigung einer neuen EP mit eigenen Kompositionen für Februar 2025.
The Return of Awesome…
Kurz darauf ging dann der Hype durch die Decke, als ihre ehemaligen Mitstreiter von THE GATHERING verlauten ließen, dass es einige wenige Konzerte zum 30. Jahrestag der Veröffentlichung des Albums „Mandylion“ im Juni und August 2025 geben würde – mit Anneke am Mikrofon.
Quasi in between also aktuell die als „Dutch Club Tour“ bezeichneten Auftritte wie z.B. am letzten Sonntag im „Poppodium Grenswerk“ in Venlo.
Gegenüber der „Heavy Strings“-Tour nun wieder „mit Strom“ und personell auf acht Personen angewachsen. Darunter eine Violinspielerin und ein Saxofonist. Also viel echtes Handwerk am Start.

Von Allem das Beste…?
Neben den bekannten Songs ihrer bisherigen Solo-Alben hat sich Anneke van Giersbergen in der aktuellen Setlist drei weitere Schwerpunkte gesetzt. Unvermeidbar natürlich einen Rückgriff – oder Ausblick? – auf Songs von THE GATHERING. Hier machte im ersten Drittel des Sets „The May Song“ vom 1997er Album „Nighttime Birds“ des Anfang und setzte sofort ein Highlight. Das an sich ruhige Liebeslied trug Anneke unterstützt von ihrer Band mit einer Energie vor, die der nach Erinnerung noch intensiver von der Bühne kam als vor über 25 Jahren zu den Hoch-Zeiten von THE GATHERING.
Als thematischer Contrapunkt zum „May Song“ folgte wenig später „Saturnine“ vom 2000er Album „If_Then_Else“. In dem Song geht es um die vergangene Liebe und das wieder Fuß fassen nach dem Ende einer Beziehung. Anneke brachte dabei genug gespielte Wut in ihrer Stimme rüber, dass man gewillt war, sich als Mann im Publikum erstmal für mindestens den nächsten Song wegzuducken.
Leben und der ganze Rest
Wie eingangs erwähnt ist der äußere Anlass für die Tour – abgesehen davon, dass Anneke van Giersbergen einfach Spass hat, regelmäßig auf einer Bühne zu stehen – die Veröffentlichung der neuen EP „La Vie“ am 28.02.2025. Alle vier Songs kamen an diesem Abend zum Zuge, wobei „When I Die“ und „Heal Me“ nacheinander an dieser Stelle den Anfang machten.
Der Doc und ich waren uns nach „Heal Me“ per Blickkontakt einig, dass der Dame da oben im Rampenlicht ein zukünftiger Evergreen gelungen ist, der insbesondere live und mit der Unterstützung DIESER Band sofort zündete. Die digital veröffentlichte Studioversion wird dieser Livedarbietung nur im Ansatz gerecht.

Freundliche Übernahme
Zum dritten Themenschwerpunkt – den bei Anneke van Giersbergen immer wertigen Coverversionen – macht am heutigen Abend Kate Bush den Auftakt. „Running Up That Hill“ erhält die Chrompolitur, die man beim „Stranger Things“-Soundtrack vermisst hat. Insbesondere mit dem Arrangement für die Violine bekam das bekannte Lied neue Akzente.
Fahrplanauskunft
„More Than a Thousand Words“ wird dieser Artikel nicht lang werden – versprochen! Aber es ist der dritte Song von „La Vie“ in der Setlist, gefolgt von dem bereits vorveröffentlichten Song „One More Nanosecond“. Letzterer ist für mich von der Textidee der interessanteste der neuen Stück von Anneke. Man darf gespannt sein auf die zweite EP, die wohl noch dieses Jahr erscheint und die dritte und letzte Veröffentlichung irgendwann in 2026. Erst dann werden die nur digital veröffentlichten EPs zu einem physischen neuen Album zusammen gefasst.
Auf der sicheren Seite
Als Appetithäppchen auf das „Mandylion“-Bankett im Sommer muss man „Strange Machines“ ansehen – den Schlusspunkt des regulären Sets. Dieses Sechs-Minuten-Nochwas-Monster hat nichts, rein gar nichts von seiner hypnotischen Anziehungskraft in den letzten 30 verloren und setzt zu Recht den Schlusspunkt unter einen abwechslungsreichen und gelungenen Abend.

Noog een liedtje…!
Für Anneke und ihre Mitstreiter ist jeder Gig in den Niederlanden ein Heimspiel vor Freunden. Deswegen fällt die unvermeidliche Phase der Zugaberufe angenehm kurz aus. Den Reigen der letzten vier Stücke des 20 (!!!) Songs umfassenden Sets eröffnet „Ray of Light“ von Madonna. Anneke bekundete offen ihre Bewunderung für das Album gleichen Namens der Popdiva und speziell das Titelstück. Nichtsdestotrotz kündigte sie an, dem Evergreen mit der heutigen Version eine rockige Hommage zu erweisen. Knapp fünf Minuten später bekräftigte der enthusiastische Applaus der etwa 150 Besucher den Erfolg des Versuchs.
Mit AvG auf der sicheren Seite
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich der Besuch eines Konzertes von Anneke van Giersbergen IMMER lohnt. Es kommt nicht darauf an, in welchem Kontext sie gerade auftritt. Schaut man auf die Tourneepläne, spielt sie gefühlt in jeder Stadt mit mehr als 10.000 Einwohnern und einer passenden Bühne. Deshalb muss man nicht weit in die Niederlande hinein reisen, um einen Abend mit guter musikalischer Unterhaltung zu erleben.
Sisters are doing it…

Nicht unerwähnt bleiben soll noch, dass Anneke auf dieser Tour von einer Vorband begleitet wird, soweit ein Duo bereits eine Band ist. Die australische Sängerin Ebony Buckle hat im Oktober 2024 ihr zweites Soloalbum „Hearts Get Started“ veröffentlicht. Mit ihr am Keyboard wird sie unterstützt von einem Gitarristen und bietet gefälligen, ruhigen Pop mit einer augenscheinlich sehr gut ausgebildeten Stimme.
Ebony lebt seit einigen Jahren in London und hat den gewohnt schrägen britischen Humor offenbar in etwas höheren Dosen abbekommen. Das hilft ihr hier und heute, das Eis beim Publikum zu brechen. Dem Doc und mir hat der Auftritt jedenfalls gefallen, der Schlussapplaus im Grenswerk war ebenso anhaltend. Die Homepage von Ebony Buckle findet ihr hier.

Zum Abschluss noch die Fotoserie zu Anneke van Giersbergen:
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Bildquellen
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 009: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 011: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 002: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 008: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 004: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 007: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 005: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 010: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 003: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo 001: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
- Anneke van Giersbergen – live in Venlo – Beitragsbild: (c) metal-heads.de / Amir Djawadi
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