„Serendipitous meeting“ von STUBA, Skaidra Jančaitė & Kjell Braaten
(scroll down for english version)
„Serendipitous Meeting“ ist der Titel des Albums mit Liedern, die einer traditionellen Form des Gesangs – den Sutartinės – folgen. Sie wurden von einer Gruppe litauischer Frauen (STUBA) zusammen mit Skaidra Jančaitė und Kjell Braaten aufgenommen.
Die Frauen haben sich vor ca. 10 Jahren zusammengefunden, um die Sutartinės und das Singen wieder in den Alltag zu bringen.
Skaidra Jančaitė ist Sängerin und Chorleiterin und hat sich mit Folklore und Oper aber auch mit experimenteller Musik beschäftigt.
Kjell Braaten ist Experte für alte skandinavische Instrumente, Komponist und Produzent. Er hat mehre Alben veröffentlicht.
Die Sutartinės sind eine alte Form mehrstimmiger Musik, die 2010 auf die Liste der immateriellen Kulturgüter der UNESCO aufgenommen wurde. Sie werden in der Regel von zwei, drei oder vier Sängerinnen vorgetragen.
Die Texte der Sutartinės erzählen von Dingen des Alltags, von Festen und von den Sorgen und Gedanken, die das Leben mit sich bringt. Oft werden dabei menschliche Eigenschaften oder Emotionen durch Elemente der Natur ausgedrückt. (Mehr zu Sutartinės)
„Serendipitous Meeting“ entstand im Anschluss an einen Workshop über Sutartinės und ein Konzert im litauischen Gemeindehaus in Hommersåk, Norwegen. Bei einem Treffen in seinem Haus nahm Kjell Braaten einige Lieder in verschiedenen Variationen auf und gab ihnen einen warmen und vollen Klang.
Workshop und Wohnzimmerkonzert
So ist dieses Album in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit: einmal, weil es mit den Sutartinės eine besondere Form des Gesangs vorstellt, und zum anderen durch den Weg, wie es entstanden ist. (s. auch Interview)
Das Besondere an den Sutartinės ist, dass die Lieder aus zwei Melodien und zwei Texten bestehen: einem Haupttext, der das Thema beinhaltet und einem Refrain, der oft keine (semantische) Bedeutung hat, wenn er durch Silbengruppen und nicht durch Wörter gebildet wird. Daiva Vaišnorienė, eine der Sängerinnen, bezeichnet sie als „magische Wörter“.
Die einzelnen Melodien und Texte sind dabei gleichberechtigt. D.h. keine Gesangsstimme ist wichtiger als die andere. Das ist bei allen Liedern gut zu hören, auch bei der Variation von „Turėjo liepa“, in der Skaidra Jančaitė ein Solo singt.
Lieder wie die Brandung und fließender Stoff im Wind
„Turėjo Liepa“ besingt die Linde und deren Zweige, die symbolisch für die Mutter bzw. ihre Töchter steht. Das Lied erzählt von dem Wunsch der Mutter, dass wenigstens eine ihrer Töchter bei ihr bleibt, um sich um sie zu kümmern oder später um sie zu trauern. „Turėjo Liepa“ beginnt mit dem Klang der Kravik-Lyra: sanft, ätherisch, melancholisch und zugleich lebhaft. Dann setzt ein klarer und nachdrücklicher Gesang ein. So wird die erste Strophe gesungen, auf die der Refrain aus Lautmalereien, den ‚magischen Wörtern‘ folgt. Gleichzeitig wird durch den Rhythmus, der durch die Verteilung der langen und kurzen Silben der Wörter, sowie die ‚eingeworfenen‘ Laute des männlichen Gesangs und durch die Begleitung der Kravik-Lyra entsteht, eine Bewegung erzeugt, die wie Wellen in der Brandung an den Strand rollen.
In weiteren Variationen werden einmal die rhythmischen Elemente verstärkt und durch die Solostimme Wunsch und Traurigkeit noch spürbarer.
„Judabra“ beschreibt die Mühen, die eine Frau auf sich nimmt, um eine ‚Krone‘ (einen Blumenkranz) zu flechten. Hier kann man das Prinzip nachvollziehen, wie diese Lieder aufgebaut sind. Wie nach und nach die Stimmen hinzukommen, die Melodie aufgreifen und sich die Elemente ähnlich einem Kanon zusammenfügen und sich die Melodien zu einem Klanggewebe verbinden, das sich wie ein Stoff in sanftem Wind bewegt.
„Ką bice“ ist eines der Lieder, das auf jeden Fall auch einmal mit Kopfhörern gehört werden sollte. Denn dann ist das Hin- und Hergeben der Klänge noch intensiver zu hören. In der alternativen Version sind dann auch die Bienen gut zu hören, um die es in diesem Lied geht.
Bei „Kas tTar teka per dvarelį“ hüpft die Melodie wie eine Murmel, die einen Waldweg hinunterrollt.
„Žilvitis žaliavo čiūto rūto“ besingt mit einer sehnsuchtsvollen Melodie die Korbweide. Durch die Begleitung mit der Kravik-Lyra klingt das Lied beschwingt. Wie aus der Ferne ruft uns eine Stimme etwas zu.
Die Magie der Wörter, die Poesie des Alltags und die Kreisläufe des Lebens
So unterschiedlich die Lieder sind, gemeinsam ist ihnen Melancholie, ein Auf und Ab von Freude und Traurigkeit.
Es sind die eng miteinander verwobenen Klänge, die mal wie das Wasser, das eilig in einem Bach über die Steine fließt und mal wie Sonnenstrahlen, die durch Wolken blitzen, sind, die einen zuhören und hinhören lassen.
Die Texte der Sutartinės erzählen eben nicht nur vom Alltäglichen. Sie machen die Kreisläufe des Lebens deutlich, die in der Wiederholung und Neuformation der Klänge in den Liedern dargestellt werden. Die Lieder berühren damit auch so etwas wie unklare Erinnerungen.
Die Sutartinės wurden über Generationen weitergegeben. Deshalb können wir sie jetzt noch hören, genießen und danach schauen, was sie uns heute sagen oder geben können.Es sind solche Lieder, die nicht nur die Musik, sondern auch die Geschichten, von denen sie handeln, in ein Kontinuum stellen, in dem auch wir stehen.
Die Aufnahme von „Turėjo liepa“ vom Konzert in der alten Kirche von Riske, Norwegen zeigt all dies.
Das Album erhaltet ihr HIER.
Und jetzt hört „Judabra“ an:
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„Serendipitous meeting“ by STUBA, Skaidra Jančaitė & Kjell Braaten
“Serendipitous Meeting” is the title of the album with songs that follow a traditional form of singing – the Sutartinės. They were recorded by a group of Lithuanian women (STUBA) together with Skaidra Jančaitė and Kjell Braaten.
The women came together about 10 years ago to bring the Sutartinės and singing back into everyday life.
Skaidra Jančaitė is a singer and choir director who has worked with folklore, opera, and experimental music.
Kjell Braaten is an expert on old Scandinavian instruments, composer and producer. He has released several albums.
The Sutartinės are an ancient form of polyphonic music that was added to the UNESCO list of intangible cultural heritage in 2010. They are usually performed by two, three or four singers.
Sutartinės‘ lyrics tell of everyday things, celebrations and the worries and thoughts that life brings with it. Human characteristics or emotions are often expressed through elements of nature. (More about Sutartinės)
„Serendipitous Meeting“ was created following a workshop on Sutartinės and a concert at the Lithuanian community centre in Hommersåk, Norway. At a meeting in his house, Kjell Braaten recorded some songs in different variations and gave them a warm and full sound.
Workshop and living room concert
This album is special in several ways: firstly, because it presents a special form of singing with the Sutartinės, and secondly because of the way it came about. (see also interview)
What is special about the Sutartinės is that the songs consist of two melodies and two texts: a main text that contains the theme and a refrain that often has no (semantic) meaning if it is formed by groups of syllables rather than words. Daiva Vaišnorienė, one of the singers, calls them “magic words”.
The individual melodies and texts are given equal status. That is, no singing voice is more important than the other. This can be heard clearly in all songs, including the variation of “Turėjo liepa”, in which Skaidra Jančaitė sings a solo.
Songs like the surf and flowing fabric in the wind
„Turėjo Liepa“ sings about the linden tree and its branches, which symbolises the mother or her daughters. The song tells of the mother’s wish that at least one of her daughters would stay with her to look after her or mourn her later. „Turėjo Liepa“ begins with the sound of the Kravik lyre: gentle, ethereal, melancholic and at the same time lively. Then a clear and emphatic singing begins. This is how the first verse is sung, followed by the chorus of onomatopoeia, the ‚magic words‘.
At the same time, the rhythm created by the distribution of the long and short syllables of the words, as well as the ‚thrown in‘ sounds of the male singing and the accompaniment of the Kravik lyre, creates a movement that rolls onto the beach like waves in the surf. In further variations, the rhythmic elements are strengthened and the solo voice makes desire and sadness even more tangible.
„Judabra“ describes the effort a woman makes to weave a ‚crown‘ (a flower wreath). Here you can understand the principle of how these songs are constructed. How the voices gradually come in, pick up the melody and the elements come together like a canon and the melodies combine to form a sound fabric that moves like fabric in a gentle wind.
„Ką bice“ is one of the songs that should definitely be listened to with headphones. Because then the back and forth of the sounds can be heard even more intensely. In the alternative version, the bees that this song is about can also be heard clearly.
In „Kas tTar teka per dvarelį“ the melody bounces like a marble rolling down a forest path.
“Žilvitis žaliavo čiūto rūto” sings about the basket willow with a longing melody. The accompaniment of the Kravik lyre makes the song sound lively. A voice calls out to us as if from far away.
The magic of words, the poetry of everyday life and the cycles of life
As different as the songs are, they all have melancholy in common, an up and down of joy and sadness.
It is the closely interwoven sounds, which are sometimes like water flowing quickly over the stones in a stream and sometimes like rays of sun flashing through clouds, that make you listen and pay attention.
The Sutartinės‘ lyrics don’t just tell of everyday things. They make the cycles of life clear, which are represented in the repetition and re-formation of the sounds in the songs. The songs thus also touch on something like unclear memories.
The Sutartinės were passed down through generations. That’s why we can still listen to them, enjoy them and see what they can tell us or give us today.
It is songs like these that place not only the music, but also the stories they are about, in a continuum in which we too stand.
The recording of “Turėjo liepa” from the concert in the old church in Riske, Norway shows all this.
You can get the album HERE.
And now listen to “Judabra”:
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Bildquellen
- STUBA Kjell Braaten Turejo Liepa: Kjell Braaten
- Kjell-Bronseplassen-Kravik-300×300: Kjell Braaten Music
- kjell braaten serendipitous meeting cover: Kjell Braaten / Živilė Muraškienė
- serendipitous meeting cover review: Kjell Braaten Music
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