TRIPTYKON – problemlose Generalprobe in Essen
Wie bereits im Vorfeld berichtet haben die Schweizer Metal-Ikonen TRIPTYKON den langen Anreiseweg zum diesjährigen WACKEN Open Air dazu genutzt, unterwegs Station zu machen, um sich für das Event warm zu spielen. In Freiburg, sowie heute Abend in Essen, erfolgt die jeweilige Generalprobe vor zahlendem Publikum.
Die Diener des Meisters
Beim Warm Up in der Zeche Carl in Essen hat das tiefdunkle Quartett um Sänger Thomas Gabriel Fischer eine Verstärkung an Bord geholt: VALBORG aus Bonn sollen die Fans in der größeren der beiden Konzerthallen vorglühen. Dieses Vorhaben erscheint bei Beginn des Gigs nicht nur wegen der etwas spärlichen Zuschauerkulisse als schwieriges Unterfangen. Denn das Trio aus Sänger/Gitarrist Christian Kolf, dem Fretless-Bassisten Jan Buckard und Florian Toyka am Schlagzeug spielt eine Mischung aus Death-/Black- und Doom-Metal abseits der Partytauglichkeit. Vielmehr breiten die drei düsteren Herren einen drohend/dröhnenden Klangteppich aus mit schleppend-verzerrten Akkorden und einem Gesang, der in Zeitlupe aus der PA tropft.
Nah an den Vorbildern
Stilistisch ist das erstaunlicherweise gar nicht so weit von dem entfernt, was TRIPTYKON auf die beiden bislang erschienenen CDs gebannt haben. Es fehlt jedoch das gewisse Etwas, insbesondere die bei TRIPTYKON erkennbare Abwechslung und die Spannungsbögen. So kreieren VALBORG vordergründig eine Stimmung, in der die Texte der Songs ebenso nebensächlich wie faktisch unverständlich sind.
Rätselhafte Kunst
Überhaupt: die Songs. Anhand der Setlist lässt sich in der Umbaupause nachvollziehen, dass neun Songs gespielt worden sind, davon zwei mit englischen Titeln. Diese beiden Titel („Astral Kingdom“ als Opener und „Eerie and Old“ als Nummer drei) sind die einzigen Tracks, die sich bei weiterer Recherche im Bandrepertoire seit Gründung im Jahre 2009 finden lassen. Die sieben deutschen Songs mit kreativen Namen wie „Stossfront“ oder „Atompetze“ (!!!) sind entweder Nicknames bekannter Stücke oder brandneue Kompositionen.
Als Gesamteindruck bleibt fest zu halten: passende Auswahl des Openers, ein 40-minütiges emotionales Gesamtkunstwerk/-konstrukt, welches man mal gesehen/erlebt haben muss, um anderntags auf dem Schulhof mitreden zu können.
Infos zur Band VALBORG und den Veröffentlichungen wie immer bei metal-archives.com.
Härter als der Schweizer Franken…
Kurz nachdem die Nebelmaschine das düster-rote und dunkel-blaue Licht zur Freude von Knipser-Kollege Scumbag und den anderen Fotografen noch einmal ordentlich diffuser gemacht hat, treten Thomas Gabriel Fischer, der zweite Gitarrist Victor „V.“ Santura und Tieftonelfe Vanja Slajh hinter die chrompolierten Mikroständer. Diese Bühnenmöbel sind dem kopfstehenden „T“ bzw. Kreuz aus dem Bandlogo nachempfunden, wie ein Blick auf das Backdrop unschwer bestätigt.
Zum Quasi-Instrumental „Crucifixus“ vom Band nimmt auch Drummer und Band-Youngster Norman Lonhard seinen Platz ein. Das unvermeidliche „Uuurggghhh!!!“ von Fischer und schon setzen die ersten Takte von „Procreation (of the Wicked)“ ein. Es folgen „Dethroned Emperor“ und „The Usurper“ als dreifaltige Hommage an die glorreichen Zeiten von CELTIC FROST. Bereits bei „Procreation“ beginnt ein unabgesprochener Wettkampf zwischen weiten Teilen des Publikums im jetzt gut besuchten Saal und Bassistin Vanja. Die Disziplin lautet „wurmartiges Verkrümmen des Oberkörpers im Takt der Musik“. Bereits gegen Ende von „Dethroned Emperor“ zeichnet sich hier ein Punktsieg für die Bühnenmannschaft ab. Vanja und zuletzt auch Linksaußen Viktor sind komplett im „Flow“.
Ehrlich rockt am längsten
Die erste Reihe quittiert das Triple mit mehrfachen „Uuurggghhh!!!“-Plagiaten, was den Inhaber des diesbezüglichen Copyrights zu der trockenen Frage bringt, ob man denn nun langsam fertig sei „da unten“. So übers Maul gefahren hört jetzt alles wieder auf das Hörnchen des Meisters, der nun offiziell die anwesenden Metalheads begrüßt. In dem Wissen, niemanden etwas schuldig zu sein, kommt dann folgendes wörtliches Statement: „Willkommen zu unserer Generalprobe vor Publikum. Das ist heute das zweite Mal nach 2010. Ich will nicht schleimen, aber ich spiele viel lieber hier vor euch als auf dem Scheiß Wacken. Ich will ja keine Namen nennen, aber SABATON und BLIND GUARDIAN passen nicht so zu uns. Euch kann ich es ja sagen.“
Der fünfte „Mann“ bei TRIPTYKON
Der anschließende phrenetische Jubel kommt erst zum Erliegen, als mit „Goetia“ der erste waschechte TRIPTYKON-Song angespielt wird. Gleich darauf kann Thomas Gabriel Fischer mit einer weiteren Überraschung aufwarten: zum nun folgenden „Obscured“ übernimmt Sängerin und Landsmännin Simone Vollenweider den Gesangspart. Die ausgebildete Sängerin ist bereits seit dem CELTIC FROST-Comeback „Monotheist“ aus dem Jahre 2008 Gastmusikerin. Im kargen Licht ist die hochgewachsene Blondine im weißen Kleid ein beeindruckender Kontrast zum neben ihr fuhrwerkenden Bass-Biest Vanja. In der melancholischen Stimmung des Songs geht meine Phantasie ein bisschen mit mir Gassi: „was wäre wenn…?“ – was wäre, wenn TRIPTYKON die Gunst der Stunde nutzen, und Simone performt „Tristesse de la Lune/Sorrow of the Moon“, die Female Vocals-Urmutter vom CELTIC FROST-Album „Into the Pandemonium“? Tjaaa…
Im Hintergrund hat derweil „Boleskin House“ aus dem TRIPTYKON-Oevre begonnen und als Simone anschließend unter dem Applaus aller Anwesenden verabschiedet wird, sind meine Hoffnungen mit ihr dahin… seufz… – Als unbeabsichtigte aber willkommene Wiedergutmachung stellt Thomas nun die Frage in den Raum, auf die es heute Abend nur eine Antwort geben kann: „Are You MORBID!!!???“ Die Reaktion im Saal erübrigt weitere Vermutungen. „Morbid Tales“ und „Circle of the Tyrants“ schicken die Fans auf eine Zeitreise in die Stunde Null des zeitgenössischen Black Metal. Mosh as mosh can!
Rezeptfreie Drogen
Ganz anders jedoch nicht um einen Deut weniger intensiv wechselt das Programm anschließend wieder in die relative Neuzeit. „Aurorae“ ist die finsterste Morgenröte seit dem Urknall aber tatsächlich nur die Vorbereitung auf die „Verlängerung“ – „The Prolonging“. Unendliche zwanzig Minuten nimmt Fischer die Menge mit auf einem Trip, bei dem er nicht mehr singt sondern die einzelnen Zeilen doziert. Ich kann mich nicht von seinen wenigen Bewegungen mit dem Plektrum in der rechten Hand abwenden. Denn diese Gesten sind der einzige Anker in der realen Welt, die hier gerade nicht mehr stattfindet. Man kann es nicht beschreiben, man muss es erleben. Eine Ermüdung hin zur Mattigkeit bei vollem Bewusstsein ist noch am ehesten die zutreffende Metapher für diese Performance.
Das instrumentale „Winter“ ist daraufhin die eisglatte Rampe, auf der man ins Nirvana gleitet. Als das Stück endet, bin ich nicht der Einzige, der sich wie nach einer Hypnose erstmal kurz sammeln muss, um wieder in der Gegenwart zu sein. Einfach unglaublich.
Entsprechend groß ist noch einmal der Jubel in der Hütte, unter dem sich TRIPTYKON verabschieden.
Generalprobe geglückt – gutes Gelingen für die Premiere…!
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