Andi The Wicked – Interview zum neuen Album
Andi The Wicked veröffentlicht sein Solo – Album „Sexually Transmitted Mojo“
Andreas Dötsch aka „Andi the Wicked“ (STEELPREACHER, ex-WOLFEN) veröffentlicht heute via ACFM-Records sein zweites Album mit dem Titel „Sexually Transmitted Mojo“. Vor ein paar Tagen hat er sich Zeit genommen, Fragen zum Werdegang, ersten Banderfahrungen, der Wechselwirkung zwischen Instrument und Gitarrist, seine Aufgabe bei STEELPREACHER – und natürlich zum kommenden Album zu beantworten.
Auf deinem neuen Album verbindest du instrumentale musikalische Geschichten mit einem virtuosen Gitarrenspiel. Hast du eigentlich die berühmten 10.000 Stunden geübt, von denen behauptet wird, dass sie notwendig sind, um ein Instrument zu beherrschen?
10000 Stunden werden dafür mit Sicherheit nicht reichen. Ich weiß nicht, ob man ein Instrument wirklich irgendwann beherrscht. Man lernt es ein Leben lang, das hört niemals auf. Das höre ich auch von denen, die in der Profi-Liga unterwegs sind. Z.B. Carlo Marchione [klassische Gitarre] sagt, dass es keine Perfektion gibt. Und ich bezweifle, dass man ein genauso guter Blues-Gitarrist wie Jazz-Gitarrist sein und dann gleichzeitig noch Metal machen kann.
Ist Perfektion erstrebenswert?
Das kommt sicher darauf an, wieviel Spaß man selbst am Üben hat. Wenn ich abends zwei Stunden gespielt habe, habe ich genug für den Tag. Ich übe nicht besonders laut. Aber nach einer gewissen Zeit brauche ich auch mal wieder ein bisschen Stille um mich herum.
Wie bist du an die Gitarre gekommen? Wenn ich mich richtig erinnere, hast du nicht mit der Gitarre begonnen, sondern mit dem Klavier.
Mit der Gitarre hat es angefangen, als ich ca. 13 Jahre alt war. In der Schule gab es eine Gitarren – AG mit einem sympathischen Lehrer. Außerdem war 13 Jahre in gewisser Weise ein ‚gefährliches‘ Alter. Punk-Rock, Heavy Metal, lange Haare waren interessant. Das spielte alles mit hinein und so bin ich irgendwie bei der Gitarre geblieben.
Und ja: ursprünglich komme ich vom Klavier her. Ab 7 Jahren hatte ich die klassische Klavierausbildung. Diese Grundlagen und z.B. Kenntnisse der Harmonielehre haben mir später auch geholfen – auch wenn ich sie heute nicht besonders beachte.
Vom Ohr in die Finger – vom Hören zur Technik
Hattest du lange Gitarrenunterricht oder dir das meiste selbst beigebracht?
An der Gitarre selbst hatte ich gar nicht mal so lange Unterricht. Aber da waren vereinzelt mal Menschen, die mir etwas gezeigt haben. Viel profitiert habe ich von Seminaren, bei denen ich den richtigen Leuten auf die Finger gucken durfte. Einen festen Lehrer hatte ich eigentlich nie.
D.h. du hast dir dann auch jemanden ausgesucht, den du interessant fandest. Und hast dir angeschaut, was er macht und wie er es macht?
Bei mir ging das eher übers Ohr. Das war der Versuch, sich in die Perfektion, die man da zu hören bekommt, hineinzuversetzen. Ich habe mein Ohr geschult in der Hinsicht: das klingt harmonisch, das gefällt mir.
Wie kamen Musik und Spieltechnik dann vom Ohr in die Finger?
Ich habe mir die Dinge, die ich wissen wollte, zeigen lassen. Es gab da ja noch keine Video-Tutorials.
Aber eigentlich war der Weg vom Ohr zum Finger gar nicht so lang. Aber dieser Weg – also durch das Hören zur Technik zu kommen, die Sachen herauszufinden, die ich herausfinden wollte – hat bei mir zu immer neuen und wie ich finde auch interessanten Strategien geführt.
Und dabei ist herausgekommen, was ich heute nutze.
Ein viel wichtiger Ansporn war bei mir von Anfang an, Songs zu machen, die für mich gut und harmonisch klingen. Alles was dazu nötig war, habe ich mir hier und da / irgendwo so zusammengepflückt, dass es funktioniert hat.
Geht es dann eher über das Ausprobieren oder hast du zunächst eine Vorstellung vom Song?
Ich habe zunächst eine Vorstellung – und an der Umsetzung muss ich dann halt arbeiten. Eigene Fingersätze suchen, Wege gehen, die sonst keiner geht und so etwas ist dann ganz spannend. Ich halte mich ungern an Regeln bzw. ich muss meinen eigenen Weg finden. Auch wenn er mal durch schwarzes Gebüsch geht.
Erste Erfahrungen im Musikbusiness
Das sind dann im Nachhinein vielleicht auch sinnvolle Umwege, bei denen du etwas entdeckst, das du später noch brauchen kannst.
Um noch mal ein Stück an den Anfang zu gehen. Wann hast du das erste Mal in einer Band gespielt?
Das war so Ender der 90er in der Schulband. Was ich da brauchte, war überschaubar: ein paar Akkorde und entsprechende Rhythmik. Spannend war damals, dass ich die meisten Songs, die wir da gespielt haben, vorher noch nie gehört hatte. Ich war damals nicht so ein Radiohörer.
Dann habe ich versucht, mit ein paar Leuten was auf die Beine zu stellen. Aber in dem Alter ist das nicht so easy, denn eigentlich weiß da noch keiner so genau, in welche Richtung er sich musikalisch entwickeln will.
Mit ca 18 Jahren habe ich dann mal in der Skater Punk Band von einem meiner Freunde ausgeholfen. Und die haben mich dann eine Weile behalten.
Und dann hast du aktiv gesucht?
Ja, und mit Mitte 20 habe ich dann tatsächlich Leute gefunden, mit denen ich dann meine erste eigene Band hatte.
Das waren dann die „Wicked Chambers“, oder?
Ja, das war so 2004. Eine Zeit voller Enthusiasmus. Wir sind fürchterlich blauäugig und naiv an das Musikbusiness herangegangen und haben auf niemanden gehört, der es besser wusste. Denn wir fühlten uns ja toll.
Wenn ich heute Leuten in dem Alter etwas sagen könnte, dann: hört auf die Leute, die schon einen Schritt weiter sind.
Viele Leute sind ja der Ansicht, dass es besser ist, eigene Erfahrungen zu machen.
Naja, ich habe da eher herausgefunden, wie man es nicht macht.
Was für Musik hast du mit den „Wicked Chambers“ gemacht?
Das war klassischer Power Metal, wie er in den 90ern üblich gewesen ist. Den haben wir mit ins neue Jahrhundert geholt. Das hat viel Spaß gemacht.
Du hast später auch auf Musikmessen gespielt. Für Firmen, die Gitarren bzw. Amps herstellen. Wie ist es dazu gekommen?
Das war ca 2011 und 2013 in Frankfurt. Ich habe eine Gitarre von einem Gitarrenbauer aus Koblenz (Fritz Rössel). Er ist ein Paradiesvogel, was den Gitarrenbau angeht und baut wirklich schöne Instrumente. Da kam die Idee auf, dass ich ein paar Backingtracks mache und mich an den Messestand stelle und ein bischen Krach mache. Das hat funktioniert. Daraus haben sich neue Connections ergeben. So z.B. 2013 zu einer Verstärkerfirma (Cast Amplification), die echt amtliches Zeug machten. Ich bin damals zu ihnen gegangen nach dem Motto: ich habe hier keinen vernünftigen Verstärker, gebt mir mal euren.
Die Wechselwirkung zwischen Gitarre und Gitarrist
Dann hattest du also eine gute Gitarre und einen vernünftigen Verstärker. Wie ist das grundsätzlich mit dem Verhältnis von Instrument, Equipment und musikalischen Ideen? Spielst du besser, wenn du ein gutes Instrument hast? Welche Wechselwirkungen gibt es da?
Das ist unterschiedlich. Wenn ich z.B. einem ausgezeichneten Gitarristen eine schlechte Gitarre in die Hand drücke, dann wird trotzdem gut klingen, was er spielt. Weil er kann, was er tut. Denn ein Großteil dessen, was man hört, kommt vom Spieler, aus dem Feeling, das er reinsteckt. Daher ist die Qualität eines Instruments meiner Meinung nach eher zweitrangig. Eine gute Gitarre unterstützt den Gitarristen.
[Wir haben uns dann noch über Gitarren aus Fernost unterhalten, deren Qualität immer besser geworden sei. Und darüber, dass er ein fanatischer Gibson-Spieler ist, der u.a. über drei Explorer verfügt]
Ich habe gesehen, dass du ja nicht nur die Gibson hast. Und dann stellt sich schon die Frage: welchen Einfluss hat die Gitarre darauf, wie gut du Emotionen und Feeling transportieren kannst:
Ich habe zwei Instrumente, die von Gitarrenbaumeistern gefertigt wurden . Das gibt es natürlich schon einen Unterschied, weil darauf geachtet wurde, dass es gutes Holz ist, wie es gewachsen ist, dass die Verarbeitung stimmt, die Hardware vernünftig ist. Dass alles so zusammenpasst, dass es schwingt und miteinander harmoniert. Den Unterschied merkt man dann schon.
Aber ausschlaggebend für das, was wir hören, ist das, was der Spieler kann. Doch um das rüberzubringen, was der Gitarrist ausdrücken will, ist eine gute Gitarre schon von Vorteil.
STEELPREACHER – das ist schon geil mit `ner zweiten Gitarre
Um jetzt wieder auf die Bands zu kommen, bei denen du gespielt hast: Seit 2017 spielst du bei STEELPREACHER, oder?
Ja, die haben mich auch einfach behalten.
Und wie haben sie dich gekriegt?
Das war eigentlich ganz witzig. Das war bei einer Show im Florinsmarkt [Koblenz]. STEELPREACHER sind ja bekannt dafür, dass sie eng mit dem Underground und der Szene in Koblenz verbunden sind. Sie hatten die grandiose Idee eine Show zu machen, in der bei fast jedem Song ein Gastmusiker dabei ist. Das waren dann 13 oder 14 Gastmusiker und ich war einer davon. Bei den Proben hat man dann festgestellt: das ist schon geil mit ‚`ner zweiten Gitarre. Sie waren ja vorher als Trio unterwegs. Eins kam dann zum anderen. Später haben wir zusammen für eine komplette Show geprobt und dann festgestellt, dass das gut läuft. Und dann haben sie mich einfach behalten.
Das war insgesamt auch musikalisch dein Ding?
Ja, das ist Musik, die mir Spaß macht, die ich so runterspielen und viel Spaß dabei haben kann. Außerdem stimmt die Chemie mit den Bandmitgliedern, was sowieso das Wichtigste ist.
Welche Aufgabe hast du bei STEELPREACHER? Abgesehen davon tolle Soli abzuliefern. Bist du am Songwriting beteiligt?
STEELPREACHER haben eine interessante Art, an das Songwriting heranzugehen. Ursprünglich waren es Jens [„Preacher“ Hübinger] und Mu [Andy Hübinger], die die Songs gemacht haben und Hendrik [Weber] war die Qualitätskontrolle und hat insistiert, wenn das nicht so ganz STEELPREACHER war. Ich wusste ja von dieser klassischen Arbeitsteilung und daher habe ich mich da auch nicht großartig eingemischt.
Gerade bei dem Release von „Back from Hell“ haben wir viel zusammengearbeitet. Riffs ausprobiert, Solos eingespielt, ich bin auch mit der einen oder anderen Idee in den Probenraum gekommen. Aber grundsätzlich nur dann, wenn ich danach gefragt wurde. Und meine Ideen wurden dann auch gut angenommen. Nachher bei der Studioarbeit konnte ich mich auch gut einbringen.
Und es ist wieder ein ‚echtes‘ STEELPREACHER-Album geworden.
Das war diesmal eine besonders wichtige Sache, da es das erste Album in der neuen Besetzung mit der zweiten Gitarre war. Wir wollten unter allen Umständen vermeiden, dass es dann heißt: seitdem der da spielt, ist es schlecht oder nicht mehr wie vorher oder trinken die weniger oder so was.
Ist es so, dass auch du dich grundsätzlich im Heavy Metal am wohlsten fühlst?
Ich kann mich dabei am schönsten austoben. Dabei habe ich eigentlich den meisten Spaß. Seit ein paar Jahren spiele ich quasi als Gegenpol Akustikgitarre. Aber sonst fühle ich mich im Heavy Metal zuhause.
Heavy Metal läuft wie ein roter Faden durch
Wie ist das auf deinem neuen Album? Das ist ja nicht nur Heavy Metal? Du hast da ja weitere Stile und Variationen eingebracht.
Insgesamt ist die Platte unglaublich vielfältig. Die erste Nummer geht schon rockig los, hat Hard Rock – Einflüsse. Der Heavy Metal läuft wie ein roter Faden durch, aber das, was rechts und links ist, das geht einmal in Richtung Blues, dann in Richtung Klassik, dann wieder Hard Rock. Es wäre ja auch langweilig, wenn es nur Heavy Metal wäre.
Du hast auch auf „Sexually Transmitted Mojo“ wieder auf Gesang, auf Texte verzichtet. Was hat dazu beigetragen, dass auch dieses Album wieder komplett instrumental ist? Im Unterschied zur EP hast du diesmal einen Schlagzeuger dabei. Dann hättest du dir ja auch noch einen Sänger holen können…
Die Idee war, es komplett instrumental zu machen, wobei die Gitarre den Part des Sängers komplett übernimmt. Daher habe ich auch auf viel Gefrickel verzichtet und mehr mit wiedererkennbaren Melodien und langsamen Legato gearbeitet.
So haben die meisten Songs auch solch eine klare Songstruktur: mit Strophe, Hookline, Chorus. Es gibt auch ein Solo zwischendurch.
Den Spagat hinzukriegen, dass die Gitarre den Platz des Sängers komplett ersetzt, das ist das Spannende. Das kriegt man nur hin, indem man die Gitarre sozusagen sprechen lässt.
Achtest du auf Texte, wenn du privat Musik hörst? Oder achtest du mehr auf die Gitarren?
Ehrlich gesagt: beides. Es gibt Songs, bei denen ich mehr auf die Texte achte, bei denen ich mich in die Texte hineinversetzen kann. Früher war der Text meist zweitrangig. Da habe ich mehr auf die Musik und die Emotionen, die sie übermittelt, geachtet.
Du wirst auch dieses Album unter dem Namen „Andi the Wicked“ veröffentlichen. Wie bist du auf den Namen gekommen? Hat er was mit deiner ersten Band zu tun?
Nee, der war auf einmal da.
Ist er dir ‚zugesprochen‘ worden oder hast du dich für ihn entschieden?
Also ich weiß nicht mehr genau, wie es dazu kam. Aber eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder als ich im Bett lag und die Decke angestarrt habe. Oder ich habe auf dem Klo gesessen.
Mojo – sexually transmittet
Der Titel des Albums: „Sexually Transmitted Mojo“ – was steckt dahinter?
Die Idee kam eigentlich daher, dass „Mojo“ in der Musik eine Art Begriff für eine Magie ist, die ein bestimmter Gegenstand in sich trägt. Wie der Gitarrenverstärker von Hendrix oder das Mischpult, mit dem sämtliche IRON MAIDEN Alben recorded wurden. Dann hat dieser Gegenstand eben ‚Mojo‘. Wenn ich 20 Jahre lang eine Gitarre gespielt habe, die ihre Macken und Schrammen hat, dann hat die halt auch ‚Mojo‘ und spielt sich ganz besonders.
Was ist denn im Moment dein ‚Mojo‘?
Naja, je mehr Stunden ich auf einer Gitarre gespielt, je mehr gute Shows ich damit gespielt habe, desto mehr Mojo sammelt sich da an.
Und wieso „sexually transmitted“?
Das fand ich in diesem Zusammenhang einfach witzig. Es bleibt jedem selbst überlassen, was er sich darunter vorstellt.
Ich finde es gut, wenn Titel so ‚ergebnisoffen‘ sind, und man sich seine eigene Vorstellung machen kann.
Das ist ja auch mit Texten so: sie können unterstützen aber auch ablenken, auf etwa bestimmtes bringen. Man wäre beim Hören der Musik eventuell auf eine andere Idee gekommen.
Der Interpretationsspielraum ist gerade bei Instrumentalmusik relativ hoch. Wie bereits gesagt, soll sich jeder selbst Gedanken darum machen. Der ein oder andere Titel mag da eine Stütze sein, sein eigenes Kopfkino in Gang zu setzen. Die Titel sollen die Fantasie anregen.
Ein Song hat den Titel „Heavy Blues“. Was bedeutet Blues für dich und was macht die Verbindung von Blues und Heavy Metal aus?
Blues ist einer der Grundväter des Heavy Metals. „Heavy Blues“ ist kein reiner Bluessong, aber er hat den dafür typischen Groove. Blues ist normalerweise was Trauriges, bei dem einer erzählt, dass das Auto nicht mehr anspringt, der Hund gestorben und die Frau weggelaufen ist. Bluesmusik kann aber auch fröhlich klingen. Eigentlich sollte der Blues schon auf das letzte Album, aber da hat er meiner Meinung nach nicht so gut gepasst. Hier passt er gut rein. Vor allen Dingen, weil dann ein klassisches Stück folgt und es daher in eine ganz andere Richtung geht. Mir persönlich macht er auch vom Spielen her sehr viel Spaß. Er ist locker, hat einen schönen Groove.
Klassische Musik ist wie Heavy Metal – nur ohne Elektrizität
Du hast die klassischen Stück schon angesprochen. Es gibt zwei Stücke, bei denen die klassische Komponente eine Rolle spielt. Welche Rolle hat die klassische Musikausbildung für dich heute noch?
Klassische Musik ist wie Heavy Metal – nur ohne Elektrizität. Wenn man sich z.B. Geschichten von BACH anhört: der hat das Orchester so arrangiert, dass das so richtig voll auf die Zwölf geht. Er war laut, er war ungewöhnlich, und er hat von der Harmonielehre her Dinge komponiert, die auch heute noch im Heavy Metal zu hören sind.
Es gibt in Heavy Metal Stücken manchmal Strukturen, die von Brahms oder Bach oder auch von Wagner sein könnten. Gespielt von Bands, die die Musik dieser Komponisten nicht oder nur wenig kennen. Also anderes Jahrhundert aber ähnliche Idee. Sie treffen sich im Bereich der Emotionen.
Ja, gerade Wagner, das ist schon großes Drama und riesige Theatralik. Und Drama und Metal das passt dann wieder zusammen. Da schließt sich der Kreis wieder.
Ok. das war also der klassische Bereich. Es gibt aber auch einen Song, den hat dein Schlagzeuger den „Pokémon-Song“ genannt. Kennst du Pokémon eigentlich?
Nein. Ich habe mal was davon gesehen. Aber Jan [Hinz] meinte irgendwann, dass das heldenhafte in der ersten Strophe sich so anhört wie: „hol sie dir alle“ (für alle, die Pokémon nicht kennen: „Pokémon, komm schnapp sie dir“ ist der Refrain des Songs zu der Serie). Und so ist da für ihn der Arbeitstitel geworden.
Ich komme noch einmal auf die Klassik zurück. Du hast neulich ein Video veröffentlicht, in dem du Mozart gespielt hast. Und zwar mit einer feinen Tapping-Technik.
Es hat mich mehr oder weniger um den Verstand gebracht so was zu üben. Das war nicht einfach, weil ich die Original-Klaviernoten auf die Gitarre umgesetzt habe. Ich hatte mir das seit ewigen Zeiten vorgenommen und habe das mal gut, mal schlecht gespielt. Aber das Üben, um das wenigsten einigermaßen hinzukriegen war schon viel Arbeit für 48Sekunden Video. Und was ich da letztendlich in die Netzwerke geworfen habe, ist weiß Gott nicht perfekt gespielt. Aber so als Joke zwischendurch ist das ganz gut.
Solo: das Stichwort für die nächste Frage. Du hast quasi als Zugabe ein Solo an das eigentliche Album drangehangen, das du mit STEELPREACHER gespielt hast. Da hatte ich schon viel Spaß, als ich das Solo im Video gesehen habe. Ich finde es gut, das es mit auf dem Album ist. Es ist ein großartiges Stück. Es ist auch nicht so, als wenn es eine isolierte Zugabe ist. Für mich steht es eher unter dem Motto: jetzt fasse ich noch einmal alles zusammen, was auf dem Album ist. Dazu kommt dann die Live-Atmosphäre.
Das ist eine interessante Sichtweise. Das war gar nicht meine Idee. Die Idee kam von Jan (Jan Müller, ACFM) dem Labelchef, der das gerne noch mit auf dem Album haben wollte.
Was hat es mit diesem Solo auf sich? [zu finden auch auf der DVD: Masters of the Underground aufgenommen im JUZ, Andernach]
Auf der Live-Show war es in der Mitte des Sets. Der Club war voll, die Leute hatten schon den ganzen TAg gefeiert und vorher schon zwei großartige Bands gehört und dann zu STEELPREACHER noch mal richtig abgefeiert haben. Und wir wollten, dass gerade auf dieser DVD – Aufnahmen alles klappt. Wir haben überlegt, dass wir ein Solo in die Mitte des Sets packen, damit Jens, der Sänger, noch mal kurz Backstage gehen kann. Luft schnappen, was trinken bevors dann ins Finale geht.
Ich hatte mir dann vorher was überlegt dazu, hab‘ das dann auch von den Noten her ziemlich deckungsgleich gespielt. Aber es ist irgendwie nicht so geworden, wie ich das wollte. Es ist z.B. mal locker so 10bpm schneller geworden, als ich geplant hatte. Da mag ein wenig die Aufregung beteiligt gewesen sein. Auch technisch ist es nicht so ganz rund gelaufen. Da habe ich schon öfter gehört: „das hört kein Mensch“. Ich interpretiere etwas, das anders geworden ist, als ich es ursprünglich vorhatte, als falsch. Nach wie vor ist es für mich eine zwiespältige Sache. Aber ich freue mich natürlich, wenn jemand sagt, dass es toll geworden ist.
„Wenn es nicht wurde, wie es werden sollte, sollte es werden, wie es wurde“
Sind wir da wieder beim Perfektionismus, über den wir uns anfangs unterhalten haben?
Den Perfektionismus habe ich bei dieser Platte ordentlich runtergefahren. Ich habe hier nicht mehr darauf geachtet, dass jede Note sauber ist und an dem Platz, an dem sie hingehört.
Das war vorher anders und ich bin dann manchmal schier verzweifelt, weil es nicht klappte, wie ich es wollte.
Ein Freund, dem ich mein Leid geklagt hatte, sagte: „Wenn es nicht wurde, wie es werden sollte, sollte es werden, wie es wurde.“ Und das habe ich mir dann zu Herzen genommen. Daher hat bei „Sexually Transmitted Mojo“ vielmehr die Lebendigkeit eine Rolle gespielt.
Aber das macht es ja auch aus: vielleicht nicht super sauber, aber lebendig. Und vielleicht erlaubt dies dem Hörer auch viel eher, die Musik auf sich selbst zu beziehen. Du bietest mit dem Album mehrere Möglichkeiten an: man kann sich auf die Emotionalität einlassen, bekommt aber auch interessante Songstrukturen und technisch komplexe Elemente zu hören.
Ich mache die Musik nicht für Leute, die in den Krümeln suchen, sondern für die, die es emotional ergreift.
Lieblingssong und passendes Getränk zum Album
Hast du einen Lieblingssong auf deinem eigenen Album?
Gute Frage. Die Songs kommen ja alle aus mir heraus. Es gibt welche, die spiele ich nicht gerne, weil sie kompliziert sind wie die Sau. Und darauf habe ich nicht immer Lust.
Zum Ende noch eine Frage: in der Produktinfo stand als Empfehlung: Hören mit einem Getränk nach Wahl. Welches Getränk empfiehlst du?
Ein halbtrockener Rotwein wäre meine Wahl.
Zum Abschluss noch die Frage: Gibt es etwas, das du unseren Lesern mit auf den Weg geben willst?
Ich hoffe, dass jeder der dies liest und jeder der das Album hört, Spaß daran hat. Es steckt eine Menge Herzblut in der Geschichte. Und sie ist für die gemacht, die sich emotional hineinfallen lassen und sich im Kopf entspannen wollen. Und für die, die Spaß am Gitarre(n)spiel haben.
Vielen Dank für das Interview!
NEWSLETTER. FREITAGS. KOSTENLOS.
Bildquellen
- Andy The Wicked: (c) Sebastian Freitag
- andi workhorses: Andreas Dötsch
- andi the wicked sexually transmitted mojo cover: ACFM Records
- Andy The Wicked: (c) Sebastian Freitag
- andi the wicked interview: ACFM Records
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