Eugen vom Dach und die Frage nach dem Metal Underground
Wer Thrash Metal mag, wird auch Pripjat aus Köln kennen. Naturgemäß liegen auch diese derzeit auf Eis, aber Gitarrist Eugen „Dude“ Lyubavskyy kann nicht untätig bleiben und hat kurzerhand einen YouTube Channel namens „Der Eugen vom Dach“ gestartet. Schon die zweite Folge ging in die Vollen: Der deutsche Metal Underground vor und nach der Krise! Knappe anderthalb Stunden und mittlerweile deutlich über 2000 views. Auch ich habe es gesehen und vieles mitgenommen, was mich zum Nachdenken angeregt hat. Auch auf Facebook gab es viel Diskussion und da konnte ich nicht anders und habe den Eugen mit ein paar Fragen bombardiert, die er dann sehr ausführlich beantwortet hat. Super interessant und nicht immer einfach. Für die, die es noch nicht gesehen haben erst einmal das besagtes Video und dann das sehr lange Interview. Aber eigentlich sollten wir ja jetzt alle dafür Zeit haben, oder? Wir von metal-heads.de freuen uns auf jeden Fall auf eine Diskussion mit euch. Und jetzt: Film ab!
Der Eugen vom Dach steht Rede und Antwort
MH: Hallo Eugen, hier ist der Jörg von metal-heads.de. Du hast vor kurzem die YouTube Reihe „Der Eugen vom Dach“ gestartet. Nach einem Filmtipp ging es im zweiten Teil direkt in die Vollen. Der deutsche Metal Underground vor und nach der Krise. Knappe 1,5 Stunden in denen du viele Protagonisten des Undergrounds zu Wort kommen lässt. Sehr interessant und zum Nachdenken anregend. Ein paar Aussagen haben mich besonders beschäftigt und als Initiator des Ganzen würde ich dich gerne damit nochmal konfrontieren.
Eugen: Jörg, mein Lieber. Schön wieder von dir zu hören. Diese Eugen vom Dach Geschichte war ein sehr spontan gewachsenes Ding. Durch die Umstände bin ich sehr viel zuhause und habe mein schönes Dach für mich wiederentdeckt und verbringe dort aktuell viel Zeit. Und als Beschäftigungstherapie habe ich angefangen jeden Tag ein 1-Minuten Video vom Dach in meine Social Media Stories zu posten. Irgendwann haben mich diverse Leute angeschrieben und zum Weitermachen animiert. Für ausführlichere Sachen habe ich mir dann einen YouTube Kanal angelegt. Eigentlich wollte ich nur Film, Buch, Musik und Gametipps geben. Einfach so, Dinge die ich mag für meinen weiten Freundeskreis. Aktuell können alle etwas Ablenkung gebrauchen. Nach dieser ersten Episode habe ich naturgemäß viel gegrübelt (was ich an sich viel mache und aktuell im Besonderen), speziell über meine Band, mich als Künstler, die Szene, die Krise. Eines führte zum anderen und ich formulierte spontan ein Rundschreiben, welches ich an diverse Menschen schickte. Einige Tage später hatte ich an die zwei Stunden Material 😊
Ist der Metal Underground wirklich übersättigt?
MH: Die Filterblase war mir sonst nur im Umgang mit den sozialen Medien direkt bewusst. Da hat mir der Beitrag von Sidney Königs ein wenig die Augen geöffnet. Gibt es wirklich eine Übersättigung der Szene und ein Überangebot? Als Kölner war ich mir des Gegenteils gar nicht richtig bewusst, zumal der Ruhrpott ja auch noch um die Ecke liegt. Wir können uns hier die Gigs von klein bis groß wirklich aussuchen. Aber ist das vielleicht nur ein lokales Luxusproblem?
Eugen: Die von mir angesprochene Übersättigung ist ein kontroverses Thema, bei dem ich natürlich auch nicht in Schwarz-Weiß-Mustern denke. Meiner Meinung nach gibt es eine Übersättigung. Natürlich hat man lokale Unterschiede. Ballungsräume wie das Ruhrgebiet, aber auch München, Hamburg, Berlin & Co. gehen in Events unter. Da kommst du als kleinere Band ohne Headliner eigentlich kaum gegen die internationale Konkurrenz durch. Auf dem Land sieht es natürlich ganz anders aus. Andererseits ist Deutschland dicht besiedelt und selbst im Ländlichen hast du selten eine Fahrt von über 200 Km bis zum nächsten Ballungsraum wo was geht. Davon können andere Länder nur träumen. Das ist natürlich einerseits etwas Wunderbares. Interessanterweise habe ich gemerkt, dass bei den eingeschickten Meinungen ein relativ klares Muster erkennbar war. Während die eher älteren Fans und Musiker diese Vielfalt als positiv wahrnahmen, haben junge Musiker mir in den meisten Fällen bei der Übersättigung zugestimmt. Ich denke das ist logisch. Wir kennen die heutige Realität und sie ist – seien wir mal ehrlich – ganz schön traurig. Von der Musik nicht leben zu können ist eine Sache. Sein halbes Leben in eine Leidenschaft zu stecken, bei der am Ende nach 800 Km Fahrt 50 relativ gelangweilte Fans vor dir stehen, eine andere. Irgendwann kommt Frust auf. Und für uns läuft es vergleichsweise sehr gut! Das letzte Jahr habe ich 4 Tage Urlaub privat verwendet. Der Rest ging für Pripjat Gigs drauf. Wir hatten eine Minitour in die Ukraine, eine Weekender Tour mit Sweeping Death, die wir selbst organisiert haben, Sommerfestivals, Einzelgigs und am Ende zwei Wochen Tour mit Exumer, Reactory und Übergang. Wir haben eine gute EP rausgebracht. Wir waren wirklich scheiße fleißig Mann. Alles richtig gemacht. Das Resultat war aber erschreckend überschaubar. Sowohl von den Besucherzahlen als auch vom gefühlten „voran kommen“.
Ein kleines Beispiel warum ich von Übersättigung spreche. Mit Exumer haben wir in einer kleineren Stadt in einem kleineren Club gespielt. Wir waren ein tolles Thrash-Paket, voll auf die Fresse. Gespielt haben wir an einem Donnerstag. Als wir ankamen, erfuhren wir, dass MONTAG und MITTWOCH bereits DRI und Sacred Reich in diesem Laden waren. Also EXAKT die Bands von unserem Zielpublikum. Ich denke in dieser Stadt gab es höchstens 150-200 Menschen, die sich für diese Konzerte interessierten. Da fragt man sich schon, was der Scheiß soll. Niemand hat was davon. Bands sind frustriert, der Laden halb leer, die Fans komplett überfordert. Und das erlebt man als junge Band täglich. Nur als kleiner Einblick, wie sich meine Meinung geformt hat. Von den Sommer-Festivals müssen wir gar nicht erst reden.
Mir geht es auch nicht wirklich darum, diese Diversität schlecht zu machen. Ich wünsche mir mehr gegenseitigen Respekt und Rücksicht, Booker, die sich absprechen. Veranstalter, die nicht alles ins Haus holen, nur um irgendwas zu machen. Und Bands, die sich nicht weiterhin unter Wert verkaufen und jeden noch so zwielichtigen Gig annehmen. Und bei Selbstkritik setze ich auch ganz klar bei mir selbst an. Wir waren 2019 in den Top-Ten der deutschen Metalbands, die am meisten in Deutschland gespielt haben. Rückwirkend halte ich es nicht mehr für so sinnvoll. Wenige, dafür bessere Gigs wären besser gewesen.
Der deutsche Metal Underground im Vergleich
MH: Und wenn wir den Bogen mal weiter spannen. Letztes Jahr hatte ich die Möglichkeit mit italienischen Bands wie Tarchon Fist oder Elvenking zu sprechen und die wären froh solche Probleme zu haben. Einen nennenswerten Underground mit regelmäßigen Konzerten gibt es da in der Form gar nicht. Wie deckt sich das mit deinen persönlichen Erfahrungen?
Eugen: Ich kann nicht viel zum italienischen Underground sagen. Einen Einblick habe ich in die ukrainische Szene und auch die ist sehr klein und überschaubar. Das Ding ist ja – fast alle Bands wollen nach Europa und im Speziellen nach Deutschland. Eben weil es hier so viel gibt. Aber so viele Fans haben wir doch gar nicht! So groß ist die Szene nicht und das führt zur Selbstkannibalisierung. Und ich rede noch gar nicht von dem fast komplett fehlenden Nachwuchs (bei den Fans). Wenn man weiterhin auf jedes Magazin Ozzy oder die scheiß Onkelz drauf packt, muss man sich nicht wundern, wenn die Kids sich ihre Kicks woanders holen. Was sollen die auch mit alten Männern aus einer anderen, längst vergangenen Welt? Andererseits haben wir es zum Beispiel sehr schwer, uns außerhalb Deutschlands einen Namen zu machen. Wir sind bei weitem nicht groß genug, um als Headliner unterwegs zu sein und ansonsten bekommt man da kaum einen Fuß in die Tür. Das gilt schon für unsere unmittelbare Nachbarschaft wie die Niederlande, Belgien, Österreich & Co.
Soll so der Metal Underground aussehen
MH: Du hast ja unter anderem danach gefragt ob die Szene ein Gesundschrumpfen braucht. Da brachte der Arndt Aldenhoven (Jade and Lotus) in seinem Beitrag genau mein Gefühl auf den Punkt. Das ist ein Begriff aus der Wirtschaft und sollte in einem kulturellen und künstlerischen Umfeld erst einmal tabu sein. Kunst und Künstler sollten sich frei von wirtschaftlichen Zwängen oder Überlegungen entfalten können. Wäre es nicht richtiger zu sagen, dass das künstlerische Ergebnis nicht gut genug war? Oder wie im Falle von den Galactic Superlords dann einfach nicht richtig promoted wurde (siehe auch obiges Video)?
Eugen: Das ist eine schöne Utopie, von der du da sprichst. Aber ich will für meine Kunst auch Brot sehen. Wir haben uns 10 Jahre die Ärsche abgespielt und investieren nach wie vor in die Musik. Idealismus hin oder her – das ist totale Scheiße. Nur weil ich etwas gerne mache, will ich es nicht umsonst machen. Wird ja auch sonst nirgendwo vorausgesetzt und auch Musik ist nun mal ein Handwerk. Wir alle werden älter und Prioritäten verschieben sich. Ich kann nicht mehr im Juze auf dem Boden schlafen und Nudeln mit Soße plus ein Kasten Billigbier ist keine Gage. Das ist ein Tritt ins Gesicht für all die Arbeit, die wir als Band investieren, um eine bestmögliche Show bieten zu können. Wer seinen Bands nur das bieten kann, sollte wirklich keine Gigs machen. Oder halt ausschließlich keine Newcomer, denen ist das egal. Und das ist in Ordnung so! Du sagst: „Kunst und Künstler sollten sich frei von wirtschaftlichen Zwängen oder Überlegungen entfalten können.“ Das ist in der Theorie richtig, aber wenn du deine Rechnungen nicht zahlen kannst, wird dir die eigene Kunst irgendwann auch scheißegal. Ich habe zahllose gute Bands gesehen, die frustriert hinwerfen. Eben aus diesen Gründen. Entsprechend sehe ich auch deine Frage skeptisch, ob es am künstlerischen Resultat oder Promotion liegt, wenn nicht genug Besucher kommen. Das trifft in einigen Fällen sicherlich zu – in vielen anderen aber nicht. Wenn wir ehrlich sind, hast du aktuell oftmals einfach keine Chance als Band. Mich fragen jüngere Künstler oft wie man es in ein Line-up eines größeren Festivals kommen kann, wie man sich dafür richtig bewirbt. Und es bricht mir immer das Herz, denn die Antwort ist – vergiss es! Ohne Kontakte, ohne Label, Booker oder Vitamin-B wird man dich in 99 % der Fälle nie dort spielen lassen. Der Kuchen ist aufgeteilt. Labels und Konzerne haben das Sagen, nicht die Qualität. Es gibt immer wieder Abweichungen davon und Ausnahmen – klar. Aber die Regel ist ein durchkommerzialisierter Markt, in dem ganz andere Faktoren über Erfolg entscheiden als die Qualität der Musik. Ich mag mich irren, aber nach 10 Jahren und unzähligen Gesprächen und Austausch ist das mein Bild des Status-Quo.
Ein Abo für den Metal Underground?
MH: Auf Facebook wurde ja unter anderem der Skullcrusher e.V. aus Dresden hervorgehoben, der wie andere Vereine nicht auf die Konzerteinnahmen angewiesen ist um Festivals zu veranstalten. Hier mal nur stellvertretend für andere ehrenamtliche Veranstalter genannt. Und in Zuge dessen wurde ja eine Art Konzertabonnement-Modell (analog zu Streamingdiensten) in den Raum gestellt. Wie siehst du das? Wäre das ein Modell für den Metal Underground?
Eugen: Positiv! Die Jungs und Mädels von Skullcrusher sind eine absolute Wucht. Der Enni lässt auch keinen bei sich spielen, den er vorher nicht selbst live gesehen und für gut befunden hat. Und das hält die Qualität hoch! Außerdem behandeln sie auch kleinere Bands mit wahnsinnig viel Respekt, sind super hilfsbereit und haben ein ordentliches Stammpublikum. Sie übertreiben es aber nicht mit den Gigs, sondern kennen ihren Markt und haushalten ordentlich damit. Genau so muss es auch laufen. So weiß ich als Musiker – zu Enni nach Dresden fahren lohnt sich immer. Ein Konzert-Abo ist spontan erstmal eine tolle Idee. Da müsste ich mir aber mehr Gedanken drum machen, um eine klare Meinung zu bilden.
Versinkt der Metal Underground in der Nostalgie?
MH: Dann kam, ebenfalls auf Facebook, noch die Nostalgie zur Sprache und du selbst hast formuliert, dass der Metal in einer kreativen Sackgasse steckt und wirfst die Frage nach der Darbietung auf. Hier möchte ich dir vehement widersprechen! Ich möchte beispielsweise Pripjat in keinster Art und Weise missen. Auch wenn ihr einfach auf der Bühne steht und spielt. Klar ist das weder neu noch innovativ, aber einfach gut. Und so soll es auch bleiben und das muss man auch nicht ändern um der Veränderung willen. Aber das schließt ja nicht aus, dass ihr als Künstler parallel und ergänzend an anderen Wegen arbeiten könnt oder sollt. Aber die wahrhaftige Energie einer guten Liveshow ist doch jedesmal einzigartig und ein Kunstwerk für sich, oder?
Eugen: Ist für mich ein sehr ambivalentes Thema. Einerseits liebe ich unsere Shows so wie sie sind. Andererseits „äffen“ wir hier auch – und da bin ich gerne selbstkritisch – eine Darstellungsform nach, die sich seit den Beatles quasi nicht verändert hat. Sie haben die klassische Band erfunden. Es wurde irgendwann wilder, Pyros und Backdrops kamen dazu. Aber das war es auch schon. Für einige mag es genügen. Ich bin aber gerade 33 und die meisten Komplimente, die wir in den 10 Jahren Bandgeschichte bekommen haben, waren Aussagen wie „Geil ey – das ist bei euch genau wie damals!“ Ich finde das sehr sehr schmeichelhaft und bin natürlich super dankbar für so eine Resonanz. Aber das ist doch Nostalgie pur! Kunst muss überraschen, sich entwickeln, schockieren, provozieren, mutig sein. Wenig davon passiert gerade auf den Bühnen dieser Welt. Zumindest nicht im Metal. In den Anfängen einer Band ist das auch völlig okay und natürlich verlaufen auch Kunstphasen in Kreisen. Ich habe auch nichts gegen Retro. Nur habe ich mittlerweile Verständnis, wenn die Fans das Gefühl haben es alles schon 1.000 Mal gesehen zu haben. Mir geht es genauso. Es gibt durchaus kleinere Rebellionen, Entwicklungen, Crossover. Aber es passiert in einem Mikro-Rahmen.
Demnächst werden wir uns die kulturellen Räume noch mehr teilen müssen. Nicht mur mit Musikern. Warum holt man sich nicht Schauspieler und baut sie von Anfang an mit in die Show ein? Als Teil der Band! Warum sollte ein Maler nicht ein Bild zu unserer Mucke malen? Vielleicht auf uns selbst drauf? Warum binden man Virtual Reality nicht als neuartige Technik in die Show ein? Das sind spontane Beispiele, aber aktuell finde ich diese Gedanken wahnsinnig spannend. Stadionbands sterben aus und mit ihnen auch die Masse an Konzertgängern. Wenn wir nicht so enden wollen, dass 40 müde Metaler in ihren 60ern an die Wand lehnend eine Band schauen, die so aussieht, klingt und auch die Show so gestaltet wie in den 80ern, müssen wir als Künstler einfach mehr bieten. Wann warst du das letzte Mal so richtig von einer Show berührt, weil du sowas noch nie gesehen hast? Weil es dich verstört hat, zum Nachdenken gebracht hat? Das muss nicht immer der Anspruch sein. Kopf aus, Spaß rein ist natürlich genauso legitim für Musik. Aber das ist nicht mein persönlicher Anspruch. Ich will mehr. Ich will eine Duftmarke hinterlassen, die nicht nach unseren Vorgängern riecht. Und das gilt für die Musik genauso wie für den Rest, denn eine Band ist mehr als die Musik, sofern sie keine reine Studioband bleibt. Interessanterweise sind die Beatles, die ja quasi die klassische Band als solche etabliert haben, irgendwann zur reinen Studioband geworden und haben sich mit jedem Album komplett auf den Kopf gestellt. Und das respektiere ich sehr.
MH: Generell ist das natürlich ein Thema über das wir alle noch lange und kontrovers diskutieren können. Aber ich bin ebenso wie Kirill ein Optimist und hätte gerne noch von dir gewusst, was du für dich persönlich und als Künstler positives bisher aus der Krise mitgenommen hast?
Eugen: Das was du gerade liest 😊 Mein Kopf rast, weil es keinen Leistungsdruck gibt. Man tritt zurück, schaut in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Und ich stelle fest – ich bin hungrig. Vor allem hungrig nach Neuem. Ich bewerte Prioritäten neu. Bei uns war ich immer der Antrieb so viele Gigs wie möglich zu spielen. Diese Position habe ich in den letzten Wochen stark überdacht. Vielleicht reicht es ja im Jahr 6 Konzerte zu spielen, wenn sie so gut gemacht und besucht sind, dass die Leute diese Abende nie wieder vergessen. Der Austausch durch das Video (ich habe STUNDEN am Telefon gehangen) mit Mitmusikern hat mich hier nur bestärkt. Wir sind nun mal die neue Generation und wir wollen unser Ding durchziehen. Pripjat ist nicht Kreator. Und Kreator waren nicht Black Sabbath. Und Black Sabbath waren nicht Robert Johnson.
Kunst, Kultur, Underground und der Sinn des Lebens
MH: Natürlich hat auch der Jan Müller von ACFM damit Recht, dass es derzeit ein sekundäres Problem ist. Es sterben Menschen und es stehen reihum Existenzen auf dem Spiel. Und all das muss und soll vorderdringlichst gelöst werden. Aber, wenn wir den Metal mal stellvertretend für Kunst und Kultur allgemein nehmen, ist es nicht das was unserem Leben oder uns als Gesellschaft überhaupt Sinn verleiht?
Eugen: Da kann ich nur zustimmen. Aber das Bild des unterbewerteten Künstlers ist ja leider nichts Neues. Hier kommt man nicht drum herum das Modell unserer Gesellschaft als solche, inklusive Neoliberalismus ins Spiel zu bringen und das würde den Rahmen sprengen. Kunst wird sehr unter der Krise leiden. Aber wo viel Frust und Ungewissheit ist, wo ein Umbruch stattfinden – dort fand bisher immer die interessanteste Entwicklung in der Kunst statt. Wenn man satt und zufrieden ist, erschafft man selten etwas von Bedeutung. Jan hat aber natürlich völlig recht, wenn er sagt – gerade geht es um Menschenleben und alles andere ist sekundär. Ich habe gestern echt das Kotzen gekriegt, als die Menschen reihenweise „RIP 2020“ gepostet haben, weil die Festivals nun (völlig absehbar und richtigerweise) abgesagt wurden. Was für eine erste Welt Scheiße! Ich verstehe natürlich den Impuls, diese Musik und auch die Festivals bedeuten mir ebenfalls wahnsinnig viel. Aber man muss doch verdammt nochmal die Dinge in Relation zueinander setzen! Rest in Peace sagt man den Menschen, die gerade in Krankenhausfluren jämmerlich ersticken. Man sagt es zu den Ärzten und Krankenschwestern, die sich nach unmenschlichen Leistungen anstecken und sterben. Man sagt es zu all den Familienmitgliedern weltweit, die Todesangst haben. Ihr müsst eure beschissene Freizeit im Sommer neu planen. Ganz ehrlich – ich habe keine Geduld mehr mit solcher Scheiße. In Moria verfaulen gerade Kinder und euer Festival geht flöten? Fuck off!
MH: Ich bedanke mich für das Gespräch und die Anregungen und wir werden das alles weiter gespannt verfolgen. Stay heavy and healthy!
Eugen: Danke mein Lieber! Ich habe mir hier einiges von der Seele geschrieben. Mir ist bewusst, dass ich eine Person bin, die mit ihrem Tun gerne mal aneckt. Es ändert aber nichts daran, dass ich diese Musik, Szene und Lebensstil vom ganzen Herzen liebe und es mein Leben überwiegend bestimmt. Aber gerade deswegen werde ich es nie einsehen, mich mit dem Status Quo zu begnügen. Und ich bin natürlich immer bereit auf die Argumente anderer zu hören und zu lernen. Denn ich muss nicht recht haben. Wenn sich durch meine Impulse jedoch eine Diskussion ergibt und man gemeinsam weiter kommt – dann habe ich genau das erreicht, was ich mir gewünscht habe.
In eigener Sache
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