BURY TOMORROW: Cannibal (VÖ 3.7.20)
BURY TOMORROW haben am 3.July 2020 ihr neues Album „Cannibal“ veröffentlicht
Geplant war die Veröffentlichung dieses Albums eigentlich für Anfang April. Doch wie auch viele andere Bands, entschlossen sie sich, dies auf den July zu verschieben. Ebenso wurden die geplanten Shows abgesagt. Mittlerweile gibt es schon Termine für Headliner-Konzerte 2021.
Bis dahin müssen wir uns in Bezug auf Live-Shows gedulden. „Cannibal“ ist schon ein paar Tage zu erhalten und wird – um es direkt vorweg zu schicken – zu begeistern wissen. Denn mit „Cannibal“ ist BURY TOMORROW wieder eine gelungene Symbiose aus eingängigen Melodien und aggressiven Shouts, treibenden harten Riffs und verspielten Melodien gelungen.
Ein sehr persönliches Album
Thematisch ist es ein sehr persönliches Album. Mit den Lyrics hat Shouter Daniel Winter-Bates erneut das Thema psychische Gesundheit aufgegriffen. Für ihn ist die Erforschung der eigenen Gedanken und Gefühle ebenso wichtig wie die Öffnung nach außen, denn das Gespräch sei immer ein erste Schritt.
Dieses Album ist genauso für mich wie für die Fans. Es war ein kathartischer Prozess, einige der dunkelsten Momente meines Lebens anzusprechen.
Ich wollte zu meinen eigenen Worten stehen… Ich spreche mit Menschen darüber, wie man seine geistige Gesundheit in den Griff bekommt.Die Wiederherstellung geistiger Gesundheit ist das, was Leben rettet. Ich möchte, dass die Menschen Licht in der Dunkelheit sehen. Wenn sie sich damit beschäftigen, können sie in der Diskussion darüber Trost finden. Darüber zu sprechen, bringt Normalität und positive Bewegung in das Thema.
sagt Daniel Winter-Bates
Doch nun zur Musik:
Der Opener „Choke“ haut einem energisch und wütend tolle Leads und harte Riffs um die Ohren. Der Bass bringt sich verstärkend und mit Ausschmückungen in das dynamische Drumming ein. Dies und viele treibende Tempowechsel machen „Choke“ zu einem tollen Opener, bei dem man nicht ruhig sitzen bleiben kann.
Der Frust darüber, sich zum Gefangenen der eigenen Gedanken gemacht zu haben, wird hörbar. Und mündet in der Überlegung, dass man nicht das eigene Leben leben kann, wenn man ständig darüber nachdenkt, was die anderen über einen denken.
Bei „Cannibal“ nehmen sie die Energie wieder etwas zurück. Dafür verleitet der Chorus zum Mitsingen. Der Kontrast zwischen der Leichtigkeit der Musik und den durch fast schmerzverzerrte Screams vorgetragenen Lyrics macht die Dynamik dieses Songs aus. Geht es doch darum, wie sehr abwertende Kommentare zerstörerisch wirken können.
Vixi – I have lives
„The Grey (VIXI)“ groovt. Und ist ein Meisterstück was die Abstimmung der Clean Vocals (wieder wunderbar von Jason Cameron) und der Shouts angeht. Schon der Einstieg ist hörenswert und mitreißend. Der Song will dazu ermutigen, über das eigenen Leben nachzudenken, auch wenn dies manchmal ein Balanceakt am mentalen Abgrund sein kann.
Mit „Imposter“ treiben uns die Vocals temporeich auf eine unerwartete Hookline am Ende des Songs zu. Währenddessen beschäftigt sich der Text mit dem Gefühl, sich trotz Kompetenzen und Fähigkeiten falsch am Platz zu fühlen. Immer in der Angst, entdeckt zu werden. Die Angst, nur eine Rolle zu spielen – wie ein Hochstapler – und irgendwann als Blender enttarnt zu werden, hat auch Winter-Bates in seiner Rolle als Musiker verfolgt.
„Better Below“ ist ein richtiger Mitsing-Track. Auch wenn des darum geht, dass das Verstecken von Symptomen diese eher noch verstärkt.
„The Agonist“: Dein größter Kritiker bist du selbst. Der dadurch entstehende innere Dialog mit sich selbst wird durch den Shout-Response-Part verdeutlicht, der regelrecht zum Mitschreien auffordert:
Pray
That the flame doesn’t burn
Beg
That the axe doesn’t swing
Ask
For your end to come quick
„Quake“ steckt voller Wut und wunderbaren Melodien. Wütende Shouts, spielerisch leichte Melodien und ein atmosphärischer Teil in der Mitte.
We worship Gods and the machines
„Gods & Machines“ beinhaltet die Elemente, die schon die vorangegangenen Songs auszeichnen. Ein Highlight hier ist der Chorus. Außerdem ist das Tempo wieder hoch und die cleanen Vocals klingen aggressiver als vorher. Leider flacht der Song zum Ende hin stark ab. Wären Dynamik und Intensität bis zum Ende aufrechterhalten worden, wäre es ein großartiger Song geworden.
Thematisiert wird hier die vergiftende Wirkung von sozialen Medien, wenn es darum geht, sich so perfekt wie möglich darstellen zu müssen.
„Voice and Truth“ in dem es um Vertrauen geht, ist für mich der progressivste Song des Albums. Hier klingen BURY TOMORROW experimentell. Unübertrefflich hier die Soli von Kristan Dawson.
Auch „Cold Sleep“ kommt mit tollen Hooklines daher.
„Dark, Infinite“ entlässt uns nach einem starken Breakdown und der Vorstellung, dass der unheimlichste Platz der Welt unser eigener Verstand ist, immer leiser werdend aus dem Album.
Wütend, energisch, reif, unangestrengt und überzeugend
Es ist Daniel Winter-Bates im Wesentlichen gelungen, die Bilder zum Thema geistige Gesundheit mit Sätzen zu beschreiben, in denen Betroffene sich wiederfinden können. Und diejenigen, die solche Momente noch nicht erlebt haben, bekommen dadurch vielleicht eher eine Vorstellung, wie es Menschen ergeht, die immer wieder um ihre geistige Gesundheit fürchten und sich dafür schämen.
Musikalsich gesehen sind BURY TOMORROW auch mit ihrem sechsten Album kein Risiko eingegangen und haben ihre Stärken genutzt und die Elemente ausgebaut, an denen sie wiederzuerkennen sind: Sie spannen eine Bogen von kraftvollen Riffs über wunderbar komponierte Akkordfolgen zu eingängigen Melodien, der bei „Cannibal“ nicht einmal wirklich abreißt. Außerdem gibt es etliche Passagen, die Ohrwurmcharakter haben und bei denen ich mich beim Mitsingen erwischt habe.
So ist auch hier wieder das herausragendste Merkmal die Verbindung von Daniel Winter-Bates′ aggressiven, rohen Shouts und Jason Camerons einschmeichelnder Stimme. Selten findet man eine Kombination, die sich gegenseitig so unterstützt und herausfordert.
Somit gibt es hier eine weitere Variation des Metalcore-Musters aus harter Strophe und weichem Refrain mit folgendem Breakdown und den – wie immer herrlichen – Soli von Kristan Dawson. Auch wenn BURY TOMORROW mit diesem Album kein Wagnis in Form von Veränderung dieses Musters eingegangen sind: sie klingen aggressiver als auf „Black Flame“ und in gewisser Weise reifer. Unangestrengt und in vielerlei Hinsicht überzeugend.
NEWSLETTER. FREITAGS. KOSTENLOS.
Bildquellen
- bury tomorrow cannibal album artwork: head of pr
- bury tomorrow band head of pr: Sony Music / Head of PR
Neueste Kommentare