Blind Guardian – André Olbrich im Interview
Nachdem ihr ja schon in den Genuss unseres zweiteiligen Interviews mit Marcus Siepen von Blind Guardian gekommen seid, wollen wir euch unser Gespräch mit Leadgitarrist André Olbrich nicht vorenthalten. Die Zeit reichte zwar nicht mehr für ein ausführliches Gespräch, aber dafür sind die Antworten von André erstaunlich offen und direkt. Aber lest selbst, was er über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Überflutung des Marktes und nationale Unterschiede zu sagen hat. Zur Einstimmung aber vorab das Live-Video „Twilight Of The Gods“ aus dem aktuellen Live-Album „Live Beyond The Spheres“:
Blind Guardian – Dreißig lange Jahre
metal-heads.de (MH): Dreißig Jahre Blind Guardian sind eine lange Zeit. Da gab es doch mit Sicherheit mal Streitigkeiten uns Auseinandersetzungen?
André Olbricht (AO): Gab es, aber alles in Maßen. Also, wir haben uns eigentlich von Anfang an gut verstanden. Und nach dreißig Jahren ist das Klima bei uns jetzt so gut, wie man es sich besser eigentlich nicht wünschen kann. Es kommen alle miteinander richtig gut aus. Wir haben uns über die Jahre auch eine Crew zusammengestellt, die sind alle richtig nett. Ich gehe richtig gerne mit denen auf Tour. Da kann man, wie soll ich sagen… da kann man stolz drauf sein, auf so eine Truppe. Da gibt es keinen Streit, wir sind jetzt zweimal um die ganze Welt gereist. Wir haben über 120 Konzerte gespielt und es gab in der Band keinen einzigen Streit.
Touren und Familie
MH: Großen Respekt dafür, das schaffen viele ja im privaten schon nicht. Was mich zur nächsten Frage bringt: Touren und Familie, wie bringt ihr das unter einen Hut, so lange von Kindern und Familie getrennt zu sein?
AO: Es ist schwierig, superschwierig. Da muss man sich wohl dran gewöhnen. Alle von uns haben Kinder. Und natürlich kann man sich vorstellen, wenn man gerade Papa geworden ist und dann auf Tour soll,… das ist schon richtig hart. Aber auch das haben wir alle hinter uns und geschafft. Jeder muss halt seinen Job machen und sein Päckchen tragen. Das gehört dann dazu und wenn man professionell sein will, muss man auch die Familie verhackstückelt kriegen. Die Familie muss natürlich auch ein gewisses Verständniss mitbringen für das, was man macht.
Vor- und Nachteile
Man hat natürlich den Nachteil, dass man auf Tour einen langen Zeitraum ganz weg ist. Dafür hat man aber auch den Vorteil, dass man in der Studiophase viel mehr zuhause ist, als jemand der acht Stunden arbeiten geht. Also, es hat alles Vor- und Nachteile. Ich kann mich in der Zeit, in der ich zuhause bin noch intensiver mit meinen Kindern befassen. Ich kann meine Zeit da auch flexibel einteilen. Ich kann nachts arbeiten und Songs schreiben. Was ich auch mache, ich bin Nachtarbeiter und habe dann den ganzen Nachmittag um mich mit den Kindern zu beschäftigen. Das geht alles und liegt letztendlich an jedem selber, wie er sich den Tag organisiert. Bei uns, bei Blind Guardian, funktioniert das gut. Wir haben unsere Touren und unsere Studiophasen immer so geplant, dass wir nie länger als zwei Monate am Stück weg sind. Also, wir haben immer nach zwei Monaten ein Break, wo wir dann wieder ein paar Wochen zuhause sind. Ansonsten würde das auch keiner schaffen. Wir wollen ja nicht vor die Hunde gehen und in irgendwelchen Hotels vereinsamen.
MH: Ist es nach einer Zeit dann auch nicht alles gleich? Immer dieselben Hotels und die Städte gleichen sich dann irgendwann auch alle?
AO: Das würde ich nicht sagen. Aber man will natürlich irgendwann einfach wieder nach Hause und in seinem eigenen Bett schlafen. Das braucht man schon zwischendurch. Aber das haben wir eigentlich ganz gut im Griff.
Konzerte im Wandel der Zeit
MH: Auch an dich die Frage: Konzerte und Touren haben sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. Ich habe heute das Gefühl, dass einige nur auf Konzerte gehen, um sich dann auf Facebook und Co. zu präsentieren. Wie erlebst du das auf der Bühne?
AO: Es hat sich in der Tat verändert. Ich fand es vor drei / vier Jahren aber schlimmer. Es ist schon wieder besser geworden. Also, als das alles neu war mit Facebook und YouTube, da haben die Leute tatsächlich die Shows nur noch durch Handys geguckt. Die sind also zu einem Konzert gegangen, um es dann auf so einem 4 x 10 cm Display zu gucken. Das fand ich auch so ein bisschen kurios. Inzwischen ist es aber wieder viel besser geworden. Ich sehe nur noch vereinzelt Handys. Die Leute haben da schon wieder zurückgefunden und ich hoffe auch, dass das in Zukunft besser wird.
Die Überflutung des Marktes
Was mich mehr stört ist eigentlich die Überflutung des Marktes. Es gibt Bands, die aufgrund der eingebrochenen CD-Verkäufe jetzt meinen, sie müssten dreimal im Jahr auf Tour gehen. Und so eigentlich den ganzen Markt kaputt machen. Denn die Leute haben ja nicht mehr Geld. Es ist ja nicht so, dass jemand auf einmal dreimal so viel Geld verdient und dann auch zu allen Konzerten gehen kann. Und dadurch ist der Markt halt überflutet. Leider nicht nur mit guten Sachen, sondern eben auch mit unglaublich viel Müll. Es ist langsam an der Zeit, dass die Leute da auch wieder selektiver werden und den Markt mal wieder reinigen von der ganzen Scheiße, von dieser ganzen Überschwemmung. Das ist etwas, was mir persönlich total auf den Sack geht. Ich sehe lieber… ich würde es besser finden, wenn eine Band nur alle zwei / drei Jahre mal zu sehen ist. Aber dann auch wirklich was Gutes bringt.
Nationale Unterschiede
MH: Ja stimmt, man hat gar nicht die Zeit auf alle Konzerte zu gehen, die da so stattfinden. Was mich noch interessieren würde, gibt es denn nationale Unterschiede? Songs die woanders besser ankommen? Oder das Verhalten der Fans allgemein?
AO: Es gibt in der Tat Unterschiede zwischen den Reaktionen auf Songs. Es sind immer wieder andere Songs, die in einigen Ländern besser ankommen oder besonders abgefeiert werden, was ich persönlich sehr geil finde. Es gibt Länder, da sind die Leute einfach euphorischer und total crazy bei einer Show, wie zum Beispiel in Südamerika, was ich auch sehr interessant finde. Dann gibt es andere Länder, da wird das alles eher etwas ruhiger beobachtet was passiert. Da kommt es tatsächlich auf die Mentalität der Menschen an. Bewerten will ich das jetzt gar nicht als positiv oder negativ. Aber es gibt die Unterschiede. Je nachdem wo man spielt, verhält sich auch das Publikum ein bisschen anders.
And the Story Ends…
Damit endet dann auch unser großer Blind Guardian Interviewkomplex. Und wenn es auch nationale Unterschiede gibt, so sind wir letztendlich doch alle eine große Metal-Familie, geeint durch die Liebe zur Musik. An dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an André für seine offenen Worte, denen ich mich durchaus anschließen kann. Mehr zu Blind Guardian findet ihr natürlich auf ihrer Homepage oder bei Facebook. Wer das aktuelle Album „Live Beyond The Spheres“ noch nicht haben sollte, kann es über den Link unten direkt ordern. Wer sich noch unsicher ist, ob das lohnt, kann sich hier im Review von unserem Redakteur Uwe überzeugen lassen. Play it loud!
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Bildquellen
- Blind Guardian André Olbrich: Bildrechte beim Autor
- Blind Guardian Live Band: Nuclear Blast
- Blind Guardian Band: Nuclear Blast
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