Blind Guardian – Marcus Siepen im Interview Teil 1

Im Rahmen eines Medien Tages zur Veröffentlichung ihres neuen Live-Albums „Live Beyond The Spheres“ standen Blind Guardian im Kölner Rock Pit der Presse Rede und Antwort. Da unser Redakteur Uwe sich dem Album schon ausführlich in seinem Review gewidmet hat, habe ich meine Fragen etwas allgemeiner gehalten. Gitarrist Marcus Siepen hat sich sehr viel Zeit genommen und das Ganze ist etwas länger und ausführlicher geworden. Deshalb an dieser Stelle noch einmal ein großes Dankeschön für dieses nette und unterhaltsame Gespräch. Teil 1 gibt es jetzt hier zu lesen und Teil 2 folgt in Kürze. Viel Spaß!
Privat-Adressen und die Kommunikation
metal-heads.de (MH): Hallo Marcus, vielen Dank schon mal, dass du dir Zeit nimmst, meine Fragen für metal-heads.de zu beantworten. Ich will erst einmal weit zurück in der Zeit gehen. Ich habe hier eure ersten Alben. Da ist im Booklet noch eine Adresse abgedruckt, unter der man euch erreichen konnte. Heutzutage wohl eher undenkbar, oder?
Marcus Siepen (MS): Das hat sich auch damals schon sehr schnell als schlechte Idee entpuppt. Wir waren naiv und blauäugig und haben uns gedacht, wenn uns jemand kontaktieren möchte, dann bitteschön. Das ist dann aber auch irgendwann so ausgeartet, dass dann nachts um vier dein Telefon läutete und jemand aus Australien Blind Guardian in den Hörer brüllte und dann auflegte. Und du stehst dann da und denkst „Dankeschön, gut das wir mal drüber gesprochen haben…“. Mit der Tales sind wir dann davon wieder abgegangen, unsere privaten Adressen zu veröffentlichen. Es gab halt Leute, die rufen zu den unmöglichsten Zeiten an, um zu sagen, dass ihre Schwester ne blöde Kuh ist, weil sie kein Blind Guardian mag…
Die sozialen Medien und Downloads
MH: Ist es denn heute mit Internet und den sozialen Medien wie Facebook etc. anders?
MS: Es ist anders, weltweit. Internet ermöglicht dir natürlich Kommunikation mit allen Leuten, überall. Was als Promo-Tool natürlich wunderbar ist. Auf der anderen Seite gibt es auch die illegalen Download-Geschichten, was nicht so optimal ist. Wir bauen aber drauf, dass der Fan ein loyaler Fan ist und kapiert, dass wenn man alles runterlädt, die Band irgendwann nicht mehr existieren kann. Bei uns klappt das aber ganz gut.
MH: Hat sich denn die Art der Kommunikation mit den Fans geändert? Der Kontakt über E-Mail oder Facebook ist ja schneller und direkter, ob Lob oder Kritik. Anonym übers Internet ist da die Scheu ja oft geringer beleidigend zu werden.
MS: Das Ding ist, durch Geschichten wie Facebook oder Foren ist jeder irgendwie zum Kritiker geworden. Viele Leute meinen, zu jedem Scheiss ihren Senf beitragen zu müssen. Manchmal ist es gut, manchmal ist es weniger gut. Ich versuche auch meistens, mich aus solchen Geschichten rauszuziehen. Ich bin nicht jemand, der jetzt den ganzen Tag online ist und Reviews von uns sucht. Die Zeit habe ich gar nicht. Wenn wir eine neue Platte draußen haben, bin ich anfangs immer noch sehr neugierig und lese mir ein paar Sachen durch. Aber dann reicht es mir auch relativ schnell.
Das Blind Guardian-Konzertfeeling
MH: Hat sich denn auch das Konzert-Erlebnis für euch verändert? Ihr seid ja auch schon ein paar Jahrzehnte im Geschäft, stammt auch noch aus der Prä-Handy-Ära.
MS: Feuerzeuge statt Handy-Display? Nee, das Konzertfeeling für uns ist eigentlich relativ gleich. Das Publikum ist größer geworden über die Jahre. Geht aber eigentlich genau so ab wie damals. Was interessant ist, dass wir nach wie vor Leute zu unseren Konzerten ziehen, die ich schon vor dreißig Jahren gesehen habe. Der Old-School Fan ist also mit uns alt geworden, mit uns gewachsen. Wir haben aber bei jeder Tour auch neue, junge Fans mit dabei stehen. Was natürlich perfekt ist. Was sich geändert hat, wie du schon gesagt hast: früher beim Bard’s Song gingen die Feuerzeuge hoch und jetzt hast du halt in der ersten Reihe die Handys und es wird gefilmt. Das kann nervig sein. Deswegen immer wieder der Aufruf. Steckt die Handys weg, guckt das Konzert mit euren eigenen Augen, es ist 3D, hat tolle Farben.
MH. Ihr seid ja auch für eine gute Live-Show (siehe auch das Video unten) bekannt. Mich nervt das auch immer. Selfies hier und da, es wird getippt. Leute, wofür seid ihr da?
MS: Ja eben. Wofür besuche ich denn ein Konzert? Ich gehe ja nach wie vor selber zu Konzerten von meinen Lieblings-Bands und das letzte wodran ich denken würde, wäre mein Handy auszupacken und einen Song zu filmen. Die ganzen verwackelten YouTube-Videos sehen eh alle scheiße aus, klingen auch scheiße. Mein Handy ist nun mal nicht darauf ausgelegt bei Konzert Lautstärke einen vernünftigen Film zu machen. Also ich gucke das Konzert und genieße es und gut.
Das 1. Live Album mit dem neuen Schlagzeuger
MH: Stichwort Live-Album: ist das heutzutage nötig oder sagt man sich nicht lieber, wir bringen eine Blu-Ray oder DVD raus, wo man das Konzert dann auch noch in Farbe und bunt hat?
MS: Ich sehe es getrennt voneinander. Auch damals das letzte Live-Album war ja getrennt von der DVD. Wir haben jetzt die Chance genutzt und fast jedes Konzert der Tour aufgenommen. Das kannst du filmtechnisch nicht machen. Die DVD damals haben wir glaube ich mit fünfzehn Kameras gefilmt. Und du kannst kein Kamerateam mit fünfzehn Leuten und Equipment noch mit auf Tour schleppen. Du bräuchtest mehr Nightliner, mehr Trucks und mehr alles. Das heißt filmen: wir werden mit Sicherheit irgendwann wieder eine DVD / Blu-Ray machen. Aber das wird dann halt bei einem speziellen Event passieren. Und Live-Album: wir mögen es. Das war jetzt für uns das erste Mal, dass wir uns live mit Frederik am Schlagzeug auf einem Album präsentieren konnten. Wir haben seit dem letzten Live-Album drei neue Studio-Alben rausgebracht. Da war es einfach an der Zeit. 2003 war glaube ich das letzte Live-Album. Nach vierzehn Jahren kann man da nochmal was machen.
Alte Songs in neuer Version
MH: Was ich daran gut finde, ist, die alten Songs nochmal in einer aktuellen Version zu bekommen. Die Sachen klingen dann ja doch anders.
MS: Absolut, der Schlagzeuger ist ein anderer, wir haben uns als Musiker natürlich entwickelt. Du spielst auch alte Sachen heute anders, als du es damals gemacht hast. Das ist immer ein Einfangen des jetzigen Zustandes der Band.
So Leute, hier endet Teil 1 unseres Interviews mit Marcus Siepen von Blind Guardian. Im zweiten Teil, der ebenfalls in Kürze bei metal-heads.de erscheinen wird, widmen wir uns den Themen Innovationen und Inspirationen und gehen kurz der Frage nach, ob der Metal jemals tot war. Und warum es heute für neue Bands schwieriger ist, erfahrt ihr auch. Die Wartezeit könnt ihr euch ja mit dem tollen Album „Live Beyond The Spheres“ verkürzen. Den Link findet ihr unten oder ihr besucht Blind Guardian mal auf ihrer Homepage oder bei Facebook. Stay tuned!
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Bildquellen
- Blind Guardian im Rock Pit Köln: (c) metal-heads.de - Soundchaser
- Blind Guardian Marcus Siepen: Bildrechte beim Autor
- Blind-Guardian-Live-Band-720×340: Nuclear Blast
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