Interview mit Robin von GUERILLA TREE

Interview mit Robin von GUERILLA TREE
Das aktuelle Album der Band haben wir euch ja bereits hier ausführlicher vorgestellt. Wir wollten aber mehr zu GUERILLA TREE und ihrer Musik erfahren und daher haben wir gerne das Angebot genutzt und Bassist Robin Steffens einige Fragen gestellt. Er hat sich freundlicherweise die Zeit genommen, diese ausführlich zu beantworten. Lest hier bei metal-heads.de, was er zu sagen hat(te).
MH: Fangen wir mal ganz am Anfang an. Wie kam es zur Gründung eurer Band und wie habt ihr letztlich die beteiligten Musiker ausgewählt?
Wie Alles begann…GUERILLA TREE
RS: GUERILLA TREE wurde zunächst im Jahr 2010 als Projekt unseres Sängers René und unseres ehemaligen Gitarristen Sascha, der leider viel zu früh von uns gegangen ist und in diesem Jahr nach schwerer Krankheit gestorben ist, gegründet. Wir haben diesen Verlust eines so tollen Menschen und Bandkollegen immer noch nicht wirklich verarbeitet. Ich denke, das wird auch noch lange Zeit dauern. Das schöne war aber, dass Sascha das fertige Digipack unserer aktuellen Platte „Mountain’s View“ auf der er sich verewigt hat, kurz vor seinem Tod noch stolz in seinen Händen halten konnte.
Die beiden haben damals musikalische Ideen, Songs und Riffs miteinander ausgetauscht und schnell gemerkt, dass man musikalisch und menschlich auf einer Wellenlänge ist. Sie haben dann einige Songs zusammen geschrieben und wollten das Projekt zu einer richtigen Band machen, dafür haben die Jungs unter anderem bei mir angefragt, ob ich Lust hätte Bass für sie zu spielen. Da wir uns alle aus der Leverkusener Bandszene und von früheren gemeinsamen Gigs kannten, war es eigentlich klar, dass, wenn die Jungs anfragen, wir sofort ja sagen würden.
Sowohl Chris (Keyboards), Robert (Drums), als auch meine Wenigkeit (Bass) waren sofort begeistert und überzeugt von dem Songmaterial, das uns die beiden kreativen Köpfe zeigten und stimmten sofort zu, in die Band einzusteigen. Tatsächlich waren die ersten gemeinsamen Proben dann auch verdammt gut und es machte allen super viel Spaß zusammen zu zocken und die Songs zu erarbeiten. Ich glaube eine der Stärken oder Besonderheiten unserer Band ist die Tatsache, dass wir zwar alle Rockmusik und Metal mögen, aber dennoch unterschiedliche musikalische Backgrounds haben und somit ein eigenständiger Mix entsteht.
Wir haben dann aus dem vorhandenen Material das Album „Mental Leaps“ eingespielt, welches dann erstmals 2012 veröffentlicht wurde und sehr gute Rezensionen erhalten hat. Nachdem Robert die Band auf eigenen Wunsch hin verlassen hatte, vergingen einige Jahre bis wir im Jahr 2019 in Feliks einen mehr als würdigen Nachfolger gefunden haben. 2022 haben wir, im Zuge der Veröffentlichung des zweiten Albums „Mountain’s View“, unser Debüt in einer neu gemasterten Version wiederveröffentlicht.

Was sind die Wurzeln?
MH: Als Band orientiert man sich ja oft an bekannteren Acts, die bereits (vielleicht auch schon länger) in der Szene unterwegs sind. Die von euch angegebenen Einflüsse sind mit DREAM THEATER, OPETH und Co. ja recht klassische für eine Prog-Band. Aber wieso habt ihr euch überhaupt für diese Stilrichtung entschieden?
RS: Also ich für meinen Teil bin ein Metal Head seitdem ich ca. 12 Jahre alt bin und ich habe vor GUERILLA TREE schon in einer Symphonic Metalband gespielt. Ich persönlich mag aber auch klassische Musik und symphonische Filmmusik sehr gerne.
René ist genau wie ich großer Rockmusik und Prog-Metal Fan, er mag genau wie unser jetziger Drummer Feliks OPETH sehr gerne und das hat natürlich immer auch Einfluss auf das Songwriting oder die Art wie er singt. Darüber hinaus hört er aber auch ganz andere Musik, wie z.B. Jazz. Sascha war aus unserer Band definitiv der größte DREAM THEATER Fan und das macht sich selbstverständlich im Songwriting, der Art ein Riff zu schreiben oder wie er seine Solos gespielt hat, bemerkbar. Chris unser Keyboarder hat zwar vorher auch schon in Metal Bands gespielt, kommt aber musikalisch eher aus einer anderen Ecke, neben 70’s Psychodelic Rock ist er der elektronischen Musik sehr zugetan.
Wahrscheinlich sind es genau diese vielen verschiedenen musikalischen Einflüsse der einzelnen Bandmitglieder, die unsere Musik schlussendlich ausmacht und dem ganzen dann doch wieder etwas Eigenes verleihen. Was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass wir uns als Band nicht hingesetzt und den Entschluss gefasst haben: So, wir machen jetzt Prog-Metal! Für uns spielt neben einer gewissen Progressivität immer die Eingängigkeit der Songs und die Melodie in unserer Musik eine bedeutende Rolle.
MH: Oft wird man ja mit anderen Bands verglichen (…die klingen so wie…). Euch möchte ich mal eine ziemliche Eigenständigkeit attestieren. Wie ist es euch gelungen, vorhandene Einflüsse aufzugreifen und doch eine eigene Marschrichtung zu etablieren, ohne dabei wie der Abklatsch von Jemand anderem zu klingen?
RS: In gewisser Weise habe ich Teile der Frage ja schon weiter oben beantwortet. Der Einfluss den jedes Bandmitglied mit seinem ganz eigenem musikalischen Background in die Band mit einbringt ist, denke ich, der wichtigste Punkt. Dadurch musste einfach etwas Neues, Anderes, Eigenes herauskommen. Selbstverständlich ist mir bewusst, dass man auch in unserer Musik unsere musikalischen Wurzeln und Einflüsse immer irgendwo, wenn auch hier und da nur in Nuancen, heraushört. Und natürlich ist es Ziel einer jeden Band (außer vielleicht einer Cover-Band…Haha) einen ganz eigenen Sound/Stil zu kreieren, gleiches gilt selbstverständlich auch für uns. Wir wollen eben genau wie GUERILLA TREE klingen (was auch immer das heißt) und nicht wie Band XY und ich empfinde es als ein tolles Kompliment und es macht uns stolz, wenn uns jemand diese Eigenständigkeit attestiert.
Verständlicherweise noch keine Tour-Pläne…
MH: Wie sehen denn eure „Tour-Pläne“ aus, jetzt wo die neue Scheibe draußen ist? Habt ihr da schon was in Planung oder wie sieht das aus?
RS: Das ist leider momentan ein etwas schwieriges Thema nach Saschas Tod. Eine gewisse Zeit wussten wir gar nicht, ob wir ohne Sascha die Band überhaupt noch weiter am Leben erhalten können oder wollen. Aber wir sind uns mittlerweile im Klaren darüber, dass es weiter geht und Sascha das auch genau so gewollt hätte. Natürlich würden wir gerne unsere Songs nach so vielen Jahren der Bühnen Abstinenz mal wieder live spielen, aber dafür müssen wir eventuell erstmal einen neuen Gitarristen einarbeiten. Dieses Jahr war neben der Ungewissheit, was Saschas Krankheit anging und dem Release von „Mountain’s View“ nicht großartig an Gigs oder gar Festival Bewerbungen zu denken.
MH: Seid ihr schon mit bekannteren Bands aufgetreten? Wenn ihr einen Wunsch, einen Traum hättet…mit wem würdet ihr dann auf Tour gehen wollen?
Auf jeden Fall DREAM THEATER…oder!?
RS: Ich für meinen Teil würde mich alleine schon über die Möglichkeit eine Tour zu spielen riesig freuen und fände es schon genial die Bühne mal mit ANGRA, CONCEPTION oder SYMPHONY X teilen zu dürfen. René und Feliks würden jetzt wahrscheinlich OPETH oder LEPROUS nennen und Saschas Antwort wäre zu 99,9% DREAM THEATER gewesen. Ich könnte mir vorstellen, dass Chris gerne mal mit Tool zusammen spielen würde, die er aus dem Rockbereich gerne hört. Mit unseren früheren Bands sind einige von uns tatsächlich schon mit bekannten, großen Acts zusammen aufgetreten, aber mit GUERILLA TREE haben wir bis dato erst einige eher kleine Gigs oder auf kleineren Festivals gespielt.
MH: Was ist eigentlich so euer Ziel, das ihr mit der Musik erreichen wollt? Ich meine, davon leben zu können, gelingt ja den wenigsten. Aber ich kenne Bands die auch sehr professionellem Niveau ihre CDs aufnehmen, in einem Urlaub kleine Touren durch das eigene Land spielen etc. – das geht auch neben einem Dayjob.
RS: Unsere Ziele sind, denke ich, bescheidener oder besser gesagt realistischer Natur: Noch möglichst lange zusammen kreativ sein und viele Alben aufnehmen, gemeinsam proben und wieder live auftreten (am liebsten zusammen mit meinem und Chris‘ Wunschkandidaten an der Lead Gitarre) und fast am wichtigsten noch viele schöne Momente zusammen zu erleben, sowohl auf musikalischer als auch auf freundschaftlicher Ebene. Die jüngste Vergangenheit hat uns leider allzu deutlich gezeigt, wie schnell etwas vorbei sein kann und dass wir nur dieses eine Leben haben. Die Idee mit der kleinen Tour hört sich auf jeden Fall sehr interessant an.
Ich wäre sofort bei einer solchen Unternehmung dabei. Aber wenn ich mir überlege, wie schwer es aufgrund unserer verschiedenen Jobs oder Verpflichtungen ist, in manchen Monaten überhaupt gemeinsame Probetermine zu finden, sehe ich da momentan eher schwarz. Dann wäre doch der erste Weg, von der Musik zu leben und richtige Rockstars zu werden, der einfachere. 😉
MH: Habt ihr eigentlich einen professionellen Support durch ein Management oder Ähnliches? Oder läuft das Alles in Eigenregie? Ich meine, mein Kontakt lief ja über René (Gitarre & Gesang bei GUERILLA TREE). Der scheint ja solche Anfragen zu bearbeiten.
RS: Ja, genau so ist es. René (der Sänger der Band – Anm. der Red.) übernimmt fast alle organisatorischen Aufgaben. Momentan haben wir weder ein Label noch ein Management im Rücken und machen alles in Eigenregie. Auf der einen Seite bedeutet das zwar, dass wir komplett unabhängig sind und mehr oder weniger tun und lassen können, was uns gefällt, aber auf der anderen Seite wäre es natürlich schön, wenn wir uns nur auf das was wir am liebsten machen, nämlich die Musik, konzentrieren könnten und alles Organisatorische von jemand anderem übernommen wird.
Der „Guerilla tree“ auch im Booklet-Design
MH: Mich hat ja die wertige Aufmachung eurer CD echt beeindruckt. Wie habt ihr da das „Konzept“ entwickelt?
RS: Nicht nur dich (Haha!). Die Freundin unseres Sängers René – Saskia – hat ein perfektes Händchen für Designs. Auch wenn sie es nicht hören will, so finden wir alle das gesamte Konzept und die Aufmachung des Digipacks super gelungen und sind mehr als zufrieden damit. Im ständigen Austausch mit René, dessen Traum es war, das Album als Digipack inklusive Pappschuber zu veröffentlichen (ich glaube, die Kombination von beidem gab es vor uns noch nicht so oft) hat seine Ideen mit Saskia ausgetauscht und daraufhin hat sie das Artwork entwickelt. Man kann unserer Musik ja eine gewisse melancholische Seite nicht abstreiten und ich finde, dass das farbliche, eher schlicht gehaltene Konzept diese Seite sehr gut unterstreicht.
Außerdem befindet sich auf dem Album ein Song mit dem Titel „Mountain Reflection“, der die Gestaltung des Covers beeinflusst hat. Der bereits auf dem Cover von „Mental Leaps“ abgebildete, stilisierte „Guerilla Tree“ findet sich ebenfalls im Konzept des Booklets wieder. Dieser Baum ist sozusagen unser „Eddie“. Vielleicht nicht ganz uninteressant für den ein oder anderen Vinyl Liebhaber unter den Lesern, unser Album befindet sich bereits im Presswerk und wird als Doppel-LP, die auf 100 Stück limitiert sein wird, erscheinen. Eine Ankündigung in Form eines Unboxing-Videos wird über unsere FB Seite erfolgen und wenn wir Glück haben können wir die LP im Herbst über unsere Bandcamp Seite anbieten.
MH: Ich würde mich freuen, euch mal live on stage mit eurem Material zu erleben. Mal schauen, was die Zukunft bringt. Aber jetzt hast du als unser Interviewpartner das letzte Wort. Du kannst dich an die Follower von metal-heads.de richten und etwas zu eurer Musik oder einem anderen Thema sagen, das dich bewegt.
RS: Erst einmal vielen Dank an dich Amir und metal-heads.de dafür, dass wir unsere Band GUERILLA TREE auf eurer Plattform etwas näher präsentieren durften. Auf jeden Fall ist eines unserer Ziele irgendwann wieder live aufzutreten und dann würde ich mich freuen dich und den ein oder anderen Metal-Head im Publikum zu sehen. Wer Lust auf eigenständigen Prog-Metal hat, der aber immer noch sehr eingängig und mit einer Prise Melancholie und viel Melodie versehen ist, der ist herzlich eingeladen in unsere Musik reinzuhören.
Wir freuen uns über jeden, dem unsere Musik gefällt und der uns unterstützt.
In diesem Sinne vielen Dank für euer Interesse und hoffentlich bald wieder auf der Bühne. Metallische Grüße! Robin und GUERILLA TREE.
MH: So Robin, ich danke dir für deine Zeit und die aufschlussreichen Informationen. Alles Gute für euch und viel Erfolg mt dem neuen Album!
Bildquellen
- GUERILLA TREE: GUERILLA TREE
- GUERILLA TREE Albumcover Mountains View – Titelbild: GUERILLA TREE
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