John Petrucci – „Terminal velocity“ (VÖ: 28.08.2020 digital/30.10.2020 physical)
John Petrucci – „Terminal velocity“ (VÖ: 28.08.2020 digital/30.10.2020 physical)
Über den Megaerfolg mit seiner hauptamtlichen Formation DREAM THEATER – gerade mit dem immer noch „aktuellen“ Release „Distance over time“ (VÖ: 22.02.2019) – kann man wohl nicht streiten. Die Review dazu findet ihr hier. Jetzt geht es also zum zweiten Mal auf Solopfade. Nach einer Pause von 15 Jahren. Zunächst wird das Release „Terminal velocity“ am 28.08.2020 digital veröffentlicht, bevor es am 20.10.2020 auch die Vinyl-Freunde und CD-Anhänger – Leute halt, die auch anno 2020 noch auf konkrete haptische Eindrücke abfahren – erwerben können.
John Petrucci, Dave LaRue und Mike Portnoy
Ein John Petrucci sucht sich natürlich entsprechend qualifizierte Musiker aus, um sein Material einzuspielen. Am Bass hat er – wie auch schon beim Erstling – auf Dave LaRue zurückgegriffen, hinter dem Schlagzeug sitzt sein alter Freund Mike Portnoy (der Weggefährte aus DREAM THEATER-Tagen tobt sich ja mittlerweile in diversen Bands und Projekten aus, beispielhaft seien nur die WINERY DOGS und die SONS OF APOLLO erwähnt). Die beiden haben lange nichts mehr gemeinsam aufgenommen und diese Zusammenkunft hat nach den Aussagen des Gitarristen eine geradezu kathartische Wirkung.
Die „aus dem Nichts“ aufgetauchte Corona-Pandemie hat die Entwicklung des Albums beschleunigt. Das „Projekt“ war sowieso geplant, aber wenn eine aktive Band wie DREAM THEATER plötzlich zur Einstellung sämtlicher Touraktivitäten gezwungen wird, entstehen zeitliche (und vermutlich auch kreative) Freiräume, die man ja ruhig nutzen kann. So hat John Petrucci sich gemeinsam mit Engineer Jimmy T im Hauptquartier von DREAM THEATER in Long Island eingeschlossen und über zweieinhalb Monate die Grundlagen für das Material geschaffen, das wir dann in seiner vollendeten Fassung nun letztlich hören können. Die technischen Fähigkeiten an seinem Instrument kann ihm wohl keiner absprechen. Aber auch das kompositorische Geschick gehört ja dazu, wenn man so eine Scheibe – hier sind es 9 Songs geworden – entwickeln will. Man braucht klare Ideen und dann noch die Kompetenz in der Umsetzung bzw. die entsprechenden Leute mit dem Know How, die einen da unterstützen.
Kreativ in der Corona-Pandemie und alte Schätze
Mit den neuen Stücken auf diesem Release möchte Mr. Petrucci verdeutlichen, wofür er als Gitarrist steht. Für mich geht es um: seinen Stil, seinen Sound und seine beachtenswerten Fingerfertigkeiten. Einige der Songs sind schon etwas älter, wurden aber bislang nicht vernünftig aufgenommen. Mehr als die Hälfte stammt aber aus der oben erwähnten Quarantäne-Zeit. Die Beschäftigung mit der Musik hat einen stabilisierenden Effekt, gerade auch in diesen unsicheren Zeiten, wo man die nächsten Entwicklungen ja ansonsten nicht absehen kann. Etwas Positives in den Fokus zu nehmen, wie das Material für ein neues Album…das gibt Rückhalt.
Die Lieder auf „Terminal velocity“ wurden von John Petrucci geschrieben und produziert, James „Jimmy T“ Meslin hat die Musik aufgenommen und Mix & Mastering geht auf das Konto des renommierten Andy Sneap (u.a. JUDAS PRIEST und KILLSWITCH ENGAGE).
„Terminal velocity“ – hört hier den Titeltrack
Kommen wir zur Musik. Los geht es mit dem 6-minütigen Titeltrack. Die Gitarre steht im Fokus. Aber das überrascht wohl kaum. Mike Portnoy ergänzt mit seinem typischen Drumming-Stil den melodiösen Song, der recht proggig daherkommt. Der hätte es durchaus auch auf ein DT-Album schaffen können. Hier haben wir das offizielle Video für euch dazu.
Ebenso Track 2, der aber deutlich heavier aufschlägt. Flitzefinger Petrucci gibt stellenweise ein amtliches Tempo vor. Das Schlagzeug treibt in diesem Sinne ebenso an. Guter Drive. Und die Melodie geht auch nicht dabei verloren. Das ist doch fein. Was erwarten wir von einer Nummer, die „Happy song“ heißt? Zumindest einen positiven Vibe. Denn kann man attestieren. Ansonsten geht es mit flottem Tempo und melodiös zur Sache. Mit „Gemini“ nimmt der Prog-Einschlag wieder zu und Mike Portnoy kann sich an seinem Drumkit austoben. Aber es gibt auch heavy Riffs und deutlich temporeduzierte Passagen. Zwischenzeitlich wird ein ansatzweise orientalisches Flair verbreitet.
John Petrucci hat auch den Blues…
Mittendrin zeigt uns der 53-jährige Saitenvirtuose, dass er auch in bluesigen Gefilden treffsicher unterwegs ist, auch wenn der Song später wieder einen eher rockigen Einschlag bekommt. „Glassy-eyed zombies“ ist dann wieder ein Prog-Rocker, der sich auf einem DREAM THEATER-Album sicher problemlos eingereiht hätte. Stark gemacht. Nicht nur Dave LaRue am Tieftöner und Mike Portnoy als Taktgeber. Mr. Petrucci lässt die Finger über das Griffbrett eilen, dass es eine Wonne ist. Der längste Track auf „Terminal velocity“ kommt jetzt. Siebeneinhalb Minuten. Eine stimmungsvolle Nummer, die unter die Haut geht. Prima.
Dann wird mit dem 8. Song auf diesem Release noch einmal ordentlich gerockt – hat ein bisschen was von Joe Satriani teilweise – bevor es zum Finale noch einmal heavy wird. Aber auch proggig dabei. Und mit viel Melodie. Eigentlich möchte ich keinen Song besonders hervorheben…aber sonst wäre es vermutlich dieser. Insgesamt knapp eine Stunde feine Musik.
Das metal-heads.de-Fazit
Fazit: ich finde es immer wieder bemerkenswert, wenn Musiker ein kurzweiliges Instrumentalalbum herausbringen. Das bedeutet schon eine besondere Leistung, weil man ja nicht auf die Unterstützung und den Effekt der Vocals bauen kann. Hier haben wir ein Trio von großartigen Musikern, die ihr Handwerk verstehen und prima zusammen agieren. Nicht nur für DREAM THEATER-Fans und Gitarristen ein empfehlenswertes Album.
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Bildquellen
- G3 John Petrucci 28.03.18 Köln E-Werk: (c) Chipsy-Karsten Frölich/www.metal-heads.de
- John Petrucci – Albumcover Terminal velocity: Royal Avenue Media
- John Petrucci – Promophoto: Photocredit: Larry DiMarzio
- John Petrucci – Albumcover Terminal velocity – Beitragsbild: Royal Avenue Media
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