Sorgir von SKÁLMÖLD (VÖ 12.10.2018)
Am 12.Oktober 2018 veröffentlichen SKÁLMÖLD ihr fünftes Album Sorgir. Auch auf diesem Album haben sie wieder acht Songs einem Thema untergeordnet: Sorgir – was man mit Kummer, Sorge übersetzen kann. Das Album besteht aus zwei Teilen: Sagnir (Geschichten) und Svipir (Geister). Die acht Songs bilden vier Paare. So sind z. b. der erste (Ljóðið) und der fünfte Song (Skotta) ein Paar, das die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Im Sagnir-Teil wird die Geschichte aus der Sicht der handelnden Person erzählt. Im Svipir-Teil dann aus einer anderen Perspektive.
Rückkehr zu den Wurzeln
Sorgir klingt deutlich düsterer und aggressiver als das Vorgängeralbum Vögguvisur Yggdrasils. Dieses Album klingt weicher und für SKÁLMÖLDS Verhältnisse auch zahmer – es sind halt Yggdrasils Schlaflieder. Sorgir kommt härter und konturierter daher. SKÁLMÖLD verwenden dabei Elemente ihres ersten Albums Baldur, die mich damals überhaupt erst auf SKÁLMÖLD aufmerksam gemacht haben.
Sagnir
Ljóðið (Das Licht) eröffnet mit einem temporeichen Riff, aus dem sich der für SKÁLMÖLD so typische Gitarrenklang entwickelt. Da sie drei Gitarren zur Verfügung haben, nutzen sie Twinriffing und mehrstimmige Leads in einer unverwechselbaren Art und Weise. Auch die Vocals von Björgvin Sigurðson, die sich mit Klar- und Chorgesang abwechseln, prägen den Sound.
Sverðið (Das Schwert) hat eine wunderbare Melodie und ist ruhiger, bedächtiger und nach dem Prinzip der Fuge aufgebaut. Interessant, dass gerade dieser Song vorab veröffentlicht wurde, da er nicht unbedingt ‚repräsentativ‘ für das Album ist.
Brúnin (Der Rand) wird bestimmt ein toller Livesong! Er groovt mit old-schooligem Riffing und hat eine gut mitsingbare Strophe. Super auch das temperamentvolle Solo von Þráinn Árni Baldvinsson. Die Leichtigkeit der Musik steht im Kontrast zum dramatischen Inhalt der Geschichte. Doch da will ich gar nicht mehr verraten. Es sind zwar alle Texte auf Isländisch, aber im Booklet gibt es jeweils eine Inhaltsangabe auf Englisch.
Das Drumming und die darauf gesetzten Riffs geben dem Song Barnið (Das Kind) sein rhythmisches Fundament. Hier wechseln sich Björgvin und Gunnar Ben im Gesang ab. In einer rhythmischen Erzählstruktur geht es weiter, bis auch hier ein Gitarrensolo den Song beendet.
Svipir
Der erste Song des Perspektivwechsel ist Skotta (was einen weiblichen Geist bezeichnet). Skotta ist ein rhythmisch interessanter und abwechslungsreicher Song, der über enorm temporeiche Passagen verfügt, dann schleppend weitergeht, bis der Takt erneut gewechselt wird.
Gangári steuert drängend mit massiven Rhythmuselementen und Chorgesangparts auf ein grandioses Solo zu. Kein Wunder, dass dies der Lieblingssong von Þráinn ist.
Mein Lieblingssong dieses Albums ist Mori. Der Song baut sich langsam auf, nach und nach setzen die Instrumente ein. Schöne Licks, die von dezenten Trommelschlägen begleitet werden bis der Chor einsetzt und Dynamik und Tempo ordentlich anziehen. Schon beim ersten Hören habe ich mitgewippt. Nach dreieinhalb Minuten wird man von einer sirenenhaft vorgetragener Melodie, die von der Oboe unterstützt wird, in den Schlaf gesungen bis einem die Riffs so um die Ohren gehauen werden, dass man die Augen erschreckt wieder aufreißt. Wenn Baldur dann in seinem ohrenbetäubenden Schreigesang Móri ruft, klingt das schon heftig.
Mara ist mit 8:20 Minuten der längste Song. Hier lassen sich SKÁLMÖLD viel Zeit, um den Song aufzubauen. Die Leads und Melodien sind eingängig mit folkigen Elementen, der Rhythmus schon fast zum Mitschunkeln. Das ist ein wenig so wie bei dem absoluten Skálmöld-Live-Hit Kvaðning. Und doch ganz anders. Eine von akustischer Gitarre begonnene Melodie, die von der E-Gitarre übernommen und von den Melodieinstrumenten und dem Chor variiert wird, verschafft unvermutet Gänsehautmomente. Dann wird der Rhythmus erneut geändert, das Tempo angezogen und die Songstruktur zum Ende hin noch einmal verdichtet, wenn der Gesang wieder einsetzt. Ein wahres Wechselbad!
Erneute Variation des unverwechselbaren Klangs
Wie bereits angesprochen, haben SKÁLMÖLD einen unverkennbaren Klang entwickelt. Dazu trägt die Gitarrenarbeit bei, an der neben Þráinn Árni Baldvinsson und Baldur Ragnarsson auch Björgvin Sigurðson beteiligt ist. Außerdem das von Gunnar Ben an den Keys zurückhaltend gelegte Klangfundament. Ein wesentliches Erkennungsmerkmal sind neben der eigenwilligen und harschen Stimme von Björgvin, der kontrastierenden warmen Stimme von Gunnar Ben auch die Chorpassagen. Jón Geir Jóhanesson (Drums) und Snæbjörn Ragnarsson (Bass) sorgen für eine massive rhythmische Struktur.
Die Texte
Dass die Texte auf Isländisch verfasst sind, prägt den Klang der Songs erheblich. Die in Versen geschriebenen Texte verleihen den Songs ihre typische rhythmische Gliederung. Für die Texte ist im Wesentlichen Snæbjörn Ragnarsson verantwortlich. Eines der Elemente, die schon auf Baldur Verwendung gefunden haben, ist ein Text-Palindrom, das vorwärts wie rückwärts gelesen werden kann, ohne seinen Sinn zu verlieren. Jeder Song ist zudem von der Textstruktur her anders aufgebaut.
Dramatische Geschichten und harte bis epische Musik
Mit Sorgir haben SKÁLMÖLD ein dramatisches Album geschaffen, das dennoch voller schöner Melodien ist. Die mitreißenden rhythmischen Strukturen halten die Spannung vom ersten bis zum letzten Song aufrecht.
Kristján Lyngmo ist es im Artwork gut gelungen, die Geschichten so zu bebildern, dass eine Vorstellung davon entstehen kann, worum es geht. Im Video zu dem vorab veröffentlichten Song Sverðið wird all dies deutlich. Doch schaut selbst:
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Bildquellen
- SKÁLMÖLD band pic Guðni Hannesson: Napalm Records
- SKÁLMÖLD Sorgir Cover: Napalm Records
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