„Pro Xristou“ von ROTTING CHRIST
„Pro Xristou“ – 35 years of evil existence
Das neue Album von ROTTING CHRIST trägt den Titel „Pro Xristou (Προ Χριστού)“, Es ist das 14. Album der Band, die in den 35 Jahren ihres Bestehens eine spannende musikalische Entwicklung genommen haben. Vom Grindcore der ersten Zeit bis zu den ergreifenden Klangwelten der letzten Alben, die dem Black Metal weitere Facetten hinzufügten.
Das Interesse von ROTTING CHRIST an unterschiedlichen religiösen und philosophischen Strömungen, Mystik und alten Kulturen ist die Grundlage von Alben wie „Κατά Τον Δαίμονα Εαυτού“ (2013), „Rituals“ (2016) oder „The Heretics“ (2018).
Neben eigenen Texten haben sie auch Gedichte von Edgar Allen Poe oder Gedanken von John Milton verwendet, und somit eine Bandbreite an Themen verarbeitet.
Hades, Xibalba, Prometheus, Zeus, Shiva Mahadeva, Asmodeus, Taran, Ra, Baal, Nyx, Tyr
Auf „Pro Xristou“ geht es u.a. um die letzten heidnischen Könige, die ihre Werte und ihr Wissen gegen den Ansturm des Christentums verteidigen wollten.
Die Auseinandersetzung und der Widerstand dieser Weisheiten gegen die christlichen Ideen ziehen sich thematisch durch das Album.
Der Titelsong „Pro Xristou“ ist eine Aufzählung von Gottheiten. Hier wird der Bogen von Hades, dem Gott des Todes, über Xibalba, wie die Maya die Unterwelt nannten, griechischen und indischen Gottheiten bis hin zu Tyr, dem Gott des Kampfes und Bewahrung des Rechtes in der nordischen Mythologie.Groovende Drums, mächtige und dunkle Riffs begleiten diese Aufzählung und geben einen ersten Eindruck von der durchgängig epischen Struktur des Albums.
…I condemned
„The Apostate“ handelt von Flavius Claudius Julianus, der ‚der Abtrünnige‘ genannt wird, da er dem christlichen Glauben abgesprochen hat.
Der Song hält im Wesentlichen ein mittleres Tempo. Das Drumming ist intensiv und zieht den Hörer in den Song hinein. Der Sprechgesang greift Aussagen auf, die im alten und neuen Testament eine Rolle spielen. Flavius kommt hier zu dem Schluss: „I read, I understood, I condemned.“
The end and aim of the Cynic philosophy, as indeed of every philosophy, is happiness, but happiness that consists in living according to nature, and not according to the opinions of the multitude.
Belief to your own spirit
Mit „Like Father, Like Son“ folgt der meiner Ansicht nach eingängigste und epischste Song des Albums. Das Zusammenspiel von Drumms, Gesang und Gitarre ist einfach großartig. Der Gesang ist voll und tief und ein wunderbarer Kontrast zu der darüber schwebenden Melodie der Gitarre.
„The Sixth Day“ ist imposanter Metal und eine Art Abrechnung mit der Schöpfung des Menschen, der so viel Grausamkeitin die Welt gebracht hat.
Auch bei „La Lettera Del Diavolo“ ist es vor allem das Drumming, das gefangennimmt. Aber auch die großartigen Riffs, die eindringliche, böse flüsternde weibliche Stimme und die von einem „Halleluja“-singenden Hintergrundchor begleiteten Refrains.
Auch hier lohnt es sich, den Text genauer anzuschauen. Er ist durchaus provokativ – oder bestätigend. Je nachdem, wie man selbst auf das Thema Verantwortung und Glaubensausübung schaut.
Mit „The Farewell“ gibt es einen dieser Battle-Songs, die mit Schwertgerassel beginnen und dann durch die Melodie der Gitarre und den Gesang eine Atmoshäre des Innehaltens schaffen.
Our voice is quiet but not our strength
Bei „Pix Lax Dax“ gefallen mir die archaischen Anklänge, die dann aber in treibende Riffs übergehen, die fließend und zugleich hart sind. Drums, Stimme, Gitarren verbinden sich zu einem dichten Gewebe über das zum Ende hin klagender Gesang schwebt.
“This is the way the world ends
Not with a bang but with a whimper” – T.S. Eliot
„Pretty World, Pretty Dies“ beginnt wieder mit Schwerterklirren. Mit einem Winseln wird die Welt enden, heißt es hier. Der Song klingt so traurig wie die gemacht Aussage. Er ist dennoch energisch, hart. Und der Chor trägt dazu bei, dass der Song wie hohe Wellen über einen hereinbricht.
The ancient path to wisdom, is hidden in a tree
Mit dem martialischen und treibenden „Yggdrasil“ wird noch einmal auf das alte Wissen und seine Wurzeln verwiesen.
„Saoirse“, das irische Wort für Freiheit ist der Titel des letzten Songs. Der Song bringt sowohl musikalisch als auch inhaltlich das Album auf den Punkt: das Anliegen, Freiheit zu ermöglichen und zu erringen.
„Pro Xristou“ hat alles, was ROTTING CHRIST bisher spannend und mitreißend gemacht hat
„Pro Xristou“ stellt für mich die konsequente Fortsetzung des Albums „The Heretics“ dar. Wobei die Songs auf „Pro Xristou“ noch runder und kraftvoller sind. Es ist wohl ihr atmosphärischstes Album, das eingängig und trotzdem voller Härten ist.
Der Sprechgesang und die ‚Erzählerpassagen‘ sind inzwischen zu festen Bestandteilen der Songs von ROTTING CHRIST geworden. Dieses Stilelement macht es möglich, Textstellen noch deutlicher und oft eindringlicher zu machen, als es ein melodiöser Gesang kann.
Dazu die großartigen Gitarrenmelodien und Chöre, die zum Mitsingen einladen.
ROTTING CHRIST tragen uns mit den Songs des Albums durch verschiedene und gegensätzliche Emotionen, durch Höhen und Tiefen. Daher ist dieses Album für mich außerordentlich spannend: provokativ, nachdenklich und an vielen Stellen wunderschön.
Letztlich führt die Auseinandersetzung mit dem Christentum erneut zu der Frage, was anders wäre, wenn der Mensch wieder mehr im Zentrum der Spiritualität stände.
Ich kann es kaum erwarten, diese Songs live zu hören. Open Air werden sie gigantisch klingen.
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Bildquellen
- rotting christ pro xristou cover: Season of Mist / Foto Chantik Photography
- rotting christ 1: Season of Mist / Foto Chantik Photography
- rotting christ pro xristou review: Season of Mist
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