OZZY OSBOURNE – ein Mittsommernachtstraum
Zum mindestens dritten Mal in 25 Jahren hat OZZY OSBOURNE im Vorfeld der aktuellen Tour angekündigt, dass dies nun seine Abschiedstournee sei. Also haben sich unter dem fahlen Vollmond über Oberhausen einige Tausend Fans auf den Weg in die Arena gemacht, um dem Madman zu huldigen. Und sei es vielleicht nur, um zum Leidwesen Aller sicher zu gehen, dass es nun doch die letzte Ehrenrunde ist. Unter- und Oberränge sind in der großen Halle bis auf die Blöcke unmittelbar an der Bühne geöffnet und fast komplett gefüllt. Im Innenraum wird es nur im letzten Viertel vor der Gegentribüne etwas aufgelockerter. Full House – dank Klimaanlage einigermaßen erträglich.
Der Altar ist bereitet
Der Bühnenaufbau zeigt sich während der Umbaupause schlicht. Neben dem zentralen Drumriser stehen zahlreiche Kabinette der Backline in verschiedenen Größen. Im Hintergrund mittig ein mächtiges, bis zur Traverse reichendes Kreuz wie aus zwei übereinandergelegten klobigen Quadern. Seitlich davon zwei große LED-Bildschirme. Vor dem Drumriser ist ein kleiner Tisch postiert, darauf Wasserflaschen, ein paar Handtücher. Und unauffällig daneben zwei 10-Liter-Putzeimer auf dem schwarzen Bühnenboden.
Gloria Imperatrix Mundi
In der Umbaupause erledigt ein Best Of von AC/DC die Beschallung des Saales. Unter dem frenetischen Jubel der Leute gehen nach „It’s A Long Way To The Top“ die Lichter aus. Es folgt eine Videosequenz von OZZY in verschiedenen Lebensaltern. Bühnenbilder, Stills aus seinen Videos, dazu Musikfetzen einiger bekannter Songs. Zurück bleibt ein handschriftliches OZZY-Logo. Dann gehen die Takte von „Crazy Train“ über in „O Fortuna“, das Eröffnungsstück der „Carmina Burana“ und OZZYs Einmarschmusik.
No More Colours
Die Farben des Abends sind Purpur und Eisblau. Ozzy kommt wie einst Liberace selig mit einem Glitzerumhang nach vorne und lässt sich huldigen. Links neben ihm bezieht on/off-Mitstreiter Zakk Wylde am Bühnenrand Position. Lederweste und Kilt deuten darauf hin, dass er es auch anno 2018 noch immer sehr ernst meint.
A Madman Under Full Moon
Herr Osbourne ist derweil durch mit einigen Worten zur Begrüßung und lässt die Hülle fallen. Aus den Boxen donnern die ersten Takte von „Bark at the Moon“. Das klobige Kreuz entpuppt sich als eigenwillig gestalteter Videokubus, der mit den Bildschirm eine Einheit bildet. Apropos Einheit: Tommy Clufetos am Schlagzeug und Rob Nicholson am Tieftongerät sind bei aller sichtbaren Leichtigkeit eine brachiale Rhythmuseinheit. Sie sorgen für einen wuchtigen Planierraupen-Sound, hinter dem Zakk Wylde unbarmherzig vorrückt. Tommys Doublebass ist stellenweise „sehr“ im Vordergrund, so dass der Mixer OZZY ein bißchen nachsteuern muss.
OZZY: In der grünen Hölle
In der Bandgeschichte macht OZZY derweil zeitlich eine Rolle rückwärts. Kobragiftgrüne Laserfäden durchziehen den Raum. Auf dem Kreuz wabern Muster aus einem Albtraum, in dem es die Azteken in die Matrix verschlagen hat. Der mit Breaks unterlegte Refrain von „Mr. Crowley“ bestätigt den bisherigen Eindruck, dass der alte Haudegen am Mikro stimmlich obenauf ist.
Saints and Sinners
Die „Blizzard…“-Frühphase setzt sich fort mit „I Don’t Know“, gefolgt vom ersten Ausflug zu OZZYs Anfängen. Bei „Fairies Wear Boots“ entsteht zu meiner Überraschung ein Effekt, der den Genuss trübt: Zakk Wylde legt soviele Loops und Triolen auf den Gitarrenpart, dass ich das Stück zunächst nicht erkenne. Der unschöne Eindruck eines Remix hält sich bis zum Schluss. Leider, leider ereilt den Klassiker „Suicide Solution“ das gleiche Schicksal. Tommy wird nicht nur optisch bevorzugt auf dem Monitor eingespielt, nein, er hat auch mit seiner Batterie akustisch den Hut auf. Wie soll das weiter gehen???
Das Millionenspiel
Bei „No More Tears“ und „Road to Nowhere“ kann ich Entwarnung geben. Zakks und Robs leichte Abwandlung ihres Spiels gibt den beiden ohnehin erdigen Stücken einen Touch wie bei BLS oder Robs altem Arbeitgeber PRONG. Keyboarder Adam Wakeman kommt ebenfalls auf seine Kosten.
Pause für den Madman
In der Konzertmitte entschädigt „War Pigs“ für die kurzzeitigen Irritationen. Das Publikum rastet noch mehr aus als in den 40 Minuten bisher. Zum Ende hin eilen zwei Helfer zu Zakk Wylde und geben seiner Gitarre „lange Leine“. Es beginnt eine Tour durch den Graben zunächst nach rechts auf ein Podest unter dem Unterrang. Dort zelebriert der optische Bruder von Cousin It sein Können vor, hinter und über seinem Kopf. Das gleiche ebenfalls nochmal zur linken Seite. Immer untermalt von den Improvisationen zu „War Pigs“. Während OZZY schon fünf Minuten hinter der Bühne Kräutertee schlürft, läuft jetzt vorne die Quizshow. Ein sehr gut abgestimmtes Instrumental-Medley, in dem ich „Miracle Man“, „Crazy Babies“ und „Perry Mason“ erkenne. Mein Nebenmann auf der Tribüne schwört nach Konzertende, dass als vorletztes noch „Desire“ eingestreut war. Ich muss passen, weil ich den Song nicht gut genug kenne.
Grande Finale
Ruhig geht es mit „I Don’t Wanna Change the World“ weiter, nachdem OZZY wieder zurück ist und die Band vorgestellt hat. Es ist das Crescendo vor dem Finale. Mit „Shot in the Dark“ und „Crazy Train“ endet das reguläre Set. Die komplette Halle hat OZZY bei beiden Songs übertönt und gibt dann bei den Zugabenrufen restlos alles.
Von zart bis hart…
Die Band schaltet mit „Mama, I’m Coming Home“ nochmal einen gang zurück. Balladenzeit, viele Handydisplays und noch mehr Feuerzeuge. Ein paar Tausend beglückte Zuschauer zünden die letzten Reserven. Vorne steht ein beeindruckter und zufriedener leicht pummeliger Engländer. Nach weiteren Dankesworten gebührt die Schlussnummer BLACK SABBATHs „Paranoid“.
Und sonst…???
Unterm Strich habe ich ein 90-Minuten-Konzert erlebt, was mich zufrieden und mit kaputter Stimme zurück lässt. Vier Songs von „No More Tears“ sind dem kommerziellen Erfolg dieses Albums geschuldet und dem Wortspiel im Tournamen. Ich hätte mir lieber „Ultimate Sin“ und eine Textversion eines Tracks von „No Rest..“ angehört. Hätte, hätte, Fahrradschlauch…! Geil war’s! Punkt! Ein Abgang in Würde und in vollem Saft. Punkt!! Hoffentlich nicht wirklich für immer. Punkt!!!
PS: Ja, OZZY hat die beiden Eimer über der ersten Reihe ausgekübelt. Und ja, er hat zweimal „nachladen“ lassen…
Anmerkung: Leider durfte unsere Redaktion an diesem Abend keinen eigenen Fotografen entsenden. Die Fotos, die uns von offizieller Seite zur Verfügung gestellt wurden, haben aber die Atmosphäre, die wir in dem Bericht verdeutlichen wollen nicht vermitteln können, so dass wir auf den Einsatz von Fotos in diesem Fall leider verzichten müssen!
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Bildquellen
- PLHBuehne-Desi_Mendoza: unsplash.com - Desi Mendoza
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