Mit BIRTH CONTROL im Interview
BIRTH CONTROL – Wissenswertes zum neuen Album und zur Band
Die legendäre Kraut Rock-Band Birth Control veröffentlichte am 18.03.2016 ihr aktuelles Album „Here And Now“. Im Zuge dessen war es mir vergönnt mit Sascha Kühn, Martin Ettrich und Hannes Vesper ein Interview führen zu können. Es gibt Interessantes und Wissenwertes über das neue Album, den Tod von Bernd Noske und die Lücke die er hinterläßt sowie die Zukunft von Birth Control zu berichten. Aber lest selbst…
Hallo zusammen! Mein Name ist Stahl vom deutschen Online-Magazin metal-heads.de, einem Magazin für Liebhaber verzerrter Gitarren und rockiger Musik in allen Facetten. Ich freue mich sehr, dass ich die Gelegenheit erhalten habe, dieses Interview mit euch führen zu können.
MH.de: Stellt euch doch bitte zunächst unseren jüngeren Lesern vor. Die „alten Hasen“ unter uns dürften euch ja bereits kennen. Schließlich gibt es euch ja schon seit 50 Jahren.
Sascha: Hallo, ich heisse Sascha Kühn, Jahrgang 67, und spiele seit 1999 Keyboards bei Birth Control, nachdem Xaver Fischer mich gefragt hatte, ob ich seinen Job übernehmen will.
Hannes: Ich heisse Hannes Vesper (Bass /Anmerkung der Redaktion), bin ’98 für den damals kranken Horst Stachelhaus eingesprungen, der sich nicht mehr erholte und leider starb. Seitdem bin ich mit den Jungs unterwegs.
Martin: Hi, ich heisse Martin Ettrich (Gitarre / Anmerkung der Redaktion), habe seit 2009 als „Sub“ für Peter Engelhart gespielt, und als Peter Anfang 2011 bei Birth Control austieg, haben die Jungs mich gefragt, ob ich „den Fall“ übernehmen will. Da hab‘ ich einfach ja gesagt, weil musikalisch und menschlich die Chemie stimmte.
„Here And Now“ erschien mit zweijähriger Verspätung
MH.de: Euer neues Album „Here And Now“, welches seit dem 18.03.2016 auf dem Markt ist, ist, wenn ich richtig informiert bin, das erste Birth Control Studio-Album seit „Jungle Life“ (1996), also seit 20 Jahren. Ist es Absicht gewesen das Album zum 50. Jahr der Bandgründung zu veröffentlichen?
Martin: Nein ……keine Absicht.
Sascha: Eigentlich sollte „Here and Now“ ja schon ca. 2 Jahre früher herauskommen. Es sind zwischenzeitlich noch die Studio-Produktionen „Getting There“ (1998) und „ Alsatian“ (2003) erschienen , von denen einige Stücke auch eine ganze Zeit zum Live-Repertoire gehört haben.
Keine Langeweile zwischen den Album-Veröffentlichungen
MH.de: Seit „Jungle Life“ ist viel Zeit vergangen. Was haben die einzelnen Bandmitglieder während dieser Zeit gemacht? Waren sie mit/in anderen Bands oder Projekten beschäftigt?
Sascha: Also wie gesagt, es gab jede Menge Arbeit mit Birth Control, den Live @ WDR-Rockpalast Mitschnitt (2005) und unter anderem Touren und Gigs mit Guru Guru, Jane, Epitaph, Kraan, Festivals…usw. Die Band war bis Ende 2013 ständig unterwegs….
Hannes: Natürlich, …einige von uns spielen auch mit anderen Bands, ….bzw. haben eigene Projekte, und veröffentlichen CD’s.
Abwechslungsreichtum
MH.de: Ich habe das neue Album „Here And Now“ sehr oft und gründlich gehört. Ich finde, dass es ein sehr gutes Album geworden ist. Es ist sehr abwechslungsreich und nie langweilig. Es birgt neben den typischen Birth Control-Trademarks Elemente aus Klassik, Jazz, Funk, Rap und Soul. Ich selber habe daraufhin meine alten Birth Control-LPs wieder aus dem Regal geholt und euch neu entdeckt. Könnt ihr ein wenig zur Entwicklungsgeschichte von „Here And Now“ erzählen? Und wie kam es dazu, dass euer Keyboarder / Percussionist Sascha „Sosho“ Kühn die Platte fast im Alleingang geschrieben, arrangiert und aufgenommen hat?
Sascha: „Here and Now“ sollte mal für frisches Livematerial sorgen und mit einer Veröffentlichung natürlich auch neues Interesse wecken. Meiner Meinung nach gab es auch bei „Rebirth“, „Operation“, „Plastic People“, „Increase“, „Backdoor Possibilities“, etc. viele unterschiedliche Einflüsse. Inzwischen ist noch einiges Wasser den Rhein runtergelaufen. Die Platte sollte nicht wie ein Remake klingen, deswegen lief die erste Entstehungsphase spontan, sozusagen auf Autopilot. Früher haben die Bandenmitglieder unter einem Dach gewohnt. Es wurde viel gejammt, dann hat sich Bruno Frenzel in sein Kämmerchen zurückgezogen und die Ideen ausgearbeitet. Später wohnten die Bandmitglieder an unterschiedlichen Orten. Bei „Getting There“ und „Jungle Life“ hat Xaver Fischer die Stücke geschrieben, bei „Alsatian“ war es Peter Engelhart. Bei mir war das in etwa so: Erstmal war da ’ne weisse Leinwand und die Angst davor. Dann gab es mal ein paar gute Wochen, Ideen sprudelten, allerdings ungeordnet für verschiedene Songs. An denen hab ich dann parallel weitergearbeitet. Dann mussten die besten Sachen noch aussortiert werden.
MH.de: Für das Front-Cover ist Jim Warren verantwortlich, der u.a. schon Illustrationen und Cover für Alice Cooper, Prince und Bob Seger entworfen hat. 1981 erhielt er sogar einen Grammy für Seger´s „Against The Wind“. Wie ist die Zusammenarbeit mit ihm zustande gekommen und anhand welcher Überlegungen wurde die Auswahl des Covers getroffen?
Sascha: Den Sofort-Kontakt hat der Birth Control Webmaster Eckhard Gallus hergestellt. Als ich zum ersten Mal Jim Warren’s Website besucht habe, ist mir aufgefallen, dass er das Cover für eine für mich früher sehr wichtige LP (George Duke / Billy Cobham Band ) gemacht hat und ich dachte spontan, das könnte passen. Dann ist mir dieses Bild mit den „Stäben“ (copyright Ludi) aufgefallen. Das heisst „Don’t Look Back“, auf dieses Bild wurde dann der Song „Live In The Here and Now“ geschrieben (letzte Zeile Chorus „Don`t Look Back“). Vielen Dank nochmal an Jim Warren, dass er das Bild zur Verfügung gestellt hat.
Trauer und Verarbeitung
MH.de: Auch wenn es jetzt emotional wird, komme ich nicht daran vorbei, folgende Frage zu stellen. Wie und wann habt ihr vom Tod von Bernd Noske erfahren und wie habt ihr diese Schocksituation verarbeitet bzw. überwunden?
Sascha: Also ich war in der Musikschule und wollte gerade anfangen, den ersten Knirps zu ärgern, da kam die Nachricht vom Eckhard Gallus. Kann mich gar nicht mehr genau an die Zeit danach erinnern, nur noch an Nossis Beerdigung. Irgendwann hab ich dann mit meinem Teil der Arbeit an der Scheibe weitergemacht, war Teil des Verarbeitens.
Martin: Die Nachricht kam wie aus dem „Nichts“. In der Zeit danach ging es mir ähnlich wie Sascha. Trotzdem war uns relativ schnell klar, daß wir das Album fertigstellen und rausbringen wollten.
MH.de: „Here And Now“ sollte ursprünglich „Don’t Look Back“ heißen. Doch nach dem Tod von Bernd Noske habt ihr euch eben für den Titel „Here And Now“ entschieden. Könnt ihr unseren Lesern diese wahrscheinlich wohl überlegte Entscheidung erklären?
Sascha: Ich hab‘ mir gedacht, dass der Titel „Don’t Look Back“ missverständlich sein könnte. Von wegen: “Wie jetzt, Nossi ist tot, und jetzt soll nicht zurückgeschaut werden?“ Als der ursprüngliche Titel geplant wurde, lebte Nossi noch, er war gerade ein Wochenende bei mir zum Einsingen eben dieses Titels.
MH.de: Der Track „Live In The Here And Now“ klingt ein wenig wie ein Abschiedslied und erinnert mich in seiner Substanz und Emotionalität an „The Show Must Go On“ von Queen. War es gewollt dieses Feeling beim Hörer zu erzeugen? Oder leide ich da einfach nur an einem Produkt meiner Phantasie?
Sascha: Das mit dem Abschiedslied stimmt schon, nur war das ursprünglich nicht auf Nossi bezogen. Ich wusste zu der Zeit gar nicht, wie krank er war.
Die Zukunft
MH.de: Wann entstand der Gedanke oder die Idee Peter Föller (der ja schon als Gast auf „Here And Now“ zu hören ist) und Manni von Bohr mit ins Boot zu holen und wie haben diese auf das Angebot reagiert?
Sascha: Also Peter ist ja schon vorher einige Male als Gast mit uns aufgetreten, hat immer super gepasst und viel Spass gemacht. Und Manni haben wir mal beim Burg Herzberg Festival getroffen, als er dort mit Randy Hansen aufgetreten ist. Ich konnte mir vorstellen, dass das musikalisch passen würde.
Martin: Peter und Manni hatten über Jahre schon bei Birth Control gespielt und einige BC-Alben aufgenommen, da lag es nahe, sie zu fragen…und beide hatten Bock.
MH.de: „Here And Now“ war hoffentlich keine letztmalige Angelegenheit die noch zum Abschluss gebracht werden musste. Werdet ihr musikalisch weiterhin als Birth Control aktiv sein?
Martin: Ja, Birth Control wird weiter aktiv sein, das neue Line-Up passt und grooved, das Interesse an dem neuen Album ist groß, darum werden wir weiterhin Live-Shows spielen, und ich glaube, dass ist ganz im Sinne von „Nossi“.
MH.de: Ich selber konnte Birth Control leider nur einmal live erleben und zwar am 07.01.1993 in der Hildener Stadthalle. Werden wir zukünftig Gelegenheit haben euch mit dem neuen Album auf Tour sehen zu können?
Martin: Ja…..die ersten Termine stehen fest. Alle Infos und News werden, wie eh und je, auf unserer Web-Site (www.birth-control.de) bekannt gegeben. Die Setlist wird einen Mix aus BC-Klassikern und neuen Songs beinhalten.
MH.de: Ich bin ja nun mit meinen 48 Lenzen auch schon ein älteres Semester und mit eurer Musik aufgewachsen. Wie würdet ihr eure Musik und euer Werk unseren jüngeren Lesern schmackhaft machen oder verkaufen?
Sascha: Ich hab‘ irgendwann aufgehört zu zählen und leider hab‘ ich nicht genug Finger, aber ich glaub‘, ich bin genauso alt wie Du.
Martin: Ich würde dem jüngeren (aber auch den älteren) Interessenten sagen: „Das neue Birth Control Album klingt frisch, birgt sicherlich die eine oder andere Überraschung, es grooved, funkt, ist Rock’n Roll, ist Birth Control im Jahr 2016. Nossi hat die Songs gemocht. Er hat leider das fertige Album nicht mehr hören können…schade, dass er nicht mehr dabei sein kann….
Gamma Ray und Kai Hansen
MH.de: Kai Hansen hat nach seinem Ausstieg bei Helloween seine eigene Band (in Hommage an Birth Control) mit dem Namen „Gamma Ray“ gegründet und den Song sogar 1993 gecovert. Kennt ihr die Version? Und wenn ja, wie findet ihr sie?
Sascha: Ich kenn‘ sie nicht, aber ich glaube, Nossi ist mal mit denen bei einem Gig aufgetreten. Er hat mir mal von einem solchen Gig erzählt.
Martin: Ich kenne die Version auch noch (!) nicht, aber der Song ist halt ein „unkaputtbarer“ Evergreen…und Dj’s legen den heute immer noch auf…
Ich bedanke mich ganz herzlich für das Interview und hoffe euch demnächst auf Tour sehen zu können. Wir, von metal-heads.de wünschen euch alles Gute für die Zukunft und einen würdigen Erfolg für das neue Album.
BIRTH CONTROL sagt: „Vielen Dank!“
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Bildquellen
- Birth Control – Cover: H’ART Musik-Vertrieb GmbH - Jim Warren
- Birth Control – Pressefoto: H’ART Musik-Vertrieb GmbH / Eric Harings
- Birth Control – Pressefoto: Birth Control Presskit - Eric Harings
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