SAVATAGE-Die Entstehung von „Streets“ Teil 2
Das letzte Album auf Vinyl
Der Mischprozess verlängerte auch den Produktionszeitraum. „Alben zu produzieren war damals schwieriger“, sagte O’Neill. „Streets war das letzte Album von SAVATAGE auf Vinyl. Und bei Vinyl muss man beim Abmischen und Mastering sich darüber im klaren sein, dass das, was du hörst, nicht dasselbe sein wird wie auf Vinyl. Denn auf Vinyl klingen einige Töne anders. Man muss im Mastering Korrekturen vornehmen, damit die Töne beim Pressen des Masters so klingen wie du sie haben willst.“
Barfuß im Sand
Aber der Hauptgrund, warum Streets so lange brauchte, war die Natur des Albums selbst. „Eine reguläre Platte zu machen ist wie Bahnen um ein einem Fußballfeld zu rennen, sagt Jon. Eine Rockoper zu machen ist wie der Versuch, die gleiche Distanz und Geschwindigkeit zu laufen, aber barfuß im tiefen Sand. Es ist einfach viel zermürbender, und die Dinge ändern sich ständig. Man muss viele Dinge zwei- oder dreimal machen. Denn eines Abends hast du eine Idee, und über Nacht fällt dir eine etwas ein, die sie wegbläst. Die Leute kamen immer wieder mit Ideen und Dinge wurden immer weiter ausgebaut.
„Wir haben einfach weiter und weiter und weiter gemacht,“ fährt er fort. „Normalerweise gehen die Leute mit 10 Songs ins Studio, aber wir hatten es mit etwa 30 Songs zu tun, und obendrein schrieben wir immer noch weitere Sachen im Studio. „Can You Hear Me Now“ und „Jesus Saves“, das auf dem Album erscheint, wurden erst einen Monat vor der Platte geschrieben. Es war wie ein letzter Versuch, noch mal zusätzlich etwas Cooles zu machen.
Ursprünglich als Doppelalbum geplant
Obwohl es ursprünglich ein Doppelalbum werden sollte, enthält Streets in seiner endgültigen Form 16 Tracks. Da die meisten Musicals länger als eine Stunde dauern, enthielt das „Gutter Ballet“-Manuskript viele zusätzliche Songs, von denen einige aufgenommen wurden. Die Band hatte sich aus Kostengründen für eine einzige CD entschieden, erklärte O‘ Neill. „Wir haben einfach beschlossen den Preis niedrig zu halten“, sagte er. „Viele unserer Fans waren damals waren junge Leute, und wir wollten nicht, dass sie den doppelten Preis in Kauf nehmen müssen.„
Das bedeutete, dass wir die ursprüngliche Geschichte stark komprimieren mussten. O’Neills ursprüngliche Geschichte stark zu kürzen ( z.B. die Einbindung eines weiblichen Charakters außenvorzulassen). Auch mehrere Songs mussten gestrichen werden. Tracks wie „Larry Elbows“, „Beyond Broadway“, „Up To You“, „Life Goes On“, „Stay“, „Desiree“ und „Tonight „I Would Be King“ wurden alle Opfer dieses Prozesses. Obwohl „Stay“ und „Desiree“ schließlich über neu aufgenommene Akustikversionen rauskamen, während ein grober Mix von „Larry Elbows“ auf einer Kassette im Rahmen einer Wiederveröffentlichung von 2013 auftauchte.
Verschollene Schätze
Leider sind die ursprünglichen Master-Aufnahmen der Songs, die aus dem Album herausgeschnitten wurden, derzeit in den Gewölben von Atlantic Records verloren. O’Neill glaubte, dass die einzigartige Größe der Spulen für die Sony 3348-Maschinen die Schuld trug. „Sie sind mindestens doppelt so hoch und breit wie eine normale Spule“, erklärte er. „Sie sind auch viel dünner, aber in den Atlantic-Gewölben war alles auf Ampex-Band, das in nette kleine Schlitze passt. Alles ist leicht zu finden, in alphabetischer Reihenfolge. Aber unsere Dinger passten nicht in ihre netten, ordentlichen kleinen Schlitze. Ich bin sicher, weil es in diesem seltsamen Format war, hat sie jemand woanders hingelegt. Ich bin sicher, dass sie irgendwo existieren, und ich bete, dass sie eines Tages auftauchen. Das Einzige, was mir Sorgen macht, ist, dass die Person, die sie findet, erkennt, was sie sind, und wie sehr wir sie haben wollen.
Jon sagt, dass O’Neill sogar mehrfach Ermittler angeheuert hat, um die Tresore von Atlantic gründlich zu durchsuchen und lockte sie mit 1.000 Dollar Belohnungen für jede gefundene Spule. „Sie konnten sie nicht finden und wir wissen immer noch nicht, wo zum Teufel sie sind„, sagt er. „Das ist scheiße, denn da sind einige Sachen mit Criss, die ich gerne veröffentlichen würde.“ O’Neill pflichtet ihm bei. „Wir können diese Songs nachspielen, kein Problem – aber es ist Criss Oliva“, sagte er.
Kreative Experimentierfreudigkeit
Neben der Arbeit mit neuer Technologie gab „Streets“ Jon auch die erste Gelegenheit, als Synchronsprecher bei der Einleitung zu „Jesus saves“ zu fungieren. (Es wurde eine zusätzliche Erzählung aufgenommen und später herausgeschnitten; es tauchte auch auf der Wiederveröffentlichung von 2013 wieder auf.)
So etwas hatte ich noch nie gemacht“, sagt er. „Wenn die Idee eine Chance hat, brilliant zu werden, versucht man es. Doch man weiß bis zur Fertigstellung einfach nicht, was wirklich daraus wird. Es hat sehr viel Spaß gemacht.“ Diese Experimentierfreudigkeit war der Grund, warum Jon sagte, er habe nie Bedenken gehabt, eine „Rock-Oper“ zu veröffentlichen. Zwei Worte, die erwachsenen Musikern und Führungskräften von Plattenfirmen Angst einjagten.
„Man muss interessant bleiben,
nicht nur für den Hörer, sondern auch für dich selbst“, erklärte Jon. „Wenn du es selber satt hast, kann man sich die Leute vorstellen, die sich das anhören müssen. Wenn man sich nicht weiterentwickelt und neue Dinge ausprobiert, wirst du in einen Trott verfallen, in dem du immer wieder die gleichen Dinge tust.„
Man muss experimentieren, denn wenn man einmal in diesem Trott ist, braucht man einen Abschleppwagen, um da wieder rauszukommen.“ Dementsprechend wählte die Band einen ungewöhnlichen Ansatz, um die Klänge von New York City einzufangen, indem Jon einen tragbaren DAT-Rekorder mit auf die Straße nahm. „Ich und ein Assistent des Toningenieurs…. wir liefen einfach mit einem Mikrofon herum und nahmen alles auf“, sagt er.
„Alles, was uns einfiel, haben wir benutzt. Leute, die die Straße überqueren, Flaschen gegen die Wand schmeißen, Mauern, Sirenen, U-Bahnen.“
„Damals gab es noch nicht diese großartigen Sound-Bibliotheken wie sie heute existieren“, fährt er fort. „Damals musste man das Zeug selbst erzeugen. Aber das hat eine Menge Spaß gemacht – ich bin ausgegangen, habe mich besoffen und habe einfach in der Bar Leute aufgenommen während ich dort saß und trank. Man hörte all diese Gespräche wenn wir zurückgingen und uns die Aufnahmen anhörten- Drogendeals, die abgewickelt wurden, Prostituierte, die angeheuert wurden. Es war alles, was man sich vorstellen kann und darüber hinaus. Das war unbezahlbar.“
-Ende Teil 2-
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Bildquellen
- 0204062ERE Savatage Streets Booklet_141210.indd: CMM GMBH / earMUSIC
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