Rage erleuchten die „Seasons Of The Black“

Am 28. Juli 2017 servierten uns Rage via Nuclear Blast mit „Seasons Of The Black“ in kürzester Zeit den Nachfolger zu „The Devil Strikes Again“, dem ersten der Werk der neuen Besetzung. Geradezu ein Schnellschuss. Ist das nun gut oder schlecht? Dieser Frage wollte ich nachgehen. War ich als alter Rage Fan vom letzten Album schon sehr angetan, so hat der Auftritt beim „Rage Against Racism 2017“ meine Vorfreude noch weiter gesteigert. Den Bericht dazu gibt es hier. Die erste Single Auskopplung „Blackened Karma“ ließ schon gutes erhoffen und dann trudelte auch noch die Nachricht herein, dass Rage auch noch ein paar alte Avenger Sachen als Bonus neu aufnehmen wollten… Das hat die Erwartungshaltung schon ganz schön nach oben getrieben. Hoffen wir mal, dass das Endprodukt da mithalten kann. Zur Einstimmung hier erst einmal der Video-Clip zur bereits erwähnten Single „Blackened Karma“:
Rage mit furiosem Start
Der Titeltrack ist auch gleich der Opener und der fegt mächtig durch die Boxen. Eine Uptempo-Nummer mit gewaltigem Riffing und einem Chorus, der ins Ohr geht. Ansonsten faucht Peavy eher böse durch diesen furiosen, sehr gelungen Eröffnungstrack. Veredelt durch Luckys feines Drumming im Hintergrund und dem gekonnten, aber songdienlichen Gitarrenspiel von Marcos. Weiter geht es mit „Serpents In Disguise“, weniger rauh, aber typisch Rage und mit ruhigem Ausklang. Der Refrain lässt mich diesmal unwillkürlich an die alten Alben aus den 90ern zurückdenken. Die Gitarrenarbeit von Marcos ist sehr melodisch, ganz anders als von Victor früher. Gefällt mir aber sehr gut. Zu „Blackened Karma“ gibt es ja oben das Video zu sehen und da ich den Song schon live gesehen habe, kann ich sagen, dass er auch auf der Bühne funktioniert. „Time Will Tell“ hätte vom Feeling her bis auf die Chöre so auch auf einem Album aus der Refuge-Ära stehen können und das ist wahrlich keine schlechte Referenz. Gleiches gilt für „Septic Bite„, das durchaus auch auf dem grandiosen Album „The Missing Link“ hätte stehen können. Ich weiß nicht, ob diese Referenzen gewollt sind, mir gefallen sie aber aussprechend gut. Bei diesem Song fehlt mir aber ein bisschen was. Er ist gut, aber er bleibt nicht richtig hängen. Ich kann es aber nicht genau festmachen. Vielleicht fehlt da das Eingängige im Refrain oder etwas anderes, ärgert mich irgendwie.
Rage ziehen das Tempo an
„Walk Among The Dead“ zieht das Tempo ziemlich an und verdeutlicht so auch musikalisch die Not und Eile, die der Text vermittelt. Ein schwieriges und leider auch immer aktuelles Thema, die Depression. Auch „All We Know Is Not“ ist ein Song der speedigen Sorte, beschäftigt sich aber mit der Hybris des Menschen, aber „time will wash it all away“… Auf den Song freue ich mich schon live. Sehr eingängig und geht trotzdem gut ab. Dann kommt mit „Gaia“ der erste Teil des vierteiligen „The Tragedy Of Man“. Akustische Gitarre, Naturgeräusche und ein balladesker Peavy prägen diesen kurzen Auftakt, der dann übergangslos in „Justify“ übergeht. Melodisch, groovig, aber mit einem düsteren Unterton. Ein klares Statement gegen die Todesstrafe. Ein Unrecht macht das andere nicht wieder gut! Danke für die klaren Worte. „Can we justify?“ Nein! Die letzten Zeilen werden ruhig und eindringlich gesungen und leiten über in das Intro zu „Bloodshed In Paradise„. Eingängige Phrasen wechseln mit ruhigen Passagen und geradezu wütenden musikalischen Ausbrüchen. Sehr abwechslungsreich und wieder mit klarer Aussage. Den Abschluss dieses kleinen Epos und der Platte bildet das pessimistische „Farewell“. Ruhiger, melodisch mit mitunter symphonischen Anklängen. Ein Ausblick auf zukünftige Arbeiten mit dem Lingua Mortis Orchestra die vielleicht noch kommen? Einzig die vernichtende Aussage „Die and let die, this is the only thing we can.“, möchte ich persönlich nun doch nicht teilen. Da bin ich viel mehr Optimist.
Rage besuchen Avenger und die 80er
Peavy, Lucky und Marcos waren wohl mit den Aufnahmen schnell fertig und haben die verbliebene Zeit genutzt um noch schnell sechs Avenger Klassiker runter zu zocken. Grandios! Auch wenn es leider nur sechs sind. Dafür eröffnet mit „Adoration“ mein Lieblingstrack von der „Prayers Of Steel“ den Reigen. Ich habe natürlich sofort meine alte Avenger LP aus dem Schrank geholt und verglichen. Bis auf „Down To The Bone“, welches von der EP „Depraved To Black“ stammt, sind alle anderen Songs von der „Prayers Of Steel“. Als da noch wären: „Southcross Union“, „Assorted By Satan“, „Faster Than Hell“ und „Sword Made Of Steel“. Jetzt aber zum Vergleich, der natürlich schwierig ist. Immerhin liegen mehr als 30 Jahre zwischen den Aufnahmen und Avenger haben als Quartett und nicht als Trio agiert. Obiges Video zu „Adoration“ bietet mit vielen Bildern aus den 80ern einen guten Einblick in die Geburtsstunden von Rage. Aber ich schweife ab. Zwischen den Produktionen liegen natürlich Welten und auch Peavy hat sich als Musiker im Laufe der Jahrzehnte natürlich weiter entwickelt. Seine Stimme ebenfalls. Er klingt nicht mehr wie in den 80ern und verleiht den Songs so eine andere Note. Aber man erkennt sie trotzdem sofort wieder und sie klingen nicht wie aus der Zeit gefallen, sondern atmen und transportieren den Vibe der Anfangstage in die Gegenwart. Selbstverständlich gibt es Unterschiede, aber Rage bemühen sich am Original zu bleiben und selbst die Songlängen differieren kaum. Letztendlich zeigt die moderne Produktion und die gewachsenen Fertigkeiten der Musiker nur, dass die alten Avenger Sachen zeitlos gute Metal Songs sind. Deswegen wiederhole ich nochmal meinen Eingangssatz: Leider nur sechs! Ich hoffe einfach mal, dass der Rest dann beim nächsten Album als Bonus dazu kommt und wünsche mir obendrauf noch, dass es der eine oder andere Song auch ins Live-Set schafft.
Rage scheinen wieder frohen Mutes
Rage haben in der neuen Besetzung ein gutes, zweites Album vorgelegt, das sie durch die Avenger Revisited Bonus CD noch einmal um eine Klasse aufwerten. Bei „Seasons Of The Black“ orientieren sie sich meiner Meinung nach stärker als beim Vorgänger an den Alben der Refuge Ära, gehen mit den „The Tragedy Of Man“-Epos aber kompositorisch darüber hinaus. Mich persönlich, der Rage im Refuge Line-Up kennengelernt hat, freut diese Neuausrichtung besonders. Darüber hinaus scheint die Platte einen – trotz teils düsterer Texte – positiven Vibe zu versprühen. Vielleicht ist es nur Einbildung, aber ich vermeine den Spaß zu hören und zu spüren, den die drei als Band zusammen haben. Als Beleg hierfür mag obiges Video dienen, in dem sie über die Band Chemie sprechen. Aber auch meine eigenen Beobachtungen beim „Rage Against Racism 2017“. Alle haben sich gut verstanden, es herrschte eine entspannte und fröhliche Stimmung und der Gig war mit der Beste, den ich die letzten Jahre von Rage gesehen habe. Lucky glänzt mit präzisem, unaufgeregtem Drumming im Hintergrund und die melodischen, verspielten Gitarrenkünste von Marcos bleiben stets songdienlich. Peavy scheint mit den beiden neue Mitstreiter gefunden zu haben, die ihn einer Frischzellenkur unterzogen haben. Noch ein Beleg für den neuen Bandzusammenhalt: Jeder einzelne Song ist eine Gemeinschaftsarbeit von Peavy und Marcos. Aber um endlich mal zum Schluss zu kommen: Von mir für alle Rage Fans eine klare Kaufempfehlung! Den Rest erwartet ein überdurchschnittlich gutes Metal Album, sowie die sechs neu aufgenommenen Avenger Songs als Bonus. Wem die zwei obigen Videos gefallen, kann bedenkenlos die ganze Platte kaufen.
Rage – Line-Up und Kontakt
Peavy – Bass und Vocals
Marcos – Gitarre, Vocals
Lucky – Schlagzeug, Vocals
Mehr zu Rage findet ihr wie immer auf der Homepage oder bei Facebook. News zur anstehenden Tour Anfang 2018 findet ihr da oder natürlich auch dann bei uns auf metal-heads.de. Wer meiner Lobeshymne folgen möchte, kann das Album bequem über den Link unten ordern. Viel Spaß!
[amazonjs asin=“B0725Y1ZRZ“ locale=“DE“ title=“Seasons of the Black“]
NEWSLETTER. FREITAGS. KOSTENLOS.
Bildquellen
- Rage – Seasons Of The Black – Artwork: Nuclear Blast
- Rage Skull 720×340: Nuclear Blast
Neueste Kommentare