SOJOURNER – Premonitions (VÖ 08.05.2020)
Monumentales Black-Metal-Erlebnis mit Tiefgang
Die Natur scheint ein wichtiger Aspekt und eine Inspiration für SOUJOURNER zu sein, wenn man sich das Video zum ersten veröffentlichten Song „The Deluge“ anschaut. Wunderschön anzusehen ist die Reise der Protagonisten durch die beeindruckende schottische Landschaft fernab der Zivilisation. Die Thematik des Albums ist düster gehalten, die Texte sind schwermütig. Doch dazu später mehr. Widmen wir uns erst einmal dem musikalischen Erscheinungsbild, und das ist….
Wie eine Sintflut
Musikalisch ist das gesamte Album genauso eindrucksvoll wie das Video.
SOJOURNER begeistern bei ihrer Interpretation des Black-Metal mit einer sehr melodischen Komponente. Der Song „The Deluge“ hat mich tatsächlich wie eine Sintflut überwältigt und mitgerissen. Diesem wirklich phantastischen filigranen Leadgitarrenspiel kann man sich nicht entziehen. Die prägnanten Melodien bleiben im Kopf hängen. Die Kompositionen sind aus einem Guss, haben also einen gemeinsamen Nenner, zeigen aber jeweils auch einen individuellen Charakter.
Ein Hauch von Folk
SOJOURNER bereichern ihre Lieder stellenweise mit einem folkloristisch angehauchten Flötenspiel, welches z.B. sehr ausgiebig beim Song „Eulogy For The Lost“ praktiziert wird, so dass dieser Song noch am „fröhlichsten“ im Vergleich zu den anderen wirkt. Ansonsten werden gerne stimmungsschwangere Keybordsamples eingespielt und es erklingen immer mal wieder Pianoklänge, insbesondere gerne in Verbindung mit Chloes lieblicher Stimme.
Die Spielkünste von SOJOURNER sind eher als filigran einzustufen. Die Riffs drängen meist nicht so dominant in den Vordergrund und sind mehr Bestandteil einer dichtgewebten Soundatmosphäre, woraus oft das Leadgitarrenspiel hervorsticht. Der Sound entfaltet mitunter eine hypnotische Wirkung, die den Hörer träumen lassen und in andere Welten hinwegschweben lässt.
Magisch
Chloe Bray und Mike Lamp können nicht nur virtuos die Saiten zupfen, sondern sind ebenfalls für das Keybord/Piano zuständig. Chloe zaubert darüber hinaus exklusiv mit der Tin Whistle (Flöte). Außerdem begeistert sie durch eine sehr schöne Stimme mit einer verletzlichen bzw. zerbrechlichen Attitüde. Das in der Metalmusik schon oft genutzte Kontrastprinzip zwischen dunkler männlicher Growlstimme und einer lieblichen weiblichen Stimme funktioniert hier auf eine magische Weise, die einen berührt und einfängt, gerade dann, wenn beide zusammen harmonieren, so z.B. bei dem Song „Atonement“.
Den größten Teil des Gesangs übernimmt allerdings Emilio Crespo, der mit voller Inbrunst seine Growls raushaut, wobei er es auch schafft eine gewisse Varianz zu erschaffen, was bei diesem Gesangstil nicht ganz so einfach ist. Neben den überragenden Duetts mit Chloe wird er beim epischen Abschluss „Event Horizon“ nach einem schönen Pianosolo bei seinen Growls von einem Hintergrundchor unterstützt, was wirklich ebenfalls super klingt.
Chloe wird dennoch genügend Raum gegeben, um sich ausreichend zu entfalten. Vor allem das Lied „Talas“ ist ihr gewidmet. Nur von einem Piano untermalt leitet die Sängerin den Song ein und ihr Gesang bestimmt weiter den Verlauf des Songs. Dann steigt Emilio mit einem grandiosen bombastischen, aber auch relativ brutalem Finale ein und verpasst dieser Ballade den besonderen Kick, was den Song zu etwas Besonderem werden lässt.
Amy Lee (Evanescence) lässt grüßen…
Manchmal erinnert mich Chloe an die Sängerin Amy Lee der Gruppe EVANESCENCE. Dieses Gefühl drängte sich bei mir sofort bei dem Opener „The Monolith“ auf. Die zu Beginn durch Chloes Gesang erzeugte fragile gefühlvolle Stimmung mit Pianobegleitung erinnerte mich irgendwie an den Song „My Immortal“. Der zarte Beginn wird mit Gitarrenriffs jäh unterbrochen und die Growls lassen nicht lange auf sich warten, so dass der Song titelgerecht zu einem schwarzen dunklen Felsen wird. ( Es gibt übrigens Neuigkeiten von der Gruppe Evanescence. Wer neugierig ist, der folge diesem Link.)
Fazit
Ohne Übertreibung ist das Album „Premonitions“ für mich ein starkes Monument geworden. Es ist ein atmosphärisch dichtes Kunstwerk geworden, dass mit wirklich starken Songs aufwartet. Es ist wahrlich ein gewaltiges tiefgreifendes Epos!
Nachgang bzw. Tiefgang
Jetzt wäre ich eigentlich mit der Besprechung fertig und wer nicht weiter in die Materie einsteigen möchte, der kann mit dem Lesen getrost aufhören und sich direkt mit dem Werk beschäftigen. Wer noch ein wenig mehr wissen möchte, darf gerne weiterlesen und kurz ein wenig tiefer in die Welt von SOJOURNER eintauchen.
Fantasie
SOJOURNER haben bereits auf ihren letzten beiden Alben „Empires Of Ash“ und „The Shadowed Road“ Motive als Cover gewählt, die eine Fantasylandschaft darstellen. Auch jetzt ziert das Album ein Fantasymotiv, welches allerdings eine doch sehr ungewöhnliche Szenerie darstellt. Zwei Personen in einer dunklen nächtlichen der Fantasie oder einem Traum entsprungenen Waldszenerie. Mann und Frau stehen auf einem Steg, an dessen Ende eine riesige Eule zu sehen ist. Die Farben sind im Gegensatz zu den vorherigen Covern dunkel gehalten, synonym zum textlichen Inhalt.
Eskapismus und Nihilismus
Die Texte sind wirklich sehr lyrisch verfasst, ja eigentlich schon poetisch anzusehen und sehr anspruchsvoll. Die kann man nicht mal eben nebenbei lesen oder verstehen. Es wird schwermütige Kost serviert und es dreht sich viel um die Flucht aus der realen Welt. Die Texte scheinen einer sehr nachdenklichen Seele und einem unerfüllten Geist zu entspringen, der das Sein, die Existenz und das weltliche Leben hinterfragt oder gar in Frage stellt. Es bleibt viel Raum für Interpretationen und die Texte regen zum Nachdenken an. So schwimmen die schwer bedeutungsschweren Begriffe wie Eskapismus und Nihilismus in den Texten durchweg mit. Viele Leute sind sich vielleicht gar nicht bewusst, dass sie oft ihrer Welt entfliehen, denn dies kann man auf ganz verschiedene Arten und Weisen vollziehen. Beispielsweise das Spielen eines Computerspiels, vor allem dieser Fantasy-Rollenspiele, in welchen man einen bestimmten Charakter in einer phantastischen Welt übernimmt, ist schon eine Flucht in eine andere Welt abseits des Realistischen.
Aber auch das Video von „The Deluge“ stellt eine Art Flucht vor der realen Welt dar. Die Reise in eine andere Welt fernab von der Zivilisation. Die puristische Natur ohne menschlichen Einfluss als spirituelle Erfahrung, welche die Seele reinigt und vielleicht von schweren Lasten befreien kann, um wieder einen anderen Blickwinkel für das Leben zu gewinnen. Wer genießt nicht schon einen schönen Spaziergang in einem großen Wald oder in der Natur? Also begebt Euch mit SOJOURNER auf eine fantastische Reise und begleitet sie in andere Welten. Und hier seht Ihr Eure Reisebegleiter….
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Bildquellen
- Sojourner Premonitions Cover: Amazon
- Full Members: Napalm Records SOJOURNER - The Deluge
- 889_Sojourner_RGB: amazon
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