THE RETICENT – The Oubliette – Review deutsch
Vergessen und vergessen werden
Es ist bewundernswert, wie es Bands immer noch schaffen mich zu überraschen. Bei dem Album „The Oubliette“ von THE RETICENT (Homepage) hat es tatsächlich auch mit dem Thema zu tun, welches auf dem Album aufgearbeitet wird und zu einer Herzensangelegenheit werden lässt. Es ist ein Thema, auf das ich im musikalischen Zusammenhang nie gekommen wäre, obwohl es tatsächlich allgegenwärtig ist und auch meine Familie in der Vergangenheit betroffen hat. Es kann jeden treffen und niemand weiß, wen es trifft. Chris Hathcock hat sich dem harten Thema der ALZHEIMER-Krankheit zugewandt und dieser ein ganzes Album gewidmet. Es ist eine grausame Krankheit, die die Seele eines Menschen nach und nach grausam sterben lässt, indem die Krankheit langsam alles verzehrt, was ihn letztlich ausmacht…. seine Erinnerungen und damit seine Persönlichkeit. Chris Hathcock baut das Album in Form einer Erzählung auf, welche den Krankheitsverlauf am Beispiel einer Person namens Henry skizziert.
Ein ambitioniertes PROG-METAL-EPOS
THE RETICENT (FaceBook) bieten ein progressives Epos, welches von Rock bis Metal alles abdeckt, was man sich vorstellen kann. Das Album ist eine sprudelnde Quelle an audiblen Eindrücken, die eine wahnsinnige Komplexität besitzen. Es ist wahrlich keine leichte Kost, weder thematisch noch musikalisch. Der Hörer wird auf eine unheimlich intensive Reise mitgenommen, die einem emotional alles abverlangt, aber auch viel bietet.
„Stage 1: His name ist Henry.“ beginnt noch ziemlich relaxt und ruhig, was sich aber ziemlich bald ändert. Der Song wird unruhiger und die Gitarren sorgen für Unruhige Parts wechseln mit sehr harmonischen chilligen Phasen. Ja es wird sogar ein wenig funky mit einer schönen Hammond-Orgel. Das swingt ordentlich und hat echt einen verdammt guten Drive. Aber irgendwann kippt die Stimmung und der Song verfällt in einen Black-Metal-Part, der es heftig krachen lässt. Hartes Riffing, treibende Drums und krasse Screams prasseln auf den Hörer ein, gefolgt von einem irren Gitarrensolo. Absolut erstklassig.
Der Gefangene
„Stage 2: The Captive“ wurde mit einem beeindruckenden Video visuell in Szene gesetzt. Der Song selber wird Euch in eine Achterbahn der Emotionen setzen. Selten so was geniales gehört. Der Track beginnt mit einem coolen Drumsolo. Was dann folgt, ist kaum zu beschreiben. Vom Death-Metal über einen phantastischen instrumentalen Saxophonpart mit anschließend gefühlvollen clean gesungenen Vocals (und damit endet es nicht) wird Euch eine irre Mischung an Sounds verabreicht. Diesen Input muss man erst mal verabeiten. Thematisch handelt der Song davon, dass Henry sich seiner Krankheit nicht bewusst ist und denkt, dass er zu Unrecht eingesperrt wurde. Er ist davon überzeugt, dass seine Frau von ihm ferngehalten wird. Es ist ein Song zwischen Wut, Frustration und Verzweiflung. Erlebt es selbst mit dem folgenden Video:
Albtraum und Erlösung
„Stage 3: The Palliative Breath“ setzt das Album zunächst rockig melodisch fort. „Stage 4: The Dream“ beginnt ruhig und gelassen, steigert sich immer weiter zu einem rockigen beschwingten Song. Am Ende begeistert er mit einem beeindruckenden Gitarrensolofinale.
Danach folgt mit „Stage 5: The Nightmare“ wieder ein Song, der für mich ein absolutes Highlight darstellt. Titelkonform spielt der Song wieder in der härteren Liga. Er bricht nach einer kurzen konfusen Einleitung umgehend brutal hervor und brilliert mit einem kurzen, aber gewaltigen Einsatz eines Bläserensembles. Im Verlauf wechseln die harten albtraumhaften Sequenzen mit harmonischen Abschnitten. Die 12 Minuten symbolisieren imposant einen wahrhaft verrückten Albtraum.
„Stage 6: The Oubliette“ (Der Kerker.) als Titelsong steuert dem Ende entgegen. Man bewegt sich in ruhigeren Gewässern. Es wird eine nachdenkliche Atmosphäre erzeugt, wobei der sehr gefühlvolle Gesang eindrucksvoll traurige angstvolle Emotionen hervorruft. Dies wird niemanden kalt lassen. Es ist die Phase, in der Henry realisiert, dass er in seinem eigenen Körper gefangen ist ohne die Aussicht ein Entkommen. Ihm wird bewusst, dass es nur noch einen Weg der Erlösung gibt.
Am Ende mit „Stage 7: _______“ wartet die einzige mögliche Erlösung in Form des Todes, umgesetzt durch einen reinen Instrumentaltrack mit sphärischen Klängen, welche eine fast versöhnliche Stimmung erzeugen.
Fazit
Es ist kein leichtes Album! Weder vom Thema noch von der musikalischen Interpretation. Es in eine sehr anspruchsvolle intensive Reise mit vielen Emotionen. Das Album geht jedenfalls nicht spurlos an dem Hörer vorüber. Ich finde es unheimlich mutig so ein Thema überhaupt anzupacken. Für Fans von progressivem Metal ist es auf jeden Fall ein Pflichtprogramm. Die musikalische Qualität ist absolut über jeden Zweifel erhaben. THE RETICENT hat eine enorme Bandbreite, die offenkundig keine Grenzen kennt. Das ist atemberaubend. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Chris Hathcock fast alle Instrumente plus den Gesang alleine im Studio eingespielt und eingesungen hat. Lediglich James Nelson ist bei den Studioaufnahmen mit seinen fantastischen Gitarrensoli als Unterstützer tätig gewesen. Für Live-Auftritte hat Chris Hathcock natürlich noch weitere Mitstreiter wie man oben auf dem Bandfoto sehen kann. Man darf gespannt sein, was da in Zukunft noch passieren wird. Bisher auf jeden Fall noch ein absoluter Geheimtipp!
Statement von Chris Hathcock:
„Wie bei meinem Vorgängeralbum hoffe ich, dass ‚The Oubliette‘ den Zuhörern ein reichhaltiges und emotional herausforderndes Hörerlebnis bieten wird. Dies ist zweifellos die ehrgeizigste Platte, die The Reticent bisher versucht hat. Die Hoffnung ist, dass die Zuhörer von der Musik auf einer tiefen Ebene persönlich betroffen sein werden und dass sie die Aufmerksamkeit auf eine Krankheit lenkt, die erschreckend prominent ist, aber oft nur unzureichend verstanden wird. Es wird Momente geben, die beruhigend sind, und es wird Momente geben, die überwältigend sind. Die Geschichte, die ich zu erzählen habe, ist keine glückliche, aber eine wichtige Geschichte – und es ist oft der Schmerz, durch den wir die tiefgründigste Reflexion und den Aufruf zum Handeln finden“.
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Bildquellen
- MH-Bewertung 9 v. 10: Feuer-Ronald Plett /Daumen hoch-Clker-Free-Vector-Images--Both at pixabay
- The Reticent-Cover+Infos: THE RETICENT Cover "The Oubliette" + Infos über ASHER MEDIA SOLUTIONS
- Bandfoto skaliert: THE RETICENT Bandfoto über ASHER MEDIA SOLUTIONS
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