Wolfen – Interview zum Album Rise of the Lycans
Es steckt viel Rhythmusarbeit drin
Die Kölner Metalband WOLFEN bringt am 22.06.2018 ihr sechstes Album mit dem Titel Rise of the Lycans heraus. Wir von metal-heads hatten die Gelegenheit und das Vergnügen, die Band (bis auf den Bassisten, der zu diesem Zeitpunkt noch verhindert war) zu interviewen und an der Bandprobe teilzunehmen.
Die Gitarren
Am 22.Juni erscheint euer neus Album Rise Of The Lycans. Erwartet den Hörer wieder ein typisches Wolfen-Album?
Andreas: Es ist einerseits ein typisches Wolfen-Album, doch für mein Empfinden klingt es alles sehr viel frischer als vorher. Das hat damit zu tun, dass bei den Gitarren mehr passiert. Wir haben immer schon eine Mischung aus Thrash- und Power-Metal gespielt. Für einige Leute klang das etwas sperrig. Auf dem neuen Album sind die Grenzen nicht mehr so hörbar und das Ganze klingt homogener.
Hat das mit den Veränderungen bei der Besetzung der Gitarren zu tun?
Andreas: Es hat einmal damit zu tun, dass zwei neue Leute in der Band sind: Andi an der Gitarre und Siggi am Schlagzeug. Daraus haben sich neue Möglichkeiten ergeben. Andi und Frank haben total verschiedene Stile. Der Frank ist etwas klassischer und die Blues-Einflüsse sind da noch ganz deutlich zu hören. Andi hingegen spielt moderner und so ergänzt sich das ganz gut. Ich habe teilweise nach den Aufnahmen überlegt: wer spielt jetzt was, wer von den beiden spielt das Solo. Es ist dann an Kleinigkeiten aufgefallen. Es macht wahnsinnig viel Spaß das zu hören.
Siggi: Das hat sicher auch mit den Altersunterschieden zu tun und damit, dass jeder sein Ding machen konnte. Und das kommt jetzt alles zusammen.
Das Schlagzeug
Siggi du sagst, jeder konnte sein Ding machen. Wie sah dein Einfluss aus?
Siggi: Ich habe ziemlich spät angefangen, Schlagzeug zu spielen – mit 30 – und komme aus der Richtung Cozy Powell, was mit der Musik, die Wolfen machen, ja erst mal gar nichts zu tun hat. Das ist kraftvolles Drummen, sehr durchschaubar. Meine Drummerei ist eben kraftvoll, die Richtung ist eher Melodic Metal anstatt Thrash und so entsteht in dieser Formation ein ganz anderer Charakter. Für mich sind die Stücke viel eingängiger, nachvollziehbarer geworden.
Andreas: (lacht) Das sagst du jetzt. Vor einem halben Jahr hieß das noch: was ist denn das schon wieder?
Frank: Uns war es wichtig, dass wir die Stücke zusammen erarbeiten. Auch wenn die Grundideen der Gitarrenarbeit mit Rhythmus und Gitarrenlinien schon standen, wollten wie doch, dass Drummer und Bassist Einfluss nehmen können. Das hat Siggi dann auch gemacht und einen Beat, einen Wechsel reingebracht, den ich nie so gespielt hätte. Manchmal haben wir auch so lange ausprobiert und diskutiert, bis alle zufrieden waren.
Andi: Bestes Beispiel ist Forgotten Dreams. Für mich war das wie ein Feldversuch. Ich hatte einen Haufen Ideen, die ich mit Frank durchgegangen bin. Zu meiner Überraschung wurden sie zum größten Teil auch übernommen. Und das Interessante war, dass Siggi mit dem Schlagzeug Dinge drauf gespielt hat, an die ich vorher gar nicht gedacht hatte. Das war teilweise eine andere Welt und hat dem Song was Spezielles verliehen.
Andreas: Siggi spielt oldscoolig. Das ist der große Vorteil an seiner Art zu spielen. Hören wir uns doch mal die Schlagzeuger auch von bekannteren Bands an: Da wird mit wahnsinnig vielen Mikrofonen aufgenommen. Das klingt technisch perfekt, jeder einzelne Schlag sitzt, aber das ist nicht das Gleiche, als wenn du einen hast, der wirklich Hard Rock gespielt hat und im Proberaum laut genug spielen musste, um sich gegen die anderen Instrumente durchzusetzen. Wenn mit so viel Kraft und Wumms gespielt wird, geht das ganze Abgedrehte eben nicht. Die heutigen Metal Core Schlagzeuger und auch die Gitarristen spielen einen von ihrem technischen Können her an die Wand. Aber das ist es ja nicht, was Metal ausmacht.
Frank: Siggi hat einen sehr erdigen Stil, der somit zusammen mit dem Bass von Nico ein ordentliches Fundament bietet. Dadurch gibt es den klassischen Aufbau: Grundlage durch Schlagzeug und Bass, auf den die Gitarren und der Gesang dann aufbauen können. Also ein klassischer Aufbau, wie er auch bei Bands wie AC/DC, den Scorpions, den frühen Metallica oder Iced Earth und Iron Maiden zu finden ist.
Hier folgte noch ein reger Austausch über diverse Bands und was ihre Musik ausmacht, was an dieser Stelle aber zu weit führen würde, da es ja um das neue Wolfen- Album gehen soll.
Albumtitel, Songwriting und Texte
Wie seid ihr eigentlich auf den Titel gekommen? Hatte einer von euch den Underworld-Film gesehen?
Andreas: Eigentlich wollten wir gar keinen Titel nehmen. Wir hatten zuerst das Cover und dachten: dieses Cover braucht eigentlich gar keinen Titel. Das sagt so genug aus. Der Titel Rise of the Lycans ist auch nicht an den Underworld- Titel angelegt, da keiner von uns den Film auf dem Schirm hatte. Jeder unserer Album-Titel hat etwas, das das Thema Wölfe anspricht. Erst als Leute uns fragten, wie man eine Platte nach einem bekannten Film nennen kann, sind wir darauf aufmerksam geworden. Andererseits gibt es ja auch unseren Bandnamen als Filmtitel. In Bezug auf den Namen „Wolfen“ haben wir ja eine Geschichte entwickelt und diese immer weiter gesponnen. Auf den Album-Covern erscheint ja auch immer ein Wolf.
Frank: Wir hatten überlegt es nur The Rise zu nennen, quasi als Bezug zu einer Wiederauferstehung. Durch den Weggang von Holger und Björn war schon ein großes Loch gerissen worden, vor allen Dingen an der Gitarre. Björn und ich haben seit der Schulzeit zusammen Gitarre gespielt und dann 20 Jahre bei Wolfen zusammen Stücke geschrieben. Als wir einen neuen Gitarristen suchten, gab es einige Interessenten, die wir auch angetestet haben. Mit Andi war es dann ziemlich schnell klar. Wir kannten uns, wussten grob, dass wir miteinander klarkommen. Das Ganze hat sich dann schnell positiv entwickelt. Und dass wir mit Andi einen weiteren Songschreiber in der Band haben ist schon ein Gewinn.
Andreas: Im Prinzip haben Frank und ich vorher überwiegend allein die Songs gemacht, von den anderen beiden kam da eher weniger. Und von Schlagzeugern erwartet man eh nicht so viel (lacht)
Siggi: Ich habe ja auch keine Tasten!
Andreas: Frank und Björn waren aufeinander eingespielt. Andi bringt da neue Aspekte rein und es ist von Vorteil, dass er auch Songs schreiben kann.
Andi: Ich dachte, das sei ein Einstellungskriterium gewesen. Es hieß ja: wir machen jetzt neue Songs für das Album. Ich habe dann meine Ideen eingebracht, aus denen Frank dann erst mal Thrash Metal gemacht hat. Ich komme ja mehr aus dem Power Metal Bereich und musste mich in diesen Stil der Band erst einmal hineindenken und -fühlen. Wir sind aber relativ flott miteinander klargekommen. Wir haben Kompromisse gefunden, was die Betonung oder Strukturierung angeht.
Frank: Wobei man die Thrash Metal Einflüsse mittlerweile eher bei den Rhythmusgitarren hört. Und das ist etwas, worauf Andi sich erst einmal einstellen musste.
An dieser Stelle geht es um den ganz frühen bis weniger frühen Klang von Wolfen, um Einflüsse anderer Stile, die Beeinflussung durch andere Gitarristen und vieles mehr. Doch zurück zum neuen Album:
Dadurch, dass ihr mit Andi einen weiteren Songschreiber in der Band habt, ergeben sich andere Möglichkeiten, was die Gestaltung der Songs angeht?
Frank: Ja, allein schon durch die Tatsache, dass jetzt zwei Sologitarristen dabei sind und dass jetzt auch zweistimmige Soli möglich werden oder auch ein Schlagabtausch wie bei den alten Judas Priest Scheiben, wo sie sich die Leads gegenseitig an den Kopf werfen.
Du hast vorhin gesagt, das Album sei musikalisch sehr schlüssig. Wie fügen sich da die Texte ein? Die Texte sind dein Teil, oder?
Andreas: Ja, hat ja sonst keiner Lust dazu (Lachen bei allen Anwesenden) Ich habe immer den Anspruch gehabt, dass es im Sinne der Story anspruchsvolle Texte sind.
Die Geschichte hinter den Texten
Was für eine Geschichte ist es?
Andreas: Es ist eine utopische Geschichte, in der es darum geht, dass das Leben auf der Erde von Außerirdischen geschaffen wurde, die jetzt zurückkommen. Also ähnlich, wie es in den Religionen ist, wenn Gott sich anschaut, was die Menschen aus der Schöpfung gemacht haben. In unserem Fall sind es sozusagen die Vorgänger der Menschheit, die sehen, dass da nur Mist draus geworden ist. Es folgt der Versuch, es wieder in die richtige Richtung zu schieben. Die Religionen und vieles von dem, woran die Menschen geglaubt haben, zerfällt, weil den Leuten die Augen geöffnet werden und sie die Wahrheit sehen können.
Wenn ich das richtig verstehe, bedeutet es, dass alle Themen, die jetzt aktuell sind, untergebracht werden können.
Andreas: Ja, genau, das ist es. Du kannst da alles hineinbringen, was dir wichtig ist. Dabei sind wir immer sozialkritisch aber nicht politisch. Wir stellen durchaus Werte oder auch die Religionen in Frage. Aber wir urteilen nicht. Wir packen die Sachen, die falsch laufen, in eine Geschichte.
Worauf hast du dich dann konzentriert?
Andreas: Eigentlich das, was mir so in den Kopf kommt. Es muss ein Wolfen-Thema drin sein: etwas mit Wölfen, Werwölfen.
Frank: Wie der Titelsong des neuen Albums…
Andreas: …der eigentlich das Grundthema des ersten Albums aufgreift, die Geschichte des Namens „Wolfen“. Die Grundidee des Films „Wolfen“ und unser Grundthema passen da ganz gut zusammen. Im Prinzip geht es um Dasselbe: darum, dass die Menschen respektlos im Umgang mit ihrer Welt und gegenüber allen Lebewesen sind. Das ist auch in den Song gepackt worden. Xenophobia greift die Fremdenangst auf. Das bleibt ja, solange antisemitische Parteien im Bundestag sind, immer aktuell. Es geht mir darum, Dinge in Frage zu stellen, so dass differenzierter darüber nachgedacht werden kann. In Forgotten Dreams geht es darum, dass viele ihre Fantasie und ihre Kindheit verloren haben und dass wir uns noch mal an sie erinnern sollten. An die Sachen, die uns Spaß gemacht haben. Timekeeper handelt von unserem Umgang mit Zeit und deren Verschwendung.
Zeit – ein facettenreiches Thema
Der Umgang mit Zeit, Zeitverschwendung und Zeitdruck sind ja Themen, die sich durch das gesamte Leben ziehen.
Andi: Ja, Zeitdruck das war bei der Vorbereitung des Albums auch ein Thema. Es war im Mai letzten Jahres als die Nachricht kam, dass ich fest bei Wolfen dabei bin. Da musste ich mir das Live-Set für die nächsten zwei Shows draufschaffen, 12 oder 14 Songs. Im Spätsommer hieß es dann: jetzt arbeiten wir am Album und dann war auf einmal schon der Studiotermin da.
Andreas: Wir machen das jetzt alle fünf Jahre so! (allgemeines Lachen)
Frank: Nico wurde auch so in die Band eingeführt: zwei Auftritte, dann auf Tour und danach ins Studio.
In den mehr als 20 Jahren Bandgeschichte habt ihr viele Konzerte gespielt. Hat man da noch Lampenfieber?
Andreas: Ja klar, und Lampenfieber ist ja auch ok. Wer das nicht mehr hat, der braucht auch keine Musik zu machen. Bei mir ist es in der Regel so: wenn ich auf der Bühne stehe, ist es vorbei.
Schaut oder hört ihr euch Aufnahmen von den Shows an?
Andreas: Früher haben wir das gemacht und überlegt, was verbessert werden kann. Das machen wir heute nicht mehr. Solange die Reaktion positiv ist, machen wir uns da keine Gedanken. Die Reaktion der Leute ist ja Bestätigung genug dafür, dass sie es gut fanden. Und es weiß jeder von sich selber, was er gut gemacht hat und was nicht. Es wird keiner schief angeguckt, wenn er sich mal verspielt oder versingt. Das gehört dazu. Fast alle Live-Platten auch der großen Bands sind im Studio nachbearbeitet. Wo Solos neu eingespielt wurden oder der Gesang. Live ist es eben nicht perfekt.
Sound und Perfektion
Muss es denn perfekt sein?
Andi: Live ist immer ein anderer Sound. Der wird ja auch genutzt. Schau dir zum Beispiel die Herangehensweise von Iron Maiden an, die auch die Studioalben live einspielen. Man hört den Raum, die Umgebung und man hört, dass hier und da was nicht ganz sauber ist. Aber genau das macht den Charakter aus.
Andreas: Ich bin kein großer Fan von eher sterilen Endprodukten, bei denen jeder Schlag sitzen muss, wo er sitzen soll, gewissermaßen mathematisch richtig. Das ist inzwischen allerdings Industriestandard.
Andi: Für das Album habe ich mich schon hingesetzt und die Soli auf Klick geübt. Aber als ich Studio stand war es eine komplett andere Situation. Ich habe ein paar Takes gebraucht und dann gesagt: wir können das jetzt noch 10 mal einspielen und dann das Beste raussuchen oder wir nehmen jetzt den, der ok ist. Der vielleicht nicht ganz 100%ig passt, aber in dem das Stück Leben drin ist. Das ist dann nicht perfekt und steril, sondern das ist Rockmusik.
Wir haben uns dann noch über Sounds von Studioalben, nachträglichem Einspielen von Gitarren- oder Gesangsparts bei Livealben unterhalten. Das würde aber hier den Rahmen sprengen.
Hört doch schon mal hier rein, dann bekommt ihr einen ersten Eindruck von dem, was euch auf dem Album erwartet.
So, noch ein paar Fragen zum Schluss: Wo habt ihr aufgenommen? Wer hat das Album produziert?
Frank: Aufgenommen haben wir in Troisdorf in den Gernhart Studios mit Martin Buchwalter (Perzonal War), der auch die letzten Alben von Sodom und Tankard produziert hat. Wir haben da unsere letzten drei Alben aufgenommen. Seit der Chapter IV ist er mit dabei.
Cover und Tour
Das Cover ist ja auch wieder ein echtes Wolfen-Cover. Wer ist dafür verantwortlich?
Andreas: Das ist von Formadera, einem Portugiesen, den ich bei einer Cover-Artwork- Gruppe auf Facebook entdeckt habe. Ich habe ihm was geschickt, dann ging es bis zum Endergebnis oft hin und her. Wir wollten kein typisches Heavy Metal Cover mit tausend Sachen drauf, sondern etwas Zentriertes.
Wird es eine Tour geben?
Andreas: Eine echte Tour ist erst einmal nicht geplant, aber wir spielen in diesem Jahr vorerst noch 8 Konzerte.
Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für das Interview genommen habt. Jetzt bin ich gespannt auf die neuen Songs.
Einige der neuen Songs konnte ich bei der Probe hören. Den Review zum Album Rise of the Lycans könnt ihr demnächst hier bei metal-heads lesen.
WOLFEN sind:
Andreas von Lipinski (Vocals)
Frank J. Noras (Gitarre)
Andreas Doetsch (Gitarre)
Nicolas Filter (Bass)
Siegfired Grütz (Schlagzeug)
Rise of the Lycan kann HIER bestellt werden.
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Bildquellen
- Wolfen 16.5.18: Bildrechte beim Autor
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