Bedlam in Belgium – No Compromise Metal Fest III
NO COMPROMISE METAL FEST III
La Louviere ist eine verschlafene Kleinstadt in der wallonischen Pampas von Belgien und wurde erst anno 2013 in die Weltkarte des metallischen Universums eingetragen. Damals hatte ein ortsansässiger Metalfan namens David die nicht uneigennützige Idee, sich und seiner Gattin zur Silberhochzeit ein Metalfestival zu schenken. Tatsächlich konnte man sich auf Anhieb die KING DIAMOND-Klone von ATTIC als Headliner auf die kleine Bühne im Stadttheater holen und eine Handvoll weitere Bands später stieg das Unternehmen. Angetan von den positiven Reaktionen aller Anwesenden lies es David nicht bei einem „one-off“ bewenden und ging 2014 in die zweite Runde. Und da aller guten Dinge drei sind, war am vergangenen Samstag der Hattrick die allzu logische Folge.
Regional und vielfältig – aus Prinzip!
Zwei Grundprinzipien hat David sich für das No Compromise ins Stammbuch geschrieben: den regionalen Bezug und die stilistische Vielfalt der Bands. Heraus gekommen ist dabei für die dritte Auflage des Festivals ein dreckiges Dutzend ganz unterschiedlicher Bands, von denen mir selber drei Namen so interessant vorkamen, dass ich am Tag der Deutschen Einheit in das andere schwarz-rote-goldene Land aufgebrochen bin, um ein bisschen dem Metal zu frönen.
Schlanke 15,00 EUR im Vorverkauf bzw. 18,00 EUR an der Tageskasse sind auch bei nur drei Bands auf dem Schirm ein Preis, bei dem man nichts falsch machen kann. Als ich kurz vor 17:00 Uhr vor Ort auftauche, haben Freunde des Death Metal bereits EVOKED abgefeiert, während der geneigte Death Metaller bei den Slowenen von HELLSWORD dem Teufel gehuldigt hatte. Thrashig waren bereits BLACKOWL von der französischen Brudergemeinde zugange und etwas gesitteter haben es BLIZZEN und ELECTRIC SHOCK den rund 200 Angereisten besorgt. Wie gesagt: Stilistisch alles querbeet am Start.
Drei gute Gründe dabei gewesen zu sein!
Mein erster Anreisegrund sind jedoch TERMINUS aus Belfast in Nordirland. Nach dem furiosen Auftritt im Vorprogramm von ATLANTEAN KODEX im letzten August in Dublin haben die Jungs aus den diversen Demos und Singles ein komplettes Album namens „The Reaper’s Spiral“ zusammen gezimmert und sich damit einen Slot auf dem kommenden Keep It True-Festival gesichert. Folgerichtig war ich mächtig gespannt, inwieweit die vergangenen Monate von dem Fünfer von der grünen Insel genutzt worden sind, um sich möglicherweise live nochmals zu steigern.
Bei dem Science Fiction-lastigen Powermetal von TERMINUS dauern die Intros der Songs immer zwischen einer halben und einer dreiviertel Sekunde, danach geht es fett in die Fresse. Frontmann James Beattie erinnert mit der Vollglatze nicht nur optisch an David White von HEATHEN, er kann auch stimmlich jederzeit mit der US Metal-Ikone mithalten, was das Publikum im kleinen Theaterfoyer schon nach wenigen Augenblicken zu würdigen weiss. Der Kampf um die Gunst des Publikums geht heute über acht Runden, in denen sich für mich klar zeigt, dass eine Reihe von Konzerten in der lokalen irischen Clubszene und eine Minitour im britischen Mutterland der Tightness der Band einen spürbaren Schliff gegeben haben. Die Lyrics der Songs sind technisch angehaucht und der Sound bekommt live das Chromfinish, das mir auf den Studioaufnahmen bereits ausnehmend gut gefallen hat. Mit „To Ashes – To Dust“ erhält ein flammneuer Song seine Weltpremiere und als Gitarrist Paul Duffy nach rund 50 Minuten den Rausschmeisser „Centurean“ ankündigt, sind mehr als nur ein paar Insider aus dem Häuschen. Der Sechs-Minuten-Hammer über einen antiken Underdog bei den römischen Legionen ist zwei Jahre nach Veröffentlichung ein Kultsong im Underground und hat TERMINUS völlig zu Recht attestiert, dass sie die Fahne im Vereinigten Königreich hochhalten, wenn die Götter des Metals zur Schlacht rufen. Bereits kurz vor 18:00 Uhr haben sich die knapp 250 Kilometer Anreise für mich gelohnt. Was jetzt kommt, ist als Bonus anzusehen, denn ich kann mich beruhigt auf TERMINUS im April 2016 auf dem KIT freuen.
OBSESSOR sind dann noch mal ein Thrash/Black-hybrider Gruss aus deutschen Landen und folglich nicht so meins. Deshalb studiere ich ausgiebig die Barkarte mit rund zwanzig (???) verschiedenen Bieren, die – sofern in Flaschen angeliefert – auch in Flaschen bleiben. Gut so, denn hier sind ja auch erwachsene Menschen am Werk und keine Randaleknechte. Mit 3,50 EUR bis 5,00 EUR pro Flasche sind die Spezialitäten im Angebot auch nicht zuuu teuer. Ich entscheide mich natürlich für das lokale „JUDAS“-Bier mit einer leichten Kirschnote (Belgien halt…). Salut!
Auch Mr. Potter war mit von der Partie
DAS hier ist übrigens gerade Wort Nr. 666 in diesem Beitrag gewesen. Also höchste Zeit, sich mit TOLEDO STEEL einen weiteren interessanten Newcomer anzuschauen. Mit der aktuellen EP „Zero Hour“ haben die Herren aus Southampton in Englands Süden das eigene Songrepertoire im Frühjahr 2015 locker verdoppelt und zugleich das Rückgrat der heutigen Setlist eingespielt. Tatsächlich kommt die komplette EP minus dem Instrumental-Intro zum Zuge. Fünf Songs, bei denen immer wieder auf sehr erfrischende Art dem Gitarrenstil von IRON MAIDEN eine neue Note abgewonnen werden kann. Allerdings nicht platt kopiert von den beiden Zupfmeistern Kyle House und Tom Potter (Letzterer übrigens mit einer roten Mähne wie ein Weasley… kleiner Insider…). Der körperlich etwas kleinere Sänger Rich Rutter bringt die Songs in einer Stimmlage rüber, die an Meister Kiske zu den guten alten „Keepers…“-Zeiten von HELLOWEEN erinnert. Dazu kommen jedoch Shouts, die das Vorbild damals wie heute hätten erblassen lassen. Wo man sich in Punkto Tradition an Bord von TOLEDO STEEL selber sieht, erfährt die bis hierhin bereits gelinde begeisterte Meute vor der Bühne, als Kyle House mit „747“ einen Klassiker von SAXON ankündigt. Vier Minuten später steht fest, warum auch der spanische Stahl die britischen Fans des klassischen Metals geschlossen hinter sich bringt. Die neue Generation bringt sich eindruckvoll in Stellung!!! Nach dem Lob für fremde Werke greifen Rich und Co. mit „Escape from Alcatraz“ noch einmal auf den eigenen Backkatalog zurück und bringen schließlich mit der Bandhymne „Toledo Steel“ einen mehr als nur ordentlichen Auftritt zu Ende. Gerne in Zukunft mehr davon. Sehr gerne…
„Meine“ dritte Band kommt gleich darauf zum Zuge: TRIAL aus dem Metal-Wunderland Schweden. Das aktuelle Album der Band namens „Vessel“ wird wohl – Stand: Oktober 2015 – aus den Top Ten der diversen Leserumfragen nicht mehr zu verdrängen sein. Die Mischung aus klassischem Metal an der Grenze zum Hardrock und leicht bluesigen Einflüssigen wie bei den ganz frühen JUDAS PRIEST der Jahre 1974 bis 1976 bringt der Hänfling Linus Johansson am Mikro von Minute eins an mit einem derartigen Charisma rüber, dass man die frenetischen Lobeshymnen der medialen Mitbewerber ohne Weiteres nachvollziehen kann. Ok – mit ca. zehn auf sechs Metern Platz vor der Bühne ist es keine echte Kunst, raumfüllend den Auftritt zu gestalten, aber: immerhin – der Funke springt über. Schwerpunkt des Sets natürlich das aktuelle Album. Erst im zweiten Teil ist das Debütalbum „The Primordial Temple“ an der Reihe. Ziemlich beruhigt stelle ich dabei fest, dass sich die stilistisch doch deutlich unterschiedlichen Alben live in einer gemischten Setlist gut vertragen, was besonders den leicht unarrangierten Gitarren zu verdanken ist. Ein Gig wird zum Trip. Mit dem überlangen „Primordial Temple“ findet für mich ein in jeder Hinsicht lohnender Abend ein fulminantes Ende. Ich hoffe, David steigt bald in die Planung zur vierten Auflage des NCMF ein. Ich wäre dabei…
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Bildquellen
- PLH-Lightshow: unsplash.com - Daniel Robert
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