BILLY IDOL – Rebel Yell am Rhein
BILLY IDOL am Tanzbrunnen in Köln. Ein kurzer Sommerregen vorab, aber die Frisur hält. Für uns bedeutet das zum Auftakt Anfahrtsstau und die Zuweisung eines Parkplatzes in Sichtweite von Bonn-Beuel. Knappe zwei Minuten vor dem Beginn des Auftritts steht Kollege Kelle im Fotograben parat und ich habe mir einen guten Stehplatz unter den rund 3000 Zuschauern gesichert. Nach dem üblichen „three songs – no flash“ geht auch Kelle zum gemütlichen Teil des Abends über. Mit einem Bier auf der Faust suchen wir uns einen anderen Platz nah am namensgebenden Tanzbrunnen. Und rennen prompt dem Ex-Kollegen Oger nebst Gattin in die Arme.
The Prodigal Son
Der Oger hat nach seinem Weggang von den Metal-Heads seinen musikalischen Sachverstand nicht in den Müll entsorgt. Sein Fazit des Konzerts sähe wohl so aus: 14 Songs, eine passable Auswahl. BILLY IDOL sehr beweglich aber etwas dünn bei Stimme. Steve Stevens lässt sich huldigen oder huldigt sich sicherheitshalber selber. Das Publikum hat seinen Spaß. Es war kein Fehler, für das Konzert mal rum zu kommen.
That’s it. Die Twitter-affine Leserschaft kann jetzt den nächsten Artikel anklicken. Aber tatsächlich verdient es BILLY IDOL, nochmal etwas genauer hinzuschauen…
Drei Gründe zum Feiern
2018 ist das Jahr der Jahrestage für BILLY IDOL: 40 Jahre GENERATION X-Debüt, 35 Jahre „Rebel Yell“ und 25 Jahre „Cyberpunk“. Da MUSS sich auf der Setlist etwas tun! Und tatsächlich beginnt der Abend mit „Shock to the System“, einer Single vom „Cyberpunk“-Album. Hol’s der Teufel ist der Song im Mittelteil zwischen Eric Eldenius am Schlagzeug und Steve Stevens einen Ticken outta tune. Zum Ende hin hat man sich aber einvernehmlich auf ein Tempo geeinigt, nämlich 2.500 Umdrehungen im dritten Gang.
Ein Typ namens BILLY IDOL
Nennt William Broad (BILLY IDOL ist nämlich nur sein Künstlername…) ein Schlitzohr, aber mit „Dancing With Myself“ bedient er das Repertoire gleich zweier Schaffensphasen. Für sein „Rebel Yell“-Album hat er seinerzeit ein Stück seiner Punk-Vergangenheit in die MTV-Mainstream-Gegenwart gerettet und in den Staaten einen Hit gelandet. Dessen Nachhaltigkeit kann man heute Abend eindrucksvoll überprüfen. Auf der Bühne ist der 62jährige agil unterwegs und vor der Bühne gehen die Leute zum ersten Mal richtig ab. Der Gig nimmt Kurs Richtung Summer Party.
Drama, Baby…!!!
Mit „Daytime Drama“ folgt eine etwas ruhigere Nummer der „Rebel Yell“-Ära. Keyboarder Paul Trudeau und Bassist Stephen McGrath gelingt ein schöner Übergang zwischen den beiden Songs. Das selten live gehörte „Daytime Drama“ bekommt damit eine zusätzliche Spannung. Nicht wenige Leute versichern sich nach links und rechts, was da eigentlich gespielt wird. Wirklich toll.
Comeback to stay
Zur Mitte des Konzerts hin bedient BILLY IDOL den Anspruch an eine „Best Of“-Setlist nach über vier Jahrzehnten im Geschäft. Mit jetzt blankem Oberkörper steht ein ewig junger Rebell vor den vier mannshohen Windmaschinen im Bühnenhintergrund. Mit Songs wie „Scream“ bzw. „Whiskey and Pills“ kommen auch die beiden Comebackalben des aktuellen Jahrtausends zum Zuge. Comeback? Heute Abend mag man das Wort mit dem, was am Tanzbrunnen abgeht, bestimmt nicht in Verbindung bringen.
Gitarren-Götter
In der zweiten Hälfte tummeln sich die fünf Jungs vorne unter dem Kegelbaldachin dann endgültig im Jahr 1983 und davor. Meinem persönlichen Lieblingslied „Eyes Without A Face“ geben McGrath und Rhythmusgitarrist Billy Morrison einen extra bluesigen Touch. Beim anschließenden Solopart verliert sich Mr. Stevens endgültig in seiner eigenen Welt. Die meisten Leute vor der Bühne wissen, was er kann. Und Steve Stevens wiederum weiss, dass wir es wissen. Und deshalb post er ungeniert wie bei einem Auditioning für Mötley Crüe. Ein Akustik-Trip für Musikjunkies.
Von Punk bis Funk
Zurück auf Mutter Erde zocken die Twin Guitars ein unmajestätisches „King Rocker“ mit dreckigen Phrasierungen seitens der Lippe. Einen halben Gang zurück schaltet das Keyboard-Funk-Loop-Gefiepe zu Beginn von dem Song, der sich nach knapp einer Minute als „Blue Highway“ entpuppt. Die Uptempo-Nummer ist der erneute Anlass für ein lässiges Wegdriften von (na, wem auch sonst…) Steve Stevens. Als wüsste er nicht, welche Altersklasse er vor sich hat, versucht Stevens sich an einem Intermezzo aus einem zeitgenössischen Film. Denkste Junge, „Top Gun“ haben wir alle gesehen. Und Ice Man steht eh schon über eine Stunde neben dir am Mikro!
1983 again…!!!
Das Partypotenzial war bislang auf einem durchaus akzeptablen Niveau. Aber mit der Ankündigung von „Rebel Yell“ nimmt das Publikum endgültig das Heft in die Hand. Das tausendfache Echo „More! More!! More!!!“ lässt wahrscheinlich auf dem Heumarkt die Kölschgläser klirren. Dieser Song (und viele andere heute Abend…) hat NICHTS von seinem eingängigen Hitpotenzial eingebüßt. Und nicht ein einziger Zuschauer nimmt IDOLs Verabschiedung nach der Bandvorstellung ernst.
Noch einmal zurück zu den Anfängen geht es mit einer erweiterten Version von „White Wedding“ (im Original NICHT von Doro Pesch…!) und „Mony Mony“ (im Original sehr wohl ein Gassenhauer von Tommy James and the Shondells…).
Was vom Tage übrig bleibt
In einem wichtigen Punkt muss ich dem Oger zum Schluss recht geben: BILLY IDOLs Stimme war an einigen Stellen etwas drucklos, meinetwegen auch dünn. Des Ogers Lösungsansatz mit einem Quentchen Hall auf dem Mikro hätte sich nach spätestens drei Nummern aufdrängen müssen. Dem Unterhaltungswert und der Partylaune hat das aber keineswegs einen Abbruch getan. Für die kurzweilige Zeitreise in knapp 95 Minuten gebührt dem Jungen aus Stanmore und seinen Mitstreitern Dank.
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Bildquellen
- BILLY IDOL Köln Tanzbrunnen 17.07.18: Bildrechte beim Autor
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