METAL CHURCH – an der Leine außer Rand und Band
Ungefähr eine Viertelstunde vor Einlass zu METAL CHURCH sitzen Kollege Chipsy und ich noch ganz dicke Hose im backstage geparkten Auto und fragen uns, ob das kleine Häufchen Leute vor dem Eingang denn wohl schon alles sein sollte. 50 bis 70 Metalheads wollen geschätzt als Erste vor die Bühne im Musikzentrum in Hannover, um die Metal-Veteranen aus dem schönen Staate Washington live zu erleben. Angesichts des Bombenwetters und der relativen Nähe zum gestrigen – übrigens ausverkauften – Auftrittsort Hamburg sehen wir beide eigentlich einhellig schwarz – und das liegt erst in zweiter Linie an den T-Shirts…
Gemütlich kann ja jeder, deshalb hat der örtliche Veranstalter Chipsy zuliebe mal wieder auf einen Fotograben verzichtet. Unser Linsenschwenker macht aber aus der Not eine Tugend und weicht mit großem Kaliber bewaffnet einfach auf den Balkon aus, von dem man auf drei Seiten auch einen passablen Blick auf die Bühne hat.
Thrash as Thrash can
Punkt 2000h eröffnet DISTILLATOR aus den Niederlanden den musikalischen Teil des Abends. Klassische Triobesetzung, wobei Frontmann Desecrator (wahrscheinlich ein Künstlername…) zusätzlich die Gitarre bedient. So klassisch wie die Besetzung ist auch das Repertoire der 2013 gegründeten Band aus Enschede. Brachialer 80s Thrashmetal, dem nach einer EP aus 2013 und einem Album letztes Jahr leider noch der zündende Funke fehlt, um einen Wiedererkennungswert zu erreichen. Gleichwohl sind die Songs handwerklich sauber rüber gebracht und knallen ganz ordentlich. Die ersten drei Reihen im etwas voller gewordenen Parkett danken den Einsatz jedenfalls mit anhaltendem Headbangen zu 130 bpm.
Die belgischen Blitzer
Von der anderen Seite des Frittenäquators kommen BLIKSEM aus Belgien, die mit DISTILLATOR gemeinsam haben, dass ich bis heute Abend von beiden Bands noch nie etwas gehört habe. Und um dem Shitstorm der mitlesenden Fans vorzubeugen: Ja! Im Falle von BLIKSEM bin ich es selber Schuld. Denn der Fünfer aus Mol (das ist da, wo immer das GRASPOP METAL MEETING stattfindet) spielt auch Thrashmetal, aber bereits mindestens eine Liga über den Grenznachbarn. Wesentlichen Anteil daran dürfte Frontfrau Peggy Meeussen haben, die barfuß im bunten Sommerkleid wortwörtlich den Ton angibt. Nicht nur von der Statur her sondern ganz eindeutig auch anhand der Stimme erinnert das Metalgirl an Beth Ditto von GOSSIP. Jedenfalls hat sie die jetzt zu Dreiviertel gefüllte Halle sicher im Griff und kann ein ums andere Mal auch zum Mitmachen animieren. Ich habe mir spontan vorgenommen, den beiden bisherigen Alben aus 2013 („Face the Evil“) und 2015 („Gruesome Masterpiece“) bei nächster Gelegenheit nochmal ein Ohr zu leihen.
BLIKSEMs Wortbeiträge an diesem Abend:
Crawling in the Dirt
KYWAS
Room Without a View
Morphine Dreams
Twist the Knife
Face the Evil
Barbaric Nation
Out of the Darkness
The Life on Which I Feed
METAL CHURCH: Prinz Eisenherz legt los
Europas neue Thrashhoffnungen in allen Ehren, aber die Stunde der Wahrheit schlägt kurz nach 2130h, als das Licht zum dritten Mal dimmt und die Vorspannmusik zu „Terminator II“ den metallenen Herzschlag ankurbelt. Nochmal eine Sekunde zum Luft holen und dann bricht das Drum- und Riffstakkato von „Fake Healer“ aus den Boxen. METAL CHURCH wollen es also sofort wissen: wenn dieser Publikumsliebling ganz am Anfang vergeigt wird, kann es nach hinten raus richtig, richtig eng werden. Luftlinie fünf Kilometer weiter südlich in der HDI-Arena kennt man sich mit solchen Szenarien aus.
Hier auf diesem Rasen zeichnet sich das Endergebnis zum Glück schon deutlich ab, als Mike Howe von rechts kommend hinter das Mikro spurtet und die erste Strophe runter gesungen hat. Bei allem, was in unserer Zunft heilig ist: hier wird heute Abend Großes geschaffen. Mike ist fit wie ein Turnschuh und steht schon Mitte des Openers das erste Mal auf den Monitorboxen, um unnötiger Weise das Treiben vor der Bühne weiter anzuheizen. Bis an das Mischpult heran ist die schließlich doch voll besetzte Halle nämlich bereits meilenweit im kollektiven Moshnirvana. Jeff Plate trampelt derweil unverdrossen auf die Pedals, dass man Angst haben muss, die Frontskins würden bis an den Bühnenrand fliegen. Und Kurdt Vanderhoof? Tja, der Gitarrenkojak quittiert in alter Gewohnheit jeden Riff, den er anschlägt, mit einer anderen Miene. Business as usual…! Der Sound in der Halle ist bei alledem so angenehm austariert, dass man die Schläge gegen das Brustbein ohne Reue genießen kann. METAL CHURCH is back!!!
Zurück in die Zukunft
Ohne sich lange mit einer Begrüßung auf zu halten, geht es sofort chronologisch zwei Jahre nach vorne zum „Human Factor“-Album und „In Mourning“. Von der Stimmlage her ein Stück, das zwar etwas verhaltener rüber kommt, aber dem Sänger doch einiges an Range abverlangt. Da Mike Howe „zufällig“ an der Komposition des Songs beteiligt war, hat er die kleinen Klippen aber sicher im Griff. Der Gig an sich ist kein Mike Howe-Festspiel (obwohl – in gewisser Weise schon…), deshalb schwenkt die Setlist um auf den ersten Klassiker der David Wayne-Ära, namentlich „Start the Fire“. Rund 300 Metalfans im Musikzentrum sind sich allerdings spontan darin einig, dem Track als „Start the Madness“ eine ganz eigene Note zu geben. Der rhythmische Tumult vor der Bühne lässt von oben betrachtet zumindest keinen anderen Schluss zu.
Alte und neue Klassiker
Nach der intensiven Aufwärmphase hat Mike dann erstmals ein wenig Luft, um artig Guten Abend zu sagen und sich für den „herzlichen“ Empfang zu bedanken. Mit der obligatorischen Frage, wer denn das aktuelle Album „XI“ (er spricht es „Ex-Ei“ aus…) zuhause habe, geht es erstmals Richtung Neuland in Gestalt von „Reset“. Genau an der Stelle erwische ich auch zum einzigen Mal die Mannschaft auf der Bühne bei einem Patzer, als Jeff Plate seinen Kollegen nach etwa zehn Takten ein wenig in der Zeit voraus ist. Davon abgesehen bewahrheitet sich der Eindruck vom Hören der CD, nämlich dass das aktuelle Material sich nicht unbedingt nahtlos an die ersten beiden Alben („Blessing in Disguise“ und „Human Factor“) mit Mike Howe anschließt. Als bedurfte es dazu eines weiteren Belegs, schieben METAL CHURCH „Gods of Second Chance“ vom 1994er „Hanging in the Balance“-Oevre nach. Und tatsächlich: der Groove und die fast bluesige Atmosphäre sind die – gewollte??? – Verbindung über die 22 Jahre hinweg, die zwischen beiden Outputs liegen.
Krachiger geht es weiter mit „Date With Poverty“, bei dem Steve Unger mehr als bislang voll aufdreht. Der Hüne am Bass hat während der ersten beiden Songs bereits für einige erstaunte Gesichter gesorgt, weil er sich eine Go Pro-Kamera auf den Fret montiert hatte. Und um genug „bewegte Bilder“ in den Kasten zu bekommen, war er dementsprechend ausgiebig am rechten Bühnenrand unterwegs. Jetzt tappt er im Takt mit Jeff Plate eine Tieftonsalve nach der anderen über die bangende Menge hinweg Richtung Gegengerade. Ein flauschiger Teppich, auf dem sich Mike stimmlich unbekümmert austoben kann. Dann wieder der stilistische Break, als „No Tomorrow“ nach Vorne geschoben wird. Eigentlich ähnlich knackige Breaks wie bei „Date…“, aber – wie gesagt – mit dem groovigen Unterbau.
Wenn die Kinder beten…
Zum Ende des regulären Sets hin liefert „The Dark“ einen weiteren Beitrag zum Heldenstatus von METAL CHURCH an diesem Abend: „Watch the Children Pray“ setzt das bisherige Highlight der Show. Wenn es den Begriff „Power-Halbballade“ gäbe und man bräuchte einen Song als Referenz für diese Kategorie… don’t look any further! Auf der „Ultimate Power Force“-Tour 1994 war das ein Moment für die Feuerzeuge. Die modernen Zeiten lassen das leider nicht mehr zu… – schade! Der Wirkung des Songs tut das gottseidank keinen Abbruch.
Mit „No Friend of Mine“ gibt es dann die zweite und letzte Nummer vom „Hanging…“-Album, was ich ganz persönlich sehr schade finde. Schließlich hatten METAL CHURCH bei Facebook einen Poll veranstaltet zu der Frage, was auf die Setlist kommen sollte. Dabei hatte besagtes Album mit mehr Songs ganz ordentlich im vorderen Bereich abgeschnitten. Andererseits: wem kann es eine Band mit einem Killer-Repertoire wie METAL CHURCH wohl innerhalb einer Spielzeit von 120 Minuten recht machen mit der Setlist? Es würden immer noch eine Handvoll und mehr Wünsche offen bleiben.
Gefangene werden nicht gemacht!
Mit „Killing Your Time“ endet die Promo für das neue heiße Eisen namens „XI“ durchaus furios. Dann kommt eine Sprechpassage vom Band… „War is over…!“ – BULLSHIT, verdammter BULLSHIT!!! „Beyond the Black“ ist das Armageddon, die Letzte Schlacht, das Endgame!!! Nach 32 Jahren bekommt dieser Psalm aus dem heiligen Evangelium nach METAL CHURCH den Anstrich, den er verdient. Das komplette Ausrasterpotenzial wird weidlich von JEDEM genutzt, der gesunde Beine und (noch) gesunde Nackenmuskeln hat. Wenn „Watch the Children Pray“ für die Gänsehaut zuständig war, gibt es jetzt Kampfstiefel ins Kreuz. Ein fünfminütiges Gemetzel ohne Rücksicht auf Verluste. Wer ist eigentlich dieser „Metallica“…???
„Leicht“ ausgepowert bekomme ich mit, wie sich Kurdt und seine Jungs verabschieden und Mike Howe gefeiert wird wie Cäsar nach dem Kriegszug gegen die Gallier. Irgendeine Ansage, dass die Band noch für Autogramme und Selfies zum Merchstand kommen wird. Reines Hintergrundrauschen bei einem Ruhepuls auf Volllast. Ein Akkord bringt mich zurück in das Hier und Jetzt. METAL CHURCH sind wieder auf der Bühne und es gibt Beef… ääähhh…. „Badlands“ natürlich. Zweiter ganz großer Kracher von der „Blessing…“, aber heute Abend trotz tadelloser Klasse etwas im Hintertreffen nach „Beyond the Black“ – sorry!!! Beim endgültigen Rausschmeißer „Human Factor“ kann ich das Fazit ziehen:
Die Messe ist gelesen..!
Von der Menge und der Länge der Haare abgesehen ist Mike Howe anno 2016 live so unterwegs, als wären METAL CHURCH nicht 22 sondern zwei Jahre nach der „Hanging in the Balance“ mit einem neuen Album auf Tour gegangen. Die Band ist 110% tight aufeinander eingespielt und dürfte im Laufe der Tour kaum noch besser werden können. Das jetzige Niveau sucht aktuell seinesgleichen im Bereich Speed/Powermetal. Den Thron teilen sich die Amis wohl nur mit der Bande von Jeff Waters‘ ANNIHILATOR, danach kommt erstmal meilenweit gar-nichts-mehr. Noch etwa 30 Leute mehr und auch dieser Laden wäre ausverkauft gewesen.
Angeblich sind einige Hallentermine im Anschluss an den Besuch auf dem WACKEN OPEN AIR in der Pipeline. Ich kann nur jedem empfehlen, sich auf die Socken zu machen, sobald wir hier die Tewrmine ankündigen.
Vertiefende Infos zu den Vorbands wie immer bei den schwedischen Kollegen von Metal-Archives.com:
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Bildquellen
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