Varg, Debauchery, Milking the Goatmachine, Obscurity – Matrix, Bochum 15.04.2017
Milking the Goatmachine!!! „Sour Milk Boogie“, „Milk me up before I go go“, Surf Goataragua.
Tanzbarer Death Metal, Jungs mit ner Maske auf, leider kein Stroh, aber geil! Zwar gibt es den Goatgrind aus Goateborg erst seit 2008, aber wer Goates tut, der wird… ach, lassen wir das.
Alles in Allem steht die Band im Zeichen der Ziege, schon auf dem Erstlingswerk sind ein paar Knaller wie eben das Surf Nicaragua Cover von Sacred Reich und der Sour Milk Boogie.
Die Videos sind endlustig (sagte man so in den Nullerjahren) und na klar haben wir sie direkt für das Rage against Racism 2011 gebucht. Dummerweise mussten wir nach der Loveparadekatastrophe einige Baumaßnahmen durchführen und die Veranstaltung komplett absagen. Die meisten Bands haben sich dann für 2012 bei gleichen Konditionen nochmal breitschlagen lassen beim Umsonst & Draußen Festival wieder völlig unter Marktwert dabei zu sein, Powerwolf allerdings waren durchgestartet und Milking the Goatmachine waren zu Rock the Nations gewechselt… eben diese hatten kein Interesse, MtG zum kleinstmöglichen Budget spielen zu lassen, sondern ganz andere Pläne… kurzum: Milking the Goatmachine sind noch nicht beim Rage against Racism aufgetreten. Ihr könnt Euch bestimmt denken, mit welchem Hintergedanken ich zum Konzert nach Bochum in die Matrix gefahren bin…
Die gehört wirklich nicht zu meinen Lieblingslocations. Die schlauchförmige Halle erinnert an einen U – Bahntunnel und ohne einen Grund dafür nennen zu können, macht mich das unterirdische Halbrund nervös und lässt mich stets nach Notausgängen Ausschau halten.
Wie so oft, wenn man Dinge nicht mag, stellt sich heraus, dass man einfach keine Ahnung hat. Etwas Recherche später weiß ich es nun besser: Das Gebäude war das ehemalige „Kühlschiff“ eines 1806 erbauten Brauereigebäudes, diente seit 1978 dem Rockpalast und mit dem neuen Besitzer (1998) wurde dann 2000 der gesamte Laden umbenannt, vier weitere Hallen eröffnet und liebenswerter Weise der „Rockpalast“ erhalten. Also: Alles gut. Natürlich kann ich mich mit einer ehemaligen Brauerei anfreunden.
Ach, bevor ich es vergesse: Ich war ja zum Konzert da…
Die Halle war gut zur Hälfte gefüllt, als MtG die Bühne betraten und wenn ich Eines liebe, dann wenn alle Bands beim Sound aus dem Vollen schöpfen können. Das war hier auf jeden Fall gegeben, MtG legten los mit klarem Sound und jeder Menge Spielfreude und Energie.
Bei zwei Gitarristen, Bass und Schlagzeug fehlt mir dennoch der Sänger als Medium, denn bekannterweise singt bei MtG der Schlagzeuger. Auch wenn Goatfreed Udder an der Gitarre eine enorme körperliche Präsenz hat, die ich persönlich faszinierend finde, bei zuletzt so 68 kg Eigengewicht, würde ich dazu raten meine Schwester, die auch ohne Maske hervorragend zur Band passt, zum Gesang Goatleeb Udders wenigstens ein wenig Lippensynchronisation und ein paar Ansagen machen zu lassen.
An der Setlist gab es nichts auszusetzen, MtG haben nach langer Bühnenabstinenz die Halle ordentlich gerockt und erfreulicherweise konnte ich hinterher
- Goatfreed kurz in den Arm nehmen, faszinierender Typ!
- Mit Goatleeb die 2011 und Folgejahre des Rage against Racism Festivals und MtGs Revue passieren lassen… dazu an anderer Stelle mehr!
Nächste Band des Abends: Debauchery! Frisch dem Warhammer Imperium entstiegen zerlegt Thomas Gurrath seit mind. 2003 jede Bühne. Soweit ich verstanden habe mit wechselnder Bandbesetzung, die Heute auf der Bühne stehenden Jungs kenne ich aber noch.
Vom Rage against Racism 2013.
Damals kam Debauchery gerade von irgendwoher, die gesamte Band war offensichtlich in extrem angeschlagener Verfassung. Noch vom Vorabend kunstblutverschmiert, übernächtigt… und Thomas mit gebrochenem Fuß. Da wir Debauchery und Blood God als Headliner und Co – Headliner für den Abend gebucht hatten, stand da jetzt für uns Einiges in Frage. Nicht aber für Thomas und die Band, welche die Zeit nutzten, um halbwegs wieder zu Kräften zu kommen, das Kunstblut mit Neuem zu überschminken und dann insgesamt 3,5 Stunden eine professionelle Show zu liefern, die Niemanden enttäuschte, im Gegenteil. Professionell, brutal, kompromisslos.
Wie immer hab ich damals lediglich die sich irgendwann entkleidende Stripperin verpasst. Ein Kuriosum, dass ich immer dann von weltlichen Kräften von der Bühnenshow abgelenkt werde, wenn die Gefahr besteht, dass ich mal nen Nippel sehen könnte, der nicht zu mir gehört… egal.
Auch Heute Abend räumen Debauchery wieder ab und gerne würde ich Euch die obligatorische Setlist zum Live – Bericht reichen, leider hab ich an dem Abend an alles Mögliche gedacht… nur nicht an die Setlists. Ich bin einfach zu schwatzhaft.
Es gibt aber im ganzen Geballere des Debauchery-Sounds noch eine Besonderheit, auf die ich noch kurz zu sprechen kommen möchte. Die liegt in der Person Thomas Gurrath. Natürlich kenne ich ihn nicht wirklich, aber die kurzen Kontakte, Emails, Telefonate, etc., verbunden mit dem künstlerischen Schaffen, lassen zumindest das Gefühl aufkommen es hier mit einem besonderen Menschen zu Tun zu haben. Freundlich, offen, gut organisiert, ein netter Kerl mit offener Art, auf der anderen Seite blutbesudelt, sexistisch, animalisch.
Ich hab da einen kleinen Artikel aus der „Welt“ gefunden, wer Bock hat macht sich ein weiteres Bild: https://www.welt.de/kultur/musik/article7468195/Death-Metal-Saenger-darf-nicht-mehr-unterrichten.html
Das bringt uns zu Varg. Jemand was zu sagen zu der Band? Irgendeine politische Aussage, gefährliches Halbwissen oder so? Mich hat die Thematik beim Booking für das Rage against Racism 2015 umfassend beschäftigt, da wir ein Festival mit Haltung sind.
Ich habe dann die Texte und Interviews gelesen, das Internet durchforstet nach Informationen, mit der Band gesprochen, sehr spezifisch die Vorwürfe mit der Band persönlich besprochen und bin am Ende zu folgendem Ergebnis gekommen: Ich finde Varg geil! Die Band ist vom Sänger bis zum Schlagzeuger in Ordnung. Persönlich und politisch korrekt und Ragekompatibel.
So ging es dann 2015 für Varg beim Rage against Racism auf die Bühne. Headliner des Samstag Abends. Hier kam es zu einem Zwischenfall, bei dem ein gar nicht mehr so junger Mensch aus dem Publikum heraus einen Beutel mit einer ätzenden Substanz auf den Sänger warf. Dabei wurden weitere Menschen und Material getroffen. Der gefasste und geständige Täter begründete seine Tat damit, dass er es nicht ertragen konnte, dass eine Band wie Varg, deren Texte in seinen Augen gewalttätig seien (sind sie), sich bei so einem Festival präsentiere.
Da griff der lieblich – extreme Pazifist dann einfach mal in seinen Chemiekasten und mixte sich was für einen Angriff aus dem Hinterhalt zusammen.
Ich könnte jetzt stundenlang über meine Haltung zu Terror und Anschlägen, Gewalt und die Menschen philosophieren, die absolut keinen Wert in die Gesellschaft bringen, sich anonym im Hintergrund bewegen, deren Feigheit Ihre Persönlichkeit ist und deren Dummheit im Tunnel Ihrer Lebenswelt zu Schaden für Andere führt. Aber Ihr wollt ja unbedingt was über das Konzert lesen… noch kurz erwähnt, dass der Täter gerichtlich sehr hart und angemessen bestraft wurde.
Varg haben am Wochenende in der Matrix wie immer weder Kosten und Mühe gescheut, um sich Ihren Fans zu präsentieren. Die gesamte Anlage, der komplette Sound und das Licht haben meines Erachtens zu weiten Teilen auch allen anderen Bands zur Verfügung gestanden. Und die Anlage ist geil. Auch wenn die Matrix maximal zu zwei Dritteln gefüllt war, sammelte sich Alles vor der Bühne und ließ sich von der Band durch die etwas wechselhafte Pagan- und sonstige Metalstile führen.
Dabei bieten die vier Jungs an der Bühnenfront immer eine fette, energiegeladene Show und Sänger Philipp nimmt das Publikum als Wolfsrudel auch an Ostern komplett mit auf die Jagd. Für mich sind „das Ende aller Lügen“, „Dunkelheit“, „Achtung“ und „Einherjer“ die Highlights, Varg eine der besten deutschen Livebands und der Sänger Philipp ebenfalls eine der nettesten und höflichsten Persönlichkeiten der deutschen Metal – Szene. Da stehen Menschen in meinem Alter ja drauf, wenn die Kids in blutigem Bühnenoutfit noch ganz lieb Hallo sagen können und sich ´ne Minute Zeit nehmen für´s Stop and Chat.
So war das Wolfsfest ein runder Abend mit Bands, die man schon länger kennt, mit denen man schon was erlebt hat und mit ein oder zwei Bands, mit denen man in Zukunft bestimmt auf dem Rage nochmal zu rechnen hat. MtG habe ich ja schon erwähnt… Obscurity hab ich aber verpasst, da der Kollege noch schnell ein warmes Bier ausm Supermarkt vor der Tür kippen musste. Es war warm. Es hat 29 Cent gekostet… es war trotzdem lecker… und Obscurity signalisierten, dass sie Interesse hätten mal auf dem Rage zu spielen. Kriegen wir hin… Alles gut also.
Ich sollte öfter auf Konzerte gehen… das macht nen alten Mann irgendwie glücklich.
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Bildquellen
- MTGM: (c) metal-heads.de - Yioni Rage
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