Dead Letter Circus veröffentlichen Jubiläumsalbum The Endless Mile am 12.5.2017
Um ehrlich zu sein habe ich von Dead Letter Circus vorher noch nichts gehört. Daher trifft es sich ganz gut, mit The Endless Mile den ersten Kontakt mit dem aus Brisbane stammenden Quintett herzustellen. Wie sich herausstellen sollte, war dies eine weise Entscheidung meinerseits.
Irgendetwas stimmt hier nicht
Also dann mal mitten rein ins Geschehen, um das mittlerweile vierte Album (plus einer EP) aus den Boxen dröhnen zu lassen – hab ich mir so gedacht. Was ich höre ist jetzt eher leichter Schmuse-Rock anstatt kräftiger Alternative-Rock, mit der die Band beschrieben wird. Irgendwas stimmt hier nicht.
Das Rätsel lüftet sich dann sehr schnell, als ich feststelle, dass es sich bei The Endless Mile um ein Jubiläumsalbum handelt. Denn zur Feier der 2007 erschienenen EP Dead Letter Circus hat die Band verschiedene Songs neu interpretiert und aufgenommen. Die Band nennt diesen Vorgang Re-imagined.
Die Songs im Original sind vorher Pflichtprogramm
Neben allen 6 Stücken der EP Dead Letter Circus sind noch Songs von den Alben This Is The Warning (Here We Divide, One Step, The Space On The wall) und Aethesis (While You Wait, Silence, The Lie We Live) enthalten .
OK, dann also erst einmal die Stücke im Original anhören. Und siehe, äh höre da, schon rummst es aus den Boxen. Hier ist er also zu finden, der australische Alternative-Rock in der Variante von Dead Letter Circus. Wenn ich die Songs so höre, kann ich verstehen, dass die Vorgängeralben hohe Chart-Positionen erreichen konnten. Mit dieser Empfehlung im Gepäck spielten Dead Letter Circus erfolgreiche und umjubelte Konzerte in Australien, Amerika und auch in Europa. Und warum habe ich vorher noch nie etwas von dieser Band mitbekommen?
The Endless Mile im zweiten Versuch
Noch mit den Originalen im Ohr, versuche ich es ein zweites Mal mit The Endless Time. Und jetzt kommen die Lieder auch ganz anders bei mir an. Es ist schon verrückt, was man aus einem Song machen kann, wenn man die Musik komplett verändert, oder einfach auf das Wesentliche reduziert.
Der Opener The Mile erfüllt den Raum mit akustischen Gitarren und gekonnt eingesetztem Schlagzeug. Und die Stimme von Frontmann Kim Benzie überzeugt trotz seiner teilweise schon echt hohen Tonlage. Es passt einfach. Und genauso passend geht es auch weiter auf der endlosen Meile. Mit dem noch reduzierteren Lines und dem etwas schnelleren Disconnect And Apply wird der eingeschlagene Weg fortgesetzt. Bei dem letztgenannten Song gefällt mir der Einsatz von Streichern besonders gut.
Reggae-Sound und Urlaubsstimmung
Überraschen kann mich dann Are We Closer mit seinem Reggae-Sound und dem coolen Orgelspiel. Bei diesem Sound kommt man direkt in Urlaubsstimmung. Apropos Orgel, Ian Peres von Wolfmother hat bei insgesamt 8 Stücken Orgel bzw. Klavier gespielt.
This Life Awake und Alien schließen die sechs Songs der EP ab. Auch diese sind in diesen Arrangements echte Hinhörer.
Wieso denk ich jetzt an Maroon 5 und an ein Interview
Bei Here We Divide vom Album This Is The Warning komme ich nicht drum herum, an Maroon 5 zu denken. Was Dead Letter Circus von meiner Eingebung hält, werde ich mal im Interview erfragen, wir haben da nämlich eines in Vorbereitung. Auch Space On The Wall strotzt vor Streichern, aber deutet bisher am deutlichsten die ursprüngliche Musikrichtung an.
Mit While You Wait folgt ein von Akustikgitarren und Streichern getragenes Stück vom letzten Album Aethesis. Zwischenzeitlich möchte Sänger Kim Benzie anscheinend so richtig loslegen, aber er darf nicht. Zu Silence brauche ich nicht mehr viel zu schreiben, außer dass der Name Programm ist und neben Streichern und Klavier auch ein Kinderchor zum Einsatz kommt – oder halt Elektronik. Aber das weiß ich nicht genau.
Singleauskopplung One Step – auch im Original
Zu One Step, der ersten Singleauskopplung, haben wir euch gleich mal die neue und die alte Version bereitgestellt. In dem Song hat sich richtig oldschool-mäßig ein weiterer Song „versteckt“. Der Hidden-Song The Lie We Live war auch schon mal als Akustik-Bonustrack auf Aethesis neben der Originalversion zu hören. Aber auf The Endless Mile wurde eine andere Akustikversion eingespielt.
Hier könnt ihr jetzt die beiden Versionen von One Step anhören bzw. ansehen und euch selber eine Meinung bilden.
Die neue Version
Die Originalversion zum Vergleich
Die Frage an Dead Letter Circus: Warum das Ganze?
Da stellt sich mir doch zum Ende hin noch die Frage, warum macht Dead Letter Circus das Ganze eigentlich? Dazu erläutert Sänger Kim Benzie ausführlich die Bedeutung des neuen Albums im engen Kontext zu den bisher erfolgten Veröffentlichungen:
„Bislang haben wir zumeist nur vergleichsweise dilettantisch mit akustischen Interpretationen unserer Songs experimentiert. Gleichzeitig hatten wir immer die feste Absicht, einige Stücke irgendwann ernsthaft und komplett neu zu arrangieren, um herauszufinden, ob sie in zwei unterschiedlichen Welten funktionieren, ohne ihre tiefe Emotionalität zu verlieren. Der zehnte Jahrestag unserer EP war der perfekte Anlass für diesen Versuch. Allerdings nicht nur in Form einer neuen EP, sondern als vollwertiges Album, auf dem zusätzlich neue Versionen handverlesener Stücke unserer drei bisherigen Alben zu finden sind.
Als vages Konzept klang es zunächst nach purem Spaß, aber in der Realität haben wir uns zeitweise das Hirn mächtig zermartert. Grundlage der Songs waren immer die berühmten Gänsehautmomente, die wir unter Einsatz aller Kräfte unbedingt auch unseren Zuhörern vermitteln wollen. Es dauerte eine Zeitlang, bis wir diesen Zugang auch in einem deutlich großräumigeren Umfeld gefunden hatten. Aber mit dem neuen Album ist uns dieses Ziel zweifelsfrei gelungen.
Einige der Songs der Scheibe waren zuvor Singles, deshalb war es schwierig zu entscheiden, welche Nummer man als erstes herausstellen sollte. Zumal ich mir vor zehn Jahren für Dead Letter Circus kein Stück ausschließlich mit Klavier und Gesang hätte vorstellen können. Insofern ist ´One Step` sicherlich am weitesten von unserem ursprünglichen musikalischen Ansatz entfernt. Aber auf eine ähnliche Weise wie vor zehn Jahren begeisterte uns der Song auch diesmal wieder von der ersten Note an und klang sofort absolut richtig und episch. Wie fast alle abgespeckten Stücke der Scheibe erschien uns ´One Step` als perfekte Wahl.“
Gemischtes Fazit
Mir gefallen die insgesamt 12 Songs (einschl. des Hidden-Song) des Albums sehr gut. Zu beachten ist hierbei aber, dass es halt Neuinterpretationen von Alternative-Rock Stücken sind. Diese Re-imagined Songs leben von der Stromlosigkeit der elektrischen Gitarren und dem gekonnten Einsatz von Streichern, Orgel oder Klavier. Über allem steht die Stimme von Kim Benzie, die in allen Songs nichts an ihrer Intensität verliert und auch nie zu hoch, nervig oder sogar kratzig rüberkommt.
Als „Standalone Album“ würde ich The Endless Mile unserer Leserschaft nicht zum Kauf empfehlen, da es nicht unsere Zielgruppe trifft. Aber wenn man die Geschichte des Albums im Hinterkopf hat, ist es auch für unsere Leser interessant zu hören, was aus den Songs gemacht wurde. Und um mit der Freundin oder dem Freund rumzuknutschen, ist The Endless Mile absolut top.
Für Fans von Dead Letter Circus ist The Endless Mile eigentlich schon ein Muss, alleine um die Arbeit der Band zu würdigen. Und ich muss am Ende noch zugeben, dass ich froh bin dieses Album besprechen zu dürfen. Denn so konnte ich eine weitere tolle Band für mich entdecken.
Nun noch die Hardfacts zum Album: Veröffentlichung ist am 12.05.2017 und das Label ist Rodeo Star Records.
Dead Letter Circus sind:
- Kim Benzie – Gesang
- Clint Vincen – Gitarre
- Stewart Hill – Bass
- Luke Williams – Schlagzeug
- Luke Palmer – Gitarre
The Endless Mile Setlist:
- The Mile (Re-imagined)
- Lines (Re-imagined)
- Disconnect & Apply (Re-imagined)
- Are We Closer (Re-imagined)
- This Lie Awake (Re-imagined)
- Alien (Re-imagined)
- Here We Divide (Re-imagined)
- The Space on the Wall (Re-imagined)
- While You Wait (Re-imagined)
- Silence (Re-imagined)
- One Step (Re-imagined)
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Bildquellen
- dead-letter-circus-endless-mile-cover: Oktober Promotion
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