NEBALA: Lustuz (bereits erschienen)
„Lustuz“ von NEBALA (EP veröffentlicht im August 2020) (english version below)
Vor ein paar Tagen habe ich das Debüt-Album von NEBALA, dem musikalischen Projekt von Jonas Lorentzen (der bis 2019 Vocalist bei HEILUNG war) angekündigt. Dabei habe ich auch Bezug auf die EP „Lustuz“ genommen. Diese EP möchte ich euch heute ausführlicher vorstellen. Sie begleitet mich seit einigen Monaten und nimmt mich bei jedem Hören erneut mit in ein Wechselspiel aus Sehnsucht, Schmerz, Verlockung und Versenkung.
NEBALA ist ein Wort aus dem Urnordischen und bedeutet „Nebel“. Das Urnordische ist die älteste nordische Sprache, die uns bekannt ist. NEBALA verwendet diese Sprache in den Texten.
Außerdem spielt Jonas Lorentzen mit alten und neuen Klängen. Geschichten aus der nordischen Mythologie und Wörter, die auf Runensteinen in Skandinavien zu finden sind, waren Ausgangspunkte für philosophische Überlegungen. Diese philosophischen Aspekte sind weitere Fäden in dem komplexen Gewebe, das das Konzept hinter der EP „Lustuz“ bildet.
Klänge aus Musik und Sprache, die der aktuellen Zeit einen Spiegel vorhalten …
Der erzählerische ‚rote Faden‘, der sich durch die Lieder zieht, besteht aus Versen der Hávamál und der Skírnismál. Diese Verse sind Teile der Lieder – Edda. Sie enthalten Lebensweisheiten und Verhaltensregeln, die auch in der heutigen Zeit noch eine Bedeutung haben. Die Verse wurden von Dr. Mathias Nordvik aus dem Alt-Nordischen in das noch ältere Urnordisch übertragen.
Durch die Verwendung der urnordischen Sprache bekommen die Texte einen fast schon rituellen Charakter. Denn für Riten wurden immer schon ältere oder ausgestorbene Sprachen verwendet. Die Worte erhalten ihre Bedeutung und werden nicht durch die alltägliche Verwendung verändert.
In Zusammenarbeit mit Sebastian Gainsborough, der in seinen Kompositionen die Möglichkeiten von organischer und künstlich hergestellter Musik auslotet, hat Jonas Lorentzen Klanglandschaften geschaffen, die neu, anders und zugleich vertraut sind. Hier verbinden sich elektronische Musik und traditionelle Instrumente wie Rahmentrommel, Leier, tibetischen Klangschalen und verschiedenen Formen von Kehlgesang. Dabei hat er mit den Instrumenten experimentiert und sich mit ihren Möglichkeiten auseinandergesetzt.
So sind z.B. die Leiern anders gestimmt: tiefer oder nach indischen Tonsystemen.
…und eine Welt voller Magie entfalten
Hinter „Lustuz“ steht ein klares Konzept. Musik, Sprache und philosophische Aspekte bilden dabei einen Rahmen. Auf das, was im Inneren ist, kann sich jeder auf seine Weise nähern. So kann man die Magie der Musik oder dies Klangs der Wörter auf sich wirken lassen. Man muss die Wörter nicht ‚übersetzen‘ können, um sie zu verstehen.
„Safijan“ – Die Sehnsucht, mit dem anderen zu verschmelzen
Das erste Lied der EP heißt „Safijan“. Es ist durchzogen von sehnsuchtsvollem Gesang, der uns regelrecht in das Lied hineinzieht. Die Rhythmen der Trommeln entwickeln nach und nach eine beunruhigende Stimmung. Zartes Saitenspiel und helle Glockentöne lösen sie aber wieder auf. Dann wechseln sich weiblicher und männlicher Sprechgesang in einer aggressiven und ekstatischen Auseinandersetzung ab.
Die Verse aus der Hávamál, die Jonas hier verwendet, handeln von der Dunkelheit und Hinterhältigkeit von Männern und Frauen, die beim Umwerben des anderen oft eine Rolle spielen.
Mit „Safijan“ will Jonas Lorentzen die Vorstellung übermitteln, was passiert, wenn Männer und Frauen sich in einer Beziehung nicht hinter Masken verstecken. Wenn sie sich dem anderen so zeigen, wie sie sind: mit ihren hellen, angenehmen und ihren dunklen, unangenehmen Facetten.
So endet das Lied mit zärtlichen Klängen, die den Wunsch nach Vertrauen in sich tragen. Denn es braucht auch das Vertrauen in den anderen, um Masken abnehmen zu können.
Skīnanārijaz – alle Widerstände auflösen für die Erschaffung des Seins
„Skīnanārijaz“ beginnt beschwörend mit tiefen Vocals zu denen lauter und energischer werdend die Trommeln hinzukommen.
In der dazugehörenden Geschichte wirbt Skirnir für Freyr um Gerðr. Der Wunsch, die Begegnung, das Angebot, Zögern und Ablehnung und letztlich Verlangen und Lust werden in den Versen der Skirnismál nicht nur in einen körperlichen, sondern auch in einen kosmischen Zusammenhang gestellt.
Percussion und Stimmen entfalten einen rhythmischen und klanglichen Teppich, über dem der Gesang schwebt und von Sehnsucht, Wut, Fesseln und Schmerz singt.
Auch wenn man die Wörter nicht versteht, kann man fühlen, worum es geht.
Blōþa, Hunanga, Bōlanan Alu – ein ritueller Gesang um Fruchtbarkeitsgöttinnen und magischen Wörtern
In diesem Lied verwendet Jonas die Namen uralter Göttinnen sowie Wörter, die als magisch gelten. Grundlage ist hier die Geschichte aus der Hávamál, in der Odin den Skalden-Met entwendet, um ihn der Menschheit zu geben.
Dabei spielen Verwandlung und (spirituelle) Sexualität als Grundlage von Schöpfung, Kreativität und Inspiration eine Rolle.
Mehrstimmig und ruhig werden diese Wörter gesungen. Sie versetzen den Hörer in eine andächtige Stimmung. Wenn dann Trommel und Schellen hinzukommen, bekommt der Gesang eine intensive und eindringliche Kraft.
Hier verbinden sich Folk-Elemente und elektronische Musik, Dunkles, Kraftvolles und Ekstatisches zu unglaublich kompakten rhythmischen und klanglichen Strukturen. Es ist ein Stück, das einen nicht so schnell wieder loslässt.
„Lustuz“ – der Wunsch, in das Sein einzudringen und damit zu verschmelzen
In den letzten Monaten habe über mehrere Alben berichtet, in denen Elemente alter nordischer Musik oder alte nordische Sprache und Mystik eine Rolle spielen.
Mit „Lustuz“ erweitert NEBALA diese Aspekte um den Blick auf die tiefen Verbindungen zwischen nordischer und vedischer Kultur.
„Lustuz“ ist kein Metal. Aber die Spannung, die in den Liedern aufgebaut wird, die klangliche und rhythmische Intensität und das Hineingesogen – Werden in die Musik wird auch Hörern von Metalmusik in den Bann ziehen!
Mehr Musik von NEBALA gibt es hier und weitere Informationen dort.
Zum kommenden Album, das noch Frühjahr 2022 veröffentlicht wird, wird es auch hier etwas geben – und natürlich bei uns auf metal-heads.de
NEBALA: „Lustuz“ (released August 2020)
A few days ago, I announced the debut album of NEBALA, the musical project of Jonas Lorentzen (who was HEILUNG’s vocalist until 2019). I also referred to the EP „Lustuz“. Today I would like to present this EP to you in more detail. The EP has been with me for several months and every time I listen to it, it takes me into an interplay of longing, pain, temptation, and contemplation.
NEBALA is a word from Proto-Norse and means „fog“. Proto-Norse is the oldest Nordic language known to us. NEBALA uses this language in the lyrics.
In addition, Jonas Lorentzen plays with old and new sounds. Stories from Norse mythology and words found on rune stones in Scandinavia were starting points for philosophical reflections. These philosophical aspects are further threads in the complex fabric that forms the concept behind the EP „Lustuz“.
Sounds of music and language that hold up a mirror to the current time …
The common theme that runs through the songs are verses from the Hávamál and the Skírnismál. These verses are parts of the Poetic Edda. They contain advice for living, proper conduct and wisdom, which are still relevant today.
The verses were translated by Dr. Mathias Nordvik from Old Norse to the even older Proto-Norse.
The use of the Proto-Norse language gives the texts an almost ritualistic character. Because older or extinct languages have always been used for rites. The words retain their meaning and are not changed by everyday use.
In collaboration with Sebastian Gainsborough, who explores the possibilities of organic and artificially produced music in his compositions, Jonas Lorentzen has created soundscapes that are new, different and at the same time familiar. Electronic music and traditional instruments such as frame drums, lyres, Tibetan singing bowls and various forms of throat singing combine here. He experimented with the instruments and explored their possibilities.
For example, the lyres are tuned differently: lower or according to Indian tonal systems.
…and unfold a world full of magic
There is a clear concept behind “Lustuz”. Music, language, and philosophical aspects form a framework. Everyone can approach what is inside in their own way. So you can let the magic of the music or the sound of the words work on you. You don’t have to be able to ‚translate‘ the words to understand them.
„Safijan“ – The desire to merge into being
The first song of the EP is called „Safijan“. It is traversed by a yearning singing that downright draws us into the song. The rhythms of the drums gradually develop an unsettling mood. Tender string playing and bright bell tones dissolve them again. Then male and female chanting alternate in an aggressive and ecstatic confrontation.
The verses from the Hávamál used here by Jonas deal with the darkness and deviousness of men and women in the act of wooing.
With „Safijan“, Jonas Lorentzen wants to convey the idea of what happens when men and women do not hide behind masks in a relationship. When they show themselves to others as they are: with their bright, pleasant facets and their dark, unpleasant ones.
So the song ends with tender sounds that carry the desire for trust. Because it also takes trust in others to be able to remove masks.
Skīnanārijaz – breaking up all resistance to the creation of being
“Skīnanārijaz” begins evocatively with deep vocals to which the drums are added, becoming louder and more energetic.
In the accompanying story, Skirnir woos Gerðr on Freyrs behalf. The desire, the encounter, the offer, hesitation and rejection and finally desire and lust are not only placed in a physical but also in a cosmic context in the verses of Skirnismál.
Percussion and voices unfold a rhythmic and tonal tapestry of sound over which the singing hovers and sings of longing, anger, shackles and pain.
Even if you do not understand the words, you can feel what it is about.
Blōþa, Hunanga, Bōlanan Alu – a ritual chant about fertility goddesses and magic words
In this song, Jonas uses the names of ancient goddesses as well as words that are considered magical. The basis here is the story from the Hávamál, in which Odin steals the Skalden-mead to give it to mankind.
Thereby transformation and (spiritual) sexuality play a role as the basis of creation, creativity, and inspiration.
These words are sung in multiple voices and calmly. They put the listener in a devotional mood. When drums and bells are added, the singing takes on an intense and haunting power.
Here, folk elements and electronic music, dark, powerful, and ecstatic combine to form incredibly compact rhythmic and tonal structures. It is a track that will not let you go easily.
„Lustuz“ – the desire to penetrate and merge into being
In recent months I have reported on several albums in which elements of ancient Norse music or Old Norse language and mysticism play a role.
With „Lustuz“ NEBALA expands these aspects by looking at the deep connections between Nordic and Vedic culture.
„Lustuz“ is not Metal. But the tension that is built up in the songs, the tonal and rhythmic intensity and being sucked into the music will also captivate listeners of metal music!
More music from NEBALA can be found here and more information there.
There will also be something about the upcoming album, which will be released in spring 2022 here – and of course at metal-heads.de.
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Bildquellen
- nebala lustuz cover: NEBALA Jonas Lorentzen / By Norse Music
- nebala lustuz 3: NEBALA Jonas Lorentzen/By Norse Music
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