BLIND EGO im Interview – Kalle spricht…
BLIND EGO im Interview – Kalle spricht…
Anlässlich der Veröffentlichung des neuen Albums sprachen wir mit Kalle Wallner, der nicht nur die Gitarre bei BLIND EGO bedient, sondern auch federführend beim Songwriting bei der Band aktiv ist.
Wir von metal-heads.de sind ein in Duisburg angesiedeltes Magazin, welches sich getreu unserem Motto DISTORTION IS OUR PASSION mit der härteren Musikschiene (Rock, Metal und Co.) befasst. Verzerrte Gitarren sind die Minimalanforderung, die ihr ja spielend erfüllt. Wir von metal-heads.de folgen den Aktivitäten von BLIND EGO ja schon länger und haben euch mit Reviews und einem Konzertbericht gefeatured. Im Zusammenhang mit der Review eures aktuellen Albums (die erscheint auch rechtzeitig zum VÖ-Termin bei uns), hatte ich die Idee, dir mal ein paar Fragen für unsere Leser zu stellen.
Glückwunsch für das bisher erreichte Level
MH: zunächst einmal Gratulation. Ihr seid ja schon eine feste Größe in der Szene mittlerweile. Wenn so ein erstes Album herauskommt, zumal wenn es sich um ein „Side-Projekt“ neben einer bekannteren, etablierten Band handelt, fragt man sich ja, wieviel Zukunft das Ganze habt. Daher zur Einstiegsfrage: wo seht ihr euch mit BLIND EGO anno 2020 und ist das noch ein „Projekt“ oder seht ihr euch als feste Band?
KW: Ich mach mir dazu gar nicht so viele Gedanken. Am Anfang steht ja immer die Musik. Ohne die gibt es das ganze Projekt gar nicht. Und mit jedem neuen Song formt sich die Idee eines neues Albums und erst Schritt für Schritt kommen dann die Fragen bzgl. Line-Up, Album, Touren, etc.! Ich versuche mich da auf das Wesentliche und den nächsten Schritt zu konzentrieren. Im Moment freue ich mich sehr darüber, dass das Album nun endlich veröffentlicht ist, es großartige Kritiken bekommt und wir nun ab 29.02. wieder live auf der Bühne stehen können!
MH: dann die Frage, was das neue Album im Vergleich zu den vorherigen auszeichnet? Was ist anders (und was habt ihr vielleicht auch bewusst beibehalten, man spricht ja da gerne von Trademarks), wo seht ihr die musikalische Weiterentwicklung von BLIND EGO auf diesem Album?
Konzerte liefern neue Songideen
KW: Beim Songschreiben kalkuliere ich nicht. Wie jeder andere Künstler bin ich davon abhängig, was in meinem Leben oder darum herum in der Welt passiert, was mich inspiriert. Erst Nachhinein mit einigem Abstand kann ich Unterschiede und/oder Besonderheiten besser einschätzen. Aber mir fällt schon auf, dass das aktuelle Album vielleicht etwas straighter und härter ist. Auch die progressiven Elemente sind zwar noch da, aber vielleicht erst auf dem zweiten Blick erkennbar. Die Konzerte und das Line-Up zum „Liquid“-Album haben mich schon sehr inspiriert, vor allem auch welche Energie wir live entfachen konnten. So ist es auch sicher kein Zufall, dass ich viele neue Songideen unmittelbar nach unseren Konzerten hatte. Auf jeden Fall ist der Schritt vom ersten Album „Mirror“ gewaltig. Und wie immer finde ich Entwicklungen großartig, denn sie zeigen, dass die eigene Persönlichkeit sich weiterentwickelt hat und mit ihr die Musik.
MH: wenn man ja eigentlich mit einer Band schon eine entsprechende Position erreicht hat, was ist dann der Reiz, eine andere „Baustelle“ mit einer Formation wie BLIND EGO aufzumachen? Welche Limitierungen gibt es, die hiermit überwunden werden können?
Andere Stile ausleben – BLIND EGO
KW: So sehr ich es liebe, mit Yogi zusammen an RPWL Songs zu schreiben und experimentieren, gibt es noch immer die Seite in mir, die es musikalisch gern rockiger und härter möchte. Ich selber höre auch nach wie vor sehr viel Rockmusik. Deswegen schreibe ich auch immer viele Songs, die einfach schon eine andere Art Sänger brauchen als Yogi. Und so bin ich sehr glücklich, dass ich mir mit BLIND EGO die Möglichkeit geschaffen habe, diese härtere Seite von mir ausleben zu können. Ich würde in diesem Zusammenhang nicht von zu überwindenden Limitierungen sprechen, sondern von zusätzlichen Möglichkeiten, durch die ich mein musikalisches Leben sehr bereichern kann.
MH: seid ihr mit dem bisher erreichten Level an Bekanntheit etc. zufrieden bzw. habt ihr vielleicht sogar die (eigenen) Erwartungen übertroffen? Wie sehen die Ziele für die kommenden, sagen wir 5 Jahre aus? Was wollt ihr da noch bewegen?
Das Ganze nur wegen der Musik
KW: Mein Antrieb, Musik zu machen, war niemals der, möglichst bekannt zu werden, sondern schlichtweg der Musik wegen. Für mich was das von Anfang an die Möglichkeit, der Welt zu entfliehen, und Emotionen und Geschehnisse in meinem Leben zu verarbeiten. Deshalb kann ich die Frage nicht wirklich beantworten. Ich mache das, was ich am besten kann und wenn es Leute anspricht und gefällt, ist das mein größte Belohnung. Ich natürlich dennoch, dass ich noch viele Alben produzieren und unzählige Konzerte spielen kann!
MH: ihr spielt ja regelmäßig in Oberhausen (unsere Nachbarstadt!) in einem kleineren Venue. Das finde ich persönlich cool und passend. Aber jeder denkt da bestimmt anders. Wie ist es bei euch…bevorzugt ihr den kleinen Gig im stickig heißen Club, die große Show in der riesigen Multifunktionshalle oder eher den Festivalauftritt (auch wenn das letztlich bedeutet, nachmittags im Sonnenlicht auf die Bühne zu gehen)? Erklärt uns bitte auch warum?
Live vor 10.000 Fans – NIGHT OF THE PROG
KW: Ich mag eigentlich jede Art von Konzert, als Besucher mittlerweile lieber die kleinen als die riesigen Stadion-Shows, wo einfach viel unter geht. Die Atmosphäre ist natürlich auch anders. Bei unserem Live-Album „Liquid live“ ging es genau darum: es gibt die DVD, gedreht als One-Shoot-Film mit nur einem Kameramann, der unser Konzert im Logo Hamburg ohne Schnitt vom Backstage bis zum Ende gefilmt hat und es gibt den Audiomitschnitt von Night Of The Prog Festival auf der Loreley vor 10.000 Leuten. Das spannende dabei ist, dass es total anders ist, dennoch aber beide Male eine großartige Wirkung entfacht hat. Das sehe ich irgendwie auch als Kompliment an unsere Musik und unser Line-Up. Nur damit kann man das so rüberbekommen. Und es zeigt, dass BLIND EGO beides kann: große Festival-Bühne und kleiner Club.
MH: welche Supporterfahrungen habt ihr bisher mit großen Acts der Szene? Wenn wir an das Thema an Live-Auftritte denken…mit welcher Band würdet ihr mal gerne in Zukunft touren und warum gerade mit diesem Act?
KW: Soviel Support haben wir mit BLIND EGO noch gar nicht gespielt. Es gibt da eine ganze Reihe toller Bands und Künstler. Schwer, da einen einzelnen zu nennen. Beim überlegen denke ich aber eher mehr daran, wen ich selber gern als Zuseher erleben möchte als als Support Act. Meistens kriegt man ja von den anderen Bands leider gar nicht so viel mit, wenn man selber spielt.
Kein Konzeptalbum – BLIND EGO
MH: aber zurück zum aktuellen Release. Erzähl mal was zur Entstehung von „Preaching to the choir“. Worum geht es inhaltlich und wie hat sich das Material entwickelt?
KW: Meine Songs handeln ja zumeist eher von eigenen Emotionen, meistens eher extremen. Auf dem neuen Album gibt es aber auch andere Themen, bei denen man auch in andere Rollen schlüpft oder sich spezielle Situationen vorstellt. „Line in the sand“ finde ich auch deshalb so gelungen, weil Musik und Lyrics extrem gut zusammenpassen. Es geht dabei um jemand, der seine letzten Momente im Leben Revue passieren lässt, auf dem Boden sitzt und vor sich im Sand hinkritzelt, bevor er Suizid begeht. „Preaching to the choir“ ist ja das Idiom für „offene Türen einrennen“. Natürlich sieht man dann auch den Priester vor sich, der vor der Gemeinde predigt, die er ja gar nicht überzeugen muss, weil er sie eh schon sozusagen „im Sack hat“. Aber dieses Bild lässt sich auch leicht auf die Politik oder auch die sozialen Netzwerke übertragen. Überall, wo es die oft zitierte „Filterblase“ gibt, wo man Populismus findet oder Dialog vermisst.
Aber das Album ist kein Konzeptalbum, jeder Song hat seine eigene meist persönliche Geschichte. „Preaching to the choir“ habe ich allerdings als das interessanteste Thema empfunden.
MH: ich habe neulich ein Interview mit Björn von KILLUSTRATIONS geführt. Er designt die Shirts für das RAGE AGAINST RACISM-Festival in Duisburg, bei dem wir als offizieller Medienpartner sehr aktiv involviert sind. Er hat ja auch euer Albumcover gestaltet. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und wie wichtig findet ihr die Gestaltung des Covers für die Vermarktung eines Releases?
Das Album-Cover und seine Botschaft
KW: Ich bin schon oft über Björns Illustrationen gestolpert. Er ist ein großartiger Künstler! „Preaching to the choir“ schien mir das richtige Thema für eine Arbeit von ihm zu sein. Wir haben viel über den Albumtitel und seien Bedeutung gesprochen. Letzten Endes war es seine Idee, die Thematik auf diese Weise auf das äußerste zu simplifizieren: ein Kind, das zu seiner „eigenen Gemeinde“ spricht. Und mit seinen Bildern wie der Sandkasten in der Wüste hat er das Thema noch um viele Details erweitert. Ich finde es extrem gelungen und es past perfekt zum Titelsong. Björn hat da wirklich einen sensationellen Job gemacht. Und die Vermarktung scheint ja auch zu funktionieren. So wie Ihr mich nach dem Cover fragt, haben das auch bereits alle anderen Interviewer vor Euch getan.
MH: wenn wir einen Blick in die nähere Zukunft werfen…so 2020/2021…gibt es da schon Pläne für weitere Live-Auftritte nach der Tour im März (die Termine stellen wir im Rahmen der Review vor)?
KW: Wir sind dran und wollen noch viele Konzerte spielen. Vielleicht ergibt sich ja auch noch das eine oder andere Festival.
Welche Einflüsse sieht Kalle Wallner?
MH: wo seht ihr musikalisch eure wesentlichen Einflüsse? Und kannst du mir sagen, wie die „Arbeit“ beim Schreiben der Songs bei euch aufgeteilt ist und wie das praktisch vor sich geht.
KW: Ich habe schon so viele Alben geschrieben und produziert. Die Frage ist unmöglich zu beantworten, zumal viele Einflüsse auch keine musikalischen sind: Bücher, Zeitgeschehnisse, interessante Gespräche oder extreme Emotionen: beinahe alles lässt ich ich in Songs umwandeln. Wenn Du mich hingegen nach meinen musikalischen Wurzeln meiner Kindheit und Jugend fragst: ich bin mit viel Hardrock und Heavy Metal aus den Spätsiebzigern bzw. 80ern aufgewachsen: LED ZEPPELIN, QUEEN, DEEP PURPLE, METALLICA, AC/DC, IRON MAIDEN, usw.! Über Artrock/Prog bin ich erst viel später gestolpert und mittlerweile höre ich das gar nicht mehr so viel. Zu viele Bands, die keine guten Songs mehr schreiben und sich stattdessen in nicht mehr endenden Soli verwirklichen. Ich persönlich mag das nicht so gern, sondern höre lieber mehr Songs. Das spiegelt sich sicher auch in meiner eigenen Musik wieder.
MH: wenn wir jetzt an Musikfans, vielleicht gerade aus der Progschiene denken, die euch noch nicht kennen. Oder z.B. für Jemanden, der euch erst jetzt entdeckt. Wie würdest du eure Musik in wenigen Worten erklären und warum sollte man euch eine Chance geben und sich das neue Material unbedingt anhören?
Mit Spaß und Energie Musik machen…
KW: Rockig, authentisch, viel Energie und vor allem auch auf der Bühne einen riesigen Spaß am Musik machen! Die Musik nicht zu einfach, aber auch nicht zu kompliziert. Man kann auch seine Freundin zum Konzert mitbringen. 😊
MH: Kinder, wie die Zeit vergeht…unser heutiges Interview geht dem Ende zu. Die letzten Worte gebühren bei uns traditionell unserem jeweiligen Interviewpartner. Ihr habt jetzt die Chance, unseren Lesern und euren Fans da draußen mitzuteilen, was ihr schon immer mal loswerden wolltet. Zu BLIND EGO, zu Musik, dem Business, dem Klimawandel oder…
KW: Da halte ich es mit Douglas Adams: „So long and thanks for all the fish.“
MH: Danke für dieses interessante Interview und die entsprechenden Einblicke in eure Musik etc. Schön, dass ihr euch Zeit genommen habt und ich würde mich echt freuen, euch mal wieder live auf Tour zu erleben.
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Bildquellen
- Blind Ego 19.01.17 Zentrum Altenberg Oberhausen: (c) Chipsy/www.metal-heads.de
- Blind Ego Album Cover – Preaching to the choir: CMM Online
- Blind Ego Album Cover – Preaching to the choir – Titel: CMM Online
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