Hansi Kürsch zu Gast in der Talkreihe „Mensch, Krefeld“
Hansi Kürsch war am 25. November im Rahmen der Talkreihe „Mensch, Krefeld“ in der Sparkasse Krefeld zu Gast und wir von metal-heads.de waren für euch dabei.
Mensch, Krefeld
In der Talkreihe „Mensch, Krefeld“ laden die Sparkasse Krefeld und die Westdeutsche Zeitung (WZ) regelmäßig Gäste ein, die in Krefeld geboren sind oder hier maßgeblich gewirkt haben. Ihr Thema ist immer eng mit Krefeld verbunden. Das Prinzip der neuen Gesprächsreihe „Mensch, Krefeld“ ist ganz einfach: ein Gast, ein Thema, eine Stunde – und das jeweils am letzten Montag eines Monats. Nach Fußball-Trainer Friedhelm Funkel und Bestseller-Autor Bernhard Hennen war jetzt Blind Guardian Sänger Hansi Kürsch eingeladen.
Hansi Kürsch in der Heimat zu Gast
Der Sänger ist zwar (wie er zu seiner Schande gesteht) in Lank-Latum geboren, aber in Krefeld aufgewachsen und hat dort sein ganzes Leben verbracht. Zu dem ausführlichen Interview mit WZ-Redaktionsleiter Christian Herrendorf waren 100 Zuschauer eingeladen. Wir gehörten dazu und fassen für euch zusammen, was Hansi zu erzählen hatte.
Die Kleiderfrage
Für den Redaktionsleiter ist es nach eigenen Bekunden recht ungewohnt, nahezu vollständig von schwarz gekleideten Menschen umgeben zu sein. Das führt zu der Frage, ob Hansi denn auch „nicht schwarze“ Sachen in seinem Kleiderschrank habe. Dieser entgegnet schmunzelnd, dass er einige nicht schwarze Polohemden besitze. Grundsätzlich habe die Band sich aber entschlossen, dass schwarz ihre vorrangige Farbe sei.
Legacy Of The Dark Lands
Weiter geht es mit einem aktuellen Thema: das Orchesteralbum von Blind Guardian’s Twilight Orchestra mit dem Titel „Legacy Of The Dark Lands“ (HIER unsere Review). Hansi gibt zu, dass die Band sich schon einen Überblick über die Rezensionen verschafft, aber unsachliche Reviews dabei ausblendet. Über die aktuell positive Resonanz ist man natürlich sehr erfreut. Die Arbeiten an dem Werk waren selbst für Blind Guardian Verhältnisse ungewöhnlich lang. Das Buch „Die Dunklen Lande“ von Markus Heitz erschien aus Zeitgründen daher als Prequel. Die Suche nach dem richtigen Orchester war eine der schwersten Aufgaben. Mit dem Prager Filmharmonic Orchestra wurde aber schließlich die ideale Wahl getroffen. Die Musik entstand nach Grundideen von Blind Guardian Gitarrist André Olbrich. Das Orchester legte dann vor und anschließend wurden die Gesangsspuren von Hansi aufgenommen. Mit dem unter Mithilfe modernster Technik entstanden Ergebnis ist die Band sehr zufrieden.
Beginn der Musikerkarriere im Linner Fanfarencorbs
Der Beginn von Hansis Musikkarriere war – ganz und gar unmetallisch – als Mitglied des Linner Fanfarencorbs. Als Gitarrist eher untalentiert wechselte er zum Bass. Den Gesang übernahm er zunächst mehr gezwungenermaßen, bis er sein Gesangtalent entdeckte. 15 Jahre klassischer Gesangsunterricht sind sicherlich mit ein Grund für die enormen Stimmfähigkeiten über die er heute verfügt.
Die Suche nach dem Bandnamen
Zu Beginn hatten die späteren Blind Guardian noch unter dem Bandnamen Lucifer’s Heritage ein Demo veröffentlicht. Da der Name zu sehr nach Black Metal klang, musste für das 1. Album („Batallions Of Fear“) ein neuer gefunden werden. Nach einigen vergeblichen Anläufen wurde man schließlich bei den eigenen Songtiteln fündig. So entstand aus „Guardian Of The Blind“ der Name Blind Guardian.
Über Demos zum Plattenvertrag
Während es vielen Bands in den 70’er und 80’er Jahren über zahlreiche Liveauftritte gelang, einen Plattenvertrag zu erlangen, wählten Hansi und Co. einen anderen Weg. Sie spielten zunächst nur einige Livegigs in Krefeld und Umgebung. Beim ersten Auftritt auf einem Schulkonzert, erinnert sich Hansi Kürsch, wurde ihnen nach 5 – 6 Songs vom Hausmeister der Strom abgedreht. Den Plattenvertrag konnten sie schließlich über die Demos ergattern. Live war die Band zunächst noch nicht sehr aktiv, so spielte man nach dem 2. Album „Follow The Blind“ ausschließlich Konzerte am Wochenende.
Privates von Hansi Kürsch
Hansi Kürsch wurde als Jüngster von vier Kindern in Lank-Latum geboren. Nach dem Besuch der Höheren Handelsschule absolvierte er auf Wunsch der Eltern eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Auf der Handelsschule lernte er neben seinem Bandkollegen André Olbrich auch seine spätere Frau kennen. Andere Bandmitglieder konnten durch den Zivildienst „einen Job verhindern“, wie es Hansi ausdrückt. Die Verweigerungsschreiben hatte Hansi für sie verfasst. Die Eltern konnten mit der Musik von Blind Guardian nichts anfangen, waren aber zufrieden als absehbar war, dass „der Junge davon leben kann“.
Bilderschau – lange Haare und Wacken
Es folgt eine kleine Bilderschau mit (vorwiegend alte) Fotos. Zunächst hatte auch Hansi die für Metaller typischen langen Haare, aber nachdem sie altersbedingt zu dünn wurden, gefiel es ihm einfach nicht mehr. André hätte diesbezüglich einfach bessere Gene. Das Wacken Open Air hatte für die Band immer schon eine große Bedeutung. Allerdings war, als sie erstmals vor rd. 1.500 Leuten dort spielten, noch nicht annähernd absehbar, dass die sich Wacken einmal so gewaltig entwickeln würde. Hansi kann sich noch erinnern, dass das Catering zu Beginn aus einer Kiste Bier, einem Graubrot und Gulaschsuppe bestand.
Das eigene Tonstudio
Ihr eigenes Tonstudio in Grefrath (Twilight Studio) erwarb die Band zunächst aus familiären Gründen. Es erlaubte der Band abseits vom Tourleben, ein Familienleben mit geregelten Abläufen zu führen. Es wird neben den Albumaufnahmen überwiegend von Hansi frequentiert. Er nutzt es zum Komponieren, für Gesangsübungen und administrative Tätigkeiten, da die Band kein externes Management hat. Bandproben finden dort allerdings nicht mehr statt, denn dazu sagt der Sänger leicht schmunzelnd: „wer probt, ist feige“!
Schonender Umgang mit der Stimme
Als absoluter Vollprofi pflegt Hansi Kürsch einen sehr verantwortungsvollen Umgang mit seinem Kapital, seiner Stimme. Neben den täglichen Gesangsübungen und dem intensiven Einsingen ist auch der allenfalls gemäßigte Konsum von Alkohol nach der Show unumgänglich. Seine große Erfahrung hilft ihm dabei, seine Stimme bei Konzerten äußerst kontrolliert einzusetzen und – wenn es sein muss – auch mal etwas Power raus zu nehmen., denn „eine Stimme regeneriert nicht so schnell, wenn sie überansprucht wurde“.
Blind Guardian Weine und die KuFa
Angesprochen auf die Blind Guardian Weine, gibt Hansi zu Protokoll, dass sie dazu bequatscht wurden. Der erste unter ihrem Namen veröffentlichte Wein sei einfach furchtbar gewesen. Beim zweiten Wein durften sie im Vorfeld verproben und er sei dann auch recht akzeptabel geworden. Die Kulturfabrik in Krefeld, in der die Band ihren Warm-up Gig für die „Beyond The Red Mirror“-Tour spielte, bezeichnet Hansi als eine Art Wohnzimmer der Band. Nach dem Umzug in neue Räumlichkeiten gefällt sie ihm heute wesentlich besser als früher.
Entwicklung der Band
Zur Entwicklung der Band meint Hansi, dass sie mit ihren Aufgaben gewachsen sei. Von einer Metal-Band habe sie sich zu einer Tolkien-Band entwickelt. Mit „A Night At The Opera“ sei erneut ein neues Kapitel aufgeschlagen worden, dass mit dem Orchesteralbum seine Höhepunkt und möglicherweise vorübergehenden Abschluss gefunden habe. Interessant dabei die Aussage, dass der überlange Song „And Then There Was Silence“ der erste Nummer 1 Hit der Band in Spanien wurde.
Internationales Publikum
Die Guardians hatte schon recht früh großen Erfolg in Japan. Sie seien dort häufig im Radio gespielt worden, wobei vielleicht der Einsatz von Kais Hansen (Ex-Helloween) auf „Follow The Blind“ als Türöffner gedient habe. Die Publikumsreaktionen in der Ländern seien erstaunlich unterschiedlich. So werden in Japan oftmals die Gitarrensoli als Höhepunkt gefeiert. Insgesamt seien die Asiaten aber eher zurückhaltend. Das Publikum bestehe dort zu etwa 70% aus Frauen und vielen Teenies. Ein schwieriger Markt war und ist der nordamerikanische Sektor. Auch wenn sich die Einschätzung des damaligen Labels Virgin, für Blind Guardian interessiere sich in den USA niemand, als Fehleinschätzung entpuppte (nur durch einen Hinweis von Jon Schaffer von Iced Earth wurde Blind Guardian dort überhaupt aktiv), sind die Zuschauerzahlen doch nicht mit denen in anderen Ländern vergleichbar. Metal ist dort eher eine Underground-Szene mit Potential.
Nebenprojekte und Charterfolge
Das von Hansi Kürsch zusammen mit dem oben erwähnten Jon Schaffer von Iced Earth betriebene Nebenprojekt Demons & Wizards (welches Anfang 2020 ein neues Album veröffentlichen wird) sieht er als willkommene Abwechslung zu Blind Guardian und als gelegentliche Rückkehr in den puren rauen Heavy Metal an. Charterfolge seien heutzutage nicht mehr so wichtig („Legacy Of The Dark Lands ist in Deutschland auf #7 eingestiegen). Während in der 80’ern bereits eine Platzierung unter den Top 40 enorm wichtig war, seien heute eher die Verkaufszahlen nach 1 Jahr von Bedeutung für den Erfolg eines Albums.
Soziale Medien und Streamingdienste
Die über 680.000 Facebook -Follower und 76.000 Abonnenten des YouTube-Kanals der Band seien zwar eine schöne Sache, aber die Streamingdienste würden das Geschäft schon erheblich erschweren. So müsse ein Album schon ca. 700-fach gestreamt werden, um mit einem gekauften Album wirtschaftlich gleich zu ziehen.
Hansi Kürsch ist mit Leib und Seele Krefelder
Hansi fühlt sich mit Leib und Seele als Krefelder. Er hat hier sein gesamtes Leben verbracht und sieht auch keinen Grund hier wegzuziehen. Er kann hier auch nachwievor ein ganz normales Leben führen. Er fühlt sich generell dem Niederrhein gegenüber sehr verbunden und das (leider zwischenzeitlich) abgebaute Bayer-Kreuz und die Burg Linn seien für ihn immer mit „nach Hause kommen“ verbunden gewesen. Da ihm nur die Burg geblieben sei, wurde Teile der Sprech- und Geräuschpassagen für das Legacy-Album auch mit hohem technischen Aufwand dort aufgenommen. Der benötigte Donner sei (wie als ein höheres Zeichen) dann auch genau zur rechten Zeit gekommen.
Gute Aussichten für die Zukunft
Zum Abschluss gibt es dann noch gute Nachrichten aus dem Hause Blind Guardian. So verkündet Hansi Kürsch, dass die Band zur Zeit am neuen „regulären“ Album arbeite und die Zeit dafür ungefähr ein Jahr in Anspruch nehme. Anschließend will die Band ausgiebig touren und für Ende 2021/Anfang 2022 ist dann geplant, das Orchesteralbum auf die Bühne zu bringen. Hansi ist der festen Überzeugung, dass Blind Guardian noch lange nicht am Ende sind. Sie haben reichlich neue Ideen und sogar ein zweites Orchesteralbum ist fest in Planung.
Nach einer äußerst kurzweiligen Stunde endet das Interview pünktlich und wir bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich bei der Sparkasse Krefeld und der WZ, die uns die Teilnahme ermöglicht haben und natürlich bei Hansi Kürsch für den umfassenden Einblick in seine Welt.
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Bildquellen
- Mensch, Krefeld: (c) metal-heads.de - RalfiRalf
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