„Wild Child“ Blackie Lawless kann es immer noch – W.A.S.P. live in Oberhausen (Turbinenhalle 2/25.09.2015)
Freitag Abend, kurz vor Sieben. Ich stehe erwartungsvoll mit ca. 200 anderen Metalfans vor der Turbinenhalle in Oberhausen und warte darauf, dass sich die Türen öffnen. Anhand des Durchschnittsalters der anwesenden Fans – es dürfte hier und heute um die 40 liegen – kann man schon auf die Art des Sounds schließen, der gleich zum Besten gegeben wird. Die Band, die nachher die altehrwürdige Turbinenhalle rocken wird, macht schon seit 33 Jahren die Bretter, die die Welt bedeuten, unsicher: W.A.S.P.!!!
Daher sieht man auch massenhaft T-Shirt mit dem Namenszug des „Wild Child“ der Band: Blackie Lawless.
Zivile T-Shirt-Preise und zwei Vorbands: SNAKEBITE und DOUBLE CRUSH SYNDROME
Endlich! Es ist 19 Uhr, die Türen öffnen sich und die Masse strömt in die Halle.
Mein erster Weg führt zum Merchandising-Stand. Und der erste Pluspunkt des Abends ist schon gemacht.
Die T-Shirtpreise bewegen sich in einem angenehmen Rahmen von 25 €. Das ist bei Bands in dieser Größenordnung schon lange nicht mehr Usus. Preise von 30 € und mehr für ein normales T-Shirt sind keine Seltenheit.
Auf der anderen Seite der Halle noch ein Merchstand. Eigentlich dachte ich, dass W.A.S.P. heute alleine auftreten werden, da ich im Vorfeld nirgendwo anderweitige Informationen finden konnte. Umsomehr bin ich nun überrascht, hier und heute noch zwei weitere Combos zu erleben, die für den Hauptact W.A.S.P. anheizen würden. Da bin ich aber mal gespannt….
Pünktlich um kurz nach 20 Uhr gehen die Hallenlichter aus und ein Raunen durch die Menge.
Die erste Band des Abend betritt die Bühne.
Hierbei handelt es sich um Snakebite.
Eine aus dem Ruhrpott stammende Band, wie Sänger und Gitarrist Nikki Wagner nach dem ersten Song dem Publikum mitteilt. Die Jungs freuen sich, heute mit W.A.S.P. die Bühne teilen zu können und spielen dementsprechend mit viel Lust und guter Laune auf.
Der Sound ist eine Mischung aus Hard Rock der 70er und 80er Jahre mit Glam-Sleaze-Rock-Einschlag.
London, New York, Oberhausen, 3-Wetter-Taft macht´s möglich
Aufgrund der strohblond gefärbten, langen Haare des Sängers sowie auch des Bassmanns Alex durfte man auch genau das erwarten.
Durch Einsatz von mindestens zwei Dosen Haarspray hält die auftoupierte Matte 1A.
Kein noch so wildes Stage-Acting kann diese Frisuren zerstören.
Der Set wird souverän durchgezogen, was das Publikum mit mehr als nur Achtungsapplaus honoriert.
Wer auf gut gemachten Hard Rock/Glam Rock aus deutschen Landen steht, ist bei Snakebite gut bedient.
Derselbe Drummer und Andy von SODOM
Nach kurzer Umbaupause kommt die zweite Band des Abends auf die Bühne.
Schlagzeuger Julian Fischer von Snakebite lässt Drumset und Hocker einfach stehen.
Selbiger darf nämlich auch bei Double Crush Syndrome in die Felle hauen.
Double Crush Syndrome sind ein Trio, liefern aber einen Sound ab, der sich gewaschen hat.
Haben die noch jemanden neben oder hinter der Bühne versteckt, der mitspielt und den ich nur noch nicht gesehen habe?
Die Band um Andy Brings (Git./Voc.), den wahrscheinlich noch einige von seiner Zeit Anfang der 90er bei Sodom kennen, spielt gut nach vorne gehenden, dreckigen Rock, der sich gewaschen hat.
„She´s a Pistol“ ist ein klasse Song als Opener, der mit einem derartigen Mitgeh-Refrain daherkommt, dass er sofort im Kopf hängenbleibt.
Es folgen Lieder wie „We live on Mount Whateverest“ – den Andy übrigens extra als „einen wirklich richtig guten Song“ ankündigt – und „Fuck you is the Answer“.
Letzterer scheint Programm der Band DOUBLE CRUSH SYNDROME zu sein. Denn die Tracks werden in ordentlicher Manier runtergerotzt, da muss man einfach mitgehen.
Wer bei dieser Mucke noch die Füße oder seinen Kopf stillhalten kann, ist hier und heute garantiert in der falschen Halle gelandet.
Bassist Slick Prolidol fällt nicht nur durch seinen wuscheligen Irokesen-Haarschnitt sondern auch durch solides Fundament im Tieftonbereich auf.
Gerockt wird, was das Zeug hält, und zwischen den Songs hat Andy Brings immer ein paar auflockernde Sprüche parat.
Letzter Song von DCS ist „We die for Rock `n` Roll“.
Mitsingen erlaubt
Der eingebaute Mitsingpart wird anfänglich nur durch schüchternes Mitsingen gefeiert, doch gegen Ende fallen auch im Publikum alle Hemmungen und es wird lauthals mitgesungen.
Vieleicht liegt es daran, dass Andy seit geraumer Zeit oben ohne spielt und sich und das Publikum ständig versucht, heiß zu machen, indem er mit seinem Zeigefinger im Wechsel Zunge und Brustwarzen berührt 😉
Alles in allem ein mitreissender Auftritt.
Die Menge ist bereit für den Headliner des Abends
Die letzte Umbaupause wird von mir genutzt, um schnell noch anne Theke ´n Bier reinzuschmeissen.
So! Kann losgehen.
Die Bühne verdunkelt sich und hinter, sowie rechts und links neben den Drums leuchtet auf drei riesigen LED-Leinwänden ein fettes W.A.S.P.-Emblem auf.
Gänsehaut pur und „Herr Gesetzlos“ im Spandex-Vollkörperanzug
Gänsehaut pur. Auf der Bühne wird noch ein bisschen Bodennebel versprüht, und ab geht’s.
Mastermind Blackie Lawless und seine drei Mitstreiter betreten die Bühne der Oberhausener Turbinenhalle 2.
Wow. Schon eine Persönlichkeit dieser Herr Gesetzlos.
Von Nahem sieht man Blackie Lawless schon an, dass die Jahre des Rock `n` Roll nicht spurlos an ihm vorüber gegangen sind.
Unter seinem Spandex-Vollkörperanzug – gepaart mit weißen, hohen Fransen-Lederstiefeln – kann man schon ein mehr oder weniger kleines Bäuchlein entdecken.
Auch sein Gesicht hat auch schon mal frischer gewirkt.
But, that’s Rock.
Und daran gibt’s ab der ersten Minute absolut keinen Zweifel.
Es geht los mit „On your Knees“ , „Inside the Electric Circus“ und „The real Me“.
Ohne Pause oder Ansage wird hier durchgerockt.
Blackies stimme klingt hammergeil.
Hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Unweigerlich wird man in den Bann gezogen. Rock’s not dead, kann man hier wohl sagen.
Die mittlerweile fast komplett gefüllte Halle feiert.
Eine Welt-Tour, ein Beinbruch und – zack – sind 6 Jahre bis zum neuen Album rum
Danach begrüsst Blackie seine Fans.
Drei neue Songs vom bald erscheinenden Album „The bloody Road to Golgotha“ sollen gespielt werden.
Frisches Material nach sechs Jahren Albumabstinenz (wir von metal-heads.de berichteten hierüber bereits – und zwar hier !!!)
Warum das alles so lange gedauert hat?
Blackie gibt uns die Antwort.
Nach eine sechsmonatigen Welttour in 2012 hatte er nichts besseres zu tun, als sich einen schweren Beinbruch zuzuziehen.
Da war dann ausreichend Zeit für viele Interviews, in denen er mal von einem wohl sehr erfahrenden Journalisten gefragt wurde, warum das denn so lange dauert eine neue Platte einzuspielen – schließlich hat man die ja in einer Stunde gehört, also könnte man ja in gleicher Zeit auch mal eine aufnehmen.
Gelächter im Publikum.
Blackies Antwort an den Journalisten ist nicht weniger amüsant. „Maybe i’m just slow“.
Nach dieser kleinen Anekdote geht’s weiter im Text.
Die Meute verlangt nach Musik.
„Love Machine“ ist für mich einer der ersten Klassiker.
Lautstark wird mitgesungen.
Spielfreude pur bei W.A.S.P.
Doug Blair an der Gitarre (für die Gitarrenbegeisterten unter euch: er spielte auf einer tollen ESP Eclipse mit Floyd Rose und rotem Griffbrett) und Mike Duda am Fender Precision toben auf der Bühne wie von der Tarantel gestochen rum.
Die Instrumente werden herumgeschleudert und auch der sehr starke Backgroundgesang kommt nicht zu kurz.
Spielfreude pur.
Weiter geht´s mit dem ersten neuen Song. „Lost Runaways“.
Das Lied klingt gut, eindeutig nach W.A.S.P.
Nichts dran auszusetzen.
W.A.S.P. verlassen die Bühne, Fans starren auf die Leinwände
Nach „Crazy“ verlassen W.A.S.P. die Bühne.
Die während der Songs zur Untermalung eingesetzten Leinwände sind das einzige, was jetzt zählt. Gebannt starren alle auf die Leinwände, auf denen eine Geschichte abläuft und dazu Musik aus der Konserve ertönt.
Mhhhh. Nach fünf Minuten betritt Doug Blair mit seiner Gitarre wieder die Bühne und es geht endlich mit Livemusik weiter. „Arena of Pleasure“ gefolgt vom neuen Song „Miss you“.
Beim Lied „Hellion/I don’t need no Doctor“ kommt wieder besinnliche 80´s Stimmung auf.
Macht echt ´ne Menge Spaß, hier dabei zu sein.
Neuer Song „Golgotha“ macht Vorfreude auf das neue Album
Der letzte Song des Abends wird angekündigt: „Golgotha“.
Eine saustarke Midtempo-Rock-Nummer mit sehr langem, gefühlvoll melodischem Gitarrensolo zum Ausklang.
Gute Promovorstellung für das neue Album. Macht Vorfreude auf mehr.
W.A.S.P. mit absoluten Klassikern bei zweiter Zugabe des Abends
Die Jungs gehen von der Bühne. Der eigentliche Auftritt ist vorbei.
Man lässt sich jedoch nicht lange bitten, kommt schnell wieder und feuert „Chainsaw Charlie“ mit dazugehörigem alten Videoclip auf der Leinwand auf die Menge ab. Gefeiert verlässt die Band wieder die Bühne.
Diesmal sollte es etwas länger dauern, bis die Herren aus den Katakomben wieder zurück on stage erscheinen.
Für das lange Warten gibt’s jetzt aber nochmal die W.A.S.P.-Vollbedienung.
Blackie schreit ins Mikro „I’m a Wild Child“ gefolgt von „I wanna be somebody“ !!!
Viel Lob, ein Wermutstropfen
Absolute Klassiker der Bandgeschichte. Die Halle steht Kopf.
Mein Fazit:
Ich werde diesen Abend mit W.A.S.P. so schnell nicht vergessen.
Die Band hat sich von einer äußerst spielfreudigen Seite gezeigt.
Blackie hat allen Äußerlichkeiten zum Trotz immer noch eine Stimme und eine Ausstrahlung zum Niederknien.
Die neuen Songs im Gepäck stehen den alten Liedern in nichts nach.
Ich würde mich auf ein Wiedersehen auf deutschen Bühnen zur Promo des neuen Albums „Golgotha“ jedenfalls riesig freuen.
Einziger Wermutstropfen für mich heute Abend: „Animal: Fuck like a Beast“ wurde nicht gespielt.
Aber was soll´s: das kann ich ja dann noch zum Einschlafen hören, wenn ich gleich glücklich ins Bett falle.
NEWSLETTER. FREITAGS. KOSTENLOS.
Bildquellen
- W.A.S.P.: (c) metal-heads.de - Chipsy
Respekt für diesen tollen Konzertbericht! Man meint, live mit dabei zu sein, so lebendig erzählt Euer Redakteur Chipsy vom W.A.S.P.-Gig! Dankeschön dafür! Ein Fan
Ich wäre soooo gerne dabei gewesen. Aber die gleichzeitig stattfindende Redaktionssitzung hat auch sehr viel Bock gemacht!
Super chippes!
Aber das mit dem backgroundgesang klingt nur so gut, weil der vom Band kommt! 🙂