„Bear Awakener“ von Tuomas Rounakari

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Tuomas Rounakari – Violinist bei KORPIKLAANI veröffentlichte 2022 „Bear Awakener“

(english version below)

Vor einem Jahr, am 14. April 2022, veröffentlichte TUOMAS ROUNAKARI sein Solo-Album „Bear Awakener“. Tuomas Rounakari ist Komponist und Musikethnologe und ein großartiger Violonist, was er nicht nur bereits auf seinem 2009 erschienen Album „Shamanviolin“ gezeigt hat, sondern auch als Violinist bei KORPIKLAANI.

Seit ich „Bear Awakener“ veröffentlicht habe, plane ich, jeden Frühling ein Konzert zu veranstalten, um die erwachenden Bären zu feiern.

kündigte Tuomas Rounakari gerade an. Das Konzert findet in diesem Jahr am 16.April in Stockholm statt.
Dies habe ich zum Anlass genommen, euch das Album vorzustellen.

tuomas rounakari

Der Mythos vom Ursprung des Bären

Ausgangspunkt des Albums „Bear Awakener“ ist der Mythos um den Ursprung des Bären, der für die indigenen Völker Sibiriens, die eng mit den Finnen verwandt sind, von großer Bedeutung ist. Die Musik der Khanty und Mansi war für Tuomas Ruonakari eine Möglichkeit, diese Wurzeln aufzugreifen, in einen Dialog zu kommen und die Musik so besser zu verstehen.

Wenn im Frühjahr im Norden der Schnee schmilzt, erwachen die Bären. Erst wenn der Bär erwacht ist, darf er gejagt und getötet werden. Wurde ein Bär getötet, fand das Bärenfest statt, das Rituale, Tanz, Theater und Spiel mit Musik verbindet.

Archive als Inspiration und Lehrer

Doch der Anfang für die Arbeit am Album war nicht die Musik des Bärenfestes, sondern Verse und Gedichte, die der finnische Linguist Artturi Kannisto Anfang des 20. Jahrhunderts gesammelt hatte. Als Linguist hat er sich mit der Sprache der Mansi und Khanty beschäftigt und sich daher eher auf Texte konzentriert. Die Musik der Lieder war für ihn nicht relevant. Dennoch hat er Aufnahmen davon gemacht. Aber wohl eher als Kuriosität und nicht so sehr, weil er dachte, dass sie einmal bedeutsam sein könnten. Die Aufnahmen wurden mit einem Phonographen gemacht, der die Töne in Wachszylinder gravierte. Diese Wachszylinder-Aufnahmen bildeten die Grundlage für das Album.

Tuomas Rounakari hat diese Wachszylinder über Sammlungen der Texte dieser Lieder des Bärenfestes wiederentdeckt. Die Musik der Khanty und Mansi war für ihn ein Weg, mehr über das musikalische Erbe und die Musiktraditionen Finnlands herauszufinden.

„Bear Awakener“ ist von diesen Liedern inspiriert und geprägt. Sie stellen eine Verbindung zu den Vorfahren her, die nach Tuomas‘ Auffassung in der Lage waren, mit der Natur auf eine nachhaltige und gleichzeitig autarke Weise zusammenzuleben.

Den Bären erwecken – Tradition und Improvisation

Den Bären zu erwecken bedeutet, neue Energie zu erwecken und dabei mit dem Vergangenen verbunden zu sein. Es geht darum, sich einem Dialog mit mystischen Wesenheiten zu öffnen und wieder harmonische Beziehungen zwischen Menschen und anderen Wesen, sichtbaren und unsichtbaren Welten sowie zwischen Mensch und Umgebung herzustellen.

Bear Awakener

„First Morning“ – das erste Wecken des Bären. Die Gänse rufen im Flug und kündigen den Frühling an. Die Melodie ist ein Herantasten, ein Beginn. Sie wiederholt sich, wird aber immer wieder anders gespielt. Einerseits bleibt so die Spannung erhalten, andererseits wird der Grundstruktur immer wieder eine neue Facette hinzugefügt. Als wenn man eine Geschichte weiter ausschmückt oder eine Erzählung präzisiert.

tuomas rounakari bear awakener cover by Kaolina Pärnänen

Eine Melodie voller Leichtigkeit, die wie eine Erzählung über den Frühling und die Weiter der Landschaft klingt, spielt Tuomas uns in „In the Land of the Bear“.

„Man with a Bear’s Snout“ ist ein Tanzlied, das auf einer Ning-juh, einem zweisaitigen Instrument gespielt und von rhythmischen Schellenklängen begleitet wird.

Die Melodie in „Second Morning“ ist klarer und ausgeschmückter. Hier wird hörbar, dass diese Lieder eine (aktuelle) Erwiderung auf die überlieferten Melodien sind.

Der „Song of a Small Goose“ ist wieder ein Tanz. Aber diesmal leicht und dabei mit fragenden Momenten, die die Melodie nicht stören aber dennoch das Fleißende immer wieder aufhalten. Es ist ein Lied von der Beziehung eines göttlichen Wesens mit den Menschen. Es wurde ursprünglich auf einer Harfe gespielt und Tuomas hat versucht, diesen Klang durch das Umstimmen der Geige zu übermitteln.

Die Heimat des Bären

„Origin of the Bear“
Dieses Lied lässt mich nicht los, seitdem ich es zum ersten Mal gehört habe. Es hat etwas Klagendes und Fragendes. Wie eine Auseinandersetzung damit, dass der Bär, der als etwas Göttliches angesehen wird, getötet werden musste. Die Melodie erhält mit jeder Wiederholung neue emotionale Aspekte und berührt daher immer wieder anders.
Der Bär stellt die Verbindung zwischen der Welt der Menschen und dem Himmel her, in dem er seinen Ursprung hat. Nach dem Mythos hatte der Bär seine Heimat im Sternbild des großen Bären. Er durfte auf die Erde, nachdem er versprochen hat, die Khanty und ihre Rentierherden in Ruhe zu lassen. Er brach sein Versprechen und wurde getötet. Das Bärenfest dient dazu, den Geist des Bären zu besänftigen.

Auch „Third Morning“ hat wieder eine lockende Melodie voller Leichtigkeit. Hier spürt man besonders, wie die Violine die Rolle des Gesangs übernimmt.

„Bear Clan Girl“ hat einen ungewöhnlichen Klang: irgendwie schräg, verstimmt aber gerade dadurch lebendig und voller Bewegung.

„Man-observing-the-world“ ist ein Lied über eine mythische Figur mit vielen Namen. Einer davon ist ‚Man-observing-the world‘.

„Roopeska’s Bear Hunt“ klingt wie ein Spaziergang an einem schönen Tag durch Wald und Feld. Wann wohl der Bär auftaucht? Ansonsten zeigt dieses Lied in besonderer Weise, wie wohl die Geschichten von der Bärenjagd übermittelt wurden. Man kann erahnen, wie mit dieser Melodie und in diesem Rhythmus eine lange Geschichte mit vielen Einzelheiten erzählt werden konnte.  

„Last Morning – Departure“
Ein letztes Mal wird der Bär geweckt und verabschiedet. Auf seiner Reise wird er von den Gänsen und ihren Rufen begleitet. Es ist, als würde der Geist des Bären wieder in den Großen Bären zurückkehren.

Musik, die die Seele berührt

Schon mehrfach habe ich Alben vorgestellt, die einen Dialog zwischen Mensch und Natur, alten Gedanken und neuen Bezügen, traditioneller Musik und dem, was sie uns heute sagen und geben kann, herstellen. (z.B. „Blóta“ von Kjell Braaten, „First Flight Of The White Raven“ von WARDRUNA, „Lustuz Laþu Woþuz Alu“ von Nebala)
Mit „Bear Awakener“ hat Tuomas Rounakari seinen Dialog mit dem Geist, der Essenz der traditionellen Lieder des Bärenfestes in neue Lieder gefasst. Dabei hat er die traditionellen Strukturen aufgenommen, auf sich wirken lassen und ihnen auf dem Hintergrund seiner (Lebens)Erfahrungen einen eigenen Ausdruck gegeben.

Wenn man sich auf diese Musik einlässt, kann man die Kraft und Energie, die in ihr steckt, spüren. Und man bekommt eine Ahnung, wie sie dazu beiträgt, Körper, Seele und Geist wieder miteinander in Kontakt zu bringen. Durch die Lebendigkeit, Intensität und den Humor, die den Liedern entströmen.

Wer mehr über die Hintergründe erfahren möchte, kann sich die Videos dazu ansehen, auf den Tuomas von der Entstehung erzählt. Mehr über das Bärenfest gibt es dort. Und das Album kann man  hier bestellen.


Tuomas Rounakari – violinist with KORPIKLAANI released „Bear Awakener“ in 2022

One year ago, on 14 April 2022, TUOMAS ROUNAKARI released his solo album „Bear Awakener“. Tuomas Rounakari is a composer and ethnomusicologist and a great violinist, which he has not only already shown on his 2009 album „Shamanviolin“, but also as a violinist with KORPIKLAANI.

„Since I released Bear Awakener, I plan to have a concert every spring to celebrate the awakening bears,“

Tuomas Rounakari just announced. This year’s concert will take place on 16 April in Stockholm.

I took this as an opportunity to introduce the album to you.

tuomas rounakari

The myth of the origin of the bear

Starting point of the album „Bear Awakener“ is the myth about the origin of the bear, which is of great importance for the indigenous peoples of Siberia, who are closely related to the Finns. The music of the Khanty and Mansi was a way for Tuomas Ruonakari to take up these roots, enter into a dialogue and thus understand the music better.

When the snow melts in the north in spring, the bears awaken. Only when the bear has awakened may it be hunted and killed. If a bear was killed, the bear festival took place, combining rituals, dance, theatre and play with music.

Archives as inspiration and teacher

But the beginning of the work on the album was not the music of the Bear Festival, but verses and poems collected by the Finnish linguist Artturi Kannisto at the beginning of the 20th century. As a linguist, he studied the Khanty language and therefore tended to focus on lyrics. The music of the songs was not relevant to him. Nevertheless, he made recordings of them. But probably more as a curiosity and not so much because he thought they might be significant one day. The recordings were made with a phonograph that engraved the sounds into wax cylinders. These wax cylinder recordings formed the basis for the album.

Tuomas Rounakari rediscovered these wax cylinders through the anthologies of the Bear Festival songs. The music of the Khanty and Mansi was a way for him to find out more about the musical heritage and traditions of Finland.

„Bear Awakener“ is inspired and shaped by these songs. They connect to the ancestors who, in Tuomas‘ opinion, were able to live together with nature in a sustainable and at the same time self-sufficient way.

Awakening the bear – tradition and improvisation

Awakening the bear is about awakening new energy while being connected to the past. It is about opening up to a dialogue with mystical entities and re-establishing harmonious relationships between humans and other beings, visible and invisible worlds, and between humans and their environment.

Bear Awakener

„First Morning“ – the first awakening of the bear. The geese call in flight, announcing spring. The melody is an approach, a beginning. It repeats itself but is played differently each time. On the one hand, the tension is maintained, on the other hand, a new facet is always added to the basic structure. It’s like embellishing a story or making a narrative more precise.

tuomas rounakari bear awakener cover by Kaolina Pärnänen

A melody full of lightness, which sounds like a tale about spring and the continuation of the landscape, Tuomas plays for us in „In the Land of the Bear“.

„Man with a Bear’s Snout“ is a dance song played on a Ning-juh, a two-stringed instrument, accompanied by rhythmic bells.

The melody in „Second Morning“ is clearer and more ornamented. Here it becomes audible that these songs are a (contemporary) response to the traditional melodies.

The „Song of a Small Goose“ is again a dance. But this time it is light, with questioning moments that do not disturb the melody but nevertheless stop the diligence again and again. It is a song about the relationship of a divine being with human beings. It was originally played on a harp and Tuomas has tried to convey this sound by retuning the violin.

Home of the bear

„Origin of the Bear“

This song has stuck with me ever since I first heard it. There is something plaintive and questioning about it. Like an examination of the fact that the bear, which is seen as something divine, had to be killed. The melody takes on new emotional aspects with each repetition and therefore always touches differently. The bear establishes the connection between the world of humans and heaven, where it originates. According to myth, the bear had its home in the constellation of the great bear. He was allowed on earth after promising to leave the Khanty and their reindeer herds alone. He broke his promise and was killed. The Bear Festival is held to appease the bear’s spirit.

„Third Morning“ again has a luring melody full of lightness. Here you can especially feel how the violin takes over the role of the song.

„Bear Clan Girl“ has an unusual sound: somehow off-key, out of tune but lively and full of movement precisely because of that.

„Man-observing-the-world“ is a song about a mythical figure with many names. One of them is ‚Man-observing-the-world‘.

„Roopeska’s Bear Hunt“ sounds like a walk on a beautiful day through forest and field. I wonder when the bear will show up? Otherwise, this song conveys in a special way how probably the stories of the bear hunt were conveyed. One can imagine how a long story with many details could be told with this melody and this rhythm. 

„Last Morning – Departure“ For the last time, the bear is awakened and bidden farewell. On his journey, he is accompanied by the geese and their calls. It is as if the bear’s spirit is returning to the Great Bear.

Music that touches the soul

Several times I have presented albums that create a dialogue between man and nature, old thoughts and new references, and traditional music and what it can tell and give us today. ( e.g. „Blóta“ von Kjell Braaten, „First Flight Of The White Raven“ von WARDRUNA, „Lustuz Laþu Woþuz Alu“ von Nebala)

With „Bear Awakener“ Tuomas Rounakari has put his dialogue with the spirit, the essence of the traditional songs of the Bear Festival into new songs. In doing so, he has taken up the traditional structures, let them affect him and given them their own expression on the background of his (life) experiences.

When you get involved with this music, you can feel the power and energy it contains. And you get an idea of how it helps to bring body, soul and spirit back into contact with each other. Through the liveliness, intensity and humour that flows from the songs.

If you want to know more about the background, you can watch the videos, where Tuomas tells about the creation. More about the Bear Festival can be found there. And you can order the album here.

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Bildquellen

  • tuomas rounakari: Split Screen Management
  • tuomas rounakari bear awakener cover by Kaolina Pärnänen: Split Screen Management
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Birgit

Iron Butterfly und Jethro Tull haben mir gezeigt, dass es neben Uriah Heep, Black Sabbath und Whitesnake noch etwas anderes gibt. Neugierig geworden höre ich seitdem alles, was sich unter dem Oberbegriff Metal und Rock versammelt. Je nach Stimmung eher Metalcore oder instrumentalen Rock. Mein Herz hängt allerdings am ganzen Spektrum skandinavischer Metalmusik: ob nun Folk-, Progressiv oder Doom-Metal.

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