WARDRUNA: First Flight Of The White Raven

Gestern Abend haben WARDRUNA ihr neues Album „Kvitravn“ in einer digitalen Release-Show mit dem Titel: „First Flight Of The White Raven“ vorgestellt.
„We don’t climb into trees, that don’t have roots”
Seit 2003 haben sich WARDRUNA der Aufgabe verschrieben, nordische Traditionen musikalisch zu interpretieren. Zur Authentizität im Umgang mit diesen Traditionen gehört für sie neben der Verwendung traditioneller Instrumente auch, dass die Texte in einer Verbindung aus Altnordisch und modernen Formen des Norwegischen gesungen werden.
Noch vor der Show ist Einar Selvík auf diese Aspekte eingegangen und hat über das Verhältnis zur Natur gesprochen, das sich in der Musik ausdrückt. Seiner Auffassung nach sehnen sich alle Menschen nach Verbundenheit zu einem Ganzen und somit auch zur Natur. Denn wir seien ein Teil der Natur. Er betrachtet die Musik als eine Brücke zu dieser Verbundenheit. Und somit seien Musik und Kultur im Allgemeinen immer auch von der Umgebung beeinflusst und geprägt.
„First Flight Of The White Raven”

Ich war gespannt, ob oder wie weit es in digitaler Form gelingen kann, die Stimmung, die bei den Konzerten von WARDRUNA entsteht, zu übermitteln. Und auch darauf, welche Lieder vom neuen Album sie vorstellen werden.
Ein schlichtes, dunkles Bühnenbild begrüßt uns. Einar Selvik, die Sängerinnen Lindy-Fay Hella und Katrine Stenbekk sowie die Musiker Eilif Gundersen (Hörner, Flöten), HC Dalgaard (Schlagzeug), Arne Sandvoll (Percussion), John Stenersen (Moraharpa) sind dunkel gekleidet. So kann die Beleuchtung hier – wie auch sonst bei den WARDRUNA – Live-Shows) die Wirkung der Musik unterstützen und bestärken.
Die Liedtitel sowie einzelne Textzeilen in englischer Übersetzung erschienen auf felsigem Hintergrund. Auf Ansagen wurde verzichtet, so dass auch hier die Lieder im Vordergrund standen.
Mit seinem Rufen kündigt der Rabe seinen ersten Flug an
Mit dem Ruf des weißen Raben, seinem Bild und Flug auf der Wand im Hintergrund wird „Kvitravn“ eingeleitet. Er nimmt uns mit auf seinen Flug, bei dem sein Ruf, die tiefen Töne der Trommel und Einars Gesang uns in ihren Bann ziehen.
Mit „Skugge“ folgt ein weiteres Lied des neuen Albums. Der mehrstimmige Gesang, an dem alle Musiker beteiligt sind, und der Rhythmus beschwören den Schatten, dass er uns Antworten gibt. Hier ist der Raum in einer Weise ausgeleuchtet und werden Licht und Nebel so eingesetzt, dass der Schatten fast greifbar wird.
Schatten und Sonne
Nach dem Lied über den Schatten folgt nun „Solringen“ (vom Album „Yggdrasil“), das die Sonne, den Neuanfang, das Aufgehen der Samen besingt. Die sich im Wind wiegenden Ähren im Hintergrund unterstreichen das Motiv.
Es geht auch mit Liedern aus der Runaljod-Trilogie weiter
Für „Bjarkan“ ist der Raum in grünes Licht getaucht. Ein Lied, dessen schamanistische Struktur durch den klaren, schönen Gesang von Lindy-Fay Hella eine ganz besondere Färbung erhält.
Im Trommeln von „Raido“ spürt man die Hufeschläge des Pferdes.
Für „Isa“ ist der Raum in blaues Licht getaucht, die Musiker treten nach und nach aus dem schmelzenden blauen Eis hervor. Zarter Gesang, zu dem nach und nach die Instrumente hinzukommen, die tiefe Stimme, die sich dann in Höhen aufschwingt. Dieses Lied schafft es auch heute Abend wieder, mir wohlige Gänsehaut zu verschaffen.
Bei „UruR“, das einen Bezug zur Rune Uraz, der der Auerochse ihren Namen gab, herstellt, kommt die Bronzelure zum Einsatz. Ein imposantes Instrument, gespielt von Eilif Gundersen.
Der Wolf, der in den Träumen tanzt

Mit „Grá“ nun ein weiteres Lied vom Album „Kvitravn“. Dieses Lied fasst für mich zusammen, was das Album ausmacht: die Verbundenheit mit Natur und (animistischer)Tradition, übermittelt durch Rhythmen und Harmonien, die etwas Grundsätzliches berühren.
Auch „Vindavlarljod“ stammt vom neuen Album. Fließende Melodien und wunderbare Klänge. Die Konzentration der Musiker ist spürbar. Ihr Lied webt den Wind, den Geist.
Drei Lieder aus „Yggdrasil“ runden den Abend ab
Mit „Rotlaust Tre Fall“ werden die Mächte aufgerufen, die Wurzeln erstarken zu lassen. Der mehrstimmige Gesang ist immer wieder beeindruckend. Jetzt ist der Raum in Nebel getaucht, die Lichtstrahlen kommen von der Seite. Es wirkt so, als wenn die Musiker aus dem Wasser auftauchen. Und so umspielen Licht und Nebel das Lied „Fehu“.
Mit „Helvegen“, dem Weg zu Hel, der Herrscherin der gleichnamigen Unterwelt, geht dieser Abend zuende. Mit einem Lied wie Hel: wunderschön, düster und dennoch Hoffnung spendend.
„First Flight Of The White Raven” – eine eindrucksvolle Release-Show
Das war ein beeindruckender Abend. Die vier neuen Lieder waren gut gewählt, da sie das, was das neue Album ausmacht, in verschiedener Weise verdeutlichen: die Arbeit mit Symbolen, die auf die Natur als einen Ort verweisen, an dem der Mensch sich anders erleben kann. Die Verbindung traditioneller Instrumente und moderner Technik, sowie Texten in Anlehnung an skaldische Dichtung, aber mit Themen, die uns auch heute noch betreffen.
Einar Selvik hat mit seiner Bandbreite an Stimmlagen und der Leichtigkeit seines Gesangs beeindruckt. Lindy-Fay Hella und Katrine Stenbekk ergänzten sich gegenseitig wunderbar und trugen mit ihrem dynamischen Gesang erheblich zu der Atmosphäre des Abends bei.
Das Können aller Musiker hat dazu beigetragen, dass WARDRUNA die Lieder so komplex und zugleicht detailliert präsentieren konnten.
Dazu, dass dieser Abend eine mystische Reise in nordische Tradition und Musik geworden ist, haben neben der stimmigen Auswahl der Lieder, der intensiven Übermittlung auch die Beleuchtung (hier ein großes Lob an das Licht-Design von Daniel Sørensen!) beigetragen.
Vielleicht wird man die Release-Show demnächst auf anderen Kanälen sehen können. Dann lohnt es sich, sie sich anzuschauen!
Das neue Album „Kvitravn“ ist sowohl für die, die die Runaljod-Trilogie bereits kennen, als auch für die, die WARDRUNA erst jetzt kennenlernen, eine lohnenswerte Anschaffung.
(Mehr zum Album in der Review).
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Bildquellen
- Wardruna_Kvitravn_hi_res_artwork: Sailor Entertainment
- Foto – Wardruna: Oktober Promotion & Management / Espen Winther
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