KKs PRIEST – Sermons of the Sinner (VÖ 01.10.2021)

KKs PRIEST beglücken uns vor dem verkappten Feiertagswochenende mit ihrem Debüt „Sermons of the Sinner“. Das Album ist beim kleinen aber feinen Label Explorer-1 erschienen und bietet zehn Tracks veteilt auf knapp 51 Minuten Spielzeit.

Im Sommer verschollen
Im Sommer 2021 hatte sich die Veröffentlichung noch einmal verzögert. Unter anderem war die Vinyl-Version des Albums nicht in ausreichender Zahl rechtzeitig produziert. Aber seit dem 01. Oktober hat das lange Warten nun ein Ende.
KKs PRIEST schüren die Spannung
Dank der zahlreichen, seit Mai immer mal wieder veröffentlichten Vorabvideos gibt es schon einige Monate eine rege Diskussion um das Solomaterial von ex-JUDAS PRIEST Gitarrist KK Downing. Was der Gründungsvater der Metal Gods nach über einem Jahrzehnt Studioabstinenz zusammen mit Auch-Ex-Priester Tim „Ripper“ Owens auf die Beine gestellt hat, steht aber erst jetzt komplett zur Debatte der Fans.

Kurzer Vorspann…
Auf das einminütige Spoken Word-Intro „Incantation“ folgt die erste Vorabsingle „Hellfire Thunderbolt“. Deren Veröffentlichung hatte bereits klar werden lassen, dass KKs PRIEST nicht an den „klassischen“ 70er Jahre-Sound von JUDAS PRIEST anknüpfen wollen.
Es war einmal…
An der Stelle muss man ein wenig ausholen: KK Downing hatte im September 2019 einen unglaublichen Überraschungscoup hingelegt, als er beim Bloodstock-Festival in England für vier JUDAS PRIEST-Songs zu Ross The Boss auf die Bühne stieg und 15 Minuten Metalgeschichte für die Ewigkeit schuf.
Die Geburtsstunde von KKs PRIEST
Die Presse und besonders die JUDAS PRIEST-Gemeinde flippte total aus. Das beflügelte den blonden Mann aus Birmingham, im November 2019 in seinem Steel Mill-Club in Wolverhampton zusammen mit Ripper Owens, dem JUDAS PRIEST-Drummer der Jahre 1977 bis 1979, Les Binks, und unterstützt von Dave Ellefson (ua. MEGADETH) am Bass und A.J. Mills (HOSTILE) mit der zweiten Gitarre eine umjubelte One Off-Show hinzulegen. Die Songauswahl enthielt viele Tracks aus der Zeit der beiden 1978er Alben „Killing Machine“ und „Stained Class“. Zugleich gilt der Gig als Geburtsstunde der Idee für eine Band, die heute KKs PRIEST heißt. Es war daher spekuliert worden, dass Bluesliebhaber KK Downing sich der Prä-„British Steel“-Zeit zuwenden könnte.
Die Allzweckwaffe des Metals…
Der Ripper hat außerdem schon während seiner Zeit am Mikro bei PRIEST hinlänglich unter Beweis gestellt, dass er die Songs dieser Ära zu „seinen“ machen kann. Man denke dabei nur an „Green Manalishi“ oder „Diamonds And Rust“. Aber diese Periode sollte eben nicht die Blaupause für SOTS sein.
Aber erstens kommt es anders…
Tatsächlich existiert aus der Frühphase von KKs PRIEST Promomaterial mit Les Binks als Drummer, so dass die Spekulationen ihen Lauf nahmen. Der alte Recke hatte jedoch Pech mit einem Unfall, der in einer ernsten Verletzung seines Handgelenks resultierte. So kam es, dass der Schlagzeuger von Rippers Buddy Sean Peck bei CAGE und THE THREE TREMORS, Sean Elg, hinter der Batterie Platz nahm. Dave Ellefson war ebenso verhindert, so dass Tony Newton von den VOODOO SIX nun die tiefen Töne beigesteuert hat.

Die Songs von Seite 1…
Ist „Hellfire Thunderbolt“ ein Opener der Kategorie quick&dirty, kommt der folgende Titelsong des Albums insgesamt getragener, aber nicht weniger wuchtig daher. Der Track nimmt Bezug auf das Cover des Albums, hat aber nur vordergründig ein religiöses Thema.
Kommt mir ein bisschen spanisch vor…!
Ähnlich verhält es sich mit „Sacerdote Y Diablo“ („Heiliger und Teufel“). Ein kleiner Glockenschlag untermalt das Schlagzeug-Intro. Insgesamt aber ein Song, den man aus der Feder von KK Downing erwarten konnte. In der Stimmlage lehnt sich Ripper Owens besonders in der Bridge an ganz alte WINTER’S BANE an. Live ganz sicherlich ein echter Banger.

Und sonst so…?
„Raise Your Fist“ und „Brothers of the Road“ beschließen auf der Vinylversion des Albums die erste Seite. Bereits der Titel verrät jeweils, in welche Kategorie die beiden Stücke fallen. Stampfer mit Luftgitarrenpflicht, falls es der eine oder andere in die Setlist schafft.
Aus dem Vollen gefräst…
Nicht das Thema ist die Überraschung bei „Metal Through and Through“, einem autobiographischem Statement von Mr. Downing. Vielmehr ist man perplex, wie kurzweilig 8:13 Minuten arrangiert sein können. Die Spiellänge sticht nahezu alle PRIEST-Songs vor Veröffentlichung von „Nostradamus“ in 2011 aus. Vielleicht hatte KK sich ja in dieser Richtung überlange Songs im Repertoire seiner alten Band vorgestellt?
Der Blick zurück…
„Wild and Free“ bedient dann wieder die Erwartung aller Fans an ein Album, wo PRIEST im Bandnamen vorkommt. Dem Track folgt der eindeutigste Fingerzeig in die „gute alte Zeit“, als das Gitarrenduo Tipton/Downing die Welt regierte. „Hail for the Priest“ ist Downings Liebeserklärung an sein Lebenswerk.
Das Beste zum Schluss
Zu guter Letzt traut man der Anzeige am CD-Spieler nicht. Satte 9:02 Minuten lang soll „Return of the Sentinel“ sein? No way. Aber auch hier muss man noch einmal etwas tiefer ins Archiv von JUDAS PRIEST steigen:
Der Boyband aus Birmingham ist es in jedem Jahrzehnt ihrer Karriere gelungen, den einen atmosphärischen Über-Track zu produzieren. „Victim of Changes“ prägt die Liveshows der Metal Gods seit den 1970ern. Spät in den 1980ern versetzte uns „Blood Red Skies“ auf die Schlachtfelder der „Terminator“-Androiden. Ripper Owens fügte 1997 „Cathedral Spires“ zur Galerie hinzu. „Loch Ness“ darf für die 2000er-Jahre hier nicht fehlen. Und „Traitor’s Gate“ macht die Handvoll Songs komplett.
Keinesfalls ein Platzhalter
Nun – mindestens solange die „echten“ JUDAS PRIEST mit neuem Material in den „Goldenen Zwanzigern“ noch hinter dem Berg halten, steht „Return…“ in dieser ehrenvollen Traditionslinie. Und ganz bestimmt nicht nur aufgrund der langen Spielzeit.
The Return of Awesome…
Der Songtitel lässt erahnen, wer hier den Äther durchstreift: der Sentinel, der bis an die Zähne bewaffnete Racheengel, der dem Bösen seit 1984 schon in gefühlt tausend Duellen auf der Bühne die Stirn geboten hat. Exakt nach zwei Minuten Spielzeit sind es acht Gitarrenakkorde, ein Takt innerhalb von neun Minuten, die mich vor meinen Magnat-Boxen knieen lassen. Das Opening-Riff von „The Sentinel“ webt sich in den episch-intensiven Anfang dieses Monstersongs ein. Wer Star Wars-Fan ist, weiß, wie es war, als am Ende von Episode 12 von „The Mandalorian“ Luke Skywalker im Rahmen des Schotts auftauchte. Auf wundersame Weise schleßt sich nach 37 Jahren ein Kreis. Im Metal denkt man in Dekaden….
Cowboys vs. Aliens? – Läuft!
Der Song wühlt sich durch die Apokalypse, in der sich der Held wiederfindet. Der Text von „The Sentinel“ und die Ansagen von Rob Halford auf der Bühne haben den Sentinel immer als Krieger in der Zukunft charakterisiert. Ich hatte jedoch immer auch dieses Showdown-Feeling der wirklich guten Western im Hinterkopf. Und dieses Bild transportiert auch die „Wiederkehr“. Gunfight at the OK Corral usw.. Ein unglaubliches Klang“bild“.
Schwanzvergleich
Das Video zum Song ist eine hochwertige Animation. IRON MAIDEN-Fans werden die Plagiatskeule schwingen, weil der Sentinel gar keine Wurfmesser sondern ein Samuraischwert schwingt. Und sind da nicht auch Anklänge an die Rüstung der japanischen Lehenssöldner zu sehen? Leute – kommt runter. JUDAS PRIEST hatten die Samurai bereits 1977 unter Vertrag, als sie für ein Albumcover posierten. Beweis gefällig? Bitte sehr:

Nachdem wir also die Kirche wieder im Dorf haben, bleibt noch das
Fazit
„Sermons of the Sinner“ war das Warten wert. Es ist ein Statement von KK Downing, was ein Songschreiber der alten PRIEST-Troika alleine zustande bringen kann. Wenn PRIEST auf der Bühne stehen, hat Downing mit diesem Album jedes Recht, bei den Verbeugungen am Schluss von hinten aus den Kulissen bis ganz vorne an den Bühnenrand zu treten. Dann kann er mit Fug und Recht die Hände in die Hüften stemmen und sagen: schaut her, ich stehe hier, weil ich es auch mit fast 70 noch drauf habe.
Die Unterstützung von Ripper Owens und den anderen Jungs beim Zustandekommen von „Sermons…“ verdient Anerkennung und Respekt. Dieses Album ist kein lauer Aufguss sondern ein Werk, dass für sich alleine spricht und besteht. Trotz meiner bekannten Voreingenommenheit objektiv eine Scheibe in den Top Five von 2021. Neben den auch bei PRIEST vorhandenen leichten Partysongs weiß es mit solidem Songwriting und einigen stilistischen Überraschungen zu überzeugen. „Return of the Sentinel“ ist eine epische Hymne für die Ewigkeit.
Punkte? Na gut, wem es hilft… – 9,0 von 10,0.
Genug gepredigt. Amen.
Das Album findet ihr unter dem Tresen des Meisters persönlich als Digitalversion, im CD-Digipak und in zwei Vinylvarianten, von der die silberne Version bald ausverkauft sein dürfte.
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