Im Interview mit Philipp und Fabian von NECROTTED zum Rage Against Racism Festival 2019
Liebe Leser, nachdem wir von metal-heads.de bereits in den Jahren 2016 bis 2018 fleißig vom „Rage Against Racism Festival“ berichtet haben, setzen wir auch in diesem Jahr die Tradition unverhofft fort. Wir sind erneut offizieller Medienpartner und geben wieder alles, um euch auf dem Laufenden zu halten. Auch in diesem Jahr versuchen wir euch die meisten der dort auftretenden Bands im Interview vorzustellen. Nach den Interviews mit Kill To This, Dragonsfire und Jaded Heart ist nun die aus dem schönen Abtsgmünd stammende Formation Necrotted an der Reihe. Gitarrist Philipp und Sänger Fabian standen Rede und Antwort und wussten informatives zu berichten. Hier das Interview und viel Spaß beim Lesen.
Hallo Philip, hallo Fabian, mein Name ist Stahl vom Online-Magazin metal-heads.de. Ich freue mich sehr, dass ich die Gelegenheit erhalten habe, im Rahmen des bevorstehenden Rage Against Racism Festival am 21. und 22.06.2019 in Duisburg-Friemersheim, dieses Interview mit euch führen zu können.
Necrotted stellen sich vor!
MH.de: Ich muss zugeben, dass ich Necrotted bisher noch nicht kannte und mich erst im Rahmen dieses Interviews mit der Band beschäftigt habe. Einigen Lesern geht es wahrscheinlich ähnlich. Stellt die Band doch daher bitte kurz vor.
Philipp: Wir sind eine Death Metal-Band aus dem kleinen Örtchen Abtsgmünd im Süden Deutschlands, das einigen älteren Metal-Fans vielleicht noch als Ursprungsort des Summer Breeze Open Airs bekannt sein dürfte. Unsere Truppe besteht aktuell aus 6 Mitgliedern: Fabian und Pavlos schreien ins Mikro, Johannes und ich shredden die Gitarren, Koray zupft den Bass und Markus bearbeitet das Schlagzeug.
Death Metal mit Wiedererkennugswert
MH.de: Necrotted besteht als Band bereits seit 2008. Wie würdest ihr eure musikalische Entwicklung und euren musikalischen Werdegang seit diesem Zeitpunkt beschreiben und wie seht ihr euren musikalischen Stellenwert heute in der deutschen bzw. internationalen Metal-Szene?
Fabian: Ganz am Anfang unserer mittlerweile über 10-jährigen Bandgeschichte war unser musikalischer Stil noch nicht präzise einzuordnen und von den unterschiedlichsten Einflüssen geprägt. Wir waren ja auch noch alle mitten in unseren Teenie-Jahren und damit sehr jung, da probiert man sich musikalisch erst aus. Nach ein paar Jahren hat sich dann für uns Death Metal als die passende Richtung hervorgetan, damals noch mit starken Core-Einflüssen.
Philipp: Spätestens nach einem Besetzungswechsel 2013 und unserem 2014er Album „Utopia 2.0“ hat sich unser musikalischer Stil aber gefestigt. Wir spielen schnellen, modernen Death Metal, angereichert durch stampfende Slam-Parts. Das Rad haben wir damit natürlich nicht gänzlich neu erfunden. Ich denke aber, durch die vielen melodischen Parts und die eingängigen Refrains schaffen wir es dennoch stets einen Wiedererkennungswert für unsere Songs zu schaffen.
Musiker mit Köpfchen!
MH.de: Wie viele andere Bands auch, werdet ihr euren Lebensunterhalt wahrscheinlich nicht allein durch die Musik bestreiten können. Welche Jobs übt ihr so im „normalen Alltag“ aus?
Philipp: Das stimmt. Musik ist und war für uns immer nur ein Hobby und daher haben wir selbstverständlich alle auch noch „normale“ Jobs. Fabian hat Politikwissenschaft und Soziologie studiert und ist als Gewerkschaftssekretär für die IG Metall am Bodensee unterwegs. Koray promoviert gerade in Politikwissenschaften und arbeitet nebenbei als Dozent an der Universität Tübingen. Johannes arbeitet als Bankkaufmann, Pavlos als Feinwerkmechaniker. Markus hat kürzlich seinen Master-Abschluss im Studiengang Maschinenbau absolviert und arbeitet jetzt als Programmierer und Entwickler. Ich selbst befinde mich in den letzten Zügen meines Online-Medien-Management-Studiums und bin nebenbei in der Musikbranche tätig.
MH.de: In der Vergangenheit habt ihr bereits Konzerte mit Bands wie Vader oder Krisiun gespielt. Beide Bands spielen auch auf dem Rage Against Racism 2019 und zumindest Vader werdet ihr wiedersehen, da sie am selben Tag wie ihr spielen. Welche positiven oder negativen Erfahrungen habt ihr mit Bands in dieser Größenordnung gemacht? Erhält man gegebenenfalls den einen oder anderen Tipp?
Philipp: Speziell mit Vader oder Krisiun haben wir weder positive noch negative Erfahrungen gemacht. Nur weil man sich eine Konzertbühne teilt oder gemeinsam auf einem Festival spielt, kommt man nicht zwangsweise persönlich miteinander in Kontakt. Meist kommuniziert man nur auf arbeitstechnischer Ebene, vielleicht ist auch mal etwas Smalltalk drin. Positive Ausnahmen gibt es dennoch: Als wir 2012 den Tourstop der Progression Tour in Stuttgart als Opener eröffnen durften, wofür uns der Headliner Heaven Shall Burn tatsächlich persönlich ausgewählt hat, hat sich die Band wirklich intensiv mit uns beschäftigt und unsere Bandgeschichte sogar weiterverfolgt. Da waren wir natürlich positiv überrascht.
Zwei Sänger, eine Band und ein kreativer Bandname
MH.de: Necrotted spielen kraftvollen, wuchtigen Death Metal und treten als Sextett mit zwei Sängern auf. Dies ist in dem Genre relativ selten. Wie kam es zu der Idee?
Fabian: Man muss sagen, dass wir mit Sicherheit nicht die erste Band in dem Genre waren, die mit zwei Sängern aufgetreten ist. Dennoch kommt es nicht allzu häufig vor. Wir finden es jedenfalls spannend, auch im gesanglichen Bereich eine gewisse Variation und Vielfalt abbilden zu können. Pavlos und ich verwenden zwar beide eine gutturale Gesangstechnik, dennoch klingen unsere Stimmen sehr unterschiedlich. Zudem können wir durch zwei Sänger die Refrains und andere tragende Songpassagen auch live besonders deutlich hervorheben.
MH.de: Der Bandname Necrotted ist eine Wortkeuzung, bestehend aus den Worten „necro“ (griech. „tot“) und „rotted“ (engl. „verottet“). Wer von euch kam auch den klangvollen, zum Death Metal ideal passenden, Namen?
Fabian: Das war meine Idee. Wir haben einfach einen einmaligen Bandnamen gesucht, der unsere Musik und die gesellschaftskritischen, politischen Lyrics gut beschreibt und im Gedächtnis bleibt. So kam es damals zu dieser Wortneuschöpfung.
Eine neue EP noch in diesem Jahr
MH.de: Das letzte Necrotted Album „Worldwide Warfare“ wurde den Fans 2017 zugänglich gemacht. Wann können wir mit einem neuen Longplayer von euch rechnen? Gibt es bereits Pläne?
Philipp: Wir waren bereits letztes Jahr im Spätsommer und im Herbst im Studio und haben mit unseren befreundeten Kollegen Kai Bigler und Benjamin Stelzer von Parasite Inc. eine EP mit 4 Tracks aufgenommen. Die EP wird musikalisch und inhaltlich an das letzte Album „Worldwide Warfare“ anknüpfen und im Laufe des Jahres 2019 erscheinen.
MH.de: Vor dem Hintergrund des „Rage Against Racism“ Festival komme ich natürlich nicht um folgende Frage herum. Wie ist es zu eurem Engagement beim „Rage“ gekommen und was bedeutet euch die Teilnahme am Festival? Habt ihr euch beworben oder wurdet ihr vom Veranstalter angefragt? Wie seht ihr die aktuelle politische Situation in Deutschland und in Europa in Bezug auf den Rechtspopulismus, welcher sich mehr und mehr verbreitet? Macht euch das eher Angst oder glaubt ihr, dass es sich um ein kurzfristiges und wieder abklingendes Phänomen handelt?
Das „Rage“ zeigt Kante!
Philipp: Fabian und ich haben mit unser damals noch bestehenden anderen Band Hackneyed bereits 2015 schon auf dem Rage Against Racism gespielt. Das Festival hat uns sehr gut gefallen, insbesondere auch dessen klare Kante in seiner politischen Ausrichtung. Zum Veranstaltungsteam haben wir die letzten Jahre Kontakt gehalten und so kam es, dass wir dieses Jahr nun auch mal mit Necrotted im Line-Up stehen.
Fabian: Den Rechtsruck in Deutschland, Europa und der ganzen Welt in den letzten Jahren betrachten wir generell mit großer Sorge. Wachsende Ungleichheiten in der sozialen und wirtschaftlichen Situation der Menschen haben zu einer ansteigenden Unzufriedenheit geführt. Aber anstatt dass sich diese Unzufriedenheit in einer sozialen, linken Sammlungsbewegung entlädt, die die Überwindung des kapitalistischen Systems fordert und die Abschaffung von Ungerechtigkeit als Ziel hat, wenden sich die Bevölkerungen stumpfen, nationalistischen Parolen zu. Das ist sehr gefährlich und vergiftet und gesellschaftliches Klima. Wir selbst sind in einer Zeit des Friedens und der offenen Grenzen aufgewachsen, als Band haben wir schon in vielen anderen europäischen Ländern gespielt. Dass irgendwelche hasserfüllten Idioten das alles nun aufs Spiel setzen wollen, stimmt uns sehr bedenklich.
Mh.de: Welche Setlist dürfen wir auf dem „Rage“ erwarten? Wird der Schwerpunkt der Songs auf dem aktuellen Album liegen oder dürfen wir auch auf ein paar alte Kracher oder gar einen neuen Song hoffen?
Fabian: Der Schwerpunkt wird auf den Songs der Alben „Worldwide Warfare“ (2017) und „Utopia 2.0“ (2014) liegen. Eventuell haben wir aber noch den einen oder anderen Track von unserer 2019 erscheinenden EP dabei. Lasst euch überraschen!
Der Metal lebt!
Mh.de: Zu guter Letzt noch eine allgemeine Frage. Einer unserer Interview-Partner versetzte mich mit seiner Aussage, dass der Metal tot sei in Erstaunen. Sicherlich wird das Rad nicht neu erfunden, aber meiner Meinung nach ist der Metal immer noch einer der facettenreichsten Musikstile. Wie ist eure Sichtweise? Ist der Metal wirklich tot?
Philipp: Der Metal ist natürlich nicht tot, das ist vollkommener Quatsch. Täglich entstehen neue Bands und neue Musikstile sprießen aus dem Boden. Die Musikrichtung war gesellschaftlich noch nie so anerkannt wie in unserer heutigen Zeit und findet ständig neue Fans, die mit der Szene sympathisieren. Man muss vielleicht aufpassen, dass die Szene nicht durch die Musikbranche komplett kommerzialisiert und monopolisiert wird, aber der Metal als Musikstil ist noch lange nicht am Ende.
MH.de: Ich freue mich schon sehr auf das bevorstehende Konzert und bedanke mich ganz herzlich für dieses Interview. Ich hoffe, eure Band demnächst auf dem Rage Against Racism persönlich kennenzulernen und gegebenenfalls das eine oder andere Bier mit euch trinken zu können. Bis dahin alles Gute und bleibt gesund!
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Bildquellen
- Necrotted – Anchors Apart / Cover: amazon.de
- Necrotted – Utopia 2.0 / Cover: amazon.de
- Necrotted – Worldwide Warfare / Cover: amazon.de
- Necrotted – Bandfoto: Necrotted - Philipp Fink
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