Adrian Weiss im Interview zu „Dangerous Discipline“

Interview zum kommenden Album „Dangerous Discipline“
Am 1. Oktober 2022 veröffentlicht Adrian Weiss (GLORYFUL) sein inzwischen viertes Solo-Album. Wie die Vorgänger „Big Time“ (2011), „Easy Game“ (2014) und „Criminal Record“ (2016) ist auch „Dangerous Discipline“ wieder ein Instrumental Album.
Instrumental, abwechslungsreich und ‚metallischer‘ ist das Album geworden. Die Frage, ob es daran liegt, dass er mit GLORYFUL zwei Alben samt Tour absolviert und es eine Album-Produktion mit seinem Death-Metal-Projekt SUBORBITAL geben hat, oder es sich aus den vorangegangenen Alben entwickelt hat, hat Adrian Weiss im folgenden Interview beantwortet.
Außerdem haben wir uns über „Songbaustellen“, Entwicklung eines Songs, Individualität, weshalb aus Adrian kein Violinist geworden ist, er nicht unbedingt die Hydra von Steve Vai spielen muss und welche Rolle die Band- und die Gastmusiker gespielt haben.
„Be dangerous, but disciplined!” und ein cooles Cover
Beim Titel „Dangerous Discipline“ und einem Cover mit Hanteln war mein erster Gedanke: hat er schlechte Erfahrungen im Sportstudio gemacht? Wie bist du auf den Titel gekommen?

Der Albumtitel ist inspiriert durch die Äußerung eines bekannten Psychologen, der sich zur über die Jahrtausende in zahlreichen Kulturen übermittelte Krieger-/ Kämpfermoral äußerte, im Sinne von „Be dangerous, but disciplined!“. Das hat sich dann irgendwie bei mir festgesetzt. Und als ich mit Björn Gooßes (Killustrations) später über mögliche Albumtitel brainstormte, war meine abgeänderte und substansivierte Fassung des zitierten Spruchs schnell einer seiner Favorites. Die Idee der goldenen Hanteln mit Vinyl als Scheiben war natürlich seine Idee.
„Dangerous Discipline“ ist ja kein Konzeptalbum. Gibt es (für dich) so etwas wie einen roten Faden? (Ist so etwas wie ein roter Faden irgendwie relevant?)
Jedenfalls nicht bewußt. Ich arbeite an jedem Song als Einzeltrack bis er reif ist. Das mache ich dann mit so vielen Songs, bis ich meine, dass ich genug für ein Album fertig habe. Ich versuche schon, auf eine gewisse Ausgewogenheit der Art der Tracks innerhalb eines Albums zu achten, damit es rund wird.
Kannst du das ein wenig erklären?
Beispielsweise fiel mir während des Songwritings von der letzten Scheibe „Criminal Record“ auf, dass das Album eher ruhig und entspannt wird, so dass ich bewusst gegen Ende der Materialsammlung noch 2 härtere, fetzigere Tracks („Bird Hair Day“ und „Completely Cut Loose“) schrieb. Letzteren zusammen mit JEN MAJURA, welche die Riffs und Sogstruktur lieferte.
Die Songbaustelle
Den Titelsong des aktuellen Albums gab es ja schon, als du „Criminal Record“ veröffentlicht hast. Du hattest damals den Eindruck, dass er noch nicht ‚fertig‘ war. Was hatte gefehlt/was hast du verändert, so dass er jetzt sogar Titelsong geworden ist?
Das ist eine sehr gute und interessante Frage! Der Song, der am Ende „Dangerous Discipline“ wurde, war im Prinzip eine Song-Baustelle, die nach „Criminal Record“ übrig geblieben war. Die einzelnen Parts waren teilweise schon brauchbar, aber in der Gesamtheit noch unausgegoren. An diese Baustelle wagte ich mich dann erst am Ende, als fast alle anderen Stücke fertig waren. Eine alte Baustelle zu überarbeiten ist manchmal schwieriger als was ganz Neues zu machen, das ist ja bei der Gebäudesanierung manchmal ähnlich.
Welche Wände hast du dann eingerissen und was ist stehengeblieben? Was hat eventuell nur einen ‚neuen Anstrich‘ bekommen?
Die ruhigeren/ jazzigen Parts habe ich im Wesentlichen so gelassen und nur leicht überarbeitet, während ich die rockigen/ härteren Stellen komplett neu aufgenommen habe, sogar neue Melodien geschrieben habe, z. B. das erste Hauptthema. Die beiden entspannten Melodiepassagen sind tatsächlich die ‚restaurierten‘ Originalrecordings, die ich schon 2015 aufgenommen hatte.
In der aktuellen Songfassung sind u. a. die Brücken zwischen Entspannung und Spannung/ Heaviness, die ich als musikalische Darstellung von Danger und Discipline verstehe, endlich zu meiner Zufriedenheit konstruiert.
Ähnlich war es übrigens auch bei dem Track „The Grand Illusion“.
Vom Fließen in der Entwicklung und fortschreitendem Alter
Es ist dein viertes Solo-Album. Es wird als ein Album angekündigt, das wieder deutlicher in Richtung Metal geht. Hat das damit zu tun, dass du seit „Criminal Record“ mit GLORYFUL zwei Alben samt Tour gespielt und dann noch ein Album mit dem Death-Metal-Projekt SUBORBITAL eingespielt hast? Warst du ‚im Fluss‘ oder hat es abgefärbt? Oder ist es schlicht die Weiterentwicklung dessen, was du auf den Vorgängeralben bereits genutzt hast?
Oder anders gefragt: Welche Entwicklung siehst du in den Alben?
Dass das Album wieder härter wurde, hat sich einfach so aus dem Fluss ergeben und war nicht bewußt geplant, hat mich aber selbst bei der Gesamtbetrachtung des Albums am Ende beim Mix gewissermaßen überrascht, da ich eigentlich dachte, dass ich mit fortschreitendem Alter eher entspannter Schreiben würde, was aber offensichtlich nicht der Fall ist. Ob es mit mit meinen anderen Bandaktivitäten was zu tun hat, weiß ich nicht.
Was ich an Entwicklung sehe: ich glaube, ich komme von Album zu Album mehr auf den Punkt – mit dem, was ich durch die Melodien in den Arrangements ausdrücken will.
Insgesamt ist das Album meinem Empfinden nach noch melodischer geworden. Ist das eventuell ein besserer Einstieg für Metalfans, die sonst nicht so viel/keine Instrumentalmusik hören?
Danke. Ja, ich denke schon. Die Hauptangst, die ‚normalen‘ Metalhörer vor Instrumentalmusik oft haben, ist durch instrumentale Selbstdarstellung intellektuell überfordert/ gelangweilt zu werden. Wenn man Zuhörer durch packende Melodien mitreißen kann, hat man gewonnen, ob mit Gesang oder nicht.
Wah-wah- Einsatz oder: Woran erkennt man einen Instrumentalmusiker wieder?
Sänger erkennt man an ihrer Stimme. Wenn sich ein Instrumentalmusiker von anderen unterscheiden will, muss er dazu andere Merkmale und Elemente nutzen. Abgesehen von wiedererkennbaren Songs. (Ich hoffe, du hast eine Idee, worauf ich hinauswill.)
Welche Rolle spielt dabei die Spieltechnik? Gibt es etwas, woran man dich sofort erkennt? Ich denke z.B. an deine Slap Technik.
Das ist schwer zu sagen. Die Slap-Geschichte habe ich ja nur auf den letzten beiden Alben „Criminal Record“ und „Easy Game“ ein paar Mal gemacht, und würde es nicht als wesentliches Stilmittel meiner Musik/ meines Gitarrenspiels betrachten. Da sehe ich eher meinen Ton, die Art meiner Melodieführung und evtl. z. B. die Art des Wah-wah-Einsatzes als wesentliches Merkmal, oder z. B. die Kombination von Legatospiel und schnellen Pickingläufen in Solopassagen.
Ich habe eingangs gesagt, dass ich den Eindruck habe, dass das Album noch mehr mit der Melodie arbeitet. Welche Rolle spielt die Melodie für dich? Drückt sie eher die Idee des Songs aus als Riffs oder Rhythmen? Oder gibst du ihr mehr Raum, da sie dir die Möglichkeit zu einem virtuosen Spiel gibt?
Sehr gute Fragen mal wieder. Ich sehe die Melodie schon meist als das Wesentliche meiner Musik. Melodien funktionieren aber nur wirklich gut, wenn Sie durch starke Rhythmik und Harmonie getragen werden. Also in meinem Falle durch gute Drumbeats, Bass und oft auch Riffs/ Rhythmusgitarren. Manchmal ist das Riff an sich aber auch interessant und steht für sich allein. Und manche Riffs funktionieren hervorragend sowohl für sich als auch als Basis für eine darauf basierende Melodie. Das alles zu entdecken und auszuloten, finde ich sehr spannend.
Welche Rolle hat dann das „virtuose Spiel“, das ja auch bei Gitarristen immer wieder thematisiert wird?
Das „virtuose Spielen“ ist dann im Grunde noch die Sahne, die oben drauf kommt. Aber der Kuchen muss schon ohne Sahne schmecken, sonst hilft die Sahne auch nicht weiter.
Warum sich immer auch ein Blick ins Booklet lohnt
Wie ist es bei dir mit dem Verhältnis von Idee, Umsetzung und Titel des Songs? Sind da zuerst die musikalischen Anteile, die eine Idee/ein Thema/einen Rahmen vorgeben, die du dann weiter ausarbeitest? Sind es Situationen, die du erlebt hast, zu denen du einen Song schreibst?
Als erstes habe ich eine Melodie- oder auch Riffidee. Dann baue ich zur Melodie dir Rhythmik oder zum Riff eine Melodie bzw. arbeite es zu einem Riff-/ Melodiearrangement aus.
Wie kommen die Songtitel zustande?
Parallel dazu Pflege ich einen Songtitelpool, in dem ich potentielle Songtitel, oft basierend auf Sprichwörtern, Redewendungen oder Zitaten, die mir gefallen. In der Regel erst wenn dann alle Stücke fertig produziert sind, entscheide ich, welcher Track wie heißt. Dabei achte ich schon darauf, dass die Titel halbwegs zu den Stücken passen.
Kannst du dir vorstellen, Songs konkret für einen Titel zu schreiben?
Stücke nach vorgegebenen Titeln zu schreiben, halte ich aber auch für spannend. Bei einem Konzeptalbum mit vorgegebener Story etwa müsste man dann so arbeiten.
Darüber, worum es in den Songs geht (welche Geschichten, Situationen, Gedanken o.Ä. Anlass, Idee zum Song waren), erfährt man bisher wenig. Findest du, dass es nicht wichtig für den Hörer ist? Oder dass dann der Fokus von der Musik weggeht?
Die intellektuelle Dimension der Titel ist ja nicht immer sehr tief. Oft sind es einfache, manchmal verballhornte Redewendungen, die für sich selbst sprechen, und m. E. keiner weiteren Erläuterung bedürfen (z. B. „Straight by the Crook“, „Hand me my Brass“) und da, wo ich es für nötig halte, führe ich es im Booklet dann auch aus, z. B. „The Grand Illusion“. Manche Titel entspringen meinem Arbeitsalltag, z. B. „Anger Management“. Letztendlich müssen die Stücke aber für sich selbst „sprechen“ und ohne artikulierten Überbau funktionieren.
Ein Blick auf die Anfänge – und weshalb es nicht die Geige geworden ist

Ich weiß gar nicht, ob wir uns darüber schon einmal unterhalten haben: Wie bist du eigentlich zur Gitarre gekommen? Wie ist es dazu gekommen, dass du die Gitarre entdeckt – oder sie dich gefunden hat? Hattest du Unterricht?
Ich habe etwa im Alter von 6-16 Jahren klassischen Geigenunterricht gehabt, da meinen Eltern an einer klassischen Musikausbildung gelegen war. In der Zeit habe ich aber nur wenig geübt und auch keine echte Leidenschaft dafür entwickelt, dennoch aber eine Menge gelernt natürlich. Ich kam dann über meine Kindheitsfreunde und einige Schlüsselerlebnisse in früher Jugend zum Rock und Metal, und traf schließlich mit 15/ 16 Jahren die Entscheidung, dass die Gitarre meine Zukunft werden würde.
Ich übte auch sehr viel und voller Überzeugung, wobei Einiges an Fingerfertigkeit schon von der Violine vorhanden war, denn es fiel mir nicht schwer, auf die Gitarre schnell Fortschritte zu machen.
Unterricht auf der Gitarre hatte ich praktisch nicht, abgesehen von einer Stunde im Jahre 1994.
Von der klassischen Geige zu THOUGHT SPHERE und FORCES AT WORK
Dann scheint der Geigenunterricht ja keine verlorene Zeit gewesen zu sein. Ab 1996 hast du bei den Prog-Metal-Bands THOUGHT SPHERE und FORCES AT WORK gespielt, wobei mehrere Alben entstanden sind.
THOUGHT SPHERE ist aus einem Bandprojekt entstanden, dass es schon seit Ende 1994 gab. FORCES AT WORK entstand aus einem weiteren Bandprojekt, welches 2000 startete. Die Bands haben sich auch, was die Mitglieder angeht, gewissermaßen überschnitten. THOUGHT SPHERE existierte bis 2002, FORCES AT WORK bis 2014. Mit beiden Bands habe ich insgesamt 8 Alben und EPs veröffentlicht.
An welche Alben oder Songs erinnerst du dich gerne?
Die besten Songs bzw. Alben sind für mich von THOUGHT SPHERE vor allem das vierte und letzte Album „Eos“. Und daraus insbesondere die Tracks „Each Passing Moment“, „Shrine of the Saint“ und „Seventh Raven“. Aber auch die beiden Alben „Eden’s Shore“ und „Vague Horizons“ haben einige gelungene Songs. Und bei FORCES AT WORK denke ich an das Album „Straight“ und die Songs „Mindslavery“ und „Keep Marchin“.
Welche Bedeutung hat die Zeit mit diesen Bands für dich?
Insgesamt war es eine intensive und sehr kreative Zeit mit den beiden Bands. Wir waren jung, haben viel Zeit im Proberaum und auch im Studio verbracht, uns musikalisch echt ausgetobt und auch Einiges an Konzerten gespielt.
Der Guitar Fight Club
2010 und 2011 warst du Vizemeister beim Guitar Fight Club. Was ist das/was ist die Intention der Veranstaltung und was hat sie für dich bedeutet?
Der Guitar Fight Club war eine Art Festival/ Musikmesse mit Livebands, Workshops etc., in dessen Mittelpunkt eine Art Improvisationswettbewerb stand. Für den Wettbewerb konnte man sich durch Einsendung von zu vorgegebenen Backingtracks eingespielten Gitarrensoli bewerben. Bei der live-Show dann traten die acht von einer Jury ausgewählten Teilnehmer mit einer vom Veranstalter zusammengestellten Begleitband im K.O.-System 1zu1 gegeneinander an. Ich bin damals 2x ins Finale gekommen, habe den Pokal aber nie geholt.
Und da hattest du schon Ideen zu „Big Time“ im Kopf? Hattest du dich zu diesem Zeitpunkt bereits eher als Solist gesehen?
Mit dem ersten Soloalbum hatte ich schon vor der Guitar Fight Club Zeit begonnen, es wurde aber erst 2011 fertig. 2012 war ich dann beim GFC auch nochmal dabei, aber habe es dann nicht mehr ins Finale geschafft. Ich habe damals auf der eigenen Musikmesse des GFC einige Solokonzerte gemacht, das waren meine ersten Soloauftritte überhaupt. Und 2009 war ich mit dem GFC auf der My Music Expo in Dresden und habe dort drei Tage lang Sologigs für den GFC-Stand gespielt, was für mich damals sehr gute und spannende Erfahrungen waren. Die Zeit hat mich schon zusätzlich motiviert, meine Solo-Sache auf live voranzutreiben.
Um aber deine Frage zu beantworten: Ich habe mich immer sowohl als Solist als auch als Bandmitglied betrachtet.
Von Signature- und ungewöhnlichen Gitarren
Dann bist du 2014 bei GLORYFUL eingestiegen. Wie ist es dazu gekommen?
Ich wurde von Sänger Johnny LaBomba zunächst als Aushilfe angeheuert. Er hatte mich auf Facebook gefunden. Das war 2013. Ich habe dann 7 Gigs als Aushilfsgitarrist absolviert, bis mir dann die reguläre Bandmitgliedschaft angeboten wurde, nachdem klar wurde, dass der damalige Gitarrist Vito Pappotto aufgrund anderer Bandverpflichtungen zu wenig Zeit für GLORYFUL hatte.
Wenn ich es richtig im Blick habe, hast du auf deinen Alben dieselbe Gitarre gespielt. Warum gerade diese Gitarre? Was für eine Gitarre ist es und welche Möglichkeiten bietet sie dir?
Seit dem zweiten Album „Easy Game“ verwende ich unter anderem meine Signature-Gitarre, die Orthos Big Time von TS Customs. Es ist eine 6-seitige E-Gitarre, die einfach super klingt!
Timo Schramm von TS Customs kenne ich seit dem ersten GFC 2009, wo er mich „entdeckt“ hat, mit mir ins Gespräch kam, und dann einige Jahre später mit dem Bau der Gitarre begann. Die Orthos bietet eine ungewöhnliche Tiefe und Schönheit im Klang, die ich zunächst einmal erst entdecken musste. Sie hat mir sehr dabei geholfen, meinen Ton zu entwickeln.
Steve Vai hat auf seinem letzten Album „Inviolate“ eine ganz spezielle Gitarre gespielt. Würde dich dieses oder ein vergleichbares Instrument auch reizen? Wenn ja, warum – und ebenfalls: wenn nein, warum nicht?
Ehrlich gesagt reizen mich besonders außergewöhnlich aussehende bzw. gestimmte Instrumente zunächst einmal wenig, da ein ‚normales‘ Instrument schon genügend Optionen bietet, und der Musiker am Ende immer noch nach sich klingt und weniger nach dem Instrument. Von daher: nein.

Vergleiche, Einflüsse und Destillation …
Das war eine klare Antwort bezüglich des Instrumentes. Und wie ist es eigentlich, immer wieder mit Steve Vai oder Joe Satriani verglichen oder an ihnen ‚gemessen‘ zu werden?
Naja, also Satriani und Vai sind die einzigen beiden Instrumental-E-Gitarristen, die auch unter ‚normalen‘ Musikhörern ohne besonderem Interesse an der Instrumentalszene bekannt sind. Die beiden kennt einfach jeder, also wird man natürlich immer mit denen verglichen. Und ich habe die beiden ja selbst auch ohne Ende gehört, von daher hatten sie sicherlich auch einen großen Einfluss auf mich.
Jedenfalls ist das für mich völlig normal, mit denen verglichen zu werden. Und wenn Leuten meine Musik dann auch nach dem Vergleich noch gefällt, freue ich mich natürlich.
In welcher Hinsicht hat ihre Musik, ihre Art zu spielen dich beeinflusst? Was machst du anders als sie?
Ich denke, dass ich den Einsatz des Wah-Pedals von den beiden z. T. abgehört habe, allerdings auch bei John Petrucci, und evtentuell auch den Einsatz von Legato- und Tappingorgien. Ansonsten würde ich sagen, dass meine Musik härter und weniger poppig ist als Satriani und weniger experimentell/ abgefahren ist als Steve Vai. Ich habe mir quasi das, was mir an deren Musik gefällt, herausdestilliert. Ich denke, ich bin aber auch von vielen anderen Gitarristen beeinflusst.
… und die Relevanz einer Diktier-App
Auf dem Album sind verschiedene Musikstile zu hören. Hörst du Musik, um dich inspirieren zu lassen/Inspirationen zu erhalten oder kommen die Ideen auf anderen Wegen zu dir? Oder kommt das ‚automatisch‘, wenn du Musik hörst? Nach dem Motto: das klingt interessant oder das gefällt mir und würde auch in mein Stück passen? Ich denke hier z.B. an „Hand Me My Brass“.
Sowohl als auch. Ich lasse mich gerne von der Musik Anderer Inspirieren. Wenn mir etwas gut gefällt, denke ich oft, „sowas in der Art will ich auch mal machen!“. Oft ist es aber so, dass ich aus dem Nichts heraus plötzlich Melodien im Kopf habe, die ich dann irgendwie festhalte, und dann später verwende. Manche Sachen nehme ich erstmal durch Einsingen in die Diktier-App am Handy auf, um die Idee schonmal festzuhalten.
Um noch einmal auf das Album zurückzukommen: Hast du ein Lieblingsstück? Und was macht es dazu?
Schwer, sich da festzulegen. Ich denke, ich würde mich aber für den Titeltrack entscheiden. Der Song hat alle Facetten, die ich bediene, über Hard Rock bis Thrash-Metal zum entspannten Fusion – organisch in einem Track vereint.
„Face Melting Phenomenon“ ist aber auch gut geworden oder auch „Withdrawn into the Dimness“, der meinem 2021 verstorbenen Vater gewidmet ist.
Es konnten sich Martin Miller, Dee Dammers, Alexandra Zerner, Benjamin Schippritt, Nick Johnston, Thorsten Praest, Patrick Sperling, Justin Hombach, Fabian Ratsak, Yasi Hofer austoben
Du hast bisher auf allen Alben Gastmusiker. Diesmal ist die Liste sogar ziemlich lang. Haben die Auftrittsbeschränkungen usw. unter den Corona-Bedingungen dazu beigetragen, dass so viele Musiker Zeit und Spaß daran hatten, etwas zu deinem Album beizutragen? Ist es auch eine Möglichkeit, euch gegenseitig zu unterstützen/bekannter zu machen?
Ich denke, deine formulierten Annahmen sind alle richtig. Außerdem empfinde ich es immer musikalisch immer sehr interessant, Gastmusiker zu featuren, weil die meist auch eine ganz neue „Farbe“ in den jeweiligen Song hineinbringen.
Die Ideen für die Songs, die grundlegende Struktur, Riffs, Leads usw. stammen ja von dir. Welche Möglichkeiten/wieviel Freiheit hat ein Gastmusiker dann für sein Solo?
Der Gastsolist erhält immer als Referenz den bisher aufgenommenen Track, mit der Maßgabe, wo das Gastsolo hin soll. Durch die vorgelegte Aufnahme, das ‚Playback‘, ist der harmonische Rahmen ja dann schon festgelegt. Innerhalb dessen kann sich der Gastmusiker dann ‚austoben‘. Nur in wenigen Fällen ist es erforderlich, dass ich dann später noch nachbessern lasse.
Release-Show und andere Pläne
Mit Dee Dammers (U.D.O./Dirkschneider, DIRTY D’SIRE) hätte es 2020 gemeinsame Instrumental-Gigs geben sollen, die aus bekannten Gründen nicht stattfinden konnten. Gibt es neue Pläne dafür?
Bisher nicht. Ist ja ohnehin noch nicht sehr leicht Konzerte zu planen, und Dee ist im Herbst mit U.D.O. nun auch schon sehr verplant. Aber irgendwann wird da was passieren, denke ich.
Neben den Gastmusikern hast du ja Marcel Willnat (Bass) und diesmal Sabir Salkic (Drums) dabei. „Dangerous Discipline“ wird aber als Solo-Album vorgestellt. Du hast die meisten Songs ja mit programmierten Drums entwickelt. Die echten Drums und der Bass kamen erst später dazu. Welche Möglichkeiten der Gestaltung hatten Marcel und Sabir letztendlich? Ich finde, dass sie durchaus einen eigenen Anteil haben und ihr wie eine Band klingt und Drums und Bass nicht nur der Hintergrund sind, vor dem du als Solist ‚brillierst‘.
Ja, ich lasse denen schon innerhalb der von mir vorgegebenen Struktur gewisse Freiheiten der Interpretation, an manchen Stellen mehr und an manchen weniger. Bei „Withdrawn into the Dimness“ hat Marcel ja mit seinem Bass auch schon maßgeblich die Songkomposition mitgestaltet und bereichert, und die Ideen des Drummers empfinde ich auch eigentlich immer als Bereicherung. Meist mache ich mir zu den Drum-Arrangements nur rudimentär Gedanken, und überlasse Vieles an Details dann dem Drummer selbst.
Aber wie gesagt, um als Solist zu „brillieren“, wie du es ausdrückst, musst du von der Basis getragen werden – und die muss erstmal stehen.
Für meine Leute an Bass und Schlagzeug bin ich jedenfalls sehr dankbar, an Sabir vor allem, weil er kurzfristig für meinen eigentlichen Drummer Lars Zehner einsprang.
Wann und wo wirst du mit deiner Band live zu erleben sein?
Bisher ist eine Album-Release-Show geplant für Freitag den 30.09.2022 im Pitcher in Düsseldorf. Meine Band GLORYFUL wird an dem Abend ebenfalls spielen, es wird also eine Doppel-Show für mich.
Also das sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen! Gibt es zum Abschluss noch etwas, das du unseren Lesern mit auf den Weg geben willst?
Das Album kann man als CD oder Download (auf adrianweiss.bandcamp.com vor)bestellen. Dort sind auch die älteren Alben erhältlich. Die nächste Single mit Video erscheint am 11.09.22, das Album wird dann am 1.10.22 veröffentlicht.
Danke, Birgit und Metal Heads für das Interesse!
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Bildquellen
- Adrian Weiss Band feat. Niels Löffler: (c) Sebastian Freitag
- adrian weiss band 11.19: Bildrechte beim Autor
- adrian weiss interview 2022: Adrian Weiss
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