Erinnerungen an Kurt Cobain – Danny Goldberg

Erinnerungen an Kurt Cobain

Zum Abschluss unserer kleinen Musikliteratur-Vorstellung von der Frankfurter Buchmesse 2019 möchten wir euch heute die beim Hannibal-Verlag erschienene Biographie „Erinnerungen an Kurt Cobain“ von Danny Goldberg vorstellen.

Aus der Perspektive des Musikmanagers von Nirvana

Ganz ehrlich: ich musste die 296 Seiten zweimal lesen. Erst dann hatte ich richtig verstanden, was der Autor Danny Goldberg– der 1991 zum Manager und Freund von Nirvana aufstieg und uns daher nur von den letzten vier gemeinsamen Jahren berichtet – uns da mit auf den Weg geben will.

Das Buch als Zeitmaschine

Es gibt einige Schmankerl und Neuigkeiten in dieser Biographie. Von der Rivalität zu Pearl Jam war mir zuvor nichts bekannt. Gut, ich war damals 16 Jahre alt, als ich mich unersterblich in die Musik von Nirvana verliebte. Daher wusste ich seinerzeit auch nichts davon, dass Axl Rose von den Guns n´Roses immer von Bodyguards umgeben war. Einmal hat Axl die Ehefrau von Kurt Cobain übel beleidigt und beide massiv bedroht. Hoch ging es her in den seeligen 90´er Jahren des vergangenen Jahrtausends. Dahingehend ist dieses Buch eine tolle Zeitmaschine.

Kreativ-Künstler Kurt Cobain

Erinnerungen an Kurt CobainWas ich vom Hörensagen bereits wußte, kommt in dieser Biographie nicht zu kurz. Dem leidigen Drogenkonsum widmet Goldberg entsprechend viel Platz im Buch, wie auch die Sucht leider viel zu viel Platz in der viel zu kurzen Lebenszeit des Sängers eingenommen hat. Der Autor versucht auch, die ambivalente Beziehung von Kurts Frau Courtney Love zur Presse und zum Rest der Band herauszuarbeiten. Nicht neu ist der Großteil der Charakterdarstellung des Frontmanns dieser großartigen Band: ein zerbrechlicher Typ, launenhaft, schüchtern, unsicher. Aber auch sehr großzügig gegenüber alten Freunden. Für mich neu jedoch ist das kaufmännische Kalkül von Kurt Cobain. Er wollte den Erfolg, er interessierte sich am Ende doch ein wenig auch für das Geld, er war der Drehbuchautor jedes Videos der Band, der Gestalter jeden Plattencovers. Ein passionierter Maler. Kurt Cobain – ein kreativer Künstler auf vielen Ebenen.

Was mir am Buch gefällt

Es ist toll, 25 Jahre nach dem Freitod dieses Phänomens von jemandem aus dem ganz persönlichen Umfeld zu lesen, was damals alles wirklich und in chronologischer Reihenfolge mit und um Kurt Cobain passierte und was teilweise in ihm vorgegangen sein mag. Goldberg ist kein Journalist, er arbeitet nicht auf Zuruf irgendwelche Geschichten ein, sondern ruft eigene Erinnerungen mit und um Kurt Cobain ab. Dass er sich anderer Biographien und Konzertmitschnitte bedient, wie das Quellenverzeichnis offenbart, macht den Inhalt dieses Buches nur noch glaubhafter. Dass in der Danksagung zwar die Witwe sowie der damalige Bassist der Band, Krist Novoselics, namentlich genannt werden, nicht aber Drummer Dave Grohl, das sagt auch etwas aus. Der Manager hatte nicht zu allen Nirvana-Bandmitgliedern dieselbe Bindung und stieß nicht bei allen Menschen in seinem Arbeitsumfeld auf bedingungslose Gegenliebe. Das Vertrauen von Kurt Cobain genoss er aber und dies bleibt nicht selten unerwähnt.

Was mich am Buch stört

Warum ich das Buch zweimal lesen musste? Es fällt einfach sehr schwer, den komplizierten Erzählstukturen Goldbergs zu folgen. Oft „verzettelt“ man sich aufgrund der Schachtelsätze und ausführlicher Beschreibungen schnell in einem Dutzend fremder Namen. Wer war jetzt wer bei Gold Mountain Entertainment, wer bei Geffen Records und wer bei Atlantic? Wie hieß jetzt der europäische Tourmanager noch gleich? In welcher Seattle-Band spielte dieser alte Freund noch mal und gab es jetzt mehrere Drogenberater und Ärzte? Will Goldberg für seine inzwischen erwachsene Tochter ein paar schöne Momente für die Ewigkeit festhalten, wenn er mehrfach davon berichtet, dass Kurt die Tochter Goldbergs so lieb hatte, mit ihr spielte oder kurz telefonierte? Oder wären diese Randgeschichten entbehrlich gewesen und man hätte den Menschen Kurt Cobain nach dieser Lektüre auch so besser verstanden?

Danny Goldberg und das Geld

Goldberg verteidigt keineswegs den schändlichen Drogenkonsum von Kurt Cobain. Vielmehr beichtet er, selbst einmal Drogen konsumiert zu haben. Aber er versucht, den Mix aus Magenbeschwerden und Drogenproblemen, aus Depressionen und plötzlichem Weltruhm in einer gewissen Weise  in Einklang zu bringen mit der sich für diesen genialen Künstler zu schnell drehenden Welt. Was seinerzeit in rasender Geschwindigkeit alles auf Kurt Cobain einströmte (Erfolg, Frau, Kind) und das Leben eines einfachen Jungen aus Aberdeen komplett auf den Kopf stellte, arbeitet Goldberg hervorragend heraus. Wer mit Finanzen zu tun hat, den wird es erfreuen, dass Goldberg mit konkreten Zahlen hantiert. Wieviel Millionen US-Dollar Vorschuss die Plattenfirma zahlte, wie hoch die Gage für bestimmte Auftritte war – dies alles steht in diesem Buch.

Über MTV, Seattle Sound und R.E.M.

Wie wichtig Kurt die Außenwirkung seiner Band in den Medien (Stichwort: MTV) war – seine Eitelkeit und (unbegründete) Angst in dieser Sache – dies ist ein für mich neuer, unbekannter Charakterzug des Frontmanns. Auch die Tatsache, dass Nirvana gar nicht Vorreiter des „Seattle Sounds“ sein wollten (und diesen Medien-Begriff verabscheuten), war mir neu. Kurt hatte Visionen – er wollte Punk und Mainstream zugleich sein. Er feilschte mit seinen Bandmitgliedern um die Aufteilung der Tantiemen. Hätte er länger gelebt, wäre das 4. Studioalbum von Nirvana wohl ein Akustik-Werk mit Gastsängern wie R.E.M.-Frontman Michael Stipe geworden. Dies und noch viel mehr gibt es seit April 2019 in „Erinnerungen an Kurt Cobain“ von Danny Goldberg nachzulesen.

Was hat Ramin Djawadi in diesem Buch zu suchen?

Auf Seite 285 berichtet der Autor über das musikalische Vermächtnis Kurt Cobains. Ein Beispiel in dessen Aufzählung, dass die Musik von Kurt Cobain weiterlebt, ist das von Goldberg genannte instrumentale Klavierarragement im HBO-Trailer zur 2. Staffel der Serie „Westworld“ aus März 2018. Arrangiert hat die Melodie des Songs „Heart-Shaped Box“ ein gewisser Komponist namens Ramin Djawadi aus unserer schönen Stadt Duisburg und Ramin wird im Buch sogar zitiert. Was er sagt? Das müsst ihr selbst nachlesen…

Fazit

Mein Gesamturteil: das Buch ist – ob des traurigen Ausgangs – mitunter schwere Kost und der Autor verliert sich manchmal in zu langen Detail-Beschreibungen. Gleichwohl ist das Werk für jeden Nirvana-Fan absolut lesenswert. Wer sich nun in Erinnerungen verlieren will: hier geht es zur offiziellen Webseite der Band mit einer wehmütigen Timeline auf der Grundseite ganz unten. Ich höre jetzt weiter den Song „Lithium…“

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Bildquellen

  • Erinnerungen an Kurt Cobain: www.amazon.de
  • Erinnerungen an Kurt Cobain: www.amazon.de

Ralfi Ralf

Als ich mir mit 14 zum ersten Mal das Nasenbein beim Moshen mit dem Tennisschläger im heimischen Kinderzimmer brach, war es um mich geschehen! METAL...

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