Moritz Grütz erforscht die Metallisierte Welt
Moritz Grütz und der Hirnkost Verlag haben im Januar 2018 ein wirklich interessantes Buch herausgebracht. Es trägt den Titel „Metallisierte Welt – Auf den Spuren einer Subkultur“. Man hätte aber auch durchaus reißerischer formulieren können. Etwa so in der Art „Wo der Metal noch gefährlich ist„. Moritz Grütz liefert in „Metallisierte Welt“ über 30 Interviews mit Bands aus Ländern von A wie Afghanistan bis V wie V. A. Emirate. Ein Satz wie „Würdest du für den Metal sterben?„, der bei Joey DeMaio noch lachhaft wirkte, hat für viele der Interviewten leider eine wortwörtlich ernstzunehmende Bedeutung. Aber kurz zu den hard facts: Der Hirnkost Verlag hat das Buch in einer schönen und wertigen Hardcover Ausgabe (ISBN: 978-3-945398-69-2), aber auch als E-Book (ISBN: 978-3-945398-71-5) herausgebracht. Aber bevor ich mich dem Inhaltlichen widme, lassen wir doch einmal den Autor selber kurz zu Wort kommen:
Metallisierte Welt – A bis C
Nach zwei Vorworten von Barney Ribeiro (Nervecell) und Moritz Grütz selber, geht es mit Afghanistan los. District Unknown gewähren Einblick in ein Leben als Musiker begleitet von Todesdrohungen und Konzerten, die nur privat und mit geladenen Gästen stattfinden können. Dagegen wirkt es in Algerien (Lelahell) und Aserbaidschan (Silence Lies Fear) vergleichsweise paradiesisch. In Ägypten (Crescent) sollte man religiöse Themen besser vermeiden. In Bahrain kämpfen Motör Militia eher mit der Infrastruktur als mit den Obrigkeiten. Dort ist Metal halt wirklich noch Underground. Bangladesch hat mit 160 Millionen Einwohnern die siebtgrößte Bevölkerungsdichte, eine vitale Metalszene gibt es aber trotzdem nicht. Zumindest können sich Exalter aber ohne persönliche Gefahr, aber dafür voller Idealismus durchs Leben thrashen. In Botswana ist für Metal Orizon die fehlende Infrastruktur und die Dominanz anderer Stile das größte Problem. In Chile machen viele große Bands wegen der enthusiastischen Fans gerne Halt. Lokale Bands wie Bloody Cross tun sich aber trotzdem schwer Aufmerksamkeit zu gewinnen. In China, genauer der Inneren Mongolei, können Nine Treasures weitestgehend unbehelligt ihren musikalischen Vorlieben nachgehen, solange sie sich der textlichen Zensur unterwerfen. 200 Metal Bands bei knapp fünf Millionen Einwohnern. So sieht es in Costa Rica aus und Jonathan Sanchez von Inhuman berichtet auch nicht von größeren Problemen.
Metallisierte Welt – F bis K
Klein aber fein… Beim Wacken Metal Battle auf den Faröer-Inseln treten zwölf Bands gegeneinander an. Und das bei gerade mal rund 50.000 Einwohnern wie John Age Egholm von Hamfero zu berichten weiß. Eine beeindruckende Quote! Mit 56.000 Einwohnern hat Grönland nicht viel mehr zu bieten. Diese sind aber so weit verteilt, dass eine echte Szene gar nicht entstehen kann. Auftrittsmöglichkeiten gibt es für Arctic Spirits eigentlich kaum. Indien ist mit 1,3 Milliarden Einwohnern da natürlich ein krasser Gegensatz und hat mit Kryptos eine Band hervorgebracht, die auch schon in Wacken aufgetreten ist. From Hell aus Indonesien müssen darauf achten, dass sie nicht gegen Religionen wettern. Denn das ist gesetzlich verboten. Der Iran ist mit Avesta, Aras und Arsames gleich dreimal vertreten. Ersterer mit einer Interviewabsage, die in ihrer Begründung tief blicken lässt. Und auch bei den anderen wird deutlich. Einem Metalhead, der gegen das System rebelliert, dem droht der Tod oder Schlimmeres… Terror Angriffe sind auch in Israel allgegenwärtig. Eine Situation die Arallu textlich immer wieder verarbeiten. Kasachstan wird von russischer Pop-Musik und Rap geprägt. Die Metal-Szene ist klein, aber Seven Sins sind beispielsweise schon seit zehn Jahren aktiv. Für Narbeleth aus Kuba ist es tatsächlich das größte Problem an vernünftiges Equipment zu kommen.
Metallisierte Welt – L bis O
Blaakyum aus Beirut im Libanon erzählen von einer wahren Hexenjagd auf Metaller Mitte der Neunziger. Auch wenn es heute besser ist, frei von Gefahren ist das Leben als Metaller immer noch nicht. Disney und ein Seemannslied verbinden wohl die meisten mit Madagaskar. Und tatsächlich ist auch die Abgeschiedenheit eines der größten Probleme für Bands wie Beyond Your Ritual. Die Malediven sind als Urlaubsort beliebt und so verdienen auch die wenigen dortigen Musiker ihr Geld. Spielen sie Metal wie Shahyd Legacy müssen sie auch andauernd mit Repressionen von religiöser Seite rechnen. Mexiko hat mit dem Hell & Heaven Fest ein großes internationales Festival zu bieten. Einheimische Bands wie Eidyllion oder Benatnash haben es schwer und müssen um Aufmerksamkeit kämpfen. Verbindet man mit Nepal eigentlich nur den Himalaya, so ist man durchaus überrascht wenn Sunil Dev Pant von UgraKarma berichtet, dass es in der Hauptstadt nahezu wöchentlich einen Metal Gig gibt. Im Oman ist das genaue Gegenteil der Fall so Izaak Ibrahim von Belos.
Metallisierte Welt – P bis V
Pakistan ist ein sehr musikalisches Land und toleriert nahezu jede Musikrichtung. Der Terror erschwert es aber Bands wie Dusk live aufzutreten. Sibirien ist ein weites Land und es ist schwer geeignete Musiker zu finden. Außerdem ist russischer Rap derzeit populärer und auch offene Systemkritik sollten Ultar lieber vermeiden. Aber das ist harmlos im Vergleich zu dem was Al-Namrood in Saudi Arabien droht: Die Enthauptung! Südamerika ist bekannt für begeisterungsfähige Fans. Das ist in Suriname nicht anders, aber für große Acts ist das Land einfach zu klein. Die Szene in der Hauptstadt wächst auch nur langsam, so Mellwin „Hellraiser“ Ritoe von Morrighon. Krieg und Zerstörung beherrschen Syrien, aber trotzdem macht Rawad Abdel Massih von The Hourglass unverdrossen weiter. Zensur ist ein Thema und wer den Krieg tagtäglich erlebt, mag auch nicht mehr darüber schreiben. Tasmaniens Metal Szene ist klein aber fein. Die Abgeschiedenheit ist aber tatsächlich für Bands wie Départe das größte Problem. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind ein multikulturelles Land. Etwa 90 % der Bewohner sind Ausländer und Nervecell aus Dubai konnten dort 2011 schon mal für Metallica eröffnen. Zensur ist aber auch hier ein Thema.
Metallisierte Welt – ein Fazit
Moritz Grütz ist mit „Metallisierte Welt – Auf den Spuren einer Subkultur“ ein interessantes Buch mit einigen Überraschungen gelungen. Metal gibt es wirklich in fast nahezu jedem Teil der Erde. Beim Lesen wird einem aber auch wieder klar wie privilegiert und frei wir hier leben. Wir können hören und spielen was wir wollen, haben den Zugang zu Instrumenten und Studios. Wir haben die Möglichkeit fast jeden Tag auf ein Metal Konzert zu gehen. Und viel wichtiger: Uns drohen keine Verhaftungen, Folter oder gar die Todesstrafe! Das Buch zeigt aber auch die reaktionäre und verbindende Kraft, die der Metal haben kann. Und gerade deswegen ist es so wichtig! Vor Jahrzehnten waren Rock, Punk und Metal auch einmal rebellische Strömungen in unserer Gesellschaft. Das Buch kann uns das wieder ins Gedächnis rufen und zeigt auch wie wichtig es ist den Underground zu unterstützen. Deswegen hier und jetzt noch ein kommerzieller Aufruf: Ostern steht vor der Tür und dieses Jahr bringt der Osterhase literarisches! Also kauft und verschenkt „Metallisierte Welt – Auf den Spuren einer Subkultur“. Hirnkost für euch und eure Freunde.
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Bildquellen
- Kryptos: Bildrechte beim Autor
- Metallisierte Welt Cover: Gordeon Music/ Hirnkost
- Metallisierte Welt 720×340: Gordeon Music
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