Peter Steele – Vom Müllmann zum Rockstar
Ein zugebenermaßen reißerischer Titel, aber wer Jeff Wagners Biographie „Soul On Fire“ mit dem schönen Untertitel „Leben und Musik von Peter Steele“ gelesen hat, kann ihn zumindest nachvollziehen. Alle anderen sollten das Lesen schnellstens nachholen. Aber erst einmal die hard facts: Das Werk ist am 21. November 2016 im Verlag Nicole Schmenk erschienen. Für die gelungene Übersetzung ist Andreas Schiffmann verantwortlich. Die 308 Seiten kommen im Hardcover daher, messen 17,2 x 2,7 x 24,6 cm und wiegen knapp 1,1 kg. Das Artwork ist im typischen Type O Negative-Stil gehalten. Papierqualität, Druck, Layout und Bilder sind allesamt von hoher Güte und Wertigkeit und dem Arbeitsethos von Peter Steele mehr als angemessen.
Peter Steele – Red, Green, Black
In diese drei Farben ist „Soul On Fire“ inhaltlich gegliedert. Gleichzeitig stehen diese Farben sinnbildlich für die verschiedenen Abschnitte im Leben und der Karriere von Peter Steele. Rot für den jungen Peter Thomas Ratajczyk (erst 1996 benannte er sich offiziell in Peter Steele um), der mit Fallout und Carnivore wild um sich schlug. Grün steht dann für die Anfänge mit Type O Negative und die ersten Erfolge. Schwarz umrahmt dann den Teil im Leben von Peter Steele, der von Drogenmissbrauch gezeichnet war, bis hin zu seinem tragischen Tod am 14.April 2010.
Peter Steele – aller Anfang ist laut
Im ersten Teil von „Soul On Fire“ werden Peter Steeles Kindheit, Jugend und seine ersten musikalischen Gehversuche mit Fallout und Carnivore beschrieben. Als jüngstes von sechs Geschwistern und als einziger Junge wuchs er ziemlich behütet auf. Allerdings blieb er lieber für sich, da er bis zu kurz vor seinem zehnten Geburtstag Beinschienen aus Metall tragen musste und dementsprechend gehänselt wurde. Eine Introvertiertheit, die sich eigentlich durch sein ganzes Leben ziehen sollte. So beschäftigte er sich viel mit Büchern und Musik. Black Sabbath entdeckte er durch seine Schwestern schon im zarten Alter von neun Jahren. Überhaupt ging es in seiner Familie sehr musikalisch zu und mit elf Jahren bekam er schon Gitarrenunterricht. Den Bass übernahm er dann in seiner ersten Band Northern Lights. Hier spielte er schon mit Josh Silver zusammen, seinem Freund seit sie beide zehn Jahre alt waren.
1977 wurde aus Northern Lights dann Fallout, die Band mit der Steele und Silver erstmals eigene Stücke komponierten und sich durch brachiale Live Shows eine erste Fangemeinde erspielten. Schon bei Fallout hatte Peter Steele einen konzeptionellen Hintergrund erarbeitet und nach deren Split, setzte er diese Herangehensweise bei Carnivore fort, die Band, mit der er erstmals professionell ein Album veröffentlichte und die bis heute Kultstatus genießt. Leider führten Titel wie „Jesus Hitler“ oder „Race War“ vom Album „Retaliation“ gerade in Europa dazu, dass Peter Steele in eine rechte Ecke gedrängt wurde, obwohl er beileibe kein Nazi oder Rassist war. So sind Zeilen wie „We fell from different cunts and your skin´s an ugly color“ (Soul On Fire, S. 86) zwar sehr krass, aber nur beschreibend und dokumentierend zu verstehen. Aber angestachelt durch die Reaktionen, wollte Peter das nächste Album noch extremer gestalten, als Titel schwebte ihm hierfür „White And Proud“ vor. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen: Carnivore lösten sich auf und die Saat für Repulsion und ein mit „None More Negative“ betiteltes Demo war gelegt. Bis zu Type O Negative war es nun nicht mehr weit…
Peter Steele – The Green Man und Type O Negative
Nach dem oben genannten Split von Carnivore gründete Peter Steele Repulsion, die sich letztendlich in Type O Negative umbenannten. Eine Legende war geboren! Mit von der Partie war nun endlich auch wieder Peters alter Freund und kongenialer Partner Josh Silver. 1991 erschien dann das Debüt „Slow, Deep And Hard“. Kennzeichnend waren auch hier bei der Covergestaltung schon die Anordnung von Bandnamen und Titel in schwarz, sowie die Verwendung von Grüntönen. Type O Negatives Signaturfarben kamen hier schon zur Geltung. Seinen Spitznamen „The Green Man“ bekam Peter wegen seiner Arbeit für das New Yorker Grünflächenamt und des grünen Overalls den er dabei tragen musste. Eine Arbeit, die er sehr geliebt hat.
Nach dem Debüt, in dem sich Peter all seinen Frust von der Seele geschrieben hatte und das entsprechend wütend klang, folgte noch eine von Kontroversen umschattete Europatournee. Nichts deutete zu diesem Zeitpunkt darauf hin, was Peter Steele als nächstes erschaffen sollte. 1993 erschien das Album, mit dem man Peter Steele und Type O Negative für immer assoziieren sollte: „Bloody Kisses“ und eine ganz neue Art von harter, trauriger Musik erblickte das Licht der Welt! Der Erfolg kam langsam, aber dafür dann umso gewaltiger. In der Folge sah sich Peter Steele gezwungen seinen geliebten Job bei der Stadt New York zu kündigen und ein Leben als Rockstar zu führen. Im Großen und Ganzen war er aber mit sich im Reinen, auch wenn seine Lust an Provokationen nicht verloren gegangen war, wie seine berühmt-berüchtigte Fotostrecke für das Magazin Playgirl zeigt. Diese Lebensphase wurde dann aber durch den Tod seines geliebten Vaters Mitter der Neunziger und seinen erstmaligen Kontakt zu harten Drogen als Mittdreißiger jäh unterbrochen. Den Tod seines Vaters konnte er zwar noch beim Komponieren vom 1996er Album „October Rust“ verarbeiten, aber der Drogenkonsum sollte ihm zusehends zu schaffen machen und die schwarze Phase seines Lebens einleiten.
Peter Steele – gute Alben und am Ende der Tod
1999 veröffentlichten Type O Negative dann „World Coming Down“ und schon fast prophetisch singt Peter Steele da „Watch your money flow away oh so quick/To kill yourself properly, coke is it.„. Auch ein Songtitel wie „Everything Dies“ läßt sehr gut auf seine Seelenverfassung schließen. Psychotische Anfälle und kränkliche Lethargie prägten sein Leben, so das der Titel der 2003er Platte „Life Is Killing Me“ nicht verwundert. Nach mehreren Drogenentzügen und einem Haftaufenthalt versuchte Peter Steele 2006 seinem Leben wieder eine glücklichere Wendung zu geben. Sie waren von Roadrunner zu Steamhammer/SPV gewechselt und er reaktivierte Carnivore in neuer Besetzung, mit denen er auch auf dem Wacken Open Air spielte. Zwar kämpfte er immer noch mit seinen Dämonen Kokain und Alkohol, aber er hatte neuen Lebensmut gefasst. 2007 erschien mit „Dead Again“ dann auch ein neues Album von Type O Negative.
Trotz weiterer Schicksalsschläge, wie dem Verlust seines Elternhauses, dem Tod seiner Mutter 2005, großer finanzieller Probleme (er hatte einfach alles ausgegeben oder verschenkt), gelang es ihm drogenfrei zu werden. 2009 hatte er es geschafft, war clean und trocken. Er hatte Pläne für die nächste Scheibe, für die ihm der Titel „Double Crossed“ durch den Kopf ging. Am 10. April 2010 hatte er den Mietvertrag für ein neues Heim in Staten Island unterschrieben, der Umzug in sein geliebtes New York stand kurz bevor. Am 14. April 2010 starb Peter Steele. Als offizielle Todesursache wurde ein Aortenaneurysma kommuniziert. Aber wahrscheinlich starb er an Komplikationen im Zusammenhang mit einem Meckel-Divertikel und wäre bei rechtzeitiger Diagnose und Operation vielleicht noch unter uns. Mit ihm starben dann auch Type O Negative und uns bleibt nur die Musik, die er bis dahin erschaffen hat. Danke dafür!
Peter Steele – Soul On Fire – Prädikat lesenswert
Am Ende gilt es nun ein Fazit zu ziehen über diese Biographie von Peter Steele: Uneingeschränkt empfehlenswert und lesenswert! Jeff Wagner gelingt es einem den Menschen Peter Steele mit seinen Fehlern, aber auch in all seiner Großherzigkeit und musikalischer Genialität nahe zu bringen. Aus dem Rockstar Peter Steele wird wieder Peter Ratajczyk, der hilfsbereite Junge von nebenan. Auch auf dem Gipfel seines Erfolges war er immer für andere da, blieb für die Leute die ihn kannten, immer derselbe. Auch seine Zerrissenheit, seine psychischen Problem, seine Liebe zu den Frauen im allgemeinen und besonderen werden beleuchtet. Immer wieder kommen auch Musikerkollegen zu Wort, die ihn bewunderten und für seine Musik verehrten. Peter Steele hat in seinen Kompositionen etwas Neues und Einzigartiges erschaffen.
Nach dem Lesen von „Soul On Fire“ höre ich seine Musik noch einmal mit neuen Ohren, Jeff Wagner hat das Buch gut geschrieben und der Verlag Nicole Schmenk hat den Inhalt angemessen und sehr wertig verpackt. Den Beiden und allen anderen die bei der Entstehung beteiligt waren viel Dank dafür! Type O Negative-Fans sollten dieses Buch unbedingt kaufen und wer sich für tiefergehende Musiker-Biographien abseits von Sex, Drugs and Rock’N’Roll interessiert, der auch. Es lohnt sich!
Schaut auch ruhig mal auf der Homepage vom Verlag Nicole Schmenk vorbei. Da gibt es noch mehr zu entdecken.
[amazonjs asin=“394302234X“ locale=“DE“ title=“Soul on fire: Leben und Musik von Peter Steele“]
NEWSLETTER. FREITAGS. KOSTENLOS.
Bildquellen
- Type O Negative October Rust: amazon.de
- carnivore cover: amazon.de
- Type O Negative Slow Deep And Hard: amazon.de
- Type O Negative Bloody Kisses: amazon.de
- Type O Negative World Coming Down: amazon.de
- Type O Negative Life Is Killing Me: amazon.de
- Type O Negative Dead Again: amazon.de
- soul-on-fire-cover: amazon.de
Neueste Kommentare