MANTICORA, OVERSENSE, ODDLAND im Turock

Zutaten für ein Konzert
Erstens: Geile Bands! Check!–Zweitens: Coole Location!–Check!–Drittens: Fans! Kein Check! „Was ist denn hier los?“ dachte ich so bei mir, als ich vor dem Turock wartete und nur eine handvoll Leute sah, die vor dem Club warteten. Wenn ich nicht den Tourbus von MANTICORA und das Tourplakat gesehen hätte, hätte ich wahrscheinlich gedacht, dass ich mich im Datum vertan habe.
Böse Vorahnung
Allerdings hatte ich auch im Vorfeld schon mitbekommen, dass MANTICORA ihren Auftritt in Coesfeld und Paris absagen mussten, weil schlicht und ergreifend kaum Tickets im Vorfeld verkauft worden sind. Daher kam leider schon so eine böse Vorahnung in mir hoch. Doch so recht glauben konnte ich es trotzdem nicht, denn wir reden hier nicht von irgendwelchen Hinterhofbands, die gerade mal anfangen Musik zu machen.
MANTICORA gibt es seit 1997 und sind schon überall aufgetreten, unter anderem auf dem WACKEN OPEN AIR. Dann hätten wir OVERSENSE aus Deutschland und ODDLAND aus Finnland. Diese Bands sind zwar noch nicht so lange im Geschäft wie MANTICORA, aber machen trotzdem erstklassige Mucke. Und wir befinden uns im Ruhrpott, dem Schmelztiegel im bevölkerungsreichsten Bundesland, wo einige namenhafte Metal-Bands geschmiedet wurden. Und es kommen nicht mehr als 20 Leute, um sich geile Bands anzusehen??? Ich konnte es nicht fassen!


Es ist mir ein Rätsel!
Ich war mir eigentlich sicher, dass die Leute alle heiß wie Frittenfett auf Konzerte sind, nachdem man über zwei Jahre solchen Ereignissen nicht beiwohnen konnte oder nur unter erheblichen Einschränkungen. Ich habe keine Erklärung dafür, was mit den Menschen los ist. Denn ich habe mal ein wenig recherchiert und mich mit anderen Metalheads in Deutschland ausgetauscht. Diese Problematik betrifft nicht nur diese Bands und diese Tour, sondern auch viele andere. Die großen Bands bleiben dabei ebenfalls nicht verschont. Es werden geplante Konzerte und Festivals abgesagt, weil im Vorfeld einfach keine Tickets verkauft werden. Darauf sind Bands und Veranstalter aber angewiesen. Man kann sich nicht nur auf den Verkauf an der Abendkasse verlassen. Viel zu unsicher. Die Branche wurde durch den langen Lockdown massiv geschädigt und die Folgen dessen sind immer noch spürbar präsent, obwohl der Lockdown beendet ist.
So habe ich die Situation dort schon als ein wenig skurril empfunden.
Heldenhaft
Doch in Gesprächen mit den Bands erzählte man mir, dass die Bands das Problem bereits kennen und für die Branche ist die Krise immer noch allgegenwärtig. Jasmin von OVERSENSE erzählte mir vor dem Auftritt, dass sie die Woche davor in Hamburg vor gerade mal sechs Leuten gespielt hätten. Unfassbar! Deshalb finde ich es bewundernswert, wenn die Bands ihrer Passion trotzdem mit voller Leidenschaft nachgehen. Ich musste unweigerlich an das Interview mit Celli von Crossplane (Link) denken, der sagte: „Es ist egal, ob du vor 10 oder 1000 Leuten spielst. Du musst immer alles geben! Das ist Rock`n Roll!“
Und genau das taten die drei Bands allesamt! Den Anfang machten
ODDLAND

ODDLAND (Facebook) hat im März ihr Album „Vermilion“ veröffentlicht. Sie spielen progressiven Metal ohne allzu viele Spielereien. Der kunstvolle Sound geht schon mit gehöriger Härte zur Sache, experimentiert aber auch mit ungewöhnlichen, teils orientalischen Sounds. Ein Review für das tolle Album wird noch hier auf ‚metal-heads.de‘ folgen.

Der Sound fängt den Hörer mit epischen Passagen ein, was auch dem Sänger Sakari Ojanen zu verdanken ist, der mit verschiedensten Gesängen zu begeistern weiß. Sehr gelungen finde ich auch den grundsätzlich knackigen dominanten Bass von Joni Palmorth. Es war auch sehr interessant ihm bei seinem leidenschaftlichen kraftvollen Bassspiel zuzuschauen.

Spekatkulär fand ich gleichermaßen das live gespielte Sopransaxophon vom Gitarristen Jussi Poikonen. Das hört und sieht man nicht alle Tage. Einfach grandios. Ein toller Auftritt und ich sicherte mir im Anschluss erst einmal die Vinyl mit den Unterschriften der Band. Und die Vinyl sieht optisch hammermäßig aus.

OVERSENSE

OVERSENSE (Facebook) als vielversprechende Band aus Deutschland zelebrieren melodischen Metal. Die junge Truppe hat letztes Jahr ihr tolles Album „Egomania“ rausgebracht, von dem unser Redakteur Uwe begeistert war (Review / Interview).
Nun war ich gespannt, wie die Songs live klingen. Und höre da! OVERSENSE rocken ein richtig hartes Brett und geben sich dabei sehr variabel, aber immer mitreißend. Da steckt verdammt viel Potential für die Zukunft drin!


Der Funke sprang sofort bei mir über und zum Glück nicht nur bei mir. So gaben wir wenigstens als kleine Fangruppe direkt vor der Bühne Vollgas und rasteten dort aus. Die Band rockte einen super Auftritt. Sänger/Gitarrist Danny Meyer legte als Frontmann eine geile Performance hin. Ist echt ne Rampensau und hat auch ne geile Stimme. Gitarristin Jassy fiel alleine durch ihre optische Erscheinung sofort ins Auge und war fortwährend in Action. Ich kann allen nur dringend raten, dieser Band zu folgen und sich diese live anzusehen.

MANTICORA

Nachdem mein Nacken nun mehr als aufgewärmt war, musste er sich der härtesten Prüfung des Abends stellen. Denn nun rissen MANTICORA (Facebook) die Bühne ab und stellten an diesem Abend den mit Abstand härtesten Akt dar. Nachdem das Unwetter an diesem Tag zumindest im Ruhrgebiet nicht so hart zuschlug wie angekündigt, sorgten MANTICORA für ein wahnsinnigen Soundtornado, der gnadenlos über uns hinwegfegte.


Man merkte der Band durchweg die jahrelange Erfahrung an, denn alle Bandmitglieder beherrschten die Bühne und es war immer Bewegung und Action. Es war toll, dass sie den Blickkontakt mit uns suchten und fortweg mit geilen Posen begeisterten. Sie vermittelten mir wie die anderen Bands wirklich das Gefühl, dass sie trotz der spärlichen Anzahl von Fans voll Bock hatten und mit vollem Eifer dabei waren.

So war Sänger Lars wie im Rausch und wirbelte durchweg auf der Bühne herum und kam uns vor der Bühne auch gerne mal sehr nah. Allerdings hätte man seinen Gesang meiner Meinung nach ruhig etwas mehr in den Vordergrund mischen können.
Fazit
Die Bands haben alles gegeben und waren für mich die wahren Helden des Abends. Jede Band war mit voller Hingabe dabei und haben eine tolle Show geboten. Ich fühlte mich super unterhalten. Mit einem größeren Publikum wäre das sicherlich noch eine ganz andere Stimmung gewesen. So viel ist mal klar. Doch ich habe mich einfach vor der Bühne ganz der Musik hingegeben, mich auf die Bands konzentriert und von deren Musik mitreißen lassen. Und so kann ich mit Stolz verkünden, dass ich seit langer Zeit mal wieder mit einem Muskelkater im Nackenbereich aufgewacht bin.
Ich hoffe nur, dass sich diese Krise in der Musikbranche nicht weiter manifestiert, sonst sehe ich schlimme Zeiten auf die Rock- und Metalbranche zukommen. Also liebe Musikfans! Unterstützt die Bands mit allen Mitteln und unbedingt auch mit dem Erwerb von Konzert-Tickets im Vorverkauf, sonst werden sich viele Bands das Musizieren und Bandleben nicht mehr leisten können.
Kommentar von MANTICORA (Facebook-Post vom 30.05.’22)
Es tut wirklich weh, dies zu schreiben, aber zum jetzigen Zeitpunkt haben wir absolut keine andere Wahl, als den letzten Teil der kontinentaleuropäischen Tournee (München, Cottbus und Wien) abzusagen.
Die Vorverkaufszahlen waren auf dem Großteil der Tournee so niedrig, dass wir mit mehreren Veranstaltungsorten und Veranstaltern verhandeln mussten, um die Shows am Leben zu erhalten, da wir (normalerweise) niemals Shows absagen, selbst wenn sie niedrige Vorverkaufszahlen haben. An den meisten Veranstaltungsorten sind die Leute am Ende trotzdem gekommen, aber da München sich entschieden hat, unsere Show dort abzusagen, haben wir 3 freie Tage vor der Fahrt nach Cottus-Wien und zurück nach Willich (in der Nähe von Essen), bevor wir nach Hause fahren. Das ist wirtschaftlich einfach nicht machbar, da wir Nightliner, Fahrer, Techniker und so weiter bezahlen müssen. 2000€ pro Tag zu verlieren, um eine Show zu spielen, ist leider keine Option.Warum der niedrige Vorverkauf?
Nun, alle Veranstalter haben genau dasselbe über die Tourne gesagt: Sie haben für alle Shows einen niedrigen Vorverkauf – etwa 30-40% ihrer üblichen Umsätze, da die Leute offenbar immer noch Angst haben, dass die Shows abgesagt werden. Wir sprechen hier von einer Zwickmühle.
Und wir sind nicht die erste Band, die absagt, und wir werden auch nicht die letzte sein, aber diese Situation ist so ungewöhnlich für uns, dass wir einen großen Schlag in die Magengrube verspüren, und wir entschuldigen uns aufrichtig bei den Fans, die ein Ticket gekauft haben, hoffen aber auf euer Verständnis.
Wir werden nach Hause fahren, uns neu formieren und die letzten geplanten Shows im Juni spielen (Helsinki Metal Horizons, Apollo in Turku und Rock Imperium in Cartagena) und wir hoffen, dass wir euch dort eines Tages in irgendeiner Form wiedersehen.
Die Tickets werden natürlich bei eurem Ticketverkäufer erstattet.Facebook-Post von MANTICORA (30.05.’22)
Kristian, Lars, Kasper, Stefan und Lawrence.
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Bildquellen
- TUROCK vor dem Konzert-k: Verfasser
- Kirche gegenüber Turock-k: Verfasser
- ODDLAND Turock-3-k: Verfasser
- ODDLAND Turock-k: Verfasser
- ODDLAND Turock Jussi Poikonen-k: Verfasser
- Vermilion-Vinyl-k: Verfasser
- OVERSENSE Turock-1-k: Verfasser
- OVERSENSE Turock-2-k: Verfasser
- OVERSENSE Turock Jasmin-1-k: Verfasser
- OVERSENSE und metalhead-k: Verfasser
- MANTICORA Turock-5-k: Verfasser
- MANTICORA Turock-6-k: Verfasser
- MANTICORA-3-k: Verfasser
- MANTICORA Turock Lars-k: Verfasser
- MANTICORA Turock-7-titel: Foto-->Verfasser // Logo-->MANTICORA
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