Agrypnie & Support im Helvete
Zwei Frontfrauen – abnormale Schlaflosigkeit
Dies könnte man denken, wenn man an diesem Abend mit medizinischem Fachwissen ins Helvete nach Oberhausen wandert. Doch hier warten mit Convictive, Anomalie, Todtgelichter & Agrypnie zum einen Newcomer und zum anderen Urgesteine des modernen Black Metal, weithin auch als Post Black Metal bekannt. Ein weiterer Pflichttermin für metal-heads.de!
CONVICTIVE
Den Anfang machten um ca. 19.40 Uhr die Lokalpatrioten Convictive aus Duisburg. Anfang des Jahres hat sich bereits Ralfi Ralf ausführlich mit Drummer Daniel unterhalten. Was dieser zu Band, Songwriting und Einflüssen zu sagen hatte, könnt Ihr nochmal HIER nachlesen.
Ab der ersten Sekunde merkte jeder im sich schnell füllenden Keller, dass der Fünfer um Frontdame Jalina sich ehrgeizige Ziele gesteckt hat. Offensiv, laut und gefährlich kamen sie daher, ohne sich von ihrem mitgereisten Fanclub beirren zu lassen. Support your local underground, heißt die Devise!
Neben den ersten Songs, die auch auf der im letzten Juli veröffentlichten Demo „Blutnacht“ zu finden sind, wurden auch neue Kompositionen wie „Eis“, „Obscuritas“ und „Öffnung“ präsentiert. Packende Stücke in modernem Gewand, von Jalina intensiv vorgetragen. Nach einer knappen halben Stunde wurden sie nicht umsonst bejubelt, denn ihr Heim-Auftritt konnte sich definitiv sehen lassen. Mit der Zeit wird sich mit Sicherheit auch noch ein wenig mehr Individualismus einschleichen, weil man sich beim Make up kurzzeitig gefragt hat, ob hier die Kollegen von Agrypnie als Vorlage dienten.
Nichtsdestotrotz sollte man Convictive auf jeden Fall im Auge behalten, wenn man sich in dem Genre heimisch fühlt. Man darf gespannt sein, was da noch so kommt!
Setlist Convictive
Intro
Breyskja
Eis
Blutnacht
Obscuritas
Das rote Feuer
Öffnung
Line-Up
Jalina | Vocals
Phillip | Guitar
Sascha | Guitar
Benjamin | Bass
Daniel | Drums
ANOMALIE
Nanu? Sollte jetzt schon der Headliner an der Reihe sein? Nein, es waren nur die Österreicher Anomalie, die hier heute zeigten, auf welche Band JEDER mit Spannung gewartet hatte.
2011 von Marrok (Selbstentleibung, Harakiri for the Sky) gegründet, stehen die Jungs im Grunde erst seit letztem Jahr im Fokus der Aufmerksamkeit. Obwohl sich nach ihrem Debüt „Between the Light“ die Presse vor Achtung und Begeisterung förmlich überschlug, ging es promotionstechnisch erst im letzten Jahr nach Erscheinen von „Refugium“ los. Und verdammtnochmal, ist das eine starke Scheibe! Da war die Spannung natürlich groß, ob die Intensität der bisher geschriebenen Werke live den Zuhörer genauso erreichen konnte.
Okkultismus live on Stage!
JA, konnte sie! Was Anomalie – übrigens mit Torsten von Agrypnie als (relativ) neuen dritten Gitarristen – direkt mit „In Fear of Tomorrow“ für ein Feuerwerk ins schwitzende Publikum ballerten, war grandios. Vor Weihrauch gefüllte Atemluft und Songstrukturen, die wie ein Uhrwerk verzahnt, ineinander fließen. Fans von Alcest und Agalloch, aber auch Anhänger von Insomnium oder Katatonia geraten ins Schwärmen. Vor allem beim zweiten Song „Between Reality and the World Beyond“. Rockig, flockig wird hier gestartet, bevor die Double Bass die Innereien zum Beben bringt. Gestandene Kerle greifen sich an den Kopf bei diesen außerirdischen Melodiebögen.
Wie schon gesagt, der Headliner war hier und heute Anomalie! Niemand weiß, was die Zukunft einem beschert, doch diese österreichisch-deutsche Kollaboration wird uns noch so einige epische Live-Momente bescheren. An zweiter Position spielen sie auf dieser Tour wahrscheinlich bloß, weil Torsten als Headliner-Fronter wieder topfit sein muss!
Setlist Anomalie
In Fear of Tomorrow
Between Reality and the World Beyond
Blinded
Untouched Walls
White Forest
Untouched Walls
Refugium
Line-Up
Marrok | Vocals
M. S. | Guitar
Kurt | Guitar
Torsten | Guitar
Thomas | Bass
Lukas | Drums
TODTGELICHTER
Todtgelichter = böser Black Metal dressed in Black? Nee, ein frisches „Moin, moin“ in strahlendem Weiß weht einem die sympathische Truppe aus Hamburg entgegen. Da ist es auch gar nicht weiter schlimm, dass Drummer Tentakel die Sample-Machine nicht an’s Laufen bekommt. Die Hanseaten sind mittlerweile seit 2002 unterwegs und mussten schon einige Besetzungswechsel verkraften, womit sich allerdings auch eine enorme musikalische Weiterentwicklung eingestellt hat, was einer Band prinzipiell nicht schaden kann. Also in diesem Fall weg vom harschen Black Metal, der auf „Was bleibt…“oder „Schemen“ noch zu finden war und hin zu modernem, progressiv experimentell angehauchtem Metal mit schwarzmetallischem Beigeschmack!
„Embers“ von der 2013er – Scheibe „Apnoe“ startete die Show und gesangstechnisch war schon ein kleiner Unterschied zur Album-Version festzustellen. Dort noch zu zweit am Mikro, muss Marta nun alles alleine bewältigen. Die Dame an der Front taut nur langsam auf und man spürt eine anfängliche Unsicherheit, vor allem bei der Interaktion mit dem Publikum, was eine gewisse Statik mit sich zieht, bei der gesamten Band. Aber vielleicht ist dies auch so gewollt, was im Gegenzug zumindest beim Oberhausener Publikum nicht gut ankommt. Nur noch ca. 50 Zuhörer befinden sich im Keller, die aber voll und ganz begeistert zu sein scheinen!
Funkenlos
Mit „Ghost“ und „Zuflucht“ folgen zwei Songs, die auf dem neuen Langspieler „Rooms“ zu finden sind, der national durchweg gute Kritiken eingeheimst hat. „Zuflucht“ relativ am Anfang vom Set zu spielen ist leider keine gute Idee, denn das einminütige Orgel-Outro war dann doch ziemlich zäh und hat wieder etwas aufkeimende Energie eliminiert. „Phobos & Deimos“ startete ganz im Stile Alcests, rockig melancholisch um später die Black Metal – Keule herauszuholen. Geht doch!
Aber lieber Tontechniker, was war denn hier plötzlich mit dem Schlagzeug verkehrt? Die Bass Drum übertönte mittlerweile ALLES und machte ein entspanntes Zuhören unmöglich. Besinnlich und jazzig wurde es mit „Soil“ und man muss leider feststellen, dass dieser 6-Minuten-Epos nicht so sehr für Live-Shows geeignet ist. Martas cleaner Gesang in Verbindung mit der Lead-Gitarre und die sich etwas zu oft wiederholenden Refrain-Parts standen oft an der Grenze zur Dissonanz, weshalb man beim Hit „Café of Lost Dreams“ schon fast erleichtert die instrumentale Energie in sich aufgesaugt hat.
Alles in allem ein souveräner Auftritt Todtgelichters, doch der gewisse Funke konnte nicht überspringen. Ob es an der falschen Band-Zusammenstellung lag, weshalb Agrypnie – & Anomalie – Fans überhaupt nicht angefixt wurden?
Setlist Todtgelichter
Embers
Ghost
Zuflucht
Phobos & Deimos
Soil
Café Of Lost Dreams
Schrein
Moloch
Allmählich
Line-Up
Marta | Vocals
Frederic | Guitar, Backing Vocals
Floris | Guitar
Guntram | Bass
Frieder | Organs, Synths, Programming
Tentakel P. | Drums, Programming
AGRYPNIE
Wir haben mittlerweile 22.45 Uhr, die Bühne wird in tiefes, schier endloses Blau getaucht und vor lauter Nebel ist kaum zu vernehmen, dass Agrypnie-Sänger Torsten schon fast genervt unbedingt starten will und ratzfatz stand man im toten Trakt! Der Alltime Hit und Dampfhammer brachte das Helvete mitsamt menschlichem Inhalt zum Beben. Gitarrist und Heretoir-Frontmann Dave mähte mit seinen Dreads jegliche Hindernisse nieder und hat man sich umgesehen, war plötzlich wieder Kuscheln angesagt. Trotz späten Beginns hat niemand frühzeitig aufgegeben um somit noch den Headliner zu verpassen. Aggressiv geschminkt und scheinbar vor aufgestauter Wut implodierend stierte Workaholic Torsten (auch Anomalie & Nocte Obducta) auf seine Zuhörerschaft. So fühlt es sich an, wenn eine energetische Verbindung zwischen Künstlern und ihren Fans besteht! Das „Erwachen“ beruhigte danach erstmal wieder die Gemüter, langsam und stampfend sank die Betriebstemperatur um vom harschen 2008er – „Zivilisation“ hinab in die apokalyptische Vision einer zerbrochenen Weltbevölkerung geführt zu werden.
Glückseligkeit überwiegt
Doch auch beim Auftritt der Post Black Metal – Urgesteine von Agrypnie stellt man sich spätestens bei „Zorn“ die Frage, ob noch ein Tontechniker am Platz war. Wie kann man ein derartiges Sound-Chaos verursachen? Es gibt Songs, die leben von ihren Melodien und wenn DIE überhaupt nicht mehr zu vernehmen sind, ist das für eine Live-Show fatal und mitunter tödlich. Echt traurig, zumal der Verantwortliche dafür auch mitten im Publikum zu finden war. Geändert hat sich jedoch nichts am Sound-Gewand. Torsten und Dave, sprecht da mal ein Machtwort!
Über den „Augenblick“ der „Kerkerseelenwanderung“ brachen die beiden Zugaben „Schlaf“ und „Asche“ endgültig die vor innerer Glückseligkeit tropfenden Wände des Helvete ineinander, was nunmal bei Blast Beats gepaart mit Melodiebögen, die aus der tiefsten Seelentiefe zu entstammen scheinen, passiert.
Man darf darauf gespannt sein, wann Agrypnie ein neues Werk vorstellen, damit kommende Shows auch weiterhin mit geistigem Tiefgang, zerreißenden Songs und Individualität gefüllt werden können!
Setlist Agrypnie
Der tote Trakt
Erwachen
Zivilisation
Zorn
Augenblick
Kerkerseelenwanderung
Grenzgänger
Trümmer
Schlaf
Asche
Line-Up
Torsten | Vocals, Guitar
Dave | Guitar
Marrok (von Anomalie)| Guitar
Andreas | Bass
Moe | Drums
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Cooler Bericht! Gerade drüber gestolpert, war auch dort und würde den Abend kaum anders beschreiben!
Kleiner Fehler im Agrypnie Lineup: auf dieser Tour spielte Marrok (von Anomalie) statt Martin Gitarre 😉
Danke für das Lob und den Hinweis! Wird natürlich korrigiert!!!