Shehili – das neue Album von MYRATH

So da ist es also. Shehili, das lang erwartete neue Album der tunesischen Progressive Metal Band MYRATH. Am 3. Mai 2019 wird es via earMusic/Edel veröffentlicht. Die Band, die es bisher so gut verstanden hat, traditionelle Elemente und Instrumente der tunesischen Musik in ihre Songs einzuarbeiten.
Auch auf Shehili wird dies fortgesetzt. Und MYRATH haben hier in jeder Hinsicht das Rad noch ein Stück weitergedreht. So werden sie vom Tunisian Symphony Orchestra begleitet. Auf den vorangegangenen Alben haben einzelne Musiker dieses Orchesters mitgewirkt. Diesmal ist das komplette Orchester dabei, was erheblich zu einem satten und vollen Sound beigetragen hat.
يا رياح شهيلي يا زمن قلّاب
Schon das Intro zeigt, dass auch diesmal die traditionelle stimmliche Modulation und Melodieführung eine Rolle spielen werden. Allerdings ist sie nicht prägend, sondern wirkt eher wie ein Zitat, ein Hinweis.
Dabei bleibt es auch nicht lange. Schon bei Born To Survive und You’ve Lost Yourself breiten MYRATH einen breiten Klangteppich aus, zu dem das Orchester einen frischen Beitrag leistet. Und dann geht es ab mit donnernden Riffs, satten Klängen des Keyboards von Elyes Bouchoucha. Und immer wieder gibt es schöne Melodien, die Malek Ben Arbia seiner Gitarre entlockt. Morgan Berthet (Drums) und Anis Jouini (Bass) sorgen für viel Druck. Über allem klingt der modulationsfähige Gesang von Zaher Zorgati.
Dance – das Video ist inzwischen mehr als 800.000 Mal angeklickt. Wie bei 1000 und einer Nacht wird hier eine wundervolle Geschichte erzählt. Im Video erleben die Avatare der Musiker von MYRATH ein mystisches Abenteuer.
Der Hintergrund des Songs ist in anderer Hinsicht aufsehenerregend und faszinierend. Die Geschichte hinter dem Song handelt von dem palästinensischen Tänzer Ahmad Joudeh. Dieser wurde von der ISIS wegen mit dem Tode bedroht, da er nicht nur tanzte, sondern andere im Tanz unterrichtete. Dennoch wollte er seinen Traum vom Tanzen nicht aufgeben. Er ließ sich den Schriftzug „Dance or die“ tätowieren. MYRATH haben diese Geschichte als Ausgangspunkt genommen, um der tunesischen Jugend ein Beispiel dafür zu geben, dass es möglich ist, seinen Traum zu verfolgen und das Leben zu genießen. Anders, als die religiösen Fanatiker es sehen. Diesen Song – so wie ihre gesamte Musik – verbinden MYRATH mit der Hoffnung, mit Kultur und Musik zu erreichen, dass Menschen in Freiheit leben können. (Mehr dazu könnt ihr im Interview lesen, das ich mit Zaher Zorgati geführt habe.)
Wicked Dice ist dann wieder ein gutes Beispiel dafür, dass MYRATH eine Metal Band sind und kompakte Strukturen mit energischen Riffs gut in Bewegung bringen können.
I will wait for the sun to make my demons run
Dann kommt mein persönliches Highlight: Monster In My Closet. Hier groovt das Monster, was vor allen Dingen den Drums und dem Bass zu verdanken ist. Der Refrain schwächelt da etwas (das scheint wohl schon die Sonne auf den Dämon), aber das wird durch den Text wieder ausgeglichen.
Lili Twil ist ein richtig schöner Song mit einer bewegenden Melodie, bei dem der Gesang fantastisch ist. Diesem Song hat Lofti Bouchnak, der als einer der besten Tenöre Arabiens und Nordafrikas gilt, seine Stimme geliehen.
Mit No Holding Back, der Soundtrack für das letzte Video der Trilogie zusammen mit Believer und Dance, haben MYRATH einen eingängigen Song geschaffen, bei dem die Metalstruktur und die progressiven Aspekte nur ab und zu durchblitzen. Ein sehr kommerzieller Song, aber eben richtig gut gemacht.
Dann Pianoklänge, wie ich sie hier nicht erwartet habe, aus denen eine Ballade entwickelt wird. Stardust gibt Zaher Zorgati erneut die Möglichkeit, seine stimmlichen Möglichkeiten zu nutzen und auch die Saitenfraktion steht nicht hinter den orchestralen Klängen zurück. Der Bass setzt dabei deutliche Akzente, die die Drums aufgreifen, so dass auch dieser Song nicht seicht wird.
Mersal ist dann wieder ein Song, der für mich das verdeutlicht, was MYRATH ausmacht: diese organismische Verbindung der musikalischen Elemente westlicher und tunesischer Musik. Wunderschön das Wechselgesang zwischen Zaher und Elyes, der den muttersprachlichen Part übernimmt.
Darkness Arise kehrt die Progressive Metal Seite von MYRATH noch einmal deutlich heraus und ist einer der Songs, die mir auf dem Album gut gefallen (und mich auch ein bisschen mit den ‚softeren‘ kommerzielleren Anteilen versöhnen).
Shehili ist wortwörtlich der heiße Wind, den man sich von dieser Band wünscht: dramatische und melodische Leads und, treibende Dynamik verziert mit Klängen der traditionellen Instrumente. Der Ausklang des Songs lässt Raum, die Gedanken, begleitet durch die stimmlichen Modulationen von Elyes, reisen zu lassen.
Musik und politisches Anliegen
Meine Gedanken gehen da auch immer wieder zum Interview und den Themen, die wir angesprochen haben. Der Wunsch der Band ist es, bekannter zu werden. Sie wollen diese Bekanntheit dazu zu nutzen, die tunesische Jugend in ihrem Kampf für mehr Freiheit zu unterstützen. Dieses Album ist auf jeden Fall dazu geeignet, die Band bekannter zu machen und dabei auch noch zu einem größeren gegenseitigen Verständnis der Kulturen beizutragen.
Das Interview könnt ihr HIER noch einmal lesen.
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Bildquellen
- MYRATH_Shehili_2019_1134_Avatar_Image_Photocredit_Nidhal_Marzouk_px1000: networking media / pic by Nidhal Marzouk
- MYRATH_Shehili_2019_1317_Photocredit_Nidhal_Marzouk_px1000: networking media / pic by Nidhal Marzouk
- Myrath Shehili Cover bb: networking media
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