PHANTOM – das Interview zur neuen Single
Nach der völlig überraschenden Vorankündigung von PHANTOM im Oktober letzen Jahres, wonach es Mitte Januar 2016 nach über 22 Jahren Sendepause ein neues Lebenszeichen der US-Metaller in Form einer Vinyl-Single mit zwei neuen Songs geben solle, haben wir nicht locker gelassen. Zeitgemäss via Facebook konnten wir Sänger und Bandkopf Eddie „Falcon“ Green kontaktieren und kurzfristig ein Interview führen, um das Geschehen rund um die Band auf den aktuellen Stand zu bringen.
Es war einmal ein Killer-Album…
Metal-Heads.de (MH): Eddie, wenn ich mir alte Reviews aus dem Jahre 1993 zu eurem damaligen dritten Studioalbum „Cyberchrist“ hervor hole, dann sehe ich eigentlich nur lobende Kommentare, die euch bescheinigen, dass das dritte zugleich euer bis dato bestes Album war. Wie kann es nur sein, dass ihr trotzdem wenig später komplett vom Radar verschwunden seid?
Falcon Eddie (FA): Also, auch aus heutiger Sicht würde ich den damaligen Kritiken noch immer zustimmen. „Cyberchrist“ WAR ein starkes Album! Für das Songwritinhg hatten wir das über alle Jahre gesehen stärkste Line Up am Start. Ich hatte gerade angefangen, beim Songwriting gefestigter und selbstbewusster zu werden. Mit unserem Bassisten Charley Buckland hatte ich einen kongenialen Partner – wir waren als Team beim Songwriting auf einer Wellenlänge.
… und eine Band auf dem Besetzung-Karussel
Die Gründe für das Verschwinden der Band zu erklären, ist etwas komplizierter. Angefangen hat es mit dem Weggang unseres Gitarristen Fate Taylor fast unmittelbar nach der Veröffentlichung von „Cyberchrist“. Die Folge war ein schier endloses Hin und Her im Line Up, um einen geeigneten Nachfolger zu finden. Das hat uns schon mal weit zurück geworfen. Dann kam in der Zeit nach dem Release dazu, dass wir gerade mit Ideen für ein Nachfolgealbum angefangen hatten, als mein Vater starb. Das hat mich persönlich schwer getroffen und für mich eine sehr dunkle Phase in meinem Leben gebracht.
Die Suche nach dem eigenen Weg
Und als ob es damit nicht genug war, haben wir als Band auch darum gerungen, uns weiter zu entwickeln, indem wir einen wieder erkennbaren, eigenständigen Sound finden. Auch das war ein schwieriger und langwieriger Prozess. Wir haben mit einem heavyeren und düstererem Sound experimentiert. Dabei wollten wir weg vom üblichen Vier-Viertel-Arrangement, ohne die gewohnte Power zu vernachlässigen, denn die Bude wollten wir nach wie vor rocken!
Unser Label hätte uns natürlich lieber auf der „Cyberchrist“-Schiene gesehen – versteht sich. Aber das wollten wir nicht mitmachen. Wir wollten nicht als Arme-Leute-JUDAS PRIEST enden. Und so begann ein Hickhack zwischen uns und dem Label, bei dem ich vergeblich versucht habe, einen gemeinsamen Nenner zu finden zwischen unseren Ambitionen als Band und den Leuten, die uns am Ende des Tages die Studiozeit finanzieren.
Irgendwann hatte ich dann genug! Der Metal war generell auf dem Rückzug. Grunge war das neue große Ding – wir standen also in jeder Hinsicht auf verlorenem Posten. Ich habe dem nichts mehr abgewinnen können, also habe ich den Laden hochgejagt. Tja, Leute. Da gibt es nichts zu beschönigen: ich habe PHANTOM ein Ende gesetzt – schuldig im Sinne der Anklage. Im Rückblick vielleicht eine idiotische Entscheidung, aber es ging weder vor noch zurück und wir wären nur an einen Punkt gekommen, wo wir uns innerhalb der Band nur noch gegenseitig gehasst hätten. Eine solche Entwicklung wollte ich nicht auf meine Kappe nehmen, denn am Ende des Tages hätte ich damit meinen brothers in arms mehr denn je geschadet.
Unterwegs auf neuen Pfaden
MH: Eine Band aufzulösen ist eine Sache, komplett aus der Musikszene zu verschwinden nochmal etwas ganz anderes. Wie ging es für euch als Einzelpersonen künstlerisch weiter, als PHANTOM Geschichte war?
FE: Also die Metal-Szene im Besonderen lag hier in den Staaten umso mehr am Boden, wie die 90er-Jahre ins Land gingen. In Europa mag es ja auf kleiner Flamme noch weiter gegangen sein, aber hier war der Support gleich Null. Eine Band kann so viele CDs veröffentlichen, wie es nur eben geht, aber ohne die Möglichkeit, zu touren und mit den Fans in Kontakt zu kommen ist jede Bemühung zum Scheitern verurteilt.
Nach dem Ende von PHANTOM habe ich es zunächst solo versucht. Ein Haufen Ideen war ja noch vorhanden und ich wollte die Musik machen, die wir vorher angefangen hatten, zu entwickeln. Daneben habe ich mit wieder mit Charley zusammen getan und auf seiner Soloscheibe gesungen, die einen Einschlag Richtung indianische Musik hatte. Das Problem war nur, dass ich eines Tages nicht mehr die Power hatte, weiter zu machen. Ich bin dann einfach dem Business fern geblieben. Auch das ist etwas, was ich heute dann und wann bereue, aber getan ist nun mal getan. Hinterher ist man immer schlauer, leider…
Verräter an der eigenen Sache..?
Die anderen sind seither auch weiter musikalisch aktiv geblieben, wenn auch nicht unbedingt im Metal. Charley und ich haben trotz allem jeder weiter Musik geschrieben. Aber irgendwann habe ich erkannt, dass auch das Singen in einer Coverband eine lukrative Angelegenheit ist, selbst wenn ich anfangs mehr als skeptisch war. Doch von irgend etwas muss der Schornstein ja rauchen. Und für mich ist es befriedigender, klassischen Soul und Rock zu spielen, mit dem ich aufgewachsen bin und der vom Publikum gut angenommen wird als dem Irrtum hinterher zu rennen, dass man nur „richtiger“ Musiker ist, wenn man sein eigenes Repertoire spielt.
Nach dem Chaos kommt der Kult
MH: PHANTOM geniesst hier in Deutschland nach wie vor Kultstatus in Bezug auf 1980er US Power Metal. Hast du irgendeine Art von Rückmeldung von Fans dazu bekommen in den letzten Jahren?
FE: In den frühen 80er-Jahren haben wir uns in den Staaten den Status einer Band erarbeitet, die es wert ist, live gesehen zu werden. Mit den wechselnden Line Ups ist da aber jede Art von Schwung verloren gegangen. In Deutschland hat uns Shark Records unter Vertrag genommen. Das hat uns zwar über Wasser gehalten, aber es fehlte jede Form von Rückhalt und Beachtung. In Europa und sogar in Japan gab es einiges Interesse an der Band, aber wie gesagt: Eine CD zu veröffentlichen reicht für den Moment, aber ohne Liveshows schwindet das Interesse sehr schnell. Die Fans orientieren sich schnell in eine andere Richtung.
MH: Bist du mit den anderen Jungs in Kontakt geblieben? Wie seid ihr wieder zusammen gekommen und wann ist das passiert?
FE: Außer mit Charley habe ich mit unserem Drummer Tony den Kontakt behalten. Das ist der Segen der sozialen Medien: Entfernung spielt keine Rolle.
Der Blick nach Vorne
MH: Euer erstes Lebenszeichen wird eine Vinyl-Single mit Archivmaterial sein. Aus welcher Zeit stammen die Aufnahmen? Und habt ihr noch mehr altes Material in der Schublade?
FE: „Lost in L.A.“ habe ich 1988 mit unserem alten Gitarristen Neil Santell für unser zweites Album „Dead or Alive“ geschrieben. Unser Label hat sich dann jedoch ohne uns zu fragen, für das Instrumentalstück „Straitjacket“ als Bonustrack entschieden. Ungefragt. Einfach mal so…
„The Violence of Twilight“ entstand in den Sessions für „Cyberchrist“. Aber das Label fand den Song so furchtbar, dass wir kein OK bekommen haben, ihn im Studio in Deutschland zu Ende zu bringen. Selbst mit der Version, die Charley und ich auf eigene Faust fertig produziert hatten, konnten wir beim Label nicht landen.
Ansonsten gibt es noch einige Schätze in der Schublade, besonders aus der Zeit nach „Cyberchrist“ existieren diverse Demos. Aber was einmal daraus wird, kann ich nicht sagen.
Beharrlichkeit zahlt sich aus
MH: Was war für euch der Ausschlag gebende Grund, die Band gerade jetzt wieder zu beleben, immerhin 22 Jahre nach dem ungewollten Ende?
FE: Wir sind uns dieser enormen Zeitspanne absolut bewusst. Und ich muss sagen, dass die Entscheidung für diese Wiederbelebung nicht von uns ausgegangen ist sondern von Jemandem, dem unsere Musik so sehr am Herzen lag, dass er nicht müde geworden ist, sich für eine Veröffentlichung dieser besagten Songs einzusetzen. Es war Dirk Doomfather, der uns vor ein paar Jahren interviewt hat und dem ich als kleines Dankeschön ein MP3-File von „Violence“ zugemailt habe. Charley und ich wollten, dass endlich jemand außerhalb der Band den Song zu hören bekommt. Was dann folgte, waren zwei oder drei Jahre wiederholte Anläufe und Überlegungen, wie wir die Songs heraus bringen können.
MH: Eddie, hilf mir bitte mal auf die Sprünge: habt ihr seinerzeit jemals in Europa getourt?
FE: Nein. Als komplette Band waren wir nur für die Aufnahmen zu „Cyberchrist“ hier in Deutschland im Studio. Zum Release war dann ich alleine noch einmal drüben für mehrere Promo-Termine.
MH: Wie sieht es aktuell mit Liveshows aus und was kann man bezüglich neuer Songs erwarten?
FE: Das ist beides komplett davon abhängig, welche Reaktion die Single bekommt. Spaß hätten wir bestimmt an Liveshows und an neuen Songs.
MH: Und die letzte Frage: wie komme ich an Infos zu der Single?
FE: Vorerst gibt es alle Infos auf unserer Facebook-Seite. Aber eine Homepage für die Band ist in Vorbereitung. Das kündigen wir dann auch auf Facebook an.
Die Single hat eine 500er-Auflage (350 x black vinyl – 150 x white vinyl).
Vorbestellungen per EMail an order-metalloscope-music@web.de
Bandpage auf Facebook: https://www.facebook.com/evilizemetal/
Hörprobe zur Single: https://soundcloud.com/phantom-586734783/phantom-us-metal-the-violence-of-twilight-lost-in-la-snippets-of-the-new-single-2016
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Bildquellen
- PHANTOM 2016 Single Cover: (c) 2015 Falcon Eddie / PHANTOM
- PHANTOM: (c) 1993/2015 Diana Korach for PHANTOM
- PHANTOM: (c) 1988 Falcon Eddie / PHANTOM
- PHANTOM: (c) 1988 Falcon Eddie / PHANTOM
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